12.1 Allgemeines
Siehe dazu LStR 2002 Rz 429 ff. Zur Familienversicherung gemäß § 10 GSVG siehe Rz 1242.
12.2 Verlustabzug
12.2.1 Allgemeines
Der Verlustabzug (Verlustvortrag) stellt im Unterschied zu den übrigen Sonderausgaben keine „Ausgaben“, sondern eine periodenübergreifende Ergänzung der Gewinnermittlung dar.
Der Verlustabzug ist keine an eine bestimmte Einkunftsquelle gebundene Größe; es ist zu seiner Geltendmachung nicht notwendig, dass der Steuerpflichtige noch Einkünfte gemäß § 2 Abs. 3 Z 1 bis 3 EStG 1988 erzielt oder der verlusterzeugende Betrieb noch vorhanden ist. Mit dem StruktAnpG 1996 wurde der bis dahin auf sieben Jahre beschränkte Verlustabzug auf einen zeitlich unbefristeten Verlustabzug erweitert. Der zeitlich unbefristete Verlustabzug ist erstmalig auf Verluste anzuwenden, die im Jahr 1991 entstanden sind (§ 124b Z 5 EStG 1988).
Bei Verlustvorträgen aus verschiedenen Jahren gilt Folgendes:
1.Bei einem Zusammentreffen von zeitlich unbefristet verrechenbaren mit zeitlich befristet verrechenbaren Verlusten (Verluste eines Einnahmen-Ausgaben-Rechners bei Verwertung ab 2007) sind, soweit nicht § 124b Z 135 EStG 1988 zur Anwendung kommt (siehe dazu Punkt 2), Verluste, die zeitlich befristet abzugsfähig sind (Verluste aus einer Einnahmen-Ausgaben-Rechnung bei Verrechnung ab 2007), vor Verlusten abzuziehen, die zeitlich unbefristet abzugsfähig sind. Dabei sind stets die ältesten zeitlich befristeten oder zeitlich unbefristeten Verluste zuerst zu berücksichtigen.
Beispiel:
Betriebseröffnung 1980, bis 2002 Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG 1988, ab 2003 Gewinnermittlung durch Einnahmen-Ausgaben-Rechnung.
Folgende Gewinne/Verluste wurden erzielt:
Jahr | Gewinn/Verlust | Gewinnermittlung | Abzug befristet? |
2002 | – 500 | § 4 Abs. 1 EStG 1988 | nein |
2003 | – 200 | E-A-R | ja |
2004 | – 100 | E-A-R | ja |
2005 | – 50 | E-A-R | ja |
2006 | 100 | E-A-R | – |
2007 | 300 | E-A-R | – |
2006 (Rechtslage vor Inkrafttreten des KMU-Förderungsgesetzes 2006) sind im Rahmen der Vortragsgrenze (§ 2 Abs. 2b EStG 1988) 75 des unbefristet vortragsfähigen (Bilanz)Verlustes aus 2002 im Wege des Verlustabzuges zu berücksichtigen. Es verbleibt ein vortragsfähiger Verlust aus 2002 iHv 425.
2007 (Rechtslage nach Inkrafttreten des KMU-Förderungsgesetzes 2006) sind im Rahmen der Vortragsgrenze (§ 2 Abs. 2b EStG 1988) 225 zu verrechnen. Da ab 2007 die Verluste aus Einnahmen-Ausgaben-Rechnung der letzten drei Jahre (befristet) abzugsfähig sind, sind derartige Verluste vorrangig zu verrechnen. Es sind daher zunächst die befristet vortragsfähigen Verluste aus 2005 (50) und 2004 (100) zu verrechnen. Der Verlust aus 2003 scheidet wegen Fristablaufs aus der Vortragsfähigkeit aus, die restlichen 75 sind daher aus dem vortragsfähigen Verlust aus 2002 zu verrechnen. Es verbleibt somit ein weiterhin vortragsfähiger Verlust aus 2002 iHv 350.
2.Gemäß § 124b Z 135 EStG 1988 sind Anlaufverluste eines Einnahmen-Ausgaben-Rechners in der bis zur Veranlagung 2006 geltenden Fassung des § 18 Abs. 7 EStG 1988 abzugsfähig, soweit sie vor 2007 weder ausgeglichen noch abgezogen werden konnten. Diese Verluste sind vorrangig abzuziehen.
Beispiel:
Betriebseröffnung 2001, Gewinnermittlung durch Einnahmen-Ausgaben-Rechnung.
Folgende Gewinne/Verluste wurden erzielt:
Jahr | Gewinn/Verlust | Anlaufverlust? |
2001 | – 500 | ja |
2002 | – 400 | ja |
2003 | – 200 | ja |
2004 | – 100 | nein |
2005 | – 50 | nein |
2006 | – 30 | nein |
2007 | 200 | – |
2007 sind im Rahmen der Vortragsgrenze (§ 2 Abs. 2b EStG 1988) 150 des Verlustvortrages aus 2001 im Wege des Verlustabzuges zu berücksichtigen. Es verbleibt ein vortragsfähiger Verlust aus 2001 iHv 350.
Für 2008 und die Folgejahre bleiben abzugsfähig:
Verlust aus | iHv |
2001 | 350 (Anlaufverlust) |
2002 | 400 (Anlaufverlust) |
2003 | 200 (Anlaufverlust) |
2004 | 01) |
2005 | 50 |
2006 | 30 |
1) Verlust aus 2004 ist 2008 nicht mehr abzugsfähig.
Verlustabzüge gemäß § 18 Abs. 6 (und 7 in der Fassung vor dem AbgÄG 2016) EStG 1988 können nur im Wege einer Veranlagung vorgenommen werden. Der Verlustvortrag ist nach Berücksichtigung aller anderen Sonderausgaben von Amts wegen vorzunehmen. Ein Wahlrecht des Steuerpflichtigen, in welchem Jahr der Verlustvortrag berücksichtigt werden soll, besteht nicht. Der Verlustabzug ist somit zwingend, sobald als möglich und im größtmöglichen Umfang vorzunehmen.
§ 18 Abs. 6 EStG 1988 in der geltenden Fassung ist gemäß § 124b Z 314 lit. a EStG 1988 erstmalig bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 2016 anzuwenden und gilt in Bezug auf die Einnahmen-Ausgaben-Rechnung für die Verluste, die ab dem Kalenderjahr 2013 entstanden sind.
Unterblieb ein Verlustabzug, obwohl eine Verrechnungsmöglichkeit bestanden hatte, dann darf in den Folgejahren nur der Restbetrag berücksichtigt werden (fiktiver Verlustabzug, VwGH 02.10.1968, 0691/68; VwGH 20.09.1977, 0931/77). Gleiches gilt, wenn im Verlustjahr eine Veranlagung unterbleibt, weil kein Antrag nach § 41 Abs. 2 EStG 1988 gestellt wurde (fiktiver Verlustvortrag; VwGH 25.06.2008, 2008/15/0144).
Der Abzug der Wartetastenverluste (§§ 2 Abs. 2a und 10 Abs. 8 EStG 1988) ist eine Art nachgeholter Verlustausgleich und geht dem Abzug des Verlustvortrages vor.
Zum Verlustabzug bei beschränkter Steuerpflicht siehe Rz 8059.
12.2.2 Verlustausgleich – Verlustabzug
Der Verlustausgleich (siehe Rz 151 ff) geht dem Verlustabzug (Verlustvortrag) vor. Der Verlust ist insoweit nicht ausgeglichen, als sich ein negativer Gesamtbetrag der Einkünfte ergibt.
