- 11. Ausstellung von Rechnungen (§ 11 UStG 1994)
11.5. Getrennte Ausweise
11.5.1. Maschinelle Ermittlung des Steuerbetrages
1621
Wird in einer Rechnung der Steuerbetrag für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die verschiedenen Steuersätzen unterliegen, durch Maschinen (zB Fakturierautomaten, Datenverarbeitungsanlagen) automatisch ermittelt und durch diese in der Rechnung angegeben, so ist der Ausweis des Steuerbetrages in einer Summe zulässig, wenn für die einzelnen Posten der Rechnung der maßgebliche Steuersatz angegeben wird. Dabei kann an Stelle des Steuersatzes eine Kennziffer oder ein Symbol verwendet werden, falls auf der Rechnung eine entsprechende Erläuterung erfolgt. Der angewendete Steuersatz ist in der Erläuterung ausdrücklich anzuführen.
Beispiel:
Ware A | 10.000 Euro | 1 |
Ware B | 5.000 Euro | 2 |
15.000 Euro | ||
USt | 2.500 Euro | |
Gesamtrechnungsbetrag | 17.500 Euro | |
1 = 20% USt | ||
2 = 10% USt |
11.5.2. Nichtsteuerbare oder steuerfreie Umsätze
1622
Wenn in einer Rechnung neben steuerpflichtigen Umsätzen, die verschiedenen Steuersätzen unterliegen, auch nichtsteuerbare oder steuerfreie Umsätze abgerechnet werden, so kann die Kennzeichnung der nichtsteuerbaren oder der steuerfreien Umsätze gleichfalls durch Kennziffern oder Symbole erfolgen, wenn diese auf der Rechnung übersichtlich erläutert werden.
11.5.3. Geschenkkörbe
1623
Geschenkkörbe, die insbesondere von Feinkost- und Delikatessengeschäften geliefert werden, enthalten in der Regel neben Waren, die dem allgemeinen Steuersatz von 20% unterliegen, auch Erzeugnisse, die mit dem ermäßigten Steuersatz von 10% zu versteuern sind. In diesen Fällen kann in den Rechnungen als handelsübliche Bezeichnung des Liefergegenstandes lediglich „Geschenkkorb“ angegeben werden. Die Mengen und die handelsüblichen Bezeichnungen der im Geschenkkorb enthaltenen Gegenstände brauchen in der Rechnung nicht genannt zu werden. Enthält der Geschenkkorb Waren, auf deren Lieferung teils der allgemeine und teils der ermäßigte Steuersatz anzuwenden ist, müssen in der Rechnung die anteiligen Entgelte und die darauf entfallenden Steuerbeträge angegeben werden. Bei Rechnungen, deren Gesamtbetrag 400 (bis 28.2.2014: 150) Euro nicht übersteigt, genügt es, den Verkaufspreis (Entgelt und Steuerbetrag) nach den Anteilen an begünstigten und nichtbegünstigten Waren aufzuteilen und neben den Verkaufspreisen den jeweiligen Steuersatz anzugeben.
Beispiel:
1 Geschenkkorb | |
Anteil begünstigter Waren (10% USt) | 22 Euro |
Anteil nicht begünstigter Waren (20% USt) | 48 Euro |
Gesamtrechnungsbetrag | 70 Euro |
1624
Das Gleiche gilt sinngemäß auch für Sachgesamtheiten anderer Art, bei denen die einzelnen Waren mit verschiedenen Steuersätzen zu versteuern sind.
Erlangt der Pensionsgast bei Pauschalangeboten mit Bezahlung des Halbpensionspreises ua. einen Anspruch auf die Konsumation bestimmter Getränke während des Abendessens, muss in wirtschaftlicher Betrachtungsweise von einem Zusammenhang zwischen der Berechtigung zum Konsum von bestimmten Getränken zum Abendessen und der Entgeltleistung der Letztverbraucher für die Halbpension gesprochen werden. Eine Verknüpfung zwischen dem Leistungspaket des Unternehmers und den dafür von den Pensionsgästen geleisteten Entgelten liegt auch dann vor, wenn aus Werbegründen kein gesonderter Ausweis der auf die einzelnen Leistungen entfallenden Entgeltteile erfolgt. Das Pauschalentgelt ist daher auf sämtliche Leistungskomponenten zu verteilen: Dabei wäre die Bewertung einer einzelnen Komponente mit dem Einkaufspreis nur dann sachgerecht, wenn auch alle anderen Leistungskomponenten zu „Einkaufswerten“ dem Konsumenten weiterverrechnet werden (VwGH 27.6.2000, 95/14/0108). Siehe auch Rz 1373 zu All Inklusive.
11.6. Kleinbetragsrechnungen
1625
Die Regelung über die Ausstellung einer Kleinbetragsrechnung (§ 11 Abs. 6 UStG 1994) kommt nicht zur Anwendung bei innergemeinschaftlichen Lieferungen, Lieferungen, die gemäß Art. 3 Abs. 3 UStG 1994 im Inland ausgeführt werden (Versandhandel), Dreiecksgeschäften, Rechnungen (Gutschriften) gemäß § 11 Abs. 1 Z 2 UStG 1994 (vgl. Rz 1501a) über Leistungen im übrigen Gemeinschaftsgebiet oder Rechnungen (Gutschriften) über Leistungen, für die es gemäß § 19 Abs. 1 zweiter Satz oder Abs. 1c UStG 1994 zum Übergang der Steuerschuld auf den Leistungsempfänger kommt (vgl. Rz 1501b). Es bleibt dem Unternehmer unbenommen, auch bei Rechnungen, deren Gesamtbetrag 400 (bis 28.2.2014: 150) Euro nicht übersteigt, Entgelt und Steuerbetrag gesondert auszuweisen. Auch in Rechnungen, deren Gesamtbetrag 400 (bis 28.2.2014: 150) Euro nicht übersteigt, ist die Trennung der Entgelte nach Steuersätzen zu beachten, wenn die gelieferten Gegenstände oder die ausgeführten sonstigen Leistungen verschiedenen Steuersätzen unterliegen. Auf Rz 1623 und Rz 1624 wird in diesem Zusammenhang hingewiesen.
1626
Einheitliche Leistungen, denen ein Rechnungsbetrag von mehr als 400 (bis 28.2.2014: 150) Euro entspricht, können nicht in mehreren Rechnungen abgerechnet werden. Werden jedoch – auch zum selben Zeitpunkt – mehrere Leistungen erbracht, können auch mehrere Kleinbetragsrechnungen ausgestellt werden, wenn die einzelne Rechnung den maßgeblichen Gesamtbetrag nicht überschreitet.
Randzahlen 1627 bis 1637: derzeit frei.
11.7. Gutschriften als Rechnung
1638
Die Möglichkeit der Abrechnung per Gutschrift ist nicht auf bestimmte Branchen eingeschränkt.
11.7.1. Berechtigung zum gesonderten Steuerausweis
1639
Der Unternehmer, der die Lieferungen oder sonstigen Leistungen ausführt (Empfänger der Gutschrift), muss zum gesonderten Ausweis der Steuer in einer Rechnung im Sinne des § 11 Abs. 1 UStG 1994 berechtigt sein.
1640
Ist der Unternehmer nicht zum gesonderten Ausweis der Steuer berechtigt, steht dem Leistungsempfänger kein Vorsteuerabzug zu (EuGH 13.12.1989, Rs C-342/87, „Genius“; VwGH 25.2.1998, 97/14/0107). Bezüglich Ausnahmen von diesem Grundsatz siehe Rz 1825 ff.
