18.1 Allgemeines und Verweis
§ 12 KStG 1988 entspricht typologisch § 20 EStG 1988, der auf Körperschaften nicht anwendbar ist. Die Vorschrift schließt den Abzug bestimmter Aufwendungen und Ausgaben bei der Einkommensermittlung aus oder schränkt den Abzug ein. Der Begriff der Betriebsausgaben ist in § 4 Abs. 4 EStG 1988 definiert. Neben den genannten Abzugsverboten gelten auch alle anderen in den Einkommensermittlungsvorschriften des EStG 1988 und KStG 1988 enthaltenen. § 12 KStG 1988 gilt unabhängig von der Art der Gewinn- oder Einkünfteermittlung.
18.1.1 Aufwendungen für die Erfüllung satzungsgemäßer Zwecke (§ 12 Abs. 1 Z 1 KStG 1988)
§ 12 Abs. 1 Z 1 KStG 1988 gilt für alle Körperschaften, hat aber insbesondere bei Stiftungen und Vereinen praktische Bedeutung. Es wird klargestellt, dass die Aufwendungen zur Erfüllung satzungsgemäßer Zwecke bei den juristischen Personen den Aufwendungen der natürlichen Personen für ihre privaten Zwecke gleichzusetzen sind. Es liegen daher Aufwendungen im Bereich der Einkommensverwendung vor. Vom Zweck muss aber die Tätigkeit der Körperschaft unterschieden werden; Aufwendungen im Zusammenhang mit dieser sind abzugsfähig. Die Nichtabzugsfähigkeit kann daher nur bei Zwecken außerhalb steuerpflichtiger Einkunftsarten angenommen werden. Zuwendungen einer Privatstiftung an Begünstigte und Letztbegünstigte sind auch dann nicht abzugsfähig, wenn sie unter die Sonderausgaben (§ 8 Abs. 4 Z 1 KStG 1988) subsumiert werden können.
18.1.2 Angemessenheitsprüfung (§ 12 Abs. 1 Z 2 KStG 1988)
Siehe EStR 2000 Rz 4761 bis 4807.
Mit § 12 Abs. 1 Z 2 KStG 1988 wurde in Folge der Tatsache, dass juristische Personen keine persönliche Sphäre haben können, ein dem § 20 Abs. 1 Z 2 lit. b EStG 1988 entsprechender Tatbestand festgeschrieben, der den Gleichklang zu Einkommensteuerpflichtigen herstellen soll. Es soll – mit anderen Worten – verhindert werden, dass Steuerpflichtige nur durch Wechsel zu einer anderen Unternehmensform den einschränkenden Wirkungen einer unangemessenen Aufwendung in den im EStG 1988 genannten Fällen entgehen. Der Sinngehalt der körperschaftsteuergesetzlichen Regelung kann daher nicht im Interpretationsweg wegdiskutiert werden. Fallen Tatbestände des § 20 Abs. 1 Z 2 lit. b EStG 1988 bei Körperschaften an, ist die steuerrechtliche Wirkung wie bei Einkommensteuerpflichtigen gegeben.
Betriebliche Aufwendungen einer Körperschaft können zwar begrifflich niemals deren Lebensführung berühren, das Abzugsverbot bezieht sich diesfalls auf die Aufwendungen, die von den Organen der Körperschaft für diese getätigt werden und das betrieblich angemessene Ausmaß derartiger Aufwendungen überschreiten (VwGH 26.7.1995, 92/15/0144).
Es sind daher sowohl die nicht betrieblich veranlassten bzw. dem Grunde nach unangemessenen Aufwendungen als auch die betrieblich veranlassten und dem Grunde nach angemessenen, aber der Höhe nach unangemessenen Aufwendungen unabhängig von der Unternehmensform betroffen. Die bei Körperschaften denkbare Konkurrenz zur Verschaffung eines als verdeckte Ausschüttung zu wertenden Gesellschaftervorteils durch unangemessen hohe Aufwendungen ist dadurch nicht berührt.
Beispiel:
Die Preisbasis für die Berechnung der Leasingrate eines Pkw beträgt 50.870,98 Euro. Die Leasingrate beträgt monatlich 1.090,10 Euro inklusive Umsatzsteuer. Der Pkw wird durch den im Dienstverhältnis stehenden Anteilsinhaber im Ausmaß von 50% privat genutzt. Wird durch die Privatnutzung die Angemessenheit der Gesamtausstattung überschritten und die Leasingrate daher in Höhe der anteiligen tatsächlichen Kosten als verdeckte Ausschüttung gewertet (VwGH 20.4.1982, 81/14/0120), ist diese mit 545,05 Euro anzusetzen. Nach Ausscheiden des unangemessen hohen Teils der auf die betriebliche Komponente von 545,05 Euro entfallenden Repräsentationsquote von 181,68 Euro sind daher 363,37 Euro als Leasingaufwand abziehbar.
