101.1. Innergemeinschaftlicher Erwerb – allgemein
Ein innergemeinschaftlicher Erwerb liegt nur vor, wenn der Gegenstand anlässlich der Lieferung an den Erwerber aus dem Gebiet eines Mitgliedstaates in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaates gelangt. Die Durchfuhr durch weitere Mitgliedstaaten oder durch Drittländer ist unschädlich. Ein innergemeinschaftlicher Erwerb liegt auch vor, wenn die Beförderung oder Versendung im Drittlandsgebiet beginnt und der Gegenstand im Gebiet eines Mitgliedstaates der dortigen Einfuhrumsatzsteuer unterworfen wird, bevor er in einen anderen Mitgliedstaat gelangt.
Beispiel:
Der Unternehmer L aus Linz kauft Kohle beim Händler R in Russland. Die Kohle wird per Bahn nach Linz befördert. R lässt die Kohle in Ungarn abfertigen und der ungarischen EUSt unterwerfen. Durch diesen Vorgang gilt die Lieferung des R an L als im Einfuhrmitgliedstaat Ungarn ausgeführt (§ 3 Abs. 9 UStG 1994). Es liegt somit eine innergemeinschaftliche Lieferung von Ungarn nach Österreich vor.
Wird hingegen der Gegenstand vom Drittlandsgebiet im Wege der Durchfuhr durch einen oder mehrere Mitgliedstaaten in das Bestimmungsland befördert oder versendet und erst im Bestimmungsland der Einfuhrumsatzsteuer unterworfen, liegt kein innergemeinschaftlicher Erwerb vor. Ein innergemeinschaftlicher Erwerb liegt ebenfalls nicht vor, wenn der Gegenstand im Gebiet eines Mitgliedstaates verbleibt.
Beispiel:
Der Grazer Unternehmer G bestellt beim deutschen Unternehmer M in München eine Maschine und lässt sie in sein Auslieferungslager in Köln bringen. Dort verkauft er die Maschine. Die Lieferung des M an G führt zu keiner innergemeinschaftlichen Warenbewegung, da der Gegenstand in Deutschland verbleibt.
Randzahlen 3573 bis 3580: derzeit frei.
101.2. Voraussetzungen für den innergemeinschaftlichen Erwerb
101.2.1. Erwerber
Erwerber ist der Empfänger der Lieferung. Dieser muss bereits bei Beginn der Beförderung oder Versendung feststehen und nicht erst, wenn der Gegenstand bereits in den anderen Mitgliedstaat gelangt ist.
Ein innergemeinschaftlicher Erwerb liegt jedoch nur vor, wenn der Erwerber einem bestimmten Personenkreis angehört (siehe dazu Rz 3583 bis Rz 3588) und sofern nicht eine Ausnahme von der Erwerbsbesteuerung vorliegt (Rz 3626).
101.2.1.1. Unternehmer
Der Unternehmer tätigt einen innergemeinschaftlichen Erwerb nur, wenn er den Gegenstand für sein Unternehmen erwirbt. Die Qualifikation des Erwerbes als für das Unternehmen richtet sich nach § 12 Abs. 2 UStG 1994 (siehe hiezu Rz 1901 bis Rz 1990).
Die Bestimmung des § 12 Abs. 2 Z 2 UStG 1994, wonach bestimmte Lieferungen nicht als für das Unternehmen ausgeführt gelten, gilt gemäß Art. 12 Abs. 4 UStG 1994 nicht für den innergemeinschaftlichen Erwerb (die sich auf Grund des Abs. 4 ergebende Erwerbsteuer ist jedoch gemäß Art. 12 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 nicht abzugsfähig).
101.2.1.2. Juristische Person
Der Erwerbsteuerpflicht sind neben Unternehmern auch juristische Personen unterworfen, die keine Unternehmereigenschaft besitzen oder nicht für ihr Unternehmen erwerben.
Zur diesfalls anzuwendenden Erwerbsschwellenregelung wird auf Rz 3626 verwiesen.
Bei juristischen Personen, die sowohl einen unternehmerischen als auch einen nichtunternehmerischen Bereich besitzen, sind getrennte Betrachtungen durchzuführen (siehe Rz 3583 und Rz 3584 und Rz 3626 bis Rz 3635).
Die juristische Person tritt grundsätzlich mit einer einzigen UID auf. Lediglich Körperschaften öffentlichen Rechts – vor allem große Gebietskörperschaften – können mehrere UID haben.
101.2.2. Lieferung an den Erwerber
Gelangt beim Kommissionsgeschäft das Kommissionsgut bei der Zurverfügungstellung an den Kommissionär vom Ausgangs- in den Bestimmungsmitgliedstaat, kann abweichend vom § 3 Abs. 3 UStG 1994 die Lieferung des Kommittenten an den Kommissionär bereits zum Zeitpunkt der Zurverfügungstellung des Gegenstandes an den Kommissionär als ausgeführt angesehen werden. Der Kommissionär tätigt dann zu diesem Zeitpunkt einen innergemeinschaftlichen Erwerb.
Die Lieferung an den Erwerber muss durch einen Unternehmer im Rahmen seines Unternehmens erfolgen. Der liefernde Unternehmer darf nach dem Steuerrecht des für die Besteuerung seiner Lieferung zuständigen Mitgliedstaates nicht als Kleinunternehmer behandelt werden.
101.2.3. Erwerb im Inland
Erfolgt nach Art. 1 UStG 1994 ein innergemeinschaftlicher Erwerb von Gegenständen im Inland, wird die Besteuerungskompetenz im Inland unabhängig von der mehrwertsteuerlichen Behandlung des Umsatzes im Mitgliedstaat des Beginns des Versands oder der Beförderung der Gegenstände wahrgenommen (Art. 16 VO (EU) 282/2011).