11.7.2. Einverständnis
1641
Ob das Einverständnis vorliegt, ist unter Rückgriff auf die zivilrechtlichen Regeln über Rechtsgeschäfte zu beurteilen. Auf welche Art und Weise das Einverständnis hergestellt wird, ist unmaßgeblich. Zur Vermeidung von Zweifeln ist einer schriftlichen Vereinbarung der Vorzug zu geben. Die Unterwerfung unter die Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist als Einverständnis zu werten (VwGH 23.6.1983, 82/15/0023). Stillschweigen des leistenden Unternehmers wird in aller Regel kein Einverständnis bewirken. Insbesondere ist Einverständnis auch dann erforderlich, wenn die vom leistenden Unternehmer übermittelte Rechnungsurkunde unvollständig oder fehlerhaft ist und im Hinblick auf den Vorsteuerabzug vom Leistungsempfänger ergänzt oder berichtigt wird. Verweigert der leistende Unternehmer die Ausfertigung einer Rechnung nach § 11 Abs. 1 UStG 1994 überhaupt, vermittelt die Erstellung und Zusendung einer Gutschrift jedenfalls keinen Anspruch auf den Vorsteuerabzug.
11.7.3. Zuleitung
1642
Die Gutschrift muss dem Unternehmer, der die steuerpflichtige Lieferung oder sonstige Leistung ausgeführt hat, zugeleitet worden sein. Die Beweislast über diesen Umstand trifft den Leistungsempfänger (Aussteller der Gutschrift).
11.7.4. Widerspruch
1643
Nach § 11 Abs. 7 dritter Satz UStG 1994 verliert die Gutschrift die Wirkung einer Rechnung, soweit der leistende Unternehmer (Empfänger der Gutschrift) dem in ihr enthaltenen Steuerbetrag widerspricht. Dadurch wird der leistende Unternehmer von den Rechtsfolgen einer abstrakten Steuerschuld nach § 11 Abs. 12 und 14 UStG 1994 (VwGH 23.6.1983, 82/15/0026; 16.3.1987, 85/15/0329) bewahrt. Das Erfordernis der Erhebung eines Widerspruchs setzt zwangsläufig eine dem Grunde nach wirksame Gutschrift („soweit“) voraus, insbesondere das Vorliegen eines rechtswirksamen Einverständnisses. Eine (rechtswirksame) Gutschrift liegt etwa auch dann vor, wenn eine als „Rechnung“ bezeichnete Abrechnung auf Grund des Datenmaterials des Leistungsempfängers mittels dessen EDV-Anlage erstellt wird und der Leistende an der Erstellung der Abrechnung in keiner Weise mitwirkt oder gar nicht mitwirken kann, weil er die erforderlichen Daten nicht besitzt. Die Bezeichnung der Abrechnung als „Rechnung“ ändert nichts am Vorliegen einer Gutschrift. Auch eine allfällige Unterschriftsleistung des Leistenden auf der Abrechnung führt nicht zur Umwandlung von einer Gutschrift in eine Rechnung, sondern kann als Bestätigung gewertet werden, dass der Leistende der Gutschrift nicht widerspricht. Der Empfänger der Gutschrift kann dem in der Gutschrift angeführten Steuerbetrag zur Gänze oder nur hinsichtlich eines Teilbetrages widersprechen. Im Ausmaß des erhobenen Widerspruchs gilt der davon betroffene Steuerbetrag als nicht mehr gesondert ausgewiesen. Ein erhobener Widerspruch entfaltet nur dann seine Wirksamkeit, wenn er dem Leistungsempfänger (Aussteller der Gutschrift) zugegangen ist (Wirkung ex nunc).
Randzahlen 1644 bis 1663: derzeit frei.
11.8. Voraussetzungen für Gutschriften als Rechnung
1664
Gutschriften über Umsätze, die ab dem 1.1.2013 ausgeführt werden, müssen gemäß § 11 Abs. 8 Z 3 UStG 1994 ausdrücklich als solche bezeichnet werden. Neben der Bezeichnung „Gutschrift“ ist auch jede andere in den geltenden Sprachfassungen der MwSt-RL 2006/112/EG idF der RL 2010/45/EU genannte Bezeichnung zulässig (zB englisch: „Self-billing“, französisch: „Autofacturation“, italienisch: „Autofatturazione“).
Randzahlen 1665 bis 1690: derzeit frei.
11.9. Fahrausweise als Rechnung
11.9.1. Fahrausweise allgemein
1691
Unter Fahrausweisen sind Urkunden zu verstehen, die zur Inanspruchnahme von Personenbeförderungsleistungen berechtigen, also einen Beförderungsanspruch des Inhabers dokumentieren. Als Fahrausweise sind ua. Fahrscheine und Fahrkarten für Einzelfahrten, Flugscheine, Mehrfahrtenblocks, Monats- oder Jahreskarten, Kilometerbanken, Bahnkontokarten, Zuschlagskarten, Platzkarten, Liege- und Schlafwagenkarten anzusehen. Keine Fahrausweise sind dagegen Belege, die mit der Beförderung selbst nichts zu tun haben. Dazu gehören bloße Quittungen über die Bezahlung des Kaufpreises. Fahrausweise haben neben den in § 11 Abs. 9 UStG 1994 genannten Angaben jedenfalls ein Ausstellungsdatum sowie in allen Fällen (auch im Eisenbahn-Personenverkehr, ab 1.1.2023 mit Ausnahme des grenzüberschreitenden Personenverkehrs mit Eisenbahnen, siehe § 6 Abs. 1 Z 3 lit. d UStG 1994) die Angabe des Steuersatzes zu enthalten. Fehlt es an diesen Mindestangaben, gelten Fahrausweise nicht als Rechnungen im Sinne des § 11 Abs. 1 UStG 1994 und berechtigen daher auch nicht zum Vorsteuerabzug gemäß § 12 UStG 1994. Flugscheine für Inlandsflüge, die mittels elektronischer Bereitstellung im Internet (Online-Verfahren) abgerufen bzw. erworben werden, gelten als Rechnungen, wenn gewährleistet ist, dass eine Belastung auf einem Kunden- oder Kreditkonto erfolgt und systemmäßig sichergestellt ist, dass ein Doppelausdruck von Flugscheinen unterbunden ist bzw. allenfalls angeforderte Duplikate als solche gekennzeichnet werden. Auf Grundlage des ausgedruckten „Original“-Flugscheines kann der Vorsteuerabzug vorgenommen werden.
11.9.2. Eisenbahn-Personenverkehr
1692
Eine Beförderung im Eisenbahn-Personenverkehr liegt vor, wenn die Personenbeförderung durch Eisenbahnen im Sinne des EisbG 1957, BGBl. Nr. 60/1957, erfolgt. Zu den Eisenbahnen im Sinne dieses Gesetzes zählen neben den Eisenbahnen im engeren Sinne die Haupt- und Nebenbahnen, Straßenbahnen sowie Standseilbahnen, Seilschwebebahnen und Sessellifte, nicht hingegen Schlepplifte.
11.9.3. Zuschlagskarten
1693
Für Zuschlagskarten, Platz-, Liege- und Schlafwagenkarten usw. gelten die für Fahrausweise aufgestellten Grundsätze sinngemäß. Als Fahrausweise, die das Anrecht auf eine Beförderung zum Ausdruck bringen (Berechtigungsausweise), gelten auch Flugscheine.
11.9.4. Taxifahrten
1694
Belege über die Benutzung von Platz- und Mietwagen (Taxi) gelten nicht als Fahrausweise im Sinne des § 11 Abs. 9 UStG 1994.
11.9.5. Liftkarten oder Skipässe
1695
Liftkarten bzw. Skipässe (auch im Tarifverbund) enthalten in der Regel nicht alle Merkmale einer Rechnung iSd § 11 UStG 1994. Darüber hinaus werden Skipässe immer mehr in Form von Chipkarten mit Pfandeinsatz ausgegeben, die nach Ablauf der Gültigkeitsperiode wieder dem Liftbetreiber gegen Pfandrückersatz zurückgegeben werden. Die Liftunternehmen haben daher gegenüber vorsteuerabzugsberechtigten Unternehmern (zB Hotelbetreiber) Rechnungen iSd § 11 UStG 1994 auszustellen.
Randzahlen 1696 bis 1710: derzeit frei.