18.1.3 Repräsentationsaufwendungen (§ 12 Abs. 1 Z 3 KStG 1988)
Siehe EStR 2000 Rz 4808 bis 4829.
Die in den EStR 2000 dargestellte Rechtslage gilt auch für Körperschaften. Denn zufolge § 12 Abs. 1 Z 3 KStG 1988 dürfen Repräsentationsaufwendungen nach § 20 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 nicht abgezogen werden (vgl. VwGH 26.7.1995, 92/15/0144, betreffend repräsentative Pkw).
Gesellschafter-Geschäftsführer, die aus dieser Tätigkeit Einkünfte aus selbständiger Arbeit beziehen, können nicht zu den Geschäftsfreunden gezählt werden. Die arbeitnehmerübliche Bewirtung dieser Personen ist bei der Gesellschaft eine Betriebsausgabe und beim Gesellschafter-Geschäftsführer eine Betriebseinnahme; der unangemessene Teil stellt eine verdeckte Ausschüttung dar. Die arbeitnehmerbezogenen Befreiungsbestimmungen des § 3 EStG 1988 kommen nicht zur Anwendung.
Bewirtungsaufwendungen durch die Körperschaft aus Anlass eines persönlichen Ereignisses des Gesellschafter-Geschäftsführers, wie zB Geburtstag, sind in der Regel zur Gänze verdeckte Ausschüttungen, auch wenn an dem Geburtstagsempfang nahezu ausschließlich Geschäftsfreunde der Körperschaft teilnehmen.
18.1.4 Schmier- und Bestechungsgelder, Strafen, Verbandsgeldbußen und Abgabenerhöhungen (§ 12 Abs. 1 Z 4 KStG 1988)
Siehe EStR 2000 Rz 4840 bis 4846e.
18.1.5 Freiwillige Zuwendungen (§ 12 Abs. 1 Z 5 KStG 1988)
Die in § 12 Abs. 1 Z 5 KStG 1988 angesprochenen Zuwendungen sind auch dann vom Abzug ausgeschlossen, wenn sie auf einer verpflichtenden Vereinbarung beruhen oder wenn sie im Einzelfall durch betriebliche Erwägungen mitveranlasst sind (siehe dazu auch EStR 2000 Rz 4830 bis 4839).
Zu den abzugsfähigen Spenden (§ 4a EStG 1988 idF AbgÄG 2012) siehe EStR 2000 Rz 1330 bis 1349.
18.1.6 Nichtabzugsfähige Steuern (§ 12 Abs. 1 Z 6 KStG 1988)
§ 12 Abs. 1 Z 6 KStG 1988 sieht ein Abzugsverbot für Steuern vom Einkommen und sonstigen Personensteuern, Umsatzsteuer (soweit sie auf nicht abzugsfähige Aufwendungen entfällt) sowie für die aus Anlass einer unentgeltlichen Grundstücksübertragung (etwa im Falle der Zuwendung eines Grundstücks durch eine Privatstiftung) anfallende Grunderwerbsteuer, Eintragungsgebühren und andere Nebenkosten vor; die Bestimmung entspricht den einkommensteuerlichen Regelungen (siehe EStR 2000 Rz 4847 bis 4852). Dem Sinne der Bestimmung entsprechend sind auch Rückstellungen für derartige Steuern nicht abzugsfähig.
18.1.7 Aufsichtsratsvergütungen (§ 12 Abs. 1 Z 7 KStG 1988)
Vom teilweisen Abzugsverbot sind alle Körperschaften ungeachtet ihrer Rechtsform betroffen, ohne Rücksicht, ob sie gesetzlich verpflichtet sind, einen Aufsichtsrat einzurichten, oder ob sie diesen freiwillig errichten. Es gilt daher ua. auch für Vereine und Betriebe gewerblicher Art von Körperschaften öffentlichen Rechts. Das teilweise Abzugsverbot trägt der Tatsache Rechnung, dass die Tätigkeit des Aufsichtsrates sowohl dem Gesellschafts- als auch dem Gesellschafterinteresse dienen soll. Durch die gesetzlich vorgeschriebene Teilabzugsfähigkeit wird daher eine Art Pauschalierung der Gewinnverwendung im Gesellschafterinteresse herbeigeführt, ohne beim Gesellschafter steuerliche Ausschüttungskonsequenzen auszulösen (KESt-Abzug, Endbesteuerung).