Zum Ort des innergemeinschaftlichen Erwerbes wird auf Rz 3776 bis Rz 3805 verwiesen.
Randzahlen 3592 bis 3600: derzeit frei.
101.3. Innergemeinschaftliches Verbringen
101.3.1. Voraussetzungen
101.3.1.1. Allgemeine Voraussetzungen
Durch Art. 1 Abs. 3 Z 1 UStG 1994 wird das Verbringen eines Gegenstandes des Unternehmens aus dem übrigen Gemeinschaftsgebiet in das Inland durch den Unternehmer zu seiner Verfügung dem innergemeinschaftlichen Erwerb gegen Entgelt gleichgestellt. Ausgenommen von dieser Regelung ist das Verbringen zur vorübergehenden Verwendung (siehe hiezu Rz 3606 bis Rz 3625).
Für die innergemeinschaftliche Verbringung müssen folgende Voraussetzungen vorliegen:
- Beförderung oder Versendung eines Gegenstandes aus dem übrigen Gemeinschaftsgebiet in das Inland.
- Die Verbringung des Gegenstandes erfolgt durch den Unternehmer zu seiner Verfügung.
- Es handelt sich um keinen Fall der vorübergehenden Verwendung.
Hinsichtlich der Bemessungsgrundlage für das innergemeinschaftliche Verbringen wird auf Rz 3931 iVm Rz 679 verwiesen.
101.3.1.2. Konsignationslager
Ein Konsignationslager liegt vor, wenn ein Unternehmer bei einem Abnehmer ein Lager unterhält und der Abnehmer aus diesem Lager bei Bedarf Waren entnimmt. Zur Lieferung (Verschaffung der Verfügungsmacht über die Ware) kommt es erst bei Entnahme aus diesem Lager. Die Versendung oder Beförderung in das Lager stellt ein innergemeinschaftliches Verbringen dar.
Entgegen dieser Rechtslage werden von verschiedenen Mitgliedstaaten (derzeit Belgien, Finnland, Irland, die Niederlande, das Vereinigte Königreich, sowie Frankreich und Italien) anderslautende Verwaltungsübungen gehandhabt. Die abweichenden Regelungen bestehen darin, dass diese Mitgliedstaaten nicht von einem innergemeinschaftlichen Verbringen in das Konsignationslager ausgehen (siehe oben), sondern unter bestimmten (von einander abweichenden) Voraussetzungen von einer ig. Lieferung an den dortigen Abnehmer.
Folgende Erleichterungen können hinsichtlich dieser Mitgliedstaaten angewendet werden:
1. Verbringen in ein Konsignationslager in einen anderen Mitgliedstaat
Verbringt ein Unternehmer, der im Inland einen Wohnsitz, seinen Sitz oder eine Betriebsstätte hat, seine Waren in sein in einem anderen Mitgliedstaat gelegenes Konsignationslager, so kann der Unternehmer den Tatbestand der Warenentnahme aus dem ausländischen Konsignationslager – parallel zur Erwerbsbesteuerung des Leistungsempfängers im anderen Mitgliedstaat – als innergemeinschaftliche Lieferung behandeln. Dementsprechend ist nicht das Verbringen beim Transport der Waren in das Konsignationslager, sondern die ig. Lieferung im Zeitpunkt der Entnahme aus dem Lager in die Zusammenfassende Meldung aufzunehmen.
Wenn der Lieferer im anderen Mitgliedstaat einen Erwerb auf Grund eines Verbringens zu versteuern hat (zB wenn im anderen Mitgliedstaat der Gegenstand über die vorgesehene Zeit gelagert wird), tätigt er zu diesem Zeitpunkt eine ig. Lieferung (Verbringen).
Voraussetzung für die Anwendung der Erleichterung ist, dass der Unternehmer
- dem für die Erhebung der Umsatzsteuer zuständigen Finanzamt schriftlich die Inanspruchnahme dieser Regelung mitteilt (unter Beschreibung der im anderen Mitgliedstaat anzuwendenden Regelung),
- hinsichtlich der ein- und ausgelagerten Gegenstände und dem Lagerbestand Aufzeichnungen führt, die der Finanzverwaltung eine Überprüfung der Richtigkeit der Versteuerung ermöglichen.
2. Verbringen in ein Konsignationslager im Inland
Verbringt ein Unternehmer, der im Inland weder einen Wohnsitz noch seinen Sitz hat und im Inland nicht zur Umsatzsteuer erfasst ist, seine Waren in sein im Inland gelegenes Konsignationslager (wobei die Regelung eingeschränkt ist auf Lager, die nur einem einzigen Abnehmer zur Verfügung stehen – „Call-off-stock“), so kann der Abnehmer des ausländischen Unternehmers den Tatbestand der Warenentnahme aus dem inländischen Konsignationslager – entsprechend zur Behandlung durch den Lieferer als innergemeinschaftliche Lieferung im anderen Mitgliedstaat – als innergemeinschaftlichen Erwerb behandeln.
Die Regelung kann auch von ausländischen Unternehmern angewendet werden, die im Inland zur Umsatzsteuer erfasst sind, aber die nur Umsätze tätigen, die solchen Konsignationslagern zuzurechnen sind. Wird von der Vereinfachungsregelung Gebrauch gemacht, muss sie für sämtliche Vorgänge, für die die Voraussetzungen zutreffen, angewendet werden.