11.10. Grenzüberschreitender Personenverkehr
1711
Fahrausweise im grenzüberschreitenden Personenverkehr gelten nur dann als Rechnung im Sinne des § 11 Abs. 1 UStG 1994, wenn durch den Beförderungsunternehmer oder seinen Beauftragten bescheinigt wird, welcher Anteil des Beförderungspreises auf die inländische Strecke entfällt. Neben der Angabe des Beförderungspreises für die inländische Strecke (Beförderungsentgelt einschließlich USt) hat die Bescheinigung auch eine Angabe über die Höhe des Steuersatzes zu enthalten. Der Reisende, der Unternehmer ist und die Beförderungsleistung für sein Unternehmen in Anspruch nimmt, hat auf die Erteilung einer solchen Bescheinigung einen Rechtsanspruch (§ 11 Abs. 10 UStG 1994).
1712
Die Bescheinigung ist vom Beförderungsunternehmer oder seinem Beauftragten zu erteilen. Es können derartige Bescheinigungen auch von allen jenen Stellen ausgestellt werden, die von einem Beförderungsunternehmer zur Ausgabe von Fahrausweisen für eine grenzüberschreitende Personenbeförderung berechtigt sind (zB Reisebüros).
1713
Ab dem 1.1.2023 unterliegt der inländische Streckenteil einer grenzüberschreitenden Beförderung von Personen mit Eisenbahnen der Steuerbefreiung gemäß § 6 Abs. 1 Z 3 lit. d UStG 1994, es hat keine Angabe eines Steuersatzes auf dem Fahrausweis zu erfolgen.
Randzahlen 1714 bis 1720: derzeit frei.
11.11. Reisegepäck
1721
Die Beförderung von Reisegepäck stellt im Zusammenhang mit einer Personenbeförderung eine Nebenleistung dar und teilt daher umsatzsteuerrechtlich das Schicksal der Hauptleistung. Für die Beförderung von Reisegepäck gelten daher die gleichen Bestimmungen wie für die Personenbeförderung. Die für Fahrausweise getroffene Regelung (auch bezüglich des grenzüberschreitenden Verkehrs) ist sinngemäß auch für Belege im Reisegepäckverkehr anzuwenden (§ 11 Abs. 11 UStG 1994).
Randzahlen 1722 bis 1732: derzeit frei.
11.12. Unrichtiger Steuerausweis
11.12.1. Erhöhter Steuerausweis
1733
Der Unternehmer schuldet für einen Umsatz grundsätzlich jenen Steuerbetrag, der sich bei Heranziehung des Entgeltes unter Anwendung des entsprechenden Steuersatzes ergibt. Hat der Unternehmer jedoch in einer Rechnung für eine Lieferung oder sonstige Leistung einen höheren Steuerbetrag ausgewiesen, so schuldet er diesen Betrag auf Grund der Rechnung. Das Gleiche gilt auch für Gutschriften, soweit der Gutschriftempfänger hinsichtlich des ausgewiesenen Steuerbetrages der Gutschrift nicht widerspricht.
Zu einer Steuerschuld aufgrund der Rechnungslegung kommt es auch bei Kleinbetrags-rechnungen (§11 Abs. 6 UStG 1994) mit unrichtiger (= überhöhter) Steuersatzangabe. Die Angabe des Bruttoentgeltes in Verbindung mit dem Steuersatz hat bei Kleinbetragsrechnungen die Wirkung eines gesondert ausgewiesenen Steuerbetrages.
1734
Unter bestimmten Voraussetzungen wird der vom Unternehmer zu Unrecht in Rechnung gestellte Umsatzsteuerbetrag nicht geschuldet.
Voraussetzung für den Entfall der Steuerschuld ist, dass keine Gefährdung des Steueraufkommens vorliegt, weil die Leistung im betreffenden Steuerjahr ausschließlich an Endverbraucher erbracht wurde, die hinsichtlich der ihnen in Rechnung gestellten Mehrwertsteuer nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sind (vgl. EuGH 8.12.2022, Rs C-378/21, P GmbH). In einem solchen Fall ist eine Berichtigung der Rechnung für den Entfall der Steuerschuld nicht erforderlich.
11.12.2. Berichtigungsmöglichkeit bei erhöhtem Steuerausweis
1735
Der Unternehmer hat das Recht, eine Rechnung (Gutschrift) hinsichtlich des ausgewiesenen Steuerbetrages zu berichtigen. Eine allenfalls zu einem späteren Zeitpunkt vorgenommene Berichtigung einer Rechnung ändert jedoch nichts daran, dass der zu hoch ausgewiesene Steuerbetrag gemäß § 11 Abs. 12 UStG 1994 geschuldet wird. Im Falle der Berichtigung kommt es hinsichtlich des berichtigten Betrages gemäß § 11 Abs. 12 UStG 1994 zu einer Gutschrift in jenem Veranlagungszeitraum (Voranmeldungszeitraum), in dem die Berichtigung der Rechnung vorgenommen wurde (§ 11 Abs. 12 in Verbindung mit § 16 Abs. 1 UStG 1994).
11.12.3. Verminderter Steuerausweis
1736
Hat ein Unternehmer in einer Rechnung einen geringeren Steuerbetrag ausgewiesen, als dem Leistungsumfang entspricht, so hat dies keinen Einfluss auf seine tatsächliche Steuerschuld. Es ist dabei ohne Bedeutung, ob der unrichtige Steuerausweis auf einen Rechenfehler zurückzuführen ist oder ob ein zu niedriger Steuersatz angewendet wurde. Das Entgelt – als Basis für die Ermittlung der Steuerschuld – leitet sich aus dem Gesamtbetrag (Bruttobetrag) ab.
Beispiel:
Entgelt | 2.000 Euro |
+ 10% USt (statt richtigerweise 20%) | 200 Euro |
Gesamtrechnungsbetrag, der auch bezahlt wird | 2.200 Euro |
1737
Der Unternehmer schuldet den aus dem Bruttobetrag herausgerechneten Normalsteuersatz von 366,66 Euro (2.200 Euro x 0,166666). Der Rechnungsempfänger kann bei Zutreffen der Voraussetzungen gemäß § 12 UStG 1994 nur den ausgewiesenen Steuerbetrag (200 Euro) als Vorsteuer geltend machen.
11.12.4. Berechtigung zur Rechnungsberichtigung
1738
Der Rechnungsempfänger ist grundsätzlich nicht berechtigt, eine erhaltene Rechnung, die zum Nachweis des Vorsteuerabzuges dient, selbst zu berichtigen. Die Berichtigung einer hinsichtlich des Steuerbetrages unrichtig ausgestellten Rechnung kann nur der Rechnungsaussteller vornehmen. Eine einseitige Berichtigung der Angaben in einer Rechnung durch den Leistungsempfänger im Allgemeinen und hinsichtlich des ausgewiesenen Steuerbetrages im Besonderen hat nicht die Wirkung einer Berichtigung der Rechnung im Sinne des Umsatzsteuergesetzes (§ 11 Abs. 12 in Verbindung mit § 16 Abs. 1 UStG 1994). Aus anderen Gründen erforderliche Rechnungskorrekturen (zB bei Rückwaren oder nicht vertragsgemäßer Lieferung) können jedoch durch den Leistungsempfänger mit einer entsprechenden Belastungsnote erfolgen. Derartige Belege können jedoch nur unter den für die Erteilung von Gutschriften vorgesehenen Bedingungen als Rechnungen (Gutschriften) anerkannt werden.
11.12.5. Berichtigung einer Rechnung mit Steuerausweis im Zusammenhang mit Liebhaberei
1739
Die Beurteilung der Frage, ob im Zusammenhang mit einer Tätigkeit auf Dauer gesehen Gewinne oder Einnahmenüberschüsse erzielt werden, ist oft erst nach einem mehrjährigen Beobachtungszeitraum möglich. Zunächst ist es häufig noch ungewiss, ob die Tätigkeit im Rahmen eines Unternehmens ausgeübt wird und die Einnahmen daher umsatzsteuerbar sind oder ob die Tätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 5 Z 2 UStG 1994 als nicht unternehmerisch gilt und die Einnahmen daher nicht der Umsatzsteuer unterliegen. Werden in einem solchen Fall bis zur endgültigen Klärung der Unternehmereigenschaft Rechnungen mit Steuerausweis ausgestellt, so können diese Rechnungen in sinngemäßer Anwendung des § 11 Abs. 12 UStG 1994 nachträglich berichtigt werden (VwGH 16.12.1980, 1641/79, 1805/79; 19.01.1984, 83/15/0010). Diese Berichtigung wirkt nicht zurück (siehe LRL 2012 Rz 181).