Beispiel:
Verlust aus Land- und Forstwirtschaft |
-25.000 S |
Einkünfte aus Kapitalvermögen |
15.000 S |
Verlust aus Vermietung und Verpachtung |
-5.000 S |
Gesamtbetrag der Einkünfte |
-15.000 S |
Der Verlust aus Land- und Forstwirtschaft von 25.000 S ist in Höhe von 15.000 S nicht ausgeglichen worden. Diese 15.000 S kommen für den Verlustabzug in Betracht.
12.2.3 Voraussetzungen für den Verlustabzug
12.2.3.1 Allgemeines
Der Verlustabzug ist auf Verluste aus betrieblichen Einkunftsarten (§ 2 Abs. 3 Z 1 bis 3 EStG 1988), die auf Grund ordnungsgemäßer Buchführung (siehe Abschnitt 12.2.3.2) ermittelt worden sind, beschränkt. Bei Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG 1988 können Anlaufverluste vorgetragen werden (siehe Rz 4526 ff).
12.2.3.2 Ordnungsmäßige Buchführung im Jahr der Verlustentstehung
12.2.3.2.1 Allgemeines
Das Recht des Verlustabzuges ist gemäß § 18 EStG 1988 von einer ordnungsmäßigen Buchführung bzw. einer ordnungsgemäßen Einnahmen-Ausgaben-Rechnung (VwGH 29.01.2015, 2013/15/0166) abhängig. Es ist gleichgültig, ob eine Verpflichtung zur Buchführung besteht oder Bücher freiwillig geführt werden. Die Versagung des Verlustabzuges für Steuerpflichtige, die den Gewinn nicht auf Grund ordnungsmäßiger Buchführung oder Einnahmen-Ausgaben-Rechnung ermittelt haben, ist grundsätzlich verfassungsrechtlich unbedenklich (zur Buchführung: VfGH 3.3.1987, G 170/86; VfGH 10.12.1992, B 227/91).
Die ordnungsmäßige Buchführung muss in dem Jahr gegeben sein, in dem der Verlust entstanden ist (VwGH 2.6.1992, 88/14/0080). Ordnungsmäßig iSd § 18 Abs. 6 EStG 1988 bedeutet, dass eine materiell ordnungsmäßige Buchführung bzw. eine materiell ordnungsgemäße Einnahmen-Ausgaben-Rechnung gegeben sein muss (zur Buchführung: VfGH 3.3.1987, G 170-172/86).
Der Verlustvortrag ist immer dann zulässig, wenn der Verlust seiner Höhe nach errechnet werden kann und das Ergebnis auch überprüfbar ist, auch wenn eine Korrektur der Buchhaltung durch den Steuerpflichtigen oder auf Grund einer Betriebsprüfung erforderlich ist. Mängel einer ihrer Art nach tauglichen Buchhaltung können den Verlustvortrag nur dann hindern, wenn sie sich nach Art und Umfang auf das ganze Rechenwerk auswirken und auch nach einer Richtigstellung und Ergänzung (einschließlich allfälliger Sicherheitszuschläge) eine periodengerechte Erfassung der maßgeblichen Daten insgesamt nicht möglich erscheinen lassen (VfGH 28.9.1993, B 2006/92).
Das Erfordernis der Ordnungsmäßigkeit der Buchführung bezieht sich nur auf den „Verlustbetrieb“; unterhält ein Steuerpflichtiger mehrere Betriebe, muss die Buchführung nur im Verlustbetrieb ordnungsmäßig sein.
Verluste aus der Veräußerung bzw. Aufgabe von Betrieben, Teilbetrieben oder Mitunternehmeranteilen sind auch dann abzugsfähig, wenn der laufende Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG 1988 ermittelt wurde.
Übergangsverluste sind generell vortragsfähig. Die Voraussetzungen des § 18 EStG 1988 gelten für Übergangsverluste nicht. Die Vortragsfähigkeit von Übergangsverlusten folgt aus dem Grundsatz, dass kein Vorfall doppelt zu erfassen ist und keiner unberücksichtigt bleiben darf (VfGH 7.3.1990, B 232/89).
Verluste aus einer ehemaligen betrieblichen Tätigkeit iSd § 32 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 (zB Verluste aus dem Ausfall von Forderungen) sind auch ohne „ordnungsmäßige Buchführung“ vortragsfähig.
12.2.3.2.2 Schätzung und Verlustvortrag
Zuschätzungen auf Grund formeller Buchführungsmängel sind unschädlich. Strahlen materielle Mängel der Buchhaltung nach Art und Umfang auf das gesamte Rechenwerk aus, geht das Recht auf Verlustabzug verloren (VwGH 25.6.1997, 94/15/0083).
Ist die Richtigstellung von Fehlbuchungen möglich oder kann die unterlassene Buchung nachgetragen oder der unterlaufene Mangel durch Schätzung behoben werden, so darf einer ihrer Art nach auf periodengerechte Erfassung der Geschäftsvorgänge angelegten Buchführung nicht die Eignung abgesprochen werden, einen vortragsfähigen Verlust auszuweisen. Auch ein Sicherheitszuschlag schließt den Verlustvortrag nicht aus (VfGH 26.2.1996, B 370/95).
Von einem seiner Höhe nach errechneten und auch nachprüfbaren Verlust kann dann keine Rede sein, wenn der Gewinn weitgehend durch griffweise und pauschale Schätzung ermittelt worden ist (VwGH 14.4.1994, 92/15/0169). Ist eine griffweise Zuschätzung in nicht unbedeutendem Ausmaß durch die Abgabenbehörde zur Ermittlung des Betriebsergebnisses notwendig, ist ein Verlustvortrag ausgeschlossen (VwGH 12.12.1995, 92/14/0031).
Im Falle von formellen und materiellen Buchführungsmängeln, die auf das gesamte Rechenwerk ausgestrahlt haben, und die zu Um- und Nachbuchungen in den Hauptabschlussübersichten geführt haben, die nicht auf die Kontoblätter übertragen worden sind, ist die Buchhaltung als nicht abgeschlossen anzusehen. Solcherart ermittelte Verluste können weder der Höhe nach errechnet werden noch ist das Ergebnis überprüfbar (VwGH 12.9.1996, 92/15/0035).
Der Verlustabzug ist – trotz erheblicher Mängel in der Buchhaltung – möglich, wenn nur bestimmte, abgegrenzte Teilbereiche der betrieblichen Tätigkeit betroffen sind, diese durch die behördlichen Hinzurechnungen als ausgeglichen angesehen werden können und die durch Schätzung ermittelten Erlöse den anhand des Rechenwerks ermittelten Verlust nur zu einem verhältnismäßig kleinen Teil schmälern (VfGH 10.12.1992, B 227/91, VwGH 12.12.1995, 92/14/0031.
Für das Vorliegen der Schätzungsberechtigung und in der Folge für die Beurteilung, ob der Verlustabzug zusteht, kommt es nicht darauf an, warum die Bücher und Aufzeichnungen mangelhaft sind (Einwand eines Steuerpflichtigen, dass „Schlamperei“ im Büro des Steuerberaters bestehe; VwGH 12.8.1994, 93/14/0214), bzw. wer die Bücher geführt hat (VwGH 12.9.1996, 92/15/0035).
12.2.3.2.3 Zeitpunkt der Entscheidung über die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung
Grundsätzlich ist über die Verlustvortragsfähigkeit nicht bei der Veranlagung des Ergebnisses des Verlustjahres zu entscheiden, sondern in dem Jahr, in dem der Verlustvortrag als Sonderausgabe berücksichtigt werden soll. Erst bei dieser Veranlagung sind daher die Mängel der Buchführung des Verlustjahres festzustellen und hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf die Vortragsfähigkeit zu beurteilen (VwGH 5.5.1992, 92/14/0018).