Diese Regelung gilt nur für Waren, die innerhalb der im anderen Mitgliedstaat maßgeblichen Frist, spätestens jedoch innerhalb von sechs Monaten ab der Einlagerung entnommen werden.
Hinsichtlich der innerhalb dieses Zeitraumes nicht entnommenen Waren liegt im Zeitpunkt des Überschreitens der Frist ein steuerpflichtiger Erwerb des ausländischen Unternehmers vor. Wird der Gegenstand in der Folge vom Abnehmer aus dem Lager entnommen, kommt es zu einer Lieferung des ausländischen Lieferers an den Abnehmer im Inland.
Voraussetzung für die Anwendung der Erleichterung ist, dass der ausländische Unternehmer
- dem Finanzamt, das für die Erhebung der Umsatzsteuer des Abnehmers der Gegenstände zuständig ist, schriftlich die Inanspruchnahme dieser Regelung mitteilt,
- und weiters mitteilt, dass der Ausgangsmitgliedstaat bei Entnahme der Gegenstände innerhalb der oben genannten Frist von einer ig. Lieferung ausgeht, und
- hinsichtlich der ein- und ausgelagerten Gegenstände und dem Lagerbestand Aufzeichnungen führt (bzw. für ihn der inländische Abnehmer), die der Finanzverwaltung eine Überprüfung der Richtigkeit der Versteuerung ermöglichen.
3. Erstmalige Anwendung
Die Vereinfachungen sind erstmals auf die Verbringung von Gegenständen anzuwenden, die nach dem Einlangen der Mitteilung beim Finanzamt getätigt wird.
Wird in anderen als den hier genannten Mitgliedstaaten nach den dort allgemein geltenden Regelungen ebenfalls die Vereinfachung für Konsignationslager angewendet, ist auch bei Warenverbringungen aus Österreich in Konsignationslager in diesen Mitgliedstaaten oder Warenverbringungen von diesen Mitgliedstaaten in Konsignationslager in Österreich die in den Punkten 1 bis 3 beschriebene Vorgangsweise unter den dort genannten Voraussetzungen möglich.
101.3.1.3. Vereinfachung bei größerer Abnehmerzahl
Steht der Abnehmer der Lieferung im Bestimmungsmitgliedstaat bei Beginn des Transportes im Ausgangsmitgliedstaat bereits fest, so liegt grundsätzlich kein innergemeinschaftliches Verbringen sondern eine innergemeinschaftliche Lieferung vor. Aus Vereinfachungsgründen kann jedoch unter folgenden Voraussetzungen ein innergemeinschaftliches Verbringen angenommen werden:
- Die Lieferungen werden regelmäßig an eine größere Anzahl von Abnehmern im Bestimmungsland ausgeführt.
- Bei entsprechenden Lieferungen aus dem Drittlandsgebiet wären die Voraussetzungen für eine Verlagerung des Ortes der Lieferung in das Gemeinschaftsgebiet nach § 3 Abs. 9 UStG 1994 erfüllt.
- Der liefernde Unternehmer behandelt die Lieferung im Bestimmungsmitgliedstaat als steuerbar. Er wird bei einem Finanzamt des Bestimmungsmitgliedstaates für Umsatzsteuerzwecke geführt. Er gibt in den Rechnungen seine UID des Bestimmungsmitgliedstaates an.
- Die beteiligten Steuerbehörden im Ausgangs- und im Bestimmungsmitgliedstaat sind mit dieser Behandlung einverstanden.
Diese Regelung gilt sowohl für Lieferungen aus dem übrigen Gemeinschaftsgebiet in das Inland als auch umgekehrt.
Beispiel:
Der deutsche Großhändler D beliefert im grenznahen österreichischen Raum eine Vielzahl von Kleinabnehmern (zB Imbissstuben, Gaststätten) mit Pommes frites. D verpackt und portioniert die Waren bereits in Deutschland nach den Bestellungen der Abnehmer und liefert sie an diese mit eigenem LKW aus.
D kann die Gesamtsendung als innergemeinschaftliches Verbringen behandeln und alle Lieferungen als Inlandslieferungen beim zuständigen inländischen Finanzamt versteuern, sofern er in den Rechnungen seine österreichische UID angibt und die zuständigen Finanzämter in Österreich und Deutschland diesem Verfahren zustimmen.
101.3.2. Vorübergehende Verwendung
Eine innergemeinschaftliche Verbringung liegt nicht vor, wenn der Gegenstand nur zur vorübergehenden Verwendung ins Inland gelangt. Eine vorübergehende Verwendung liegt in den in Rz 3608 und Rz 3609, Rz 3616 bis Rz 3625 genannten Fällen vor.
Ist ein Gegenstand zu einer vorübergehenden Verwendung in das Inland verbracht worden und fallen die Voraussetzungen für eine vorübergehende Verwendung weg, so gilt die Verbringung in dem Zeitpunkt als ausgeführt, in dem die Bedingungen wegfallen.
101.3.2.1. Werklieferungen
Werden Gegenstände zur Ausführung einer anschließenden Werklieferung von einem anderen Mitgliedstaat in das Inland befördert oder versendet und liegt der Ort der Werklieferung im Inland, liegt kein steuerbares Verbringen (kein steuerbarer Erwerb) vor. Von einer Werklieferung kann insbesondere dann gesprochen werden, wenn die Gegenstände mit der Absicht ins Inland gebracht werden, um sie hier fest mit dem Grund und Boden zu verbinden (zB Bauvorhaben, Anlagenbau).
Die Bestimmung umfasst nicht nur das verbrauchte Material, sondern auch Maschinen, Werkzeuge usw. zur Ausführung der Werklieferung.