1740
Hinsichtlich der Berichtigung von Rechnungen im Allgemeinen und im Touristenexport wird auf die Rz 1533 bis Rz 1556 verwiesen.
Randzahlen 1741 bis 1755: derzeit frei.
11.13. Nachträgliche Entgeltsminderung – Wechseldiskontierung
1756
Der in einer Rechnung ausgewiesene Steuerbetrag wird auf Grund der Rechnung nicht geschuldet, wenn das Entgelt sich wegen Zahlungsabzügen jeder Art vermindert hat (zB Skonto, Rabatte, Nachlässe). Nach § 11 Abs. 13 UStG 1994 ist die Berichtigung einer Rechnung wegen einer Entgeltsminderung zur Vermeidung einer Steuerschuld auf Grund der Rechnung nach § 11 Abs. 12 UStG 1994 nur erforderlich, wenn sich das Entgelt wegen des Abzuges von Wechselvorzinsen (Diskontzinsen) vermindert hat. Die Berichtigung der Steuer aus diesem Grunde setzt voraus, dass der Unternehmer seinem Abnehmer eine berichtigte Rechnung erteilt. Ohne Rechnungsberichtigung darf der Unternehmer seine Steuerschuld im Zusammenhang mit einer Wechseldiskontierung nicht mindern. Es kann jedoch im Falle der Wechseldiskontierung von der Berichtigung der Rechnung absichtlich Abstand genommen werden, um dem Abnehmer nicht die näheren Umstände der Rechnungsberichtigung mitteilen zu müssen. Eine Berichtigung der Steuerschuld darf dabei nicht erfolgen; demgemäß ist dann auch eine Kürzung des Vorsteuerabzuges beim Abnehmer nicht erforderlich.
Randzahlen 1757 bis 1770: derzeit frei.
11.14. Unberechtigter Steuerausweis
1771
Die Steuerschuld nach § 11 Abs. 14 UStG 1994 hat zur Voraussetzung, dass eine solche Rechnung erstellt wird, die formal die Voraussetzungen des § 11 Abs. 1 UStG 1994 erfüllt (siehe Rz 1505 ff). Der Zweck der Regelung liegt darin, einem unberechtigten Vorsteuerabzug – eine Rechnung ist Voraussetzung für den Vorsteuerabzug – vorzubeugen (VwGH 26.6.2001, 2001/14/0023).
Eine zu Unrecht in Rechnung gestellte Mehrwertsteuer kann berichtigt werden, wenn der Aussteller der Rechnung die Gefährdung des Steueraufkommens rechtzeitig und vollständig beseitigt hat, ohne dass eine solche Berichtigung vom guten Glauben des Ausstellers der betreffenden Rechnung abhängig gemacht werden darf (EuGH 19.9.2000, Rs C-454/98, Schmeink & Cofreth und Strobel, oder EuGH 8.5.2019, Rs C-712/17, EN.SA. Srl).
1772
Ist eine Anzahlung für eine in weiterer Folge nicht ausgeführte Leistung entrichtet worden und hat der Unternehmer darüber eine (Anzahlungs-) Rechnung mit Ausweis der Umsatzsteuer ausgestellt, schuldet er den ausgewiesenen Betrag gemäß § 11 Abs. 14 UStG 1994, solange er die Rechnung nicht berichtigt. Das gilt zB auch dann, wenn die Anzahlung als Stornogebühr verfällt.
Beispiel:
Ein Hotelier erhält eine Anzahlung über 100 Euro für eine insgesamt 150 Euro teure Nächtigung und stellt eine Rechnung mit 13% ausgewiesener Umsatzsteuer aus. Der Gast storniert und der Hotelier behält die Anzahlung ein.
Bei dem einbehaltenen Betrag handelt es sich zwar um nicht steuerbaren echten Schadenersatz, der Hotelier schuldet den ausgewiesenen Steuerbetrag jedoch aufgrund der Rechnung. Berichtigt er die Rechnung gegenüber dem Gast, kann er die erfolgte Besteuerung der Anzahlung rückgängig machen.
Zur Vermeidung der Steuerschuld aufgrund der Rechnungslegung in anderen Fällen von Abrechnungen über Anzahlungen siehe Rz 1524.
Randzahlen 1773 bis 1800: Derzeit frei.
12. Vorsteuerabzug (§ 12 UStG 1994)
12.1. Allgemeines
1801
Abgezogen werden darf nur eine Umsatzsteuer, die nach österreichischem Umsatzsteuergesetz geschuldet wird (VwGH 26.11.1996, 92/14/0078).
1802
Der Vorsteuerabzug ist grundsätzlich bei allen für das Unternehmen ausgeführten Umsätzen und bei der Einfuhr jeder Art von Gegenständen für das Unternehmen zulässig. Im Allgemeinen ist nicht zu unterscheiden, für welche Zwecke der für das Unternehmen bezogene Gegenstand oder die für das Unternehmen in Anspruch genommene sonstige Leistung verwendet wird (Ausnahmen siehe Rz 1914 bis Rz 2005). Der Vorsteuerabzug bleibt auch dann bestehen, wenn ein für das Unternehmen bezogener oder eingeführter Gegenstand unter dem Einkaufspreis veräußert wird oder weder mittelbar noch unmittelbar der Ausführung eigener Umsätze (zB bei Untergang der Ware) dient, oder wenn der Unternehmer sonstige Leistungen zur Ausführung seiner steuerpflichtigen Umsätze in Anspruch nimmt, letztlich jedoch diese Umsätze nicht ausführt (zB „versunkene Kosten“).
Das Recht auf Vorsteuerabzug bleibt auch dann bestehen, wenn eine für das Unternehmen bezogene Leistung mit einem oder mehreren steuerpflichtigen Ausgangsumsätzen oder der gesamten wirtschaftlichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen als allgemeine Aufwendungen in einem direkten und unmittelbaren Zusammenhang steht, auch wenn der Preis der bezogenen Leistung überhöht ist (Ausnahmen siehe § 12 Abs. 2 Z 2 UStG 1994) oder diese Leistung nicht zu einer Steigerung des Umsatzes geführt hat (vgl. EuGH 25.11.2021, Rs C-334/20, Amper Metal Kft., Rn 40).
Der Vorsteuerabzug ist jedoch zu versagen, wenn der Unternehmer Vorleistungen zur Ausführung seiner steuerpflichtigen Umsätze in Anspruch nimmt, letztlich jedoch damit Umsätze bewirkt, die nicht zum Vorsteuerabzug berechtigen (vgl. EuGH 12.11.2020, Rs C-42/19, Sonaecom SGPS SA). Für von Dritten bezogene Dienstleistungen, die eine Holdinggesellschaft gegen Gewährung einer Beteiligung am allgemeinen Gewinn in die Tochtergesellschaften einlegt, steht kein Vorsteuerabzug zu, wenn erstens die bezogenen Eingangsleistungen nicht in direktem und unmittelbarem Zusammenhang mit den eigenen Ausgangsumsätzen der Holdinggesellschaft, sondern mit den weitgehend steuerfreien Tätigkeiten der Tochtergesellschaften stehen, zweitens diese Eingangsleistungen in den Preis der an die Tochtergesellschaften erbrachten steuerpflichtigen Umsätze keinen Eingang finden und drittens diese Leistungen nicht zu den allgemeinen Kostenelementen der eigenen wirtschaftlichen Tätigkeit der Holdinggesellschaft gehören (siehe EuGH 8.9.2022, Rs C-98/21, Finanzamt R).