Die Einkommensteuerfestsetzung für das Verlustjahr präjudiziert die Entscheidung über die Vortragsfähigkeit des Verlustes im Vortragsjahr auch dann nicht, wenn sie erklärungsgemäß auf Grund der vom Abgabepflichtigen vorgelegten Ergebnisermittlung erfolgte und nach wie vor dem Rechtsbestand angehört (VwGH 19.4.1988, 88/14/0001).
Ist die Behörde auf Grund einer abgabenbehördlichen Prüfung in der Lage, die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung hinsichtlich bestimmter Jahre zu beurteilen, kann sie dies in einem auf § 92 Abs. 1 BAO gestützten Feststellungsbescheid tun. Damit wird vermieden, dass in großen zeitlichen Abständen zum Entstehungsjahr des Verlustes – und mit den dadurch bewirkten Beweisschwierigkeiten – über die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung im Entstehungsjahr entschieden werden muss (VwGH 28.10.1998, 97/14/0086).
Werden Verluste im Zusammenhang mit Feststellungsbescheiden gemäß § 188 BAO festgestellt, können solche Bescheide auch eine spruchmäßige Feststellung über die Abzugsfähigkeit der Verluste enthalten (VwGH 28.10.1998, 97/14/0086).
12.2.4 Verlustabzug bei Einnahmen-Ausgaben-Rechnern – Rechtslage bis 2006
12.2.4.1 Allgemeines
Steuerpflichtige können bis zur Veranlagung 2006 im Rahmen einer Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 3 EStG 1988 ermittelte Verluste nur abziehen, wenn es sich um Anlaufverluste handelt. Zur Rechtslage ab der Veranlagung 2007 (Änderung durch das KMU-Förderungsggesetz) siehe Rz 4532a. Die Anlaufverluste können auch dann im Wege des Verlustabzuges berücksichtigt werden, wenn sie auf Grundlage einer Teilpauschalierung ermittelt worden sind.
Auch für die Berücksichtigung der Anlaufverluste müssen die allgemeinen Verlustabzugsvoraussetzungen iSd § 18 Abs. 6 EStG 1988 gegeben sein (ordnungsmäßige Einnahmen-Ausgaben-Rechnung). Es ist nicht verfassungswidrig, dass bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG 1988 der Verlustabzug – von Anlaufverlusten abgesehen – fehlt, weil es dem Steuerpflichtigen freisteht, den Gewinn durch Buchführung zu ermitteln (VfGH 3.3.1987, G 170/86).
§ 18 Abs. 7 EStG 1988 räumt den Verlustvortrag für typische Verlustsituationen, im Speziellen für die typischen Verlustsituation des Beginns einer bestimmten betrieblichen Tätigkeit, ein. Dies spricht dafür, den Verlustvortrag des § 18 Abs. 7 EStG 1988 analog all jenen Steuerpflichtigen einzuräumen, bei denen ein Beginn einer betrieblichen Betätigung im Sinne der Liebhabereiverordnung anzunehmen ist (VwGH 30.11.1993, 93/14/0156).
Aus dem Verweis des § 18 Abs. 7 EStG 1988 auf den Absatz 6 dieser Bestimmung ergibt sich, dass Voraussetzung für den Verlustvortrag bei Anlaufverlusten die Ordnungsmäßigkeit der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung ist.
12.2.4.2 Begriff „Anlaufverlust“
„Anlaufverluste“ sind Verluste, die in den ersten drei Veranlagungszeiträumen ab Eröffnung eines Betriebes entstehen. Der Beginn des Zeitraumes der vortragsfähigen Anlaufverluste ist mit dem Beginn einer Betätigung, aus der betriebliche Einkünfte erzielt werden, gleichzusetzen. Diese Phase umfasst auch Aufwendungen aus Vorbereitungshandlungen.
Beispiel:
Wird nach Erwerb eines Areals im Februar 1993 und anschließender Betriebsbereitmachung bis November 1994 der Betrieb im Dezember desselben Jahres eröffnet, sind die Verluste der Jahre 1993, 1994 und 1995 den vortragsfähigen Anlaufverlusten zuzurechnen.
Betriebseröffnung iSd § 18 Abs. 7 EStG 1988 liegt immer dann vor, wenn
- ein Betrieb neu gegründet wird,
- zwar schon bisher eine betriebliche Tätigkeit ausgeübt wurde, diese aber umgewandelt und sodann in einer nicht mehr vergleichbaren Form fortgeführt wird,
- ein bestehender Betrieb übernommen (Kauf, Erbgang, Schenkung) und in völlig veränderter Form fortgeführt wird, oder
- wenn ein Teilbetrieb eröffnet wird und damit wesentliche Adaptierungen (Anschaffungen) verbunden sind (ist als Betriebseröffnung zu werten, zumal auch dabei typischerweise eine Anlaufverlustphase gegeben ist (VwGH 30.11.1993, 93/14/0156).
Beispiel 1:
Bei einem Freiberufler wird bei bisher nur geringfügiger Klientel mit Übernahme einer Kanzlei (erstmaliger Ankauf eines größeren Kundenstockes) idR eine Betriebseröffnung iSd § 18 Abs. 7 EStG 1988 vorliegen.
Beispiel 2:
Entgeltliche Übernahme einer Zahnarzt- bzw. Dentistenpraxis durch einen jungen Zahnarzt gilt dann als Betriebseröffnung iSd § 18 Abs. 7 EStG 1988, wenn nach dem Erwerb wesentliche Adaptierungen sowie Anschaffungen getätigt werden.
Beispiel 3:
Ein angestellter Spitalsarzt hat bereits bisher am selben Standort eine freiberufliche Tätigkeit, und zwar den Bezug von Klassegebühren ausgeübt. Die Eröffnung einer Kassenpraxis ist als Betriebseröffnung iSd § 18 Abs. 7 EStG 1988 zu werten. Werden in der Folge weitere Kassenverträge übernommen, liegt keine Betriebseröffnung vor.
Beispiel 4:
Ein angestellter Wirtschaftstreuhänder hat bereits bisher am selben Standort eine freiberufliche Tätigkeit, und zwar die Betreuung einiger fremder Klienten im Werkvertrag ausgeübt. Die Begründung einer Kanzlei mit eigener Klientel ist eine Betriebseröffnung iSd § 18 Abs.7 EStG 1988.
Beispiel 5:
Eine Schuhreparaturwerkstätte wird durch das Hinzutreten eines Schuhhandels derart tief greifend verändert, dass von einer Betriebseröffnung zu sprechen ist.
Wird ein Betrieb im Gründungsstadium übernommen (Kauf, Erbgang, Schenkung), kommt es zu einer Durchrechnung des Dreijahreszeitraumes: Ein beim bisherigen Betriebsinhaber begonnener Dreijahreszeitraum wird vom Erwerber fortgesetzt.
Die im Rahmen einer Mitunternehmerschaft zwischen den Gesellschaftern vorgenommene Veränderung im Beteiligungsausmaß kann nicht der Eröffnung eines Betriebes gemäß § 18 Abs. 7 EStG 1988 gleichgesetzt werden. Gleiches gilt, wenn ein weiterer Gesellschafter einer – in welcher Rechtsform auch immer – bestehenden Mitunternehmerschaft außerhalb des dreijährigen Anlaufzeitraumes beitritt.