Aufsichtsratsvergütungen im Sinne des § 12 Abs. 1 Z 7 KStG 1988 liegen vor, wenn Vergütungen irgendwelcher Art für die Überwachung der Geschäftsführung an Personen gewährt werden, die mit dieser Aufgabe betraut sind. Auf die Bezeichnung der Person des Empfängers oder der Vergütung kommt es nicht an (VwGH 10.4.1964, 2154/63). Es muss bloß eine überwachende Tätigkeit vorliegen und die Vergütung muss für die Überwachung gewährt werden (VwGH 31.5.1963, 1796/61). Die Überwachung muss die gesamte Geschäftsführung betreffen, wobei der Begriff der Überwachung weit auszulegen ist. Ist die Funktion lediglich eine beratende, fehlt es an der Überwachung. Die Zustimmung zu einzelnen Entscheidungen der Geschäftsführung liegt im Rahmen der Überwachungsfunktion.
Auch Verwaltungsräte im Sinne des Europäischen Aktiengesellschaft im SE-Gesetz, BGBl. I Nr. 67/2004 sind vom Abzugsverbot erfasst (ab der Veranlagung 2005). Da Verwaltungsräte in ihrer „Doppelfunktion“ sowohl Aufgaben der Geschäftsleitung als auch der Überwachung wahrzunehmen haben, wird das Abzugsverbot auf den auf die Überwachungsfunktion entfallenden Teil eingeschränkt und entsprechend auf ein Viertel der Vergütungen aller Art sowie der übersteigenden Reisekostenersätze reduziert. Sind die Verwaltungsräte ausschließlich mit geschäftsleitenden Funktionen betraut (geschäftsleitende Direktoren), gilt das Abzugsverbot nicht.
Der Begriff „Vergütungen jeder Art“ muss weit aufgefasst werden. Es fallen außer Barvergütungen auch alle geldwerten Vorteile, wie zB die Gewährung einer freien Wohnung, die Gewährung freier Verpflegung, die kostenlose Überlassung eines Kraftwagens und die Überlassung anderer Sachwerte ohne Entgelt oder zu Vorzugspreisen darunter. Beiträge zur Altersversorgung von Aufsichtsratsmitgliedern oder Rückstellungen auf Grund von Pensionszusagen an solche sind ebenfalls zur Hälfte vom Abzug ausgeschlossen.
Nicht unter das teilweise Abzugsverbot fällt jedoch der dem einzelnen Aufsichtsratsmitglied aus der Wahrnehmung seiner Tätigkeit erwachsene tatsächliche Aufwand, soweit ihm dieser Aufwand gesondert erstattet worden ist. Reisekostenersätze, soweit sie die Sätze des § 26 Z 4 EStG 1988 überschreiten, gelten jedoch ex lege als Vergütungen.
Vergütungen, die für die Tätigkeit von auf Grund von Gesetzen bestellten Staatskommissären (zB § 76 BWG, BGBl. Nr. 532/1993) geleistet werden, sind bei der Ermittlung des Einkommens der betreffenden Körperschaft abzusetzen (VfGH 10.10.1978, B 139/77, B 140/77).
18.1.8 Aufwendungen für Entgelte gemäß § 20 Abs. 1 Z 7 und Z 8 EStG 1988 (§ 12 Abs. 1 Z 8 KStG 1988)
Die in § 20 Abs. 1 Z 7 und 8 EStG 1988 vorgesehenen Abzugsverbote iZm Entgelten über 500.000 Euro und Entgelten, die beim Empfänger sonstige Bezüge darstellen, gelten auch im Anwendungsbereich des KStG 1988. Näheres siehe EStR 2000 Rz 4852a ff. Steuerlich nicht abzugsfähig sind somit von Körperschaften getragene Aufwendungen für das Entgelt für Arbeits- oder Werkleistungen, soweit es den Betrag von 500.000 Euro pro Person und Wirtschaftsjahr übersteigt.