Ebenso entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass der Vorsteuerabzug gewährt wird, wenn die materiellen Voraussetzungen erfüllt sind, selbst wenn der Steuerpflichtige bestimmten formellen Anforderungen nicht genügt. Das Recht auf Vorsteuerabzug darf in einem solchen Fall nicht verweigert werden, wenn die Finanzverwaltung über sämtliche Daten verfügt, um zu prüfen, ob die für dieses Recht geltenden materiellen Voraussetzungen erfüllt sind. Anders verhält es sich, wenn der Verstoß gegen die formellen Anforderungen den sicheren Nachweis verhindert, dass die materiellen Anforderungen erfüllt wurden. Ebenso ist das Recht auf Vorsteuerabzug zu verweigern, wenn aufgrund der objektiven Sachlage feststeht, dass dieses Recht in betrügerischer Weise oder missbräuchlich geltend gemacht wird (VwGH 19.5.2020, Ro 2019/13/0030).
1802a
Der Vorsteuerabzug ist zu versagen, wenn er mit Hilfe einer missbräuchlichen Gestaltung geltend gemacht werden soll, zB kein Vorsteuerabzug aus Scheinrechnungen (VwGH 27.6.2017, Ra 2017/13/0026) oder im Falle eines missbräuchlichen Immobilienleasings (VwGH 15.5.2020, Ra 2018/15/0113). Eine missbräuchliche Gestaltung ist gegeben, wenn die fraglichen Umsätze trotz formaler Anwendung der einschlägigen Gesetzesbestimmungen einen Steuervorteil zum Ergebnis haben, dessen Gewährung dem mit dem UStG 1994 verfolgten Ziel zuwiderläuft und aus einer Reihe objektiver Anhaltspunkte ersichtlich ist, dass mit den fraglichen Umsätzen im Wesentlichen ein Steuervorteil bezweckt wird (siehe EuGH 21.2.2008, Rs C-425/06, Part Service, EuGH 22.11.2017, Rs C-251/16, Cussens ua.). Die Behörde hat den durch die gewählte Konstruktion konkret angestrebten Steuervorteil (auf dem Gebiet der Umsatzsteuer) festzustellen, was eine Vorläufigkeit iSd § 200 Abs. 1 BAO rechtfertigen kann (VwGH 31.3.2011, 2008/15/0115).
Im Fall der missbräuchlichen Praxis sind die Umsätze in der Weise neu zu definieren, dass auf die Lage abgestellt wird, die ohne diese Umsätze bestanden hätte (EuGH 21.2.2006, Rs C-255/02, Halifax).
12.1.1. Zum Vorsteuerabzug berechtigter Personenkreis
1803
Zum Vorsteuerabzug nach § 12 UStG 1994 sind alle Unternehmer im Sinne des § 2 UStG 1994 (siehe Rz 181 bis Rz 326) im Rahmen ihrer unternehmerischen Tätigkeit berechtigt.
1804
Betreffend Unternehmereigenschaft von Kostengemeinschaften siehe Rz 182. Vorsteuern, die auf Gegenstände oder Leistungen entfallen, die von den an einer Kanzlei- oder Ordinationsgemeinschaft beteiligten Unternehmern gemeinsam genutzt werden, dürfen ungeachtet dessen, ob die diesbezüglichen Rechnungen an den einzelnen Unternehmer oder an die Gemeinschaft als solche gerichtet sind, nach dem Gewinnverteilungsschlüssel aufgeteilt werden.
Bezüglich Vorsteuerabzug bei Vereinen, die sowohl einen unternehmerischen als auch einen nichtunternehmerischen Bereich haben, siehe Rz 1246 bis Rz 1254.
1805
Abgezogen werden dürfen auch Vorsteuerbeträge, die einer nachfolgenden oder vorherigen (nicht unecht befreiten) unternehmerischen Tätigkeit zuzurechnen sind. Wird daher eine unternehmerische Tätigkeit begonnen, so dürfen die bis dahin angefallenen Vorsteuern abgezogen werden, wenn sie auf Umsätze für das Unternehmen entfallen. Die Vorsteuerbeträge können selbst dann abgezogen werden, wenn die unternehmerische Tätigkeit letztlich nicht ausgeübt wurde, sofern diese Ausgaben ausschließlich in der beabsichtigten unternehmerischen Tätigkeit begründet sind (vgl. EuGH 17.10.2018, Rs C-249/17, Ryanair).
1806
Hat ein Unternehmer seine Unternehmertätigkeit (zB durch Geschäftsaufgabe) beendet, so steht ihm das Recht des Abzuges von Vorsteuern für Lieferungen oder sonstige Leistungen für sein Unternehmen auch noch in einem Veranlagungs-(Voranmeldungs-)zeitraum zu, in dem er keine Umsätze mehr bewirkt.
Zum Beginn und Ende der Unternehmereigenschaft siehe Rz 193 bis Rz 204.
1807
Die Zuführung von Gegenständen aus dem nichtunternehmerischen Bereich (Einlage aus dem Privatvermögen oder Überführung eines Gegenstandes vom nichtunternehmerischen Bereich einer Körperschaft in deren unternehmerischen Bereich) führt weder zu einem nachträglichen Vorsteuerabzug noch zu einer positiven Vorsteuerberichtigung (vgl. EuGH 11.7.1991, Rs C-97/90, Lennartz; VwGH 23.11.2022, Ro 2021/15/0017). Zu Körperschaften öffentlichen Rechts und Vereinen siehe Rz 479.
1808
Unternehmer, die ihre Vorsteuerbeträge nach Durchschnittssätzen (§ 14 UStG 1994) ermitteln, haben die Vorsteuern mit den sich danach ergebenden Beträgen anzusetzen. Der Durchschnittssatz des § 22 UStG 1994 umfasst alle dem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb zuzurechnenden Vorsteuern. Ein weiterer Abzug von Vorsteuerbeträgen ist nicht mehr zulässig. Dies gilt auch dann, wenn der Land- oder Forstwirt eine zusätzliche Steuer nach § 22 Abs. 2 UStG 1994 zu entrichten hat.
1809
Im Ausland ansässige Unternehmer dürfen den Vorsteuerabzug grundsätzlich auch dann beanspruchen, wenn sie im Inland keine Lieferungen und sonstigen Leistungen ausführen bzw. ausgeführt haben. Auch ihnen steht aber der Vorsteuerabzug nur insoweit zu, als die Vorsteuerbeträge ihrer unternehmerischen Tätigkeit zuzurechnen sind. Das gilt auch für Vorsteuern, die mit nicht steuerbaren Umsätzen in Zusammenhang stehen, soweit diese Umsätze, wären sie im Inland ausgeführt worden, steuerpflichtig oder echt steuerbefreit wären. Um als Unternehmer zu gelten, müssen jedoch auch bei einem ausländischen Unternehmer die Unternehmerkriterien nach österreichischem Recht (siehe Rz 181 bis Rz 209) erfüllt sein.
Randzahlen 1810 bis 1814: derzeit frei.
12.1.2. Vorsteuerabzug aufgrund der Rechnung
12.1.2.1. Rechnung mit gesondertem Steuerausweis
1815
Nur eine gesondert in Rechnung gestellte USt darf als Vorsteuer abgezogen werden (siehe Rz 1505 bis Rz 1556). Zur Gutschrift als Rechnung siehe Rz 1638 bis 1664.
1816
Maßgeblich ist der Zeitpunkt der Rechnungsausstellung. Langt eine im Veranlagungszeitraum ausgestellte Rechnung so verspätet beim Leistungsempfänger ein, dass er sie bei der Erklärung für den Veranlagungszeitraum nicht mehr berücksichtigen kann, ist es nicht zu beanstanden, nach Anmerkung des Datums des Einlangens auf der Rechnung den Vorsteuerabzug für den Veranlagungszeitraum des Einlangens zu berücksichtigen.
1817
Eine Rückdatierung der Rechnung ist unwirksam; ein derartiges Datum gilt nicht als Zeitpunkt der Rechnungsausstellung.