12.2.4a Verlustabzug bei Einnahmen-Ausgaben-Rechnern – Rechtslage ab 2007
Durch das KMU-Förderungsgesetz, BGBl I Nr. 101/2006, können ab der Veranlagung 2007 von den im Rahmen einer Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 3 EStG 1988 ermittelten Verlusten stets die Verluste der drei vorangegangenen Jahre abgezogen werden.
Beispiel:
Bei der Veranlagung 2007 können die Verluste der Jahre 2006, 2005 und 2004 berücksichtigt werden. Bei der Veranlagung 2008 können die Verluste der Jahre 2007, 2006 und 2005, nicht mehr aber die Verluste des Jahres 2004 (sofern kein Anlaufverlust) berücksichtigt werden.
Die Verluste der drei vorangegangenen Jahre können auch dann im Wege des Verlustabzuges berücksichtigt werden, wenn sie auf Grundlage einer Teilpauschalierung ermittelt worden sind.
Gemäß § 124b Z 135 EStG 1988 sind Anlaufverluste eines Einnahmen-Ausgaben-Rechners in der bis zur Veranlagung 2006 geltenden Fassung des § 18 Abs. 7 EStG 1988 abzugsfähig, soweit sie vor 2007 weder ausgeglichen noch abgezogen werden konnten. Diese Verluste sind vorrangig abzuziehen (siehe dazu Rz 4504). Die Regelung stellt sicher, dass bisher unbegrenzt vortragsfähige Anlaufverluste auch ab 2007 vortragsfähig bleiben.
Ist der Steuerpflichtige im Jahr der Verlustverwertung nicht (mehr) Einnahmen-Ausgaben-Rechner, können von den im Rahmen einer Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG 1988 ermittelten Verlusten, die keine Anlaufverluste bis 2006 sind, nur jene abgezogen werden, die in den drei vorangegangenen Jahren entstanden sind.
Beispiele:
1. A erzielt bis 2008 Einkünfte aus Gewerbebetrieb aus einem Tischlereibetrieb (Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 3 EStG 1988); daneben erzielt er Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. 2008 gibt er seinen Betrieb auf und geht in Pension; in der Folge erzielt er neben Vermietungseinkünften nur Pensionseinkünfte (§ 25 EStG 1988). Vor 2005 sind in der Tischlerei keine Verluste angefallen.
Jahr | § 23 | § 28 | § 25 | Verlust-vortrag Zugang | Verlust-vortrag Abgang durch Abzug | Verlust-vortrag Abgang durch Zeitablauf | Gesamtstand Verlustvortrag |
2005 | – 120 | + 90 | – | 30 | – | – | 30 |
2006 | – 170 | + 85 | – | 85 | – | – | 115 |
2007 | -90 | + 80 | – | 10 | – | – | 125 |
2008 | + 251)
|
– 20 | – | – | -51)
aus 2005 |
– 25
aus 2005 |
95 |
2009 | – | – 50 | + 60 | – | -7,5
aus 2006 |
-77,5
aus 2006 |
10 |
2010 | – | + 10 | + 60 | – | -10
aus 2007 |
– | 0 |
1) Aufgabegewinn iSd § 24, daher Abzug des Verlustes 2005 in voller Höhe des Gesamtbetrags der Einkünfte von 5.
2) B bringt sein Einzelunternehmen (bisher § 4 Abs. 3 EStG 1988) gemäß Art. III UmgrStG zum 31.12.2007 in die BC-GmbH ein. In den Jahren 2004 bis 2007 sind im Einzelunternehmen nur Verluste angefallen, die auf die GmbH übergehen. Die GmbH erzielt 2008 einen Gewinn, der die Verluste des Einzelunternehmens der Jahre 2004 bis 2007 übersteigt. Die GmbH kann nur die Verluste der Jahre 2005, 2006 und 2007 im Weg des Verlustvortrages berücksichtigen, nicht aber den Verlust des Jahres 2004.
12.2.4b Verlustabzug bei Einnahmen-Ausgaben-Rechnern – Rechtslage ab 2016
Seit dem AbgÄG 2016 können Steuerpflichtige, die ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG 1988 durch ordnungsgemäße Einnahmen-Ausgaben-Rechnung ermitteln, gemäß § 18 Abs. 6 EStG 1988 Verlustvorträge unbegrenzt als Sonderausgaben abziehen.
§ 18 Abs. 6 EStG 1988 in der geltenden Fassung ist gemäß § 124b Z 314 lit. a EStG 1988 erstmalig bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 2016 anzuwenden und gilt in Bezug auf die Einnahmen-Ausgaben-Rechnung für die Verluste, die ab dem Kalenderjahr 2013 entstanden sind.
Beispiel:
Ein Einnahmen-Ausgaben-Rechner erzielt in den Jahren 2010 bis 2015 Verluste und ab dem Jahr 2016 Gewinne. Ab der Veranlagung 2016 kann er die Verluste 2013, 2014, 2015 als Sonderausgaben gemäß § 18 Abs. 6 EStG 1988 abziehen; die Verluste aus 2010 und 2011 sind hingegen nicht vortragsfähig.
12.2.5 Höhe des vortragsfähigen Verlustes, Höhe des Verlustabzuges
Die Höhe des vortragsfähigen Verlustes und die Zuordnung zu einer Einkunftsart ergeben sich – mit Bindung für die Folgejahre – grundsätzlich aus der Veranlagung des Verlustjahres (VwGH 20.02.2008, 2006/15/0026, VwGH 25.06.2008, 2006/15/0085, VwGH 20.09.1977, 0931/77; VwGH 24.11.1976, 0899/74). Eine Bindungswirkung hinsichtlich der Höhe des (noch) vortragsfähigen Verlustvortrages ergibt sich auch aus Abgabenbescheiden, die nach dem Verlustjahr, aber vor dem Jahr der Verlustverwertung ergangen sind. Das Finanzamt ist daher hinsichtlich der Höhe des weiterhin vortragsfähigen Verlustes an die Höhe der festgestellten Einkünfte, die sich aus einem im Rechtsbestand befindlichen Einkommensteuerbescheid für ein Vorjahr ergibt, gebunden; dies gilt auch dann, wenn dieser Bescheid die Höhe der Einkünfte unrichtig ausweist. Eine „fiktive“ Verrechnung des Verlustvortrages (vgl. Rz 4505) mit Einkünften, deren Höhe sich nicht aus dem Einkommensteuerbescheid für das Vorjahr ergibt, hat zu unterbleiben.
Über den Umfang des Verlustverbrauches wird in jenem Einkommensteuerbescheid abgesprochen, in dem der Verlustvortrag als Sonderausgabe berücksichtigt wird (VwGH 20.11.1996, 94/13/0011).
Beispiel:
Verlustvorträge aus den Jahren 1 bis 3 sind in Höhe von insgesamt 350 vorhanden. Im ESt-Bescheid für das Jahr 4 werden auf Grund eines entsprechend positiven Gesamtbetrages der Einkünfte davon 200 verbraucht. Aufgrund einer Betriebsprüfung wird das ESt-Verfahren des Jahres 4 wiederaufgenommen; infolge einer Gewinnerhöhung beträgt der Verbrauch an Verlustvortrag danach 260. Aufgrund einer Berufung wird der im wiederaufgenommenen Verfahren ergangene Bescheid aus verfahrensrechtlichen Gründen (eingetretene Verjährung) ersatzlos aufgehoben.