Beispiel:
Der deutsche Bauunternehmer D errichtet in Salzburg ein Hotel. Er verbringt zu diesem Zweck Baumaterial und einen Baukran an die Baustelle. Der Baukran gelangt nach Fertigstellung des Hotels nach Deutschland zurück.
Sowohl die Verbringung des Baumaterials als auch des Baukrans sind als vorübergehende Verwendung in Österreich nicht steuerbar.
101.3.2.2. Versandhandel
Eine vorübergehende Verwendung ist anzunehmen, wenn der Gegenstand zur Ausführung einer Versandhandelslieferung (Rz 3717 bis Rz 3730) ins Inland befördert oder versendet wird.
Beispiel:
Das Unternehmen M in München beliefert österreichische private Abnehmer mit Modelleisenbahnen. Die Liefergegenstände werden mittels Katalog bestellt und mit der Post versendet. M überschreitet die in Österreich gültige Lieferschwelle, wodurch sich der Lieferort nach Österreich verlagert.
Die Versendung der Modelleisenbahnen stellt kein steuerbares innergemeinschaftliches Verbringen (keinen innergemeinschaftlichen Erwerb) dar. Die Lieferungen sind in Österreich als Inlandslieferungen steuerbar und steuerpflichtig.
101.3.2.3. Lieferungen an Bord von Beförderungsmitteln
Bei Lieferungen von Gegenständen an Bord von Schiffen, in Luftfahrzeugen oder Eisenbahnen während einer Beförderung im Gemeinschaftsgebiet ist als Lieferort der Abgangsort des Personenbeförderungsmittels anzusehen (§ 3 Abs. 11 UStG 1994). Das Verbringen von Gegenständen zur Ausführung solcher Lieferungen ist nicht steuerbar. Steuerbar ist nur die tatsächliche Lieferung, und zwar am Abgangsort.
Beispiel:
In Deutschland wird ein Donauschiff vor der Fahrt nach Budapest mit Souvenirartikeln für den Verkauf an Bord beladen. Sowohl in Deutschland wie auch in Österreich gibt es mehrere Zustiegs- bzw. Ausstiegsorte. Die Verbringung der Souvenirartikel von Deutschland nach Österreich ist nicht steuerbar.
101.3.2.4. Ausfuhrlieferungen und innergemeinschaftliche Lieferungen
Werden Gegenstände von einem Mitgliedstaat ins Inland befördert oder versendet, um mit ihnen eine steuerfreie Ausfuhrlieferung oder eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung auszuführen, so liegt kein innergemeinschaftliches Verbringen vor. Die Bestimmung setzt voraus, dass der Abnehmer im Zeitpunkt der Verbringung bereits feststeht.
Beispiel:
Der Händler P aus Paris liefert Stoffe an R in Russland. Die Stoffe werden vom Frachtführer A nach Salzburg befördert. Anschließend erteilt P dem Frachtführer B den Auftrag, die Stoffe nach Russland zu befördern. Das Verbringen der Stoffe von Paris nach Salzburg ist nicht steuerbar.
101.3.2.5. Sonstige Leistungen am verbrachten Gegenstand
Werden Gegenstände verbracht, damit an diesen durch einen anderen Unternehmer eine sonstige Leistung erbracht wird, liegt nur dann kein innergemeinschaftliches Verbringen vor, wenn der Gegenstand nach der Erbringung der sonstigen Leistung wieder zur Verfügung des Auftraggebers in den Mitgliedstaat gelangt, von dem aus der Gegenstand befördert oder versendet worden ist (vgl. EuGH 06.03.2014, verb. Rs C-606/12 und C-607/12, Dresser-Rand SA).
Auch bei der Verbringung von Gegenständen in einen anderen Mitgliedstaat, um sie dort begutachten zu lassen, liegt eine vorübergehende Verwendung vor, wenn diese Gegenstände anschließend wieder in den Ausgangsmitgliedstaat zurück gelangen.
Die Mitgliedstaaten haben sich im Rahmen des Mehrwertsteuerausschusses auf Vereinfachungsmaßnahmen dahingehend geeinigt, dass dieses Erfordernis auch dann als erfüllt gilt, wenn der Gegenstand nicht unmittelbar in den Ursprungsmitgliedstaat zurückgelangt, sondern vorher in Österreich oder in einem anderen Mitgliedstaat Gegenstand einer sonstigen Leistung ist (siehe Beispiel 1). Ebenso, wenn der Auftragnehmer mit der sonstigen Leistung einen selbständigen Erfüllungsgehilfen beauftragt (siehe Beispiel 2).
Beispiel 1:
Der Unternehmer F in Frankreich versendet Garn an einen Unternehmer Ö in Österreich, damit dieser Stoffe daraus herstellt. In der Folge gibt er einem weiteren Unternehmer D in Deutschland den Auftrag, aus den Stoffen einen Anzug herzustellen. Die Anzüge gelangen anschließend zu F in Frankreich. Der Versand nach Österreich stellt in Österreich und in Deutschland keinen steuerbaren Erwerb dar. Hinsichtlich Ort der sonstigen Leistung und Aufzeichnungspflichten siehe Beispiel 2.
Beispiel 2:
Der französische Unternehmer P versendet einen Generator von Paris zum Unternehmer W in Wien, damit dieser eine Reparaturleistung daran erbringt. W repariert den Generator nicht selbst, sondern erteilt D in Deutschland den Auftrag, den Generator zu reparieren und nach erfolgter Reparatur zu P nach Frankreich zu versenden.