Das Abzugsverbot knüpft somit an dieselbe Personengruppe wie im EStG 1988 an: eigene Dienstnehmer der Körperschaft, einem Dienstnehmer vergleichbar organisatorisch eingegliederte Personen (inklusive jener, die für die Erbringung von Arbeits- oder Werkleistungen an eine Körperschaft überlassen werden) sowie ehemalige Dienstnehmer und in der Vergangenheit vergleichbar organisatorisch eingegliederte Personen.
Die Bestimmungen des § 20 Abs. 1 Z 7 lit. b erster Teilstrich EStG 1988 über die – nach der tatsächlichen Aufwandstragung erfolgende – zeitliche Aliquotierung der Betragsgrenze von 500.000 Euro kommen ebenfalls zur Anwendung, jene des § 20 Abs. 1 Z 7 lit. b zweiter Teilstrich EStG 1988 über die Aliquotierung bei Arbeits- oder Werkleistungen, die für mehrere verbundene Betriebe oder Personengesellschaften erbracht werden, sollen hingegen durch eine spezifische Konzernklausel ergänzt werden.
Dabei ist vorgesehen, dass bei einer Person, die von mehreren verbundenen Unternehmen in Summe die Betragsgrenze von 500.000 Euro übersteigende Entgelte erhält, die dafür geleisteten Aufwendungen im aliquoten Ausmaß (des tatsächlich getragenen Aufwandes) dem Abzugsverbot unterliegen. Als verbundene Unternehmen sind solche definiert, die
- unmittelbar oder mittelbar konzernzugehörig (siehe Rz 1125) sind, oder
- unmittelbar oder mittelbar unter dem beherrschenden Einfluss desselben Gesellschafters stehen (siehe Rz 1126).
Da die Aliquotierung anhand des tatsächlich getragenen Aufwandes stattzufinden hat, ist (klarstellend) im Falle der Leistung von Umlagen im Konzernverbund (für die Tätigkeitsvergütung der betreffenden Person) vorgesehen, die Aufwendungen um empfangene Umlagen zu kürzen und um geleistete Umlagen zu erhöhen. Die Aliquotierung hat nach dieser rechnerischen Anpassung der Aufwendungen stattzufinden. Das vertraglich vorgesehene Ausmaß der Arbeitszeit (zB Vollzeit, Halbzeit) und das Ausmaß der tatsächlich erbrachten Arbeits- oder Werkleistungen sind für die Aliquotierung nicht von Belang. Damit findet das Abzugsverbot faktisch auf allen Ebenen Anwendung und zwar auch dann, wenn verbundene Unternehmen nicht in Österreich ansässig sind. Die Ausnahmebestimmung des § 20 Abs. 1 Z 7 lit. a EStG 1988 für die Überlassung von Personen kommt in diesen Fällen nicht zur Anwendung.
Beispiel 1:
Der Vorstand der X-AG erhält von dieser ein Entgelt in Höhe von 400.000 Euro, gleichzeitig erhält er von der Y-GmbH, der Tochtergesellschaft der X-AG, ein Entgelt von 300.000 Euro. Die X-AG leistet in diesem Zusammenhang an die Y-GmbH eine Umlage in Höhe von 150.000 Euro.
Tatsächlich trägt die X-AG einen Aufwand in Höhe von 550.000 Euro und die Y-GmbH einen Aufwand in Höhe von 150.000 Euro. Die Betragsgrenze von 500.000 Euro ist daher in diesem Verhältnis aliquot auf die beiden Gesellschaften anzuwenden. Daraus ergibt sich eine Begrenzung in Höhe von rund 393.000 Euro bei der X-AG und in Höhe von rund 107.000 Euro bei der Y-GmbH.
Die X-AG kann daher einen Aufwand in Höhe von rund 393.000 Euro steuerlich geltend machen. Bei der Y-GmbH kürzt die empfangene Umlage den steuerlichen Aufwand auf 150.000 Euro (Entgelt in Höhe von 300.000 Euro abzüglich empfangene Umlage in Höhe von 150.000 Euro); davon können rund 107.000 Euro steuerlich geltend gemacht werden.
Beispiel 2:
Der Geschäftsführer der inländischen Y-GmbH ist zu 50% für diese Gesellschaft und zu 50% für die ausländische Schwestergesellschaft Z-AG tätig. Er erhält von der Y GmbH ein Entgelt in Höhe von 700.000 Euro. Die Z-AG leistet dafür eine Umlage in Höhe von 350.000 Euro.