Die Höhe des noch vorhandenen Verlustvortrages ist für die dem Jahr 4 folgenden Jahre nach dem rechtskräftigen (ursprünglichen) ESt-Bescheid zu bestimmen; daher verbleiben 150 (350 – 200) an vortragsfähigem Verlust. Es wäre unzulässig, den nach dem Jahr 4 verbleibenden Verlustvortrag nach dem aufgehobenen ESt-Bescheid zu bestimmen; danach verblieben nur 90 (350 – 260) an vortragsfähigem Verlust.
Rechtslage bis zur Veranlagung 2013
Ab dem Veranlagungsjahr 2001 wird der Verlustabzug im Sinne des § 18 Abs. 6 und 7 EStG 1988 durch die Regelung des § 2 Abs. 2b Z 2 EStG 1988 eingeschränkt, und zwar durch eine Verlustvortragsgrenze von grundsätzlich 75%. Diese Verlustvortragsgrenze leitet sich von der Höhe des Gesamtbetrages der Einkünfte (Summe der Einkünfte nach Verlustausgleich aber vor Abzug von Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen sowie Freibeträgen nach §§ 104 und 105 EStG 1988) ab. Die Verlustvortragsgrenze kommt daher nur dann zur Wirkung, wenn der Verlustvortrag mehr als die Verlustvortragsgrenze (grundsätzlich 75% des Gesamtbetrages der Einkünfte) ausmacht.
Beispiel 1:
Es sind vortragsfähige Verluste von 500.000 S vorhanden. Der Gesamtbetrag der Einkünfte beläuft sich im Jahr 2001 auf 600.000 S. Es sind 75% von 600.000 S zu ermitteln. Die Verlustvortragsgrenze beträgt daher 450.000 S. Die vortragsfähigen Verluste können daher nur mit einem Betrag von 450.000 S abgezogen werden. Das Einkommen nach Verlustabzug beträgt im Jahr 2001 150.000 S.
Beispiel 2:
Es sind vortragsfähige Verluste von 500.000 S vorhanden. Der Gesamtbetrag der Einkünfte beläuft sich im Jahr 2001 auf 900.000 S. Es sind 75% von 900.000 S zu ermitteln. Die Verlustvortragsgrenze beträgt somit 675.000 S. Die vortragsfähigen Verluste können daher mit dem gesamten Betrag von 500.000 S abgezogen werden. Das Einkommen nach Verlustabzug beträgt im Jahr 2001 400.000 S.
Rechtslage bis zur Veranlagung 2013
Gemäß § 2 Abs. 2b Z 3 EStG 1988 ist die Vortragsgrenze insoweit nicht anzuwenden, als in den positiven Einkünften enthalten sind:
1. Gewinne aus einem Schulderlass gemäß § 36 Abs. 2 EStG 1988 (Erfüllung eines insolvenzrechtlichen Sanierungsplanes, Erfüllung eines insolvenzrechtlichen Zahlungsplanes oder Erteilung einer Restschuldbefreiung nach Durchführung eines Abschöpfungsverfahrens). § 2 Abs. 2b Z 3 erster Teilstrich EStG 1988 gilt nur für Einkommensteuerpflichtige, nicht hingegen für Körperschaften, für die § 36 EStG 1988 nicht anwendbar ist. Bei Körperschaften sind Gewinne aus der Erfüllung eines insolvenzrechtlichen Sanierungsplanes nur dann im Rahmen des § 2 Abs. 2b EStG 1988 begünstigt, wenn sie einen „Sanierungsgewinn“ (§ 2 Abs. 2b Z 3 vierter Teilstrich EStG 1988; § 23a KStG 1988) darstellen.
2. Gewinne, die in Veranlagungszeiträumen anfallen, die von einem Insolvenzverfahren betroffen sind. Damit sind sämtliche Gewinne erfasst, die in Kalenderjahren anfallen, in denen ein derartiges Verfahren anhängig ist. Anhängig ist ein Insolvenzverfahren mit Eintritt der Rechtswirkungen Insolvenzeröffnung. Die Wirkungen treten gemäß § 2 Abs. 1 Insolvenzordnung mit Beginn des Tages ein, der der öffentlichen Bekanntmachung des Inhaltes des Insolvenzediktes folgt. Das Verfahren endet mit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens bzw. mit der Einstellung. Ist ein Insolvenzverfahren aufrecht, sind Gewinne, die diesem Kalenderjahr (Veranlagungszeitraum) zuzuordnen sind, von der 75%-Begrenzung ausgenommen, wobei es unerheblich ist, ob diese Gewinne, vor oder nach Eröffnung bzw. Beendigung des Verfahrens entstanden sind.
3. Veräußerungsgewinne und Aufgabegewinne, das sind Gewinne aus der Veräußerung sowie der Aufgabe von Betrieben, Teilbetrieben und Mitunternehmeranteilen. Veräußerungs- und Aufgabegewinne sind im Bereich der Einkommensteuerpflichtigen und der Körperschaften, die nicht unter § 7 Abs. 3 KStG 1988 fallen, Gewinne im Sinne des § 24 EStG 1988. Bei Körperschaften, die dem § 7 Abs. 3 KStG 1988 unterliegen, zählen dazu Gewinne aus der Veräußerung und Aufgabe von Betrieben, Teilbetrieben und Mitunternehmeranteilen, ungeachtet dessen, dass § 24 EStG 1988 nicht anzuwenden ist. Aus Anlass einer Betriebsveräußerung oder -aufgabe anfallende Übergangsgewinne sind nicht begünstigt (VwGH 25.11.2009, 2007/15/0252).
4. Sanierungsgewinne, das sind Gewinne, die durch Vermehrung des Betriebsvermögens infolge eines gänzlichen oder teilweisen Erlasses von Schulden zum Zwecke der Sanierung entstanden sind (siehe auch Rz 7250). Zu den Voraussetzungen für das Vorliegen eines Sanierungsgewinnes siehe Rz 7254 bis 7264, zum Entstehungszeitpunkt siehe Rz 7251. Damit sind Gewinne aus außergerichtlichen Ausgleichen, die Sanierungsgewinne darstellen, sowohl bei Einkommen- als auch bei Körperschaftsteuerpflichtigen begünstigt. Der Begriff „Sanierungsgewinn“ hat im Einkommensteuerrecht außerhalb des Anwendungsbereiches des § 2 Abs. 2b EStG 1988 keine Bedeutung mehr.
5. Liquidationsgewinne iSd § 19 Abs. 2 KStG 1988 unabhängig davon, ob sie innerhalb des Besteuerungszeitraumes im Sinne des § 19 Abs. 3 KStG 1988 anfallen.
Die Vortragsgrenze ist auch auf Gewinne aus vor dem 1. Juli 2010 begonnenen Konkurs- bzw. gerichtlichen Ausgleichsverfahren nicht anzuwenden.
Da die Ausnahmeregelung des § 2 Abs. 2b Z 3 EStG 1988 auf den Gesamtbetrag der Einkünfte abstellt, müssen dabei (laufende) innerbetriebliche und außerbetriebliche Verluste berücksichtigt werden (siehe Beispiel unter Rz 4533d).
Rechtslage bis zur Veranlagung 2013
Die Begrenzung führt nicht zu einem Untergehen der nicht vortragsfähigen Verlustteile, sondern zu einem Vortrag dieser Beträge in späteren Jahren (siehe Beispiele in Rz 4533d bis 4533g). Ein Vortrag in späteren Jahren kommt allerdings nur insoweit in Betracht, als die aufgeschobenen Verlustvorträge in der jeweiligen Verlustvortragsgrenze der späteren Jahre Deckung finden.