Lösung bis 31.12.2009:
Die Versendung des Generators nach Österreich stellt für P keinen innergemeinschaftlichen Erwerb in Form des Verbringens dar, da der Gegenstand nach erfolgter Reparatur nach Frankreich zurückgelangt. Die Leistung des W ist gemäß Art. 3a Abs. 6 UStG 1994 in Österreich nicht steuerbar, wenn P ihm gegenüber mit seiner französischen UID auftritt. W hat gemäß Art. 18 Abs. 3 UStG 1994 die Gegenstände, die er aus einem anderen Mitgliedstaat zur Ausführung einer sonstigen Leistung iSd Art. 3a Abs. 6 UStG 1994 erhält, aufzuzeichnen.
Lösung ab 1.1.2010:
Die Versendung des Generators nach Österreich stellt für P keinen innergemeinschaftlichen Erwerb in Form des Verbringens dar, da der Gegenstand nach erfolgter Reparatur nach Frankreich zurückgelangt. Die Leistung des W ist gemäß § 3a Abs. 6 UStG 1994 am Empfängerort (Frankreich) steuerbar. W hat gemäß Art. 18 Abs. 3 UStG 1994 diese Gegenstände aufzuzeichnen.
101.3.2.6. Ausführung von sonstigen Leistungen
Befördert oder versendet ein Unternehmer Gegenstände vorübergehend zur Ausführung einer sonstigen Leistung ins Inland, so wird der Tatbestand des innergemeinschaftlichen Verbringens nicht erfüllt. Voraussetzung ist, dass der Unternehmer in dem Mitgliedstaat, von dem aus die Gegenstände verbracht werden, einen Wohnsitz oder Sitz hat.
Beispiel:
Ein Techniker des Unternehmens L in London fährt nach Wien, um beim Unternehmer W eine Großrechenanlage zu reparieren. Er nimmt dabei verschiedene Messgeräte und Werkzeuge mit. Die Beförderung dieser Gegenstände erfüllt in Österreich nicht den Tatbestand des innergemeinschaftlichen Erwerbes in Form des Verbringens. Der Rücktransport ist ebenfalls kein Verbringen.
101.3.2.7. Zeitlich befristete Verwendung
Eine vorübergehende Verwendung liegt bei folgenden Voraussetzungen vor:
- Der Gegenstand wird im Bestimmungsland höchstens 24 Monate genutzt.
- Im Bestimmungsland würde für die Einfuhr des gleichen Gegenstandes aus einem Drittland im Hinblick auf die vorübergehende Verwendung die Regelungen über die vollständige Befreiung von Eingangsabgaben gelten.
In diesen Fällen ist die zollrechtliche Beurteilung Vorfrage für das Vorliegen einer vorübergehenden Verwendung. Je nach Einordnung können verschiedene Verwendungsdauern gelten (6 bis 24 Monate).
Werden die Fristen überschritten, ist im Zeitpunkt des Überschreitens ein innergemeinschaftlicher Erwerb gegeben.
101.3.2.8. Vorübergehende Verwendung bei der Verbringung von Gas, Elektrizität, Wärme oder Kälte
Eine vorübergehende Verwendung liegt vor, wenn der Unternehmer den Gegenstand zur Ausführung einer Lieferung von Gas über ein Erdgasnetz im Gebiet der Gemeinschaft oder ein an ein solches Netz angeschlossenes Netz, von Elektrizität oder von Wärme oder Kälte über Wärme- oder Kältenetze, wenn sich der Ort dieser Lieferungen nach § 3 Abs. 13 oder 14 UStG 1994 bestimmt, verwendet.
Durch die Bestimmungen wird ausdrücklich klargestellt, dass bei Lieferungen von Erdgas über Gasnetze, von Elektrizität, von Wärme oder Kälte, deren Lieferort sich nach § 3 Abs. 13 und 14 UStG 1994 bestimmt, kein innergemeinschaftliches Verbringen vorliegt. Ohne diese Bestimmung käme es zu einer Doppelbesteuerung, da gemäß § 3 Abs. 13 und 14 UStG 1994 der Ort der Lieferung ohnedies in dem Mitgliedstaat ist, in den die genannten Wirtschaftsgüter „verbracht“ werden.
Randzahlen 3618 bis 3625: derzeit frei.
101.4. Erwerbsschwelle
101.4.1. Schwellenerwerber
Bei folgenden Unternehmern liegt ein innergemeinschaftlicher Erwerb nicht vor, wenn die Erwerbsschwelle nicht überschritten wird:
- Unternehmer, die nur unecht steuerbefreite Umsätze ausführen,
- pauschalierte Land- und Forstwirte,
- juristische Personen, die den Gegenstand nicht für ihr Unternehmen erwerben.
Wurde einem Schwellenerwerber wegen meldepflichtiger sonstiger Leistungen eine UID erteilt (siehe Rz 4339), hat er trotz UID keine innergemeinschaftlichen Erwerbe zu versteuern, solange seine Erwerbe die Erwerbsschwelle nicht überschritten haben oder er auf die Erwerbsschwelle nicht verzichtet hat (siehe aber Rz 3636).
101.4.2. Ermittlung der Erwerbsschwelle
Zur Beurteilung, ob die Schwelle überschritten wird, werden die Erwerbe aus allen Mitgliedstaaten zusammengerechnet. Maßgebend sind die Nettoentgelte. Die Erwerbe neuer Fahrzeuge und verbrauchsteuerpflichtiger Waren sind bei der Schwellenberechnung außer Ansatz zu lassen.