Da der Aufwand für die Entgelte zu 50% von der Z-AG getragen wird, hat eine Aliquotierung des höchstzulässigen Betrages von 500.000 Euro zu erfolgen. Durch die Umlage der Z-AG beträgt der tatsächlich geleistete Aufwand der Y GmbH 350.000 Euro. Demnach sind nur 250.000 Euro des von der Y GmbH tatsächlich getragenen Aufwandes abzugsfähig; somit sind 100.000 Euro nicht abzugsfähig.
Beispiel 3:
Der Vorstand der ausländischen A-AG ist in einem geringen Ausmaß auch für die inländische B-GmbH tätig. Für seine Leistungen erhält er nur von der A-AG ein Gesamtentgelt von 3,5 Mio. Euro, während die B-GmbH lediglich eine Umlage in Höhe von 50.000 Euro an die A-AG leistet.
Der tatsächlich getragene Aufwand beträgt unter Berücksichtigung der geleisteten Umlage 3,45 Mio. Euro bei der A-AG und 50.000 Euro bei der B-GmbH. Die Betragsgrenze von 500.000 Euro ist daher in diesem Verhältnis (69:1) aliquot auf die beiden Gesellschaften anzuwenden. Daraus ergibt sich ein abzugsfähiger Betrag in Höhe von 7.142,86 Euro (1/70tel) bei der B-GmbH.
Beispiel 4:
Die österreichische X-GmbH ist eine Tochtergesellschaft eines deutschen Konzerns. Die Rechtsabteilung für den gesamten Konzern ist in Deutschland angesiedelt. Von dort aus werden sämtliche Rechtsangelegenheiten, somit auch betreffend die österreichische X-GmbH, erledigt. Der Leiter der Rechtsabteilung erhält ein Entgelt von 600.000 Euro im Jahr. Die österreichische X-GmbH zahlt für die an sie erbrachten Leistungen der Rechtsabteilung eine Umlage in Höhe von 100.000 Euro im Jahr.
Voraussetzung für die Anwendung des Abzugsverbotes auf Ebene der X-GmbH ist eine organisatorische Eingliederung der Entgelt empfangenden Person in diese. Während bei einer Person, die die Geschäfte der Gesellschaft führt, von deren organisatorischen Einbindung in diese Gesellschaft auszugehen sein wird (siehe VwGH 28.1.2003, 2001/14/0048), selbst wenn sie die Geschäfte vorwiegend aus dem Ausland besorgt, kann dies bei Mitarbeitern von Stabsabteilungen ausländischer Konzerngesellschaften, die ausschließlich vom Ausland aus tätig sind, in der Regel nicht angenommen werden. Im Vordergrund der Umlagenleistung steht in diesem Fall zudem das Entgelt für eine Dienstleistung, die von einer gesamten Abteilung des Konzerns (Rechtsabteilung), und nicht vorwiegend von einer Einzelperson für die X-GmbH erbracht wird. Das Abzugsverbot des § 12 Abs. 1 Z 8 KStG 1988 in daher in Beispiel 4 nicht anwendbar.
Beispiel 5:
Die österreichische X-GmbH ist Tochtergesellschaft eines deutschen Konzerns. Die Rechtsabteilung für den gesamten Konzern ist bei der österreichischen X-GmbH angesiedelt. Von dort aus werden sämtliche Rechtsangelegenheiten für den Konzern erledigt. Der Leiter der Rechtsabteilung erhält ein Entgelt von 600.000 Euro im Jahr. Die X-GmbH erhält Umlagen für die an den Konzern erbrachten Leistungen der Rechtsabteilung in Höhe von 100.000 Euro im Jahr. 10% der Kosten für die gesamte Rechtsabteilung entfallen auf das Gehalt des Leiters der Rechtsabteilung.