Rechtslage bis zur Veranlagung 2013
Bei Verlusten, die nach § 117 Abs. 7 EStG 1988 nur zu einem Fünftel abziehbar sind, wird der Fünftelbetrag nur insoweit reduziert, als er die Vortragsgrenze (grundsätzlich 75% des Gesamtbetrages der Einkünfte) überschreitet. Soweit ein Fünftelbetrag wegen der Vortragsgrenze nicht abgezogen werden kann, ist er – über das Jahr 2002 hinaus – in späteren Jahren im Rahmen des Verlustvortrages abzugsfähig. Beträge, die auch bei Wegdenken der Vortragsgrenze verfallen müssten, sind von einem weiteren Verlustvortrag ausgeschlossen.
Beispiel:
Die Verluste der Jahre 1989 und 1990 haben 2,5 Mio. S betragen. Verlustvorträge aus späteren Jahren existieren in einem Umfang von 2,2 Mio. S.
Im Jahre 2001 fällt als Gesamtbetrag der Einkünfte 800.000 S an. Der Fünftelbetrag aus den Verlustjahren 1989 und 1990 (§ 117 Abs. 7 EStG 1988) im Ausmaß von 500.000 S kann in vollem Umfang abgezogen werden, weil er 75% des Gesamtbetrages des Einkünfte 2001 (600.000 S) nicht übersteigt. Ein weiterer Vortrag der Verluste aus späteren Jahren ist im Ausmaß von 100.000 S möglich.
Im Jahr 2002 beläuft sich der Gesamtbetrag der Einkünfte auf 360.000 S. Die Vortragsgrenze ist daher 270.000 S. Vorgetragen wird der (letzte) Fünftelbetrag aus den Jahren 1989 und 1990, und zwar im Ausmaß von 270.000 S. Vom restlichen Fünftelbetrag (230.000 S) verfällt jener Teil, der auch ohne Anwendung der Verlustgrenze verloren ginge, also 140.000 S. Der andere Teil des nicht vortragsfähigen Fünftelbetrages, nämlich 90.000 S, entfällt auf die Vortragsgrenze. Er kann daher noch in späteren Jahren vorgetragen werden.
Im Jahr 2003 beträgt der laufende Verlust 500.000 S, daneben fällt ein Sanierungsgewinn von 1,3 Mio. S an. Der (positive) Gesamtbetrag der Einkünfte des Jahres 2003 beläuft sich somit auf 800.000 S. Es wird das Restfünftel aus 2002 von 90.000 S und ein Betrag von 710.000 S der nach 1990 angefallenen Verluste vorgetragen.
Im Jahr 2004 wird ein Teilbetrieb veräußert. Die laufenden Einkünfte dieses Jahres betragen 600.000 S, der Veräußerungsgewinn wird mit 900.000 S ermittelt. Der Veräußerungsgewinn wird gemäß § 37 Abs. 2 Z 1 EStG 1988 auf drei Jahre verteilt angesetzt. An Verlusten werden 300.000 S (Drittelbetrag des Veräußerungsgewinnes) und weitere 450.000 S (75% des laufenden Gewinnes) abgezogen.
Im Jahr 2005 beträgt der Gesamtbetrag der Einkünfte 1,2 Mio. S (900.000 S zuzüglich 300.000 S – zweiter Drittelbetrag des Veräußerungsgewinnes aus 2004). Die restlichen vortragsfähigen Verluste von 640.000 S finden in der Vortragsgrenze von 975.000 S (75% von 900.000 S, also 675.000 S zuzüglich zweiter Drittelbetrag von 300.000 S aus Veräußerungsgewinn 2004) zur Gänze Deckung und werden im Jahr 2005 in vollem Umfang abgezogen.
Rechtslage bis zur Veranlagung 2013
Die Fünftelregelung nach § 117 Abs. 7 zweiter Satz EStG 1988 bewirkt im Rahmen der Anwendung des § 2 Abs. 2b EStG 1988, dass die jeweiligen Jahresfünftel nach § 117 Abs. 7 zweiter Satz EStG 1988 in den Jahren 2001 und 2002 vorrangig, dh. insbesondere im Jahr 2002 vor einem allfälligen vortragsfähigen Jahresfünftelrest aus 2001 zu verrechnen sind. Die infolge der Anwendung des § 2 Abs. 2b EStG 1988 vortragsfähig bleibenden Jahresfünftelreste aus 2001 und 2002 sind wie andere Verlustvorträge außerhalb des § 117 Abs. 7 zweiter Satz EStG 1988 zu behandeln.
Beispiel:
Aus den Jahren 1989 und 1990 sind Verlustvorträge in Höhe von 2,5 Mio. S vorhanden (Jahresfünftelverluste 1998 bis 2002 daher jeweils 500.000 S).
Im Jahr 2001 wird ein Gewinn in Höhe von 500.000 S erzielt. Vom Jahresfünftelverlust 2001 sind 375.000 S verrechenbar (75% von 500.000 S), der Rest auf 500.000 S (125.000 S) bleibt weiter verrechenbar.
Im Jahr 2002 wird ein Gewinn in Höhe von 600.000 S erzielt. Vom Jahresfünftelverlust 2002 sind 450.000 S verrechenbar (75% von 600.000 S), der Rest auf 500.000 S (50.000 S) bleibt weiter verrechenbar.
Im Jahr 2003 wird ein Gewinn in Höhe von 200.000 S erzielt. Im Rahmen der Vortragsgrenze von 150.000 S sind der Jahresfünftelrest aus 2001 in Höhe von 125.000 S zur Gänze und der Jahresfünftelrest aus 2002 mit 25.000 S verrechenbar. Der verbleibende Jahresfünftelrest aus 2002 (25.000 S) bleibt weiter verrechenbar.
Rechtslage bis zur Veranlagung 2013
Eine Verlustverrechnung nach §§ 2 Abs. 2a bzw. 10 Abs. 8 EStG 1988 geht dem Verlustabzug vor (Rz 159). Dies gilt auch im Zusammenhang mit der Verlustverrechnungs- sowie Verlustvortragsgrenze nach § 2 Abs. 2b Z 1 und 2 EStG 1988. Treffen eine Verlustverrechnung und ein Verlustvortrag zusammen, so können sich die Verlustverrechnung- und die Verlustvortragsgrenze unterschiedlich auswirken.
Beispiel:
In einem Betrieb fällt im Jahr 2001 ein gemäß § 2 Abs. 2a EStG 1988 nichtausgleichfähiger Verlust von 500.000 S an.
Im Jahr 2002 kann der Verlust nicht verrechnet werden. Es ergibt sich in diesem Jahr aus dem Betrieb ein „normaler“ Verlust von 650.000 S, der mangels anderer Einkünfte nicht ausgeglichen werden kann, aber zur Gänze vortragsfähig ist.
Im Jahr 2003 wird aus demselben Betrieb ein Gewinn von 750.000 S erwirtschaftet. Zudem werden Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von 350.000 S erzielt. Im Jahr 2003 kommt es zunächst zur Verlustverrechnung unter Berücksichtigung des § 2 Abs. 2b Z 1 EStG 1988. Die Verlustverrechnungsgrenze beträgt 75% von 750.000 S, also 562.500 S. Der Verrechnungsverlust aus dem Jahr 2001 findet darin Deckung und kann daher zur Gänze verrechnet werden. An Gesamtbetrag der Einkünfte verbleiben somit 750.000 S + 350.000 S – 500.000 S, das sind 600.000 S. Die Verlustvortragsgrenze beträgt 75% davon, somit 450.000 S. Der Verlustvortrag aus dem Jahr 2002 in Höhe von 650.000 S wird mit einem Betrag von 450.000 S abgezogen. Das Einkommen nach Verlustabzug beträgt im Jahr 2003 150.000 S. Der restliche vortragsfähige Verlust aus dem Jahr 2002 von 200.000 S kann im Jahr 2004 bzw. in den Folgejahren nach Maßgabe des in diesen Jahren zu ermittelnden Verlustvortrags-Grenzbetrages abgezogen werden.