101.4.3. Konsequenzen des Überschreitens der Erwerbsschwelle
101.4.3.1. Überschreiten im vorangegangenen Kalenderjahr
Liegen die innergemeinschaftlichen Erwerbe im vorangegangenen Kalenderjahr über 11.000 Euro, dann hat im laufenden Kalenderjahr jedenfalls eine Besteuerung der innergemeinschaftlichen Erwerbe stattzufinden, auch wenn die Schwelle nicht erreicht wird.
101.4.3.2. Überschreiten während des laufenden Kalenderjahres
Ab dem Entgelt für den Erwerb, mit dem im laufenden Kalenderjahr die Erwerbsschwelle überschritten wird, unterliegt der Erwerb der Besteuerung.
Beispiel 1:
Der Unternehmer U tätigt im Jahr 2001 folgende innergemeinschaftliche Erwerbe:
10.1.: |
6.000 Euro |
17.2.: |
4.000 Euro |
3.3.: |
3.000 Euro |
a. Die Erwerbe 2000 betrugen 10.000 Euro. Diesfalls ist der am 3. März 2001 stattfindende und jeder weitere Erwerb der Erwerbsbesteuerung zu unterwerfen.
b. Die Erwerbe 2000 betrugen 20.000 Euro. Diesfalls sind sämtliche Erwerbe des Jahres 2001 der Erwerbsbesteuerung zu unterwerfen.
Werden von einem Unternehmer, der unecht steuerbefreite Umsätze tätigt (Schwellenerwerber) während des laufenden Kalenderjahres auch steuerpflichtige Umsätze ausgeführt, so sind die Erwerbe erst ab dem Zeitpunkt, in dem die steuerpflichtigen Umsätze ausgeführt worden sind, der Erwerbsbesteuerung im Inland zu unterwerfen.
Beispiel 2:
Ein österreichischer Arzt, der nur unecht steuerbefreite Umsätze ausführt, kauft am 3. Februar 2008 eine EDV-Anlage in Deutschland um 5.000 Euro. Ab September 2008 erstellt er zusätzlich laufend (auch in den Folgejahren) steuerpflichtige Gutachten. Am 3. Oktober 2008 kauft der Arzt noch einen Büroschreibtisch in Deutschland um 500 Euro. Im Jahr 2007 fanden keine innergemeinschaftlichen Erwerbe statt.
Im Zeitpunkt des Kaufes der EDV-Anlage war der Arzt Schwellenerwerber. Schwellenerwerber sind ua. solche Unternehmer, die ausschließlich steuerfreie, den Vorsteuerabzug ausschließende Umsätze tätigen. Durch das Ausführen von steuerpflichtigen Umsätzen ab September 2008 verliert der Arzt die Eigenschaft als Schwellenerwerber. Da die Umsätze jedoch erst ab dem Zeitpunkt, in dem die steuerpflichtigen Umsätze ausgeführt worden sind, der Erwerbsbesteuerung im Inland zu unterwerfen sind, ist für den Ankauf der EDV-Anlage keine Erwerbsbesteuerung im Inland vorzunehmen.
Im Zeitpunkt des Ankaufes des Büroschreibtisches ist hingegen keine Ausschließlichkeit unecht befreiter Umsätze mehr gegeben. Der Kauf des Büroschreibtisches (und jeder weitere Erwerb) ist daher der Erwerbsbesteuerung zu unterwerfen.
Randzahlen 3630 bis 3635: derzeit frei.
101.5. Verzicht auf die Erwerbsschwelle
Tritt ein Schwellenerwerber (zB pauschalierter Landwirt), der die Erwerbsschwelle nicht überschreitet, gegenüber einem Lieferer in einem anderen Mitgliedstaat mit seiner UID auf, um steuerfrei Waren einkaufen zu können, gilt dies als Verzicht auf die Erwerbsschwelle.
Beispiel:
Der pauschalierte Landwirt Ö nimmt im März des Jahres 01 eine Beratungsleistung eines deutschen Steuerberaters D in Anspruch. Die sonstige Leistung des D ist gemäß § 3a Abs. 6 UStG 1994 in Österreich steuerbar, die Steuerschuld geht gemäß § 19 Abs. 1 zweiter Unterabsatz UStG 1994 auf Ö über. D muss diese sonstige Leistung in seine Zusammenfassende Meldung aufnehmen. Ö erhält aus diesem Grund eine österreichische UID.
Im August 01 erwirbt Ö Saatgut im Wert von 5.000 € aus Deutschland und gibt dem Lieferanten seine UID bekannt. Dieser liefert steuerfrei nach Österreich.
Die Bekanntgabe der UID durch Ö gilt als Verzicht auf die Erwerbsschwelle, Ö hat daher den Erwerb des Saatguts zu versteuern, es steht ihm kein Vorsteuerabzug zu.
Ö ist mindestens zwei Kalenderjahre an den Verzicht auf die Erwerbsschwelle gebunden, wobei die Zweijahresfrist vom Beginn des ersten Kalenderjahres zu berechnen ist, für das der Verzicht gilt.
Bezieht Ö auch im Jahr 02 Waren aus dem übrigen Gemeinschaftsgebiet, so hat er die in Österreich damit verbundenen innergemeinschaftlichen Erwerbe zu versteuern, auch wenn sie unter der Erwerbsschwelle liegen.
Im Jahr 03 kann Ö den Verzicht auf die Erwerbsschwelle widerrufen. Dieser Widerruf ist innerhalb der Frist zur Abgabe der Voranmeldung für den Voranmeldungszeitraum dieses Kalenderjahres, in dem erstmals ein Erwerb getätigt worden ist, gegenüber dem Finanzamt schriftlich zu erklären.
Randzahlen 3637 bis 3642: derzeit frei.