Der Leiter der Rechtsabteilung ist Arbeitnehmer der X-GmbH, weshalb das Abzugsverbot anwendbar ist. Gemäß § 12 Abs. 1 Z 8 KStG 1988 kürzen empfangene Umlagen, die für diese Entgelte geleistet werden, die Aufwendungen. Danach hat eine Aliquotierung stattzufinden. Da die Umlagen nicht nur für das Gehalt des Leiters der Rechtsabteilung sondern für die Leistung der gesamten Rechtsabteilung gezahlt werden, ist anhand von Aufteilungsrechnungen, wie etwa einer Kostenrechnung, für die Rechtsabteilung zu ermitteln, wieviel Prozent von allen Aufwendungen der Rechtsabteilung auf das Gehalt des Leiters entfallen; im Beispiel sind das 10%. In diesem Prozentausmaß entfallen die Umlagen somit auf das Gehalt des Leiters der Rechtsabteilung und kürzen damit die Aufwendungen. Da das Entgelt von 600.000 Euro die zulässige Höhe von 500.000 Euro um 100.000 Euro übersteigt, hat auf Ebene der X-GmbH eine Kürzung der um die Umlagen verminderten Aufwendungen um 1/6 zu erfolgen. Da das Gehalt des Leiters der Rechtsabteilung 10% der Kosten für die gesamte Abteilung beträgt, entfallen von den geleisteten Umlagen 10.000 Euro auf dessen Entgelt; die um diese Umlagen gekürzten Aufwendungen für das Entgelt betragen nunmehr 590.000 Euro. Von diesen 590.000 Euro sind 1/6 – also 98.333 Euro – nicht abzugsfähig.
Beim Abzugsverbot gemäß § 20 Abs. 1 Z 8 EStG 1988, für Entgelte, die beim Empfänger sonstige Bezüge nach § 67 Abs. 6 EStG 1988 darstellen, sind keine Sonderregelungen für Körperschaften vorgesehen. Damit sind auch im Bereich der Körperschaftsteuer jene Aufwendungen erfasst, die für Entgelte geleistet werden, die nach § 67 Abs. 6 EStG 1988 nicht dem Steuersatz von 6% unterliegen.
18.1.9 Zinsen in Zusammenhang mit der Fremdfinanzierung des Erwerbes von Kapitalanteilen im Konzern (§ 12 Abs. 1 Z 9 KStG 1988)
Nach § 12 Abs. 1 Z 9 KStG 1988 idF AbgÄG 2014 ist die Abzugsfähigkeit von Zinsen in Zusammenhang mit einer Fremdfinanzierung, die dem Erwerb von Kapitalanteilen iSd § 10 KStG 1988 gedient hat, ausgeschlossen, wenn diese Kapitalanteile
- unmittelbar oder mittelbar von einem konzernzugehörigen Unternehmen oder
- einem unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss ausübenden Gesellschafter erworben worden sind.
Durch diese Bestimmung wird die Abzugsfähigkeit von Zinsen in Zusammenhang mit der Fremdfinanzierung des Erwerbes von Kapitalanteilen iSd § 10 KStG 1988 gemäß § 11 Abs. 1 Z 4 KStG 1988 eingeschränkt (siehe dazu Rz 1252 ff).
Das Abzugsverbot kommt unabhängig davon zur Anwendung, ob die Erträge aus einer Beteiligung iSd § 10 KStG 1988 steuerfrei sind, da die Bestimmung generell eine Erzeugung von abzugsfähigem Finanzierungsaufwand durch fremdfinanzierte Beteiligungsanschaffungen im Konzern verhindern soll.
Das Abzugsverbot gemäß § 12 Abs. 1 Z 9 KStG 1988 ist erstmals auf Aufwendungen anzuwenden, die nach dem 28.2.2014 anfallen (§ 26c Z 49 KStG 1988) und erfasst ab diesem Zeitpunkt auch Fremdfinanzierungszinsen aus Verbindlichkeiten, die in Zusammenhang mit vor diesem Zeitpunkt erworbenen Beteiligungen stehen.
Die Abzugsfähigkeit für Zinsaufwendungen, die vor dem 1.3.2014 in Zusammenhang mit einer Fremdfinanzierung von Beteiligungserwerben im Konzern angefallen sind, ist durch § 11 Abs. 1 Z 4 zweiter Teilstrich KStG 1988 idF BBG 2011 eingeschränkt.
Der Ausschluss des Zinsenabzugs nach § 12 Abs. 1 Z 9 KStG 1988 bei fremdfinanzierten Beteiligungserwerben im Konzern ist dem Ausschluss der Firmenwertabschreibung bei Erwerben im Konzern gemäß § 9 Abs. 7 KStG 1988 nachgebildet (siehe dazu Rz 1124).
Der Konzernbegriff in § 12 Abs. 1 Z 9 KStG 1988 ist folglich im Sinne des § 15 AktG zu verstehen (siehe Rz 1125). Zum Vorliegen eines unmittelbar oder mittelbar ausgeübten beherrschenden Einflusses siehe Rz 1126. Zur Auslegung des Zinsbegriffes siehe Rz 1254.