Rechtslage bis zur Veranlagung 2013
Sondergewinne im Sinne des § 2 Abs. 2b Z 3 EStG 1988 erhöhen die Verrechnungsgrenze (§ 2 Abs. 2b Z 1 EStG 1988) und die Vortragsgrenze (§ 2 Abs. 2b Z 2 EStG 1988). Beim Zusammentreffen von Verlustverrechnung und Verlustvortrag im selben Jahr sind Sondergewinne im Sinne des § 2 Abs. 2b Z 3 EStG 1988 unter Berücksichtigung des Verlustausgleichs (der stets so vorzunehmen ist, dass nicht begünstigte Einkünfte vorweg ausgeglichen werden) bei Ermittlung der Vortragsgrenze insoweit zu berücksichtigen, als sie nicht bei Ermittlung der Verrechnungsgrenze bereits berücksichtigt worden sind.
Beispiel:
Aus einem Betrieb sind nicht ausgleichsfähige Verluste aus der gewerblichen Vermietung von Wirtschaftsgütern (§ 2 Abs. 2a EStG 1988) aus Vorjahren in Höhe von 12.000 € vorhanden. An offenen Verlustvorträge aus den Jahren 01 bis 06 sind 70.000 € vorhanden.
Im Jahr 07 wird aus der Veräußerung eines Teilbetriebes ein Veräußerungsgewinn in Höhe von 60.000 € erzielt, der auf drei Jahre verteilt versteuert wird; daneben wird aus demselben Betrieb ein laufender Gewinn von 40.000 € erzielt. An Einkünften aus Vermietung und Verpachtung werden im Jahr 07 24.000 € erzielt.
Ermittlung der Verrechnungsgrenze (§ 2 Abs. 2b Z 1 EStG 1988):
Der volle Veräußerungsgewinnteilbetrag (20.000 €) sowie 75% des laufenden Gewinnes (30.000 €) ergeben eine Verrechnungsgrenze von 50.000 €.
Ermittlung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb des Jahres 07:
Die Einkünfte des Jahres 07 aus dem Betrieb (60.000 €) sind um die zu verrechnenden Verluste aus der gewerblichen Vermietung von Wirtschaftsgütern (12.000 €), die zur Gänze in der Verrechnungsgrenze (50.000 €) Deckung finden, zu kürzen und betragen daher 48.000 €.
Ermittlung der Vortragsgrenze (§ 2 Abs. 2b Z 2 EStG 1988):
Der Gesamtbetrag der Einkünfte des Jahres 07 nach Vornahme der Verlustverrechnung nach § 2 Abs. 2b Z 1 EStG 1988 beträgt 72.000 € (48.000 € betriebliche Einkünfte und 24.000 € Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung). Davon sind 20.000 € (das ist der auf das Jahr 07 entfallende Teilbetrag des Veräußerungsgewinnes) voll zu berücksichtigen, die restlichen 52.000 € (das sind der nach der Verlustverrechnung verbleibende Teil des laufenden betrieblichen Gewinnes in Höhe von 28.000 € und 24.000 € Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung) mit 75% (39.000 €). Die Vortragsgrenze beträgt daher 59.000 €. An Verlustvorträgen (insgesamt 70.000 €) sind daher 59.000 € zu berücksichtigen, die nicht zu berücksichtigenden 11.000 € bleiben weiter vortragsfähig.
12.2.6 Vortragsberechtigte Personen
12.2.6.1 Fassung bis zur Veranlagung 2012
Persönlich vortragsberechtigt ist – von gesetzlichen Ausnahmebestimmungen (etwa nach dem UmgrStG) abgesehen – grundsätzlich die Person, die den Verlust erlitten hat (VwGH 4.6.1986, 84/13/0251). Nur im Rahmen der Gesamtrechtsnachfolge (Erbfolge) geht der Verlustvortrag auf den Erben über. In allen anderen Fällen der Übertragung des verlusterzeugenden Betriebes (zB auch in Fällen der Anwachsung nach § 142 UGB hinsichtlich des auf die erworbenen Anteile entfallenden Verlustvortrages) geht der Verlustvortrag nicht über.
Bei Ermittlung des Einkommens des Erblassers gehen nicht aufgebrauchte Verlustvorträge auf seine(n) Erben über (VfGH 5.12.1987, B 1138/86). Dies gilt auch dann, wenn der verlustbringende Betrieb nach dem Tod des Erblassers von dem(n) Erben nicht fortgeführt wird. In Fällen, in denen ein verlustbringender Betrieb in Erfüllung eines Legates oder eines Pflichtteilanspruches übertragen wird, steht der Verlustabzug dem(n) Erben (nicht dem Legatar oder Pflichtteilsberechtigten) zu. Sind mehrere Erben vorhanden, geht der Verlustabzug nach Maßgabe der Erbquoten anteilig auf die einzelnen Erben über. Dies gilt auch dann, wenn der verlustbringende Betrieb nicht von allen Erben übernommen wird.
Der Übergang des Verlustabzuges auf den/die Erben ergibt sich folglich ausschließlich aus der Gesamtrechtsnachfolge, nicht aber aufgrund der tatsächlichen Verlusttragung. Deshalb kann eine eingeschränkte Verlusttragung, zB durch bedingte Erbserklärung, den Verlustabzug des/der Erben nicht einschränken. Eine bedingte Erbserklärung kann lediglich zu einer Haftungsbeschränkung hinsichtlich der Verlassenschaftsverbindlichkeiten führen.
Bei Verlusten aus Vorjahren geht der Verlustabzug in jenem Zeitpunkt über, in dem die Gesamtrechtsnachfolge steuerlich wirksam wird. Einkommensteuerlich wird die Gesamtrechtsnachfolge im Erbfall sofort mit dem Tod des Erblassers wirksam (Rz 9 ff), der Verlustabzug geht daher bereits im Todesjahr des Erblassers über. Für den Erblasser ist hinsichtlich des Todesjahres noch eine Einkommensermittlung vorzunehmen und somit auch der Verlustabzug vorrangig dabei vorzunehmen. Nur der danach verbleibende Verlustabzug kann auf den (die) Erben übergehen.
Verluste, die im Todesjahr des Erblassers angefallen sind, können beim Erben erst in einem der folgenden Jahre (also frühestens im Jahr nach dem Todesjahr) abgezogen werden. Dies deshalb, weil derartige Verluste auch beim Erblasser noch nicht die Eigenschaft von vortragsfähigen Verlusten gehabt hätten, somit auch ohne Gesamtrechtsnachfolge erst im darauf folgenden Jahr zu vortragsfähigen Verlusten geworden wären.
12.2.6.2 Fassung ab Veranlagung 2013
Persönlich vortragsberechtigt ist – von gesetzlichen Ausnahmebestimmungen (etwa nach dem UmgrStG) abgesehen – grundsätzlich die Person, die den Verlust erlitten hat (VwGH 4.6.1986, 84/13/0251). Nur im Rahmen einer unentgeltlichen Übertragung von Todes wegen kommt ein Übergang des Verlustvortrages bei dem Rechtsnachfolger in Betracht, der den verlustverursachenden Betrieb zu Buchwerten übernommen hat. In allen anderen Fällen der Übertragung des verlusterzeugenden Betriebes (zB auch in Fällen der Anwachsung nach § 142 UGB hinsichtlich des auf die erworbenen Anteile entfallenden Verlustvortrages) geht der Verlustvortrag nicht über.