101.6. Neue Fahrzeuge; verbrauchsteuerpflichtige Waren
Rechtslage bis 31. Dezember 2007
Verbrauchsteuerpflichtige Waren im Sinne des Art. 1 Abs. 6 UStG 1994 sind Mineralöl, Alkohol, alkoholische Getränke und Tabakwaren. Die Erwerbsschwellenregelung findet auf den Erwerb dieser Waren und auf den Erwerb neuer Fahrzeuge keine Anwendung. Der innergemeinschaftliche Erwerb solcher Waren ist daher auch von einem Schwellenerwerber zu versteuern.
Rechtslage ab 1. Jänner 2008
Verbrauchsteuerpflichtige Waren im Sinne des Art. 1 Abs. 6 UStG 1994 sind Alkohol, alkoholische Getränke, Tabakwaren und Energieerzeugnisse, jeweils im Sinne der geltenden Gemeinschaftsvorschriften, nicht jedoch über das Erdgasverteilungsnetz geliefertes Gas sowie Elektrizität. Zu den Energieerzeugnissen zählen neben den Mineralölen insbesondere Kohle und Koks. Die Erwerbsschwellenregelung findet auf den Erwerb dieser Waren und auf den Erwerb neuer Fahrzeuge keine Anwendung. Der innergemeinschaftliche Erwerb solcher Waren ist daher auch von einem Schwellenerwerber zu versteuern.
Rechtslage ab 1. Jänner 2011
Verbrauchsteuerpflichtige Waren im Sinne des Art. 1 Abs. 6 UStG 1994 sind Alkohol, alkoholische Getränke, Tabakwaren und Energieerzeugnisse, jeweils im Sinne der geltenden Gemeinschaftsvorschriften, nicht jedoch über das Erdgasverteilungsnetz oder an ein solches Netz angeschlossenes Netz geliefertes Gas. Zu den Energieerzeugnissen zählen neben den Mineralölen insbesondere Kohle und Koks, nicht jedoch Elektrizität. Die Erwerbsschwellenregelung findet auf den Erwerb dieser Waren und auf den Erwerb neuer Fahrzeuge keine Anwendung. Der innergemeinschaftliche Erwerb solcher Waren ist daher auch von einem Schwellenerwerber zu versteuern.
Randzahlen 3644 bis 3650: derzeit frei.
101.7. Erwerb neuer Fahrzeuge
Der Erwerb neuer Fahrzeuge ist stets ein innergemeinschaftlicher Erwerb. Dies gilt unabhängig vom Status des Lieferers und des Erwerbers. Zum Begriff des neuen Fahrzeuges vgl. Rz 3667 bis Rz 3675.
Randzahlen 3652 bis 3657: derzeit frei.
101.7.1. Erwerb für das Unternehmen
Bei Unternehmern gilt der Erwerb neuer Fahrzeuge jedenfalls als für das Unternehmen ausgeführt (gemäß Art. 12 Abs. 4 UStG 1994 keine Anwendung des § 12 Abs. 2 Z 2 UStG 1994; eine sich auf Grund des Art. 12 Abs. 4 ergebende Steuer für den Erwerb ist gemäß Art. 12 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 nicht abzugsfähig).
101.7.2. Erwerb durch Schwellenerwerber
Unabhängig von der Erwerbsschwelle liegt auch beim Erwerb neuer Fahrzeuge durch Schwellenerwerber jedenfalls ein innergemeinschaftlicher Erwerb vor.
101.7.3. Erwerb durch Nichtunternehmer
Erwirbt ein Nichtunternehmer ein neues Fahrzeug, so liegt in jedem Fall ein innergemeinschaftlicher Erwerb vor. Der Erwerb durch einen Nichtunternehmer hat Entgeltlichkeit zur Voraussetzung. Die Übersiedlung vom übrigen Gemeinschaftsgebiet ins Inland unter Mitnahme eines neuen Fahrzeuges (Art. 1 Abs. 8 und 9 UStG 1994) führt daher grundsätzlich zu keiner Erwerbsbesteuerung.
Die Steuer wird im Falle des Erwerbs durch Nichtunternehmer im Wege der Fahrzeugeinzelbesteuerung erhoben.
Randzahlen 3661 bis 3666: derzeit frei.
101.8. Begriff „Fahrzeug“
Fahrzeuge sind die in Art. 1 Abs. 8 UStG 1994 genauer umschriebenen Land-, Wasser- und Luftfahrzeuge.
101.8.1. Begriff „motorbetriebenes Landfahrzeug“
Unter „motorbetriebene Landfahrzeuge“ fallen nur solche, die zur Personen- oder Güterbeförderung bestimmt sind mit einem Hubraum von mehr als 48 Kubikzentimetern oder einer Leistung von mehr als 7,2 Kilowatt. Hiezu gehören PKW, LKW, Motorräder, Wohnmobile und dergleichen. Nicht hierunter fallen zB Wohnwagenanhänger und andere Anhänger sowie selbstfahrende Arbeitsmaschinen und land- und forstwirtschaftliche Zugmaschinen (zB Traktoren).
101.8.2. Begriff „Wasserfahrzeug“
Unter „Wasserfahrzeuge“ fallen nur solche, die zur Personen- oder Güterbeförderung bestimmt sind und deren Länge 7,5 Meter (über dem Rumpf) übersteigt. Auf eine Motorisierung wird nicht abgestellt. Daher fallen auch Segeljachten ab der genannten Größe unter diese Bestimmung.