1818
Fallen Empfang der Leistung und Rechnungsausstellung zeitlich auseinander, so ist der Vorsteuerabzug erst für den Besteuerungszeitraum zulässig, in dem beide Voraussetzungen erfüllt sind.
1819
Für Umsätze, die vor dem 1.1.2013 an Unternehmer, die ihre Umsätze nach vereinnahmten Entgelten versteuern, ausgeführt worden sind, ist es nicht zu beanstanden, wenn die Vorsteuerbeträge später, nämlich für jenen Besteuerungszeitraum geltend gemacht werden, in welchem die Bezahlung der Rechnung erfolgt. Unzulässig ist diese Vorgangsweise jedoch dann, wenn sie zu einem Nachteil für den Fiskus führt.
Für Umsätze, die nach dem 31.12.2012 an Istbesteuerer ausgeführt werden, gilt als zusätzliche Voraussetzung für den Vorsteuerabzug, dass die Zahlung geleistet worden ist. Ausgenommen davon sind:
- Versorgungsunternehmen im Sinne des § 17 Abs. 1 zweiter Satz UStG 1994,
- Unternehmer, deren Umsätze nach § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 UStG 1994 im vorangegangenen Veranlagungszeitraum 2.000.000 Euro überstiegen haben. Bei der Berechnung dieser Grenze bleiben die Umsätze aus Hilfsgeschäften einschließlich der Geschäftsveräußerungen außer Ansatz, und
- ab 15.8.2015 Umsätze, bei denen eine Überrechnung gemäß § 215 Abs. 4 BAO in Höhe der gesamten auf die Lieferung oder die sonstige Leistung entfallenden Umsatzsteuer auf das Abgabenkonto des Leistungserbringers stattfindet (siehe näher Rz 1819a).
Wird eine Lieferung oder eine sonstige Leistung von einem der von § 12 Abs. 1 Z 1 lit. a zweiter Satz UStG 1994 erfassten Istbesteuerer in Raten bezahlt, steht der Vorsteuerabzug entsprechend der bereits entrichteten Teilzahlungen zu. Zum Vorsteuerabzug bei Überrechnung gemäß § 215 BAO siehe Rz 1819a.
Beispiel:
Der Unternehmer A erwirbt einen zum Vorsteuerabzug berechtigenden Kleinbus um 36.000 Euro inkl. USt, zahlbar in 30 Monatsraten je 1.200 Euro. Die Rechnung erhält der Unternehmer bei Übergabe des Fahrzeugs.
A kann im Voranmeldungszeitraum der Bezahlung der jeweiligen Monatsrate den Vorsteuerabzug in Höhe von 200 Euro geltend machen.
Zur Auswirkung des Wechsels der Besteuerungsart auf den Vorsteuerabzug siehe Rz 2481.
1819a
Zur Übertragung (Umbuchung, Überrechnung; § 215 Abs. 4 bzw. § 211 Abs. 1 Z 4 BAO) siehe RAE Rz 110 ff.
Für einen Istbesteuerer iSd § 12 Abs. 1 Z 1 lit. a zweiter Satz UStG 1994 (siehe Rz 1819 zweiter Absatz) steht der Vorsteuerabzug grundsätzlich nur zu, soweit dieser die Leistung tatsächlich bezahlt hat.
Beispiel:
Der Istbesteuerer A bezieht eine Leistung um 1.000 Euro zuzüglich 200 Euro Umsatzsteuer vom Unternehmer B, der dem A eine ordnungsgemäße Rechnung nach § 11 UStG 1994 ausstellt. A bezahlt dem B 1.000 Euro.
Aus der Zahlung des A kann ein Vorsteuerabzug von höchstens 166,67 Euro geltend gemacht werden.
Für Umsätze, die ab dem 15.8.2015 an Istbesteuerer ausgeführt werden, ist der Istbesteuerer im Falle der Überrechnung einem Sollbesteuerer gleichgestellt und die Vorsteuer steht unabhängig von der Zahlung zu.
Beispiel:
Ein Istbesteuerer erhält eine Lieferung samt Rechnung im Sinne des § 11 UStG 1994 im September 2015. Der Preis beträgt 1.000 Euro zuzüglich 200 Euro Umsatzsteuer. Der Unternehmer überweist dem Lieferer 1.000 Euro und stellt mit der UVA für September 2015 einen Antrag auf Überrechnung gemäß § 215 Abs. 4 BAO beim zuständigen Finanzamt. Der Überrechnungsempfänger stimmt der Überrechnung zu und auf dem Abgabenkonto des Unternehmers befindet sich nach Berücksichtigung aller für den Voranmeldungszeitraum relevanten Vorgänge ein Guthaben in Höhe von mindestens 200 Euro. Somit kann die gesamte Vorsteuer in der UVA für September 2015 geltend gemacht und auf das Konto des Lieferers überrechnet werden.
Gleiches würde gelten, wenn der Unternehmer dem Lieferer nur einen Teilbetrag (zB 500 Euro) überweist und den Restbetrag später, weil auch hier bei Vorliegen aller Voraussetzungen (insbesondere das Stattfinden der Überrechnung) das Recht auf Vorsteuerabzug zur Gänze bei Lieferung entsteht.
Kommt es nicht zur vollständigen Überrechnung, hat der Unternehmer die UVA entsprechend zu berichtigen, weil der Vorsteuerabzug nicht in voller Höhe entstanden ist. Ist schon ein Bescheid ergangen, liegt ein rückwirkendes Ereignis vor, das gegebenenfalls durch eine Bescheidänderung gemäß § 295a BAO zu berücksichtigen ist.
Beispiel (Fortsetzung):
Aufgrund mangelnder Deckung auf dem Abgabenkonto des Unternehmers kommt es schlussendlich nicht zur Überrechnung. Somit ist die Vorsteuer nur in Höhe von 166,67 Euro entstanden (= 1.000 Euro / 1,2). Mangels Überrechnung hat der Istbesteuerer somit nur insoweit ein Recht auf Vorsteuerabzug, als er die Zahlung geleistet hat. Eine entsprechende Berichtigung der UVA für September 2015 durch den Unternehmer oder gegebenenfalls eine Bescheidänderung gemäß § 295a BAO ist notwendig.
Ist der leistende Unternehmer ein Istbesteuerer, entsteht bei ihm die Steuerschuld mit Ablauf des Kalendermonats, in dem die Entgelte vereinnahmt worden sind (§ 19 Abs. 2 Z 1 lit. b UStG 1994). Dies gilt auch für den Teil des Entgelts, den er im Rahmen der Überrechnung vereinnahmt.
Für Umsätze, die vor dem 15.8.2015 an Istbesteuerer ausgeführt werden, erfordert eine vollständige Bezahlung des (restlichen) Leistungsentgelts durch den Istbesteuerer mittels Überrechnung eine Zahlung an den Leistenden, die über dem Nettobetrag liegt. Bei voller Vorsteuerabzugsberechtigung und Anwendung des Normalsteuersatzes ist die Zahlung von sechs Siebentel (ca. 85,71%) des Bruttoentgelts erforderlich, bei Anwendbarkeit des ermäßigten Steuersatzes von 10% beträgt die notwendige Zahlung elf Zwölftel (ca. 91,67%) des Bruttoentgelts.
Beispiel:
Der Istbesteuerer A bezieht eine Leistung um 100 Euro zuzüglich 20 Euro USt von Unternehmer B, der dem A eine ordnungsgemäße Rechnung nach § 11 UStG 1994 ausstellt. A bezahlt dem B 102,86 Euro.
Aus der Zahlung des A kann ein überrechenbares Guthaben von höchstens 17,14 Euro resultieren. Mit Überrechnung dieses Betrags auf das Finanzamtskonto des B hat A dem B den vollen Betrag von 120 Euro bezahlt. A kann den Vorsteuerabzug für den mit Überrechnung gezahlten Teilbetrag (17,14 Euro; enthaltene USt: 2,86 Euro) in jenem Vormeldungszeitraum geltend machen, in dem die Überrechnung wirksam geworden ist (vgl. § 21 Abs. 1 letzter Satz UStG 1994, siehe auch RAE Rz 111).