Im Erkenntnis vom VwGH 25.4.2013, 2010/15/0131, 2011/15/0143, vertritt der VwGH die Ansicht, dass die bloße Stellung des Erben als Gesamtrechtsnachfolger des Erblassers ohne Übernahme des verlusterzeugenden Betriebes nicht dazu führt, dass noch offene Verlustvorträge des Erblassers auf den Erben übergehen. Daraus lässt sich ableiten, dass noch nicht aufgebrauchte Verlustvorträge des Erblassers allenfalls nur dann auf den Erben übergehen können, wenn dieser den verlustverursachenden Betrieb zu Buchwerten übernimmt.
Entsprechend der Rechtsprechung des VwGH sind noch nicht verbrauchte Verlustvorträge, die auf vom Erblasser erzielte Verluste zurückzuführen sind, nur mehr dann und insoweit zu berücksichtigen, als auch der verlustverursachende Betrieb durch den Steuerpflichtigen von Todes wegen unentgeltlich übernommen wurde. Dabei ist unerheblich, ob der Betrieb im Wege der Gesamtrechtsnachfolge (Erbschaft) oder Einzelrechtsnachfolge (Legat oder Schenkung auf den Todesfall) von Todes wegen übergeht. Bei Übertragung eines Teilbetriebes von Todes wegen gehen offene Verlustvorträge anteilig nach jenem Verhältnis über, das dem Verkehrswert des übernommenen Teilbetriebes bezogen auf den Verkehrswert des gesamten Betriebes entspricht, sofern keine eindeutige Zuordnung der Verlustvorträge zu dem übernommenen Teilbetrieb möglich ist. Bei Übertragung eines Mitunternehmeranteiles von Todes wegen gehen die durch diesen Mitunternehmeranteil verursachten Verlustvorträge über. Wird oder wurde der verlustverursachende Betrieb von dem Steuerpflichtigen, der ihn von Todes wegen erworben hat, aufgegeben oder veräußert, hat dies bei ihm keinen Einfluss auf die Zulässigkeit des Abzuges der vom Erblasser übernommenen Verluste.
Im Fall der Gesamtrechtsnachfolge ist eine nur eingeschränkte Verlusttragung, zB durch bedingte Erbserklärung unerheblich. Eine bedingte Erbserklärung kann lediglich zu einer Haftungsbeschränkung hinsichtlich der Verlassenschaftsverbindlichkeiten führen.
Verluste des Rechtsvorgängers gehen in jenem Zeitpunkt über, in dem die Übertragung von Todes wegen steuerlich wirksam wird (vgl. Rz 9 ff). Verluste des Rechtsvorgängers, die im Todesjahr angefallen sind, können beim Rechtsnachfolger erst ab dem der Übertragung folgenden Jahre abgezogen werden. Dies deshalb, weil derartige Verluste auch beim Rechtsvorgänger noch nicht die Eigenschaft von vortragsfähigen Verlusten gehabt hätten, somit auch ohne Übertragung von Todes wegen erst im darauf folgenden Jahr zu vortragsfähigen Verlusten geworden wären.
Wurde der Betrieb nicht von Todes wegen übernommen, gehen offene Verlustvorträge nicht auf den Erwerber des Betriebes über. Dementsprechend kommt es in folgenden Fällen zu keinem Übergang des Verlustvortrages auf den Erwerber des Betriebes:
- Betriebsübertragung durch Schenkung unter Lebenden; auch wenn der Geschenknehmer eines Betriebes nach späterem Ableben des Geschenkgebers zum Erben eingesetzt wird, geht der Verlustvortrag des Erblassers nicht (nachträglich) auf den Geschenknehmer über.
- Veräußerung oder Aufgabe des verlusterzeugenden Betriebes noch zu Lebzeiten des Erblassers.
- Betriebsübertragung durch Erbschaftskauf (vgl. Rz 134e); in diesem Fall stehen offene Verlustvorträge des Erblassers den Erben zu, die den Betrieb im Wege des Erbschaftskaufs veräußern.
- Anteilige Betriebsübertragung durch Veräußerung im Rahmen einer Erbteilung (vgl. Rz 134b). In diesem Fall verbleiben dem Erben, der seine Betriebsquote entgeltlich überträgt, insoweit auch die Verluste des Erblassers aus dem Betrieb.
Ab der Veranlagung 2013 noch offene Verlustvorträge des Erblassers sind in weiterer Folge ausschließlich beim betriebsübernehmenden Erben zu berücksichtigen. Das bedeutet ab der Veranlagung 2013:
- Dem Erben, der den Betrieb nicht übernommen hat, steht kein (anteiliger) Verlustabzug für Verluste zu, die vom Erblasser stammen.
- Dem Erben, der den Betrieb (ganz oder anteilig) von Todes wegen übernommen hat, steht der Verlustabzug (gegebenenfalls anteilig) für Verluste des Erblassers insoweit zu, als diese Verluste nicht schon in Vorjahren von anderen Erben verbraucht worden sind (BFG 5.11.2014, RV/6100478/2014).
- Anteilige Verlustvorträge anderer Miterben, die gemäß Rz 4535 bis einschließlich 2012 bereits bei diesen im Wege des Verlustabzuges berücksichtigt worden sind, dürfen daher nicht nochmals beim betriebsübernehmenden Erben geltend gemacht werden. Eine doppelte Verlustberücksichtigung ist nicht zulässig.
Beispiel:
2011 verstirbt der Inhaber eines rechnungslegungspflichtigen Betriebes. A, B und C sind zu je einem Drittel Erben. Im Zuge einer steuerneutralen Erbteilung bekommt A den Betrieb, B und C erhalten Grundstücke und Geld aus dem Nachlass. Die zum Zeitpunkt des Todes noch nicht berücksichtigten vortragsfähigen Verluste aus dem Betrieb des Erblassers betragen 30.000. Gemäß Rz 4535 (in der bisherigen Fassung) entfallen auf A, B und C jeweils Verluste iHv 10.000. Dementsprechend wurden bei der Veranlagung 2011 und 2012 bei B Verluste von insgesamt 3.000 und bei C Verluste von insgesamt 2.000 im Rahmen des Verlustabzuges berücksichtigt. Die Veranlagung 2013 ist bei A, B und C noch nicht erfolgt. Nach der Judikatur des VwGH sind die Verluste des Erblassers zur Gänze bei A zu berücksichtigen; B und C steht kein anteiliger Verlustvortrag zu. Da bei B und C insgesamt bereits 5.000 des Verlustes des Erblassers berücksichtigt worden sind, sind bei A die anteilig auf B und C bisher entfallenen Verluste von insgesamt 20.000 um die schon berücksichtigten Verluste von 5.000 zu kürzen; bei A ist daher ab 2013 von den bisher B und C zugesprochenen Verlusten ein Betrag von 15.000 im Wege des Verlustabzuges zu berücksichtigen. Ab der Veranlagung 2013 sind Verluste des Erblassers bei B und C nicht mehr zu berücksichtigen.
12.2.7 Auslandsverluste unbeschränkt Steuerpflichtiger
Zur Behandlung von Verlusten, die von unbeschränkt Steuerpflichtigen im Ausland erzielt worden sind, siehe Rz 198 ff.
Randzahlen 4539 bis 4600: derzeit frei