Ein für die Abzugsfähigkeit schädlicher konzerninterner Beteiligungserwerb einer Körperschaft liegt auch dann vor, wenn der einheitliche wirtschaftliche Vorgang des Erwerbs eines Konzerns rechtlich derart „aufgespalten“ wird, dass zunächst die inländischen Beteiligungen und erst danach die restlichen Konzerngesellschaften erworben werden (siehe auch Rz 1127 zur Konzernklausel bei der Firmenwertabschreibung in der Unternehmensgruppe).
Auf Zinsen aus der Fremdfinanzierung von Zuschüssen und Kapitalerhöhungen ist das Abzugsverbot gemäß § 12 Abs. 1 Z 9 KStG 1988 dann anwendbar, wenn die fremdfinanzierten Zuschüsse und Kapitalerhöhungen in Zusammenhang mit schädlichen Beteiligungserwerben im Konzern im Sinne des § 12 Abs. 1 Z 9 KStG 1988 stehen.
Durch das Abzugsverbot gemäß § 12 Abs. 1 Z 9 KStG 1988 soll eine Abzugsfähigkeit von Zinsaufwendungen für eine Fremdfinanzierung, die einem Beteiligungserwerb im Konzern gedient hat, auch dann ausgeschlossen sein, wenn der unmittelbare Zusammenhang zwischen der Anschaffungsverbindlichkeit und der Beteiligung nicht mehr besteht.
Beispiel:
Die inländische A-GmbH erwirbt im Jahr 2008 von ihrer ausländischen Muttergesellschaft sämtliche Anteile an der inländischen B-GmbH. Dieser Beteiligungserwerb wurde zur Gänze fremdfinanziert. Die Zinsen für den konzerninternen Beteiligungserwerb sind ab dem Wirtschaftsjahr 2011 auf Ebene der A-GmbH gemäß § 11 Abs. 1 Z 4 zweiter Teilstrich KStG 1988 nicht abzugsfähig. Per 31.12.2014 wird die B-GmbH auf die A-GmbH up-stream gemäß Art. I UmgrStG verschmolzen. Die Zinsaufwendungen sind aufgrund § 12 Abs. 1 Z 9 KStG 1988 nicht abzugsfähig, da eine Fremdfinanzierung, die einem Beteiligungserwerb im Konzern gedient hat, ursächlich für diese Zinsaufwendungen ist.
Das Abzugsverbot des § 12 Abs. 1 Z 9 KStG 1988 steht daher einer Abzugsfähigkeit von Schuldzinsen auch dann entgegen, wenn die Schuldzinsen aufgrund der Trennung von Anschaffungsverbindlichkeit und Beteiligung nicht vom Abzugsverbot des § 12 Abs. 2 KStG 1988 erfasst sind bzw. waren. Wird die Beteiligung allerdings fremdüblich an einen nicht konzernzugehörigen Dritten veräußert, können die Schuldzinsen in der Folge abgezogen werden.
Es bestehen keine Bedenken, das Abzugsverbot auf Zinsaufwendungen für eine Fremdfinanzierung, die ursprünglich einem Beteiligungserwerb im Konzern gedient hat, dann unangewendet zu lassen, wenn die Trennung von Fremdfinanzierung und Beteiligung bereits vor dem 31.12.2010 erfolgte.
Hat eine Fremdfinanzierung hingegen ursprünglich einem Beteiligungserwerb von einem konzernfremden Dritten gedient, kommt das Abzugsverbot des § 12 Abs. 1 Z 9 KStG 1988 auf diese Fremdfinanzierung auch dann nicht zur Anwendung, wenn die nämliche Beteiligung konzernintern weiterübertragen wird.
18.1.10 Zinsen und Lizenzgebühren im Konzern (§ 12 Abs. 1 Z 10 KStG 1988)
18.1.10.1 Allgemeines
§ 12 Abs. 1 Z 10 KStG 1988 soll die Abzugsfähigkeit von Aufwendungen für Zinsen oder Lizenzgebühren gegenüber konzernzugehörigen Körperschaften im Sinne des § 1 Abs. 2 Z 1 KStG 1988 und vergleichbaren ausländischen Körperschaften unter bestimmten Voraussetzungen einschränken.