1820
Eine amtswegige Wiederaufnahme zwecks Aberkennung von Vorsteuern, die für ein anderes Jahr zustehen, ist rechtswidrig, wenn eine (amtswegige) Wiederaufnahme für das Jahr, in dem der Vorsteuerabzug zusteht, unterbleibt (VfGH 5.3.1988, B 70/87 und VfGH 8.10.1990, B 181/89).
1821
Ein gesonderter Steuerausweis erfordert, dass in der Rechnung der auf das Entgelt für die Lieferung oder sonstige Leistung entfallende Steuerbetrag getrennt angeführt ist (§ 11 Abs. 1 Z 3 lit. f UStG 1994). Fehlt dieses Merkmal, so ist der Vorsteuerabzug auch dann unzulässig, wenn der Rechnungsaussteller den Rechnungsempfänger durch einen Zusatz auf der Rechnung ermächtigt, den Steuerbetrag aus dem angegebenen Bruttopreis zu errechnen. Für Kleinbetragsrechnungen, Fahrscheine und Reisekosten gibt es Erleichterungen (siehe Rz 1625 f, Rz 1691 bis Rz 1695).
1822
Wird eine Lieferung oder sonstige Leistung an den Unternehmer rückgängig gemacht oder ändert sich der in der Rechnung ausgewiesene Steuerbetrag nachträglich, so ist der Vorsteuerabzug entsprechend zu berichtigen (siehe Rz 2381 bis Rz 2400).
1823
Steuern, die gemäß § 11 Abs. 14 UStG 1994 geschuldet werden, dürfen vom Empfänger nicht als Vorsteuer abgezogen werden.
1824
Auch eine gemäß § 11 Abs. 12 UStG 1994 geschuldete Steuer ist vom Leistungsempfänger von vornherein nicht als Vorsteuer abziehbar (vgl. EuGH 13.12.1989, Rs C-342/87, Genius; VwGH 25.2.1998, 97/14/0107, VwGH 15.12.2022, Ro 2019/13/0034).
Eine zu Unrecht geltend gemachte Vorsteuer ist ex tunc richtig zu stellen und erfordert keine Rechnungsberichtigung (vgl. VwGH 8.9.2022, Ro 2020/15/0025, Rn 23 mVa VwGH 23.4.2008, 2005/13/0115).
1825
Bis 31.12.2023 darf aus Gründen der Rechtssicherheit für die Leistungsempfänger und um Wirtschaftsabläufe nicht in systemwidriger Weise zu behindern, eine gemäß § 11 Abs. 12 UStG 1994 geschuldete Steuer vom Leistungsempfänger als Vorsteuer abgezogen werden, wenn die Steuer in einer vom Leistenden erstellten Rechnung im Sinne des § 11 Abs. 1 UStG 1994 ausgewiesen ist. Dies gilt nicht, wenn dem Leistungsempfänger Umstände vorliegen, aus denen er schließen muss, dass die in der Rechnung ausgewiesene Umsatzsteuer vom Leistenden bewusst nicht an das Finanzamt abgeführt wird oder wenn für den Leistungsempfänger erkennbar ist, dass die ausgewiesene Steuer höher ist, als sie dem Normalsteuersatz (§ 10 Abs. 1 UStG 1994) entspricht.
Eine in den Fällen des Überganges der Steuerschuld zu Unrecht ausgewiesene Umsatzsteuer berechtigt den Leistungsempfänger nicht zum Vorsteuerabzug (siehe Rz 2602). Dies gilt auch dann, wenn diese Umsatzsteuer vom Leistungsempfänger bezahlt wurde und die Berichtigung der fehlerhaften Rechnung wegen der Insolvenz des Leistungserbringers unmöglich ist (siehe auch EuGH 6.2.2014, Rs C-424/12, SC Fatorie SRL).
1826
Weiters gilt diese Erleichterung nicht für Gutschriften. Wird mit Gutschriften abgerechnet, so darf eine in der Gutschrift zu Unrecht ausgewiesene Umsatzsteuer vom Leistungsempfänger nicht als Vorsteuer abgezogen werden. Dies gilt auch in jenen Fällen, in denen der Steuerausweis in gutem Glauben erfolgt ist.
1827
Eine Gutschrift ist eine als solche bezeichnete (für Umsätze nach dem 31.12.2012: siehe Rz 1664) Urkunde, die vom Leistungsempfänger ausgestellt wird (siehe § 11 Abs. 7 UStG 1994).
1828
Wurde für eine an den Unternehmer bewirkte Lieferung oder sonstige Leistung ein Beleg ausgestellt, der grundsätzlich als Rechnung zu qualifizieren ist, aber Mängel (zB unvollständige Angabe des Abnehmers) aufweist, so berechtigt diese Abrechnung nur nach entsprechender Rechnungsberichtigung durch den Leistenden, oder wenn die Finanzverwaltung über sämtliche Daten für den Nachweis der materiellen Voraussetzungen verfügt, zum Vorsteuerabzug (vgl. EuGH 29.9.2022, C-235/21, Raiffeisen Leasing, EuGH 15.9.2016, C-516/14, Barlis 06, sowie VwGH 19.5.2020, Ro 2019/13/0030). Eine eigenmächtige Änderung der Angaben in der Rechnung durch den Empfänger ist nicht zulässig. Der Vorsteuerabzug darf im Fall der Rechnungsberichtigung erst in dem Veranlagungs-(Voranmeldungs-)zeitraum vorgenommen werden, in dem die Berichtigung der mangelhaften Rechnung erfolgt (keine Rückwirkung).
1829
Die vom leistenden Unternehmer vorzunehmende Berichtigung kann in der Weise erfolgen, dass unter Hinweis auf die ursprüngliche Rechnung die notwendigen Ergänzungen oder Berichtigungen vorgenommen werden (Berichtigungsnote) oder eine komplette berichtigte Rechnung unter Hinweis auf die ursprüngliche Rechnung ausgestellt wird. Auch Sammelberichtigungen sind möglich (siehe auch Rz 1533 und Rz 1534).
1830
Wurde über eine an den Unternehmer bewirkte Lieferung oder sonstige Leistung keine Rechnung oder nur ein Beleg ausgestellt, der nicht als Rechnung im Sinne des §11 UStG 1994 zu qualifizieren ist (zB Lieferschein), setzt ein Vorsteuerabzug eine (nachträgliche) Rechnungslegung durch den liefernden oder leistenden Unternehmer voraus. Der Vorsteuerabzug darf erst in dem Veranlagungs-(Voranmeldungs-)Zeitraum vorgenommen werden, in dem die erstmalige, ordnungsgemäße Rechnung ausgestellt wird (keine Rückwirkung).
1831
Wird im Verlauf einer finanzbehördlichen Überprüfung festgestellt, dass der Vorsteuerabzug auf Grund einer fehlerhaften oder mangelhaften Rechnung vorgenommen wurde, so kann der Mangel innerhalb einer vom Prüfer festzusetzenden angemessenen Frist behoben werden. Die Frist hat im Regelfall einen Monat nicht zu überschreiten. Wird die Rechnung innerhalb dieses Zeitraumes berichtigt, so ist der ursprünglich vorgenommene Vorsteuerabzug zu belassen (vgl. VwGH 1.6.2017, Ro 2015/15/0039). Bei einem unrichtigen (ursprünglich zu niedrigen) Steuerausweis ist diese Vorgangsweise jedoch nicht zulässig.
Der Begriff „finanzbehördliche Überprüfung“ umfasst Überprüfungsmaßnahmen des Außendienstes (zB Betriebsprüfungen, Umsatzsteuersonderprüfungen, usw.) und des Innendienstes (zB Vorbescheidkontrollen, Nachbescheidkontrollen, Vorhalte, usw.), die in einer ausdrücklichen Aufforderung seitens der Behörde zur Vorlage der Rechnung bestehen.
Nicht erfasst sind daher jene Fälle, in denen eine Rechnung bereits dem Antrag beigelegt werden muss (zB im Rahmen des Vorsteuererstattungsverfahrens).