101.8.3. Begriff „Luftfahrzeug“
Unter „Luftfahrzeuge“ fallen nur solche, die zur Personen- oder Güterbeförderung bestimmt sind und deren Starthöchstmasse mehr als 1.550 Kilogramm beträgt. Die Starthöchstmasse ist das zulässige Gesamtgewicht beim Aufstieg.
Randzahlen 3671 bis 3675: derzeit frei.
101.9. Begriff „neu“
Ein Fahrzeug unterliegt nur dann den Bestimmungen des Art. 1 Abs. 7 UStG 1994, wenn es als neu im Sinne des Art. 1 Abs. 9 UStG 1994 gilt. Es ist dies abhängig vom Zeitpunkt der ersten Inbetriebnahme bzw. vom Ausmaß der bisherigen Nutzung.
Für die Beurteilung als neues Fahrzeug ist auf den Zeitpunkt der Lieferung des betreffenden Gegenstandes vom Verkäufer an den Käufer abzustellen (EuGH 18.11.2010, Rs C-84/09, X).
Die Beurteilung, in welchem Mitgliedstaat der Endverbrauch eines Fahrzeuges (und damit der innergemeinschaftliche Erwerb) stattfindet, hat auf einer umfassenden Abwägung aller objektiven tatsächlichen Umstände zu beruhen. Zu diesen im Rahmen des Gesamtbildes der Verhältnisse zu berücksichtigenden Umständen gehören ua. der Ort der gewöhnlichen Verwendung des Gegenstandes, seine Registrierung, der Wohnort des Erwerbers sowie das Bestehen oder Fehlen von Verbindungen des Erwerbers zu einzelnen Mitgliedstaaten. Auch die (spätere) tatsächliche Nutzung des Fahrzeuges kann als Indiz auf die beim Erwerb vorgelegene Verwendungsabsicht herangezogen werden (VwGH 26.1.2012, 2009/15/0177 unter Hinweis auf EuGH 18.11.2010, Rs C-84/09, X, Rn 44 f; VwGH 22.10.2015, 2013/15/0277).
101.9.1. Neues Landfahrzeug
Ein KFZ (motorbetriebenes Landfahrzeug) gilt dann als neu, wenn die erste Inbetriebnahme im Zeitpunkt des Erwerbs nicht mehr als sechs Monate zurückliegt. Dies ist unabhängig davon, wie viele Kilometer das Fahrzeug in dieser Zeit zurückgelegt hat. Liegt die erste Inbetriebnahme jedoch mehr als sechs Monate zurück, so gilt das Fahrzeug dennoch als neu, solange es nicht mehr als 6.000 Kilometer zurückgelegt hat.
Beispiel:
PKW 1 wurde vor 5 Monaten erstmals in Betrieb genommen, es wurden jedoch bereits 20.000 km zurückgelegt. Bei PKW 2 liegt die erste Inbetriebnahme 3 Jahre zurück, jedoch sind erst 5.000 km zurückgelegt worden: Beide Fahrzeuge gelten als neu.
101.9.2. Neues Wasserfahrzeug
Randzahlen 3678 bis 3679: derzeit frei.
101.9.3. Neues Luftfahrzeug
Randzahlen 3680 bis 3685. derzeit frei.
101.10. Diplomatische Missionen und zwischenstaatliche Einrichtungen
Nach Art. 1 Abs. 10 UStG 1994 liegt ein innergemeinschaftlicher Erwerb nicht vor, wenn ein Gegenstand bei einer Lieferung aus dem Gebiet eines anderen Mitgliedstaates in das Inland gelangt und die Erwerber folgende Einrichtungen sind:
- Im Inland ansässige ständige diplomatische Missionen und berufskonsularische Vertretungen oder
- im Inland ansässige zwischenstaatliche Einrichtungen.
Dies gilt jedoch nur, wenn diese Leistungsempfänger nicht unternehmerisch tätig sind.
Für den Erwerb neuer Fahrzeuge durch die genannten Einrichtungen gilt diese Ausnahme nicht. Diesbezüglich liegt zwar ein innergemeinschaftlicher Erwerb vor, doch ist dieser in vielen Fällen (siehe Rz 3689 bis Rz 3696) steuerfrei.
101.10.1. Folgen der Regelung des Art. 1 Abs. 10 UStG 1994
Die Regelung des Art. 1 Abs. 10 UStG 1994 bewirkt,
- dass den genannten Einrichtungen grundsätzlich keine UID zu erteilen ist,
- bei Lieferungen aus anderen Mitgliedstaaten an diese Einrichtungen der Ort der Lieferung im Falle der Beförderung oder Versendung durch den Lieferer nach der Versandhandelsregelung gemäß Art. 3 Abs. 3 UStG 1994 (siehe Rz 3714 bis Rz 3730) zu bestimmen ist und
- diese Einrichtungen nur beim innergemeinschaftlichen Erwerb eines neuen Fahrzeuges der Erwerbsteuer unterliegen.
101.10.2. Erwerb neuer Fahrzeuge
Der Erwerb neuer Fahrzeuge (siehe Rz 3651 bis Rz 3666) unterliegt auch für die von Art. 1 Abs. 10 UStG 1994 erfassten Einrichtungen der Erwerbsteuer.
Diesfalls kann bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen allerdings die Befreiung nach Art. 6 Abs. 2 Z 3 UStG 1994 zur Anwendung kommen. Die Steuerfreiheit richtet sich dann nach § 6 Abs. 4 Z 5 UStG 1994, welcher Bezug auf die §§ 89 bis 93 Zollrechts-Durchführungsgesetz, BGBl. Nr. 659/1994 nimmt.
Randzahlen 3691 bis 3696: derzeit frei.