Randzahl 1832: entfällt.
12.1.2.2. Innenumsätze, Organschaft
Siehe Rz 1520.
12.1.2.3. Unrichtiger Steuerausweis
1833
Ist in der Rechnung (Gutschrift) ein zu niedriger Steuerbetrag ausgewiesen, so darf der Leistungsempfänger nur den zu niedrig ausgewiesenen Steuerbetrag als Vorsteuer abziehen.
1834
Bezüglich Vorsteuerabzug bei einem in der Rechnung zu hoch ausgewiesenen Steuerbetrag siehe Rz 1822 bis Rz 1831.
12.1.2.4. Maßgebende Verhältnisse für den Vorsteuerabzug
1835
Maßgebend für den Vorsteuerabzug sind – auch beim Vorsteuerabzug nach § 12 Abs. 1 Z 1 lit. a zweiter Satz UStG 1994 – die Verhältnisse im Zeitpunkt des Umsatzes an den Unternehmer.
Beispiel 1:
Ein pauschalierter Landwirt bezieht eine Leistung, die Rechnung hierüber erhält er aber erst im nächsten Jahr, in dem er nicht mehr pauschaliert ist.
Der Vorsteuerabzug ist nicht zulässig (VwGH 11.9.1987, 86/15/0067).
Beispiel 2:
Der Istbesteuerer A bezieht im Jahr 2013 eine Leistung um 1.500 Euro zuzüglich 300 Euro USt vom Unternehmer B, der dem A eine ordnungsgemäße Rechnung nach § 11 UStG 1994 ausstellt. Im Jahr 2013 führt A ausschließlich steuerpflichtige Umsätze aus. A bezahlt die Leistung erst im Jahr 2014. Im gleichen Jahr unterschreitet A die Umsatzgrenze des § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994 und führt als Kleinunternehmer nur unecht steuerfreie Umsätze aus.
A kann nach Bezahlung der Leistung im Jahr 2014 den Vorsteuerabzug entsprechend den Verhältnissen bei Leistungsbezug (2013) voll geltend machen. Hinsichtlich einer allfälligen Vorsteuerberichtigung nach § 12 Abs. 10 ff UStG 1994 siehe Rz 2071 ff.
12.1.2.4.1. Vertretbare Sachen
1836
Bei der Lieferung vertretbarer (teilbarer) Sachen ist die darauf entfallende Steuer entsprechend dem Verwendungszweck in einen abziehbaren und in einen nicht abziehbaren Anteil aufzuteilen. Dies gilt insbesondere auch für Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie für Vereine, bei denen neben dem unternehmerischen noch ein nichtunternehmerischer Bereich besteht.
1837
Handelt es sich aber bei den erworbenen Gegenständen um solche, die der Unternehmer üblicherweise im Rahmen seines Unternehmens weiterliefert (zB Kohle bei einem Kohlenhändler oder Lebensmittel bei einem Lebensmittelhändler), steht der volle Vorsteuerabzug zu. Eine spätere Verwendung derartiger Gegenstände für Zwecke außerhalb des Unternehmens ist als Eigenverbrauch im Sinne des § 3 Abs. 2 und § 3a Abs. 1a UStG 1994 zu versteuern. Wenn die bezogenen Gegenstände von vornherein nicht zur Gänze für das Unternehmen bestimmt sind, kann jedoch auch in diesem Fall die USt entsprechend dem Verwendungszweck in einen abziehbaren und in einen nicht abziehbaren Anteil aufgeteilt werden.
12.1.2.4.2. Einheitliche Gegenstände
1838
Bezüglich des Vorsteuerabzuges bei gemischt genutzten einheitlichen (nicht vertretbaren) Gegenständen siehe Rz 1902 bis Rz 1912b.
12.1.2.5. Schätzung von Vorsteuern
1839
Die Rechnung im Sinne des § 11 Abs. 1 UStG 1994 stellt eine materiellrechtliche Voraussetzung des Vorsteuerabzuges dar. Sofern eine Rechnung nicht ausgestellt und zugeleitet worden ist, ist eine Schätzung der Vorsteuern nicht zulässig.
1840
Waren jedoch ursprünglich Rechnungen vorhanden, die aber später beim Leistungsempfänger in Verlust geraten sind, so dürfen die Vorsteuern entsprechend der Judikatur des VwGH geschätzt werden. Voraussetzung dafür ist, dass als erwiesen angenommen werden kann, dass dem Unternehmer Rechnungen im Sinne des § 11 Abs. 1 UStG 1994 ausgestellt worden sind (VwGH 15.6.1988, 84/13/0279). Die Beweislast trifft den Unternehmer.
12.1.2.6. Anzahlungen
12.1.2.6.1. Vorsteuerabzug vor Leistungserbringung
1841
Die Berechtigung zum Vorsteuerabzug bei Anzahlungen ist bereits vor der Lieferung oder sonstigen Leistung – bei Zutreffen der sonstigen Voraussetzungen des § 12 UStG 1994 – gegeben, wenn über die Anzahlung eine Rechnung mit Umsatzsteuerausweis gelegt und die Anzahlung tatsächlich geleistet worden ist. Der Vorsteuerabzug darf frühestens für den Voranmeldungszeitraum geltend gemacht werden, in dem alle Voraussetzungen erfüllt sind. Die Einzahlung eines Käufers auf ein Treuhandkonto nach dem Bauträgervertragsgesetz (BTVG, BGBl. I Nr. 7/1997) ist keine Zahlung, da das Konto ihm und nicht dem Bauträger zuzurechnen ist. Von einer Zahlung des Käufers kann erst dann ausgegangen werden, wenn die entsprechenden Baufortschritte (vgl. § 13 BTVG) über das Treuhandkonto abgewickelt und der von der Auszahlung betroffene Kaufpreisteil dem Bauträger überwiesen wird. Ein Vorsteuerabzug seitens des Käufers ist nur zulässig, soweit eine derartige Zahlung bereits erfolgt ist.
Bei der Übertragung (Umbuchung, Überrechnung; § 215 Abs. 4 bzw. § 211 Abs. 1 Z 4 BAO) eines aus dem Vorsteuerabzug aus einer Anzahlung entstandenen Guthabens sind die Ausführungen in Rz 1819a betreffend Umsätze, die vor dem 15.8.2015 ausgeführt werden, sinngemäß anzuwenden.
12.1.2.6.2. Höhe des Vorsteuerabzuges
1842
Ist der in der Rechnung (§ 11 Abs. 1 dritter Satz UStG 1994) gesondert ausgewiesene Steuerbetrag höher als die Steuer, die auf die Zahlung vor Umsatzausführung entfällt, so darf nur der Steuerbetrag abgezogen werden, der in der im Voraus geleisteten Zahlung enthalten ist. Das gilt auch, wenn vor der Ausführung des Umsatzes über die gesamte Leistung abgerechnet wird, die Gegenleistung aber in Teilbeträgen gezahlt wird. In diesen Fällen hat daher der Unternehmer den insgesamt ausgewiesenen Steuerbetrag auf die einzelnen Teilbeträge aufzuteilen.
Beispiel:
Der Unternehmer hat bereits im März eine Gesamtrechnung für einen im Juli zu liefernden Gegenstand über 10.000 Euro zuzüglich gesondert ausgewiesener USt von 2.000 Euro, insgesamt = 12.000 Euro erhalten. Er leistet in den Monaten März, April und Mai Anzahlungen von jeweils 2.400 Euro. Die Restzahlung von 4.800 Euro überweist er einen Monat nach Empfang der Leistung.
Der Unternehmer darf für die Voranmeldungszeiträume März, April und Mai den in der jeweiligen Anzahlung enthaltenen Steuerbetrag von 400 Euro als Vorsteuer abziehen. Die in der Restzahlung von 4.800 Euro enthaltene Vorsteuer von 800 Euro darf für den Voranmeldungszeitraum Juli (Zeitpunkt der Umsatzausführung) abgezogen werden.