In sachlicher Hinsicht sind vom Abzugsverbot des § 12 Abs. 1 Z 10 KStG 1988 Aufwendungen für Zinsen oder Lizenzgebühren iSd in § 99a Abs. 1 zweiter und dritter Satz EStG 1988 enthaltenen Begriffsdefinition erfasst (siehe hierzu Rz 1266aj und 1266ak), die an eine
- empfangende und nutzungsberechtigte (siehe hierzu Rz 1266al ff),
- inländische oder vergleichbare ausländische Körperschaft des privaten Rechts (§ 12 Abs. 1 Z 10 lit. a KStG 1988, siehe hierzu Rz 1266at) geleistet werden,
- die unmittelbar oder mittelbar konzernzugehörig oder unmittelbar oder mittelbar unter dem beherrschenden Einfluss desselben Gesellschafters steht (§ 12 Abs. 1 Z 10 lit. b KStG 1988, siehe hierzu Rz 1266aw) und
- nicht- oder niedrigbesteuert ist (§ 12 Abs. 1 Z 10 lit. c KStG 1988, siehe hierzu Rz 1266ax ff).
Das Abzugsverbot gemäß § 12 Abs. 1 Z 10 letzter Satz KStG 1988 kommt nicht zur Anwendung, wenn die empfangende Körperschaft die unionsrechtlichen Vorschriften für Risikokapitalbeihilfen erfüllt (siehe hierzu Rz 1266bm).
Das Abzugsverbot ist erstmals auf Aufwendungen anwendbar, die nach dem 28.2.2014 anfallen (siehe hierzu Rz 1266bn).
18.1.10.2 Anwendungsvoraussetzungen
18.1.10.2.1 Aufwendungen für Zinsen oder Lizenzgebühren
In sachlicher Hinsicht sind vom Abzugsverbot Zinsen iSd in § 99a Abs. 1 dritter Satz EStG 1988 enthaltenen Begriffsdefinition erfasst, die dem Zinsbegriff des Art. 11 OECD-MA entspricht. Von diesem Zinsbegriff sind daher auch Zinsen aus einer echten stillen Beteiligung sowie aus einem partiarischen Darlehen erfasst.
Ob die Einkünfte nach ausländischem Steuerrecht beim Empfänger ebenfalls als Zinsen eingestuft werden, ist für das Vorliegen von Zinsen iSd Bestimmung nicht maßgeblich.
In sachlicher Hinsicht sind vom Abzugsverbot Lizenzgebühren iSd in § 99a Abs. 1 zweiter Satz EStG 1988 enthaltenen Begriffsdefinition erfasst. Dieser Lizenzgebührenbegriff orientiert sich an Art. 12 OECD-MA (siehe hierzu EStR 2000 Rz 7984), ist allerdings weiter als Art. 12 OECD-MA gefasst und erfasst zusätzlich auch Vergütungen für die Benutzung oder für das Recht auf Benutzung von Software (zu Standardsoftware siehe allerdings EStR 2000 Rz 8000). Außerdem erfasst der gegenständliche Lizenzgebührenbegriff im Unterschied zu Art. 12 OECD-MA auch Vergütungen für die Benutzung oder das Recht auf Benutzung gewerblicher, kaufmännischer oder wissenschaftlicher Ausrüstungen. Daher sind auch Zahlungen iZm Leasinggeschäften von der Bestimmung erfasst. Ob die Einkünfte nach ausländischem Steuerrecht beim Empfänger ebenfalls als Lizenzgebühren eingestuft werden, ist für das Vorliegen von Lizenzgebühren iSd Bestimmung nicht maßgeblich.
18.1.10.2.2 Körperschaft des privaten Rechts als Empfänger der Zinsen oder Lizenzgebühren
Zunächst ist für Zwecke der Anwendung des Abzugsverbotes gemäß § 12 Abs. 1 Z 10 KStG 1988 zu prüfen, wer Empfänger der Zinsen und Lizenzgebühren ist.
Das Abzugsverbot des § 12 Abs. 1 Z 10 KStG 1988 beruht auf dem Gedanken, dass beim Zahler dem Grunde nach als Betriebsausgabe zu qualifizierende Aufwendungen für Zinsen oder Lizenzgebühren nur dann steuerlich abzugsfähig sein sollen, wenn auch beim Empfänger die korrespondierenden Einnahmen aus den Zinsen oder Lizenzgebühren eine steuerliche Erfassung erfahren, die über das in lit. c geforderte Mindestbesteuerungsniveau hinausgeht.
IdR wird Empfänger iSd Bestimmung derjenige sein, mit dem der leistende Körperschaftsteuerpflichtige in eine rechtliche Beziehung tritt, somit der Vertragspartner, der einerseits die Kapital- oder Nutzungsüberlassung an diesen erbringt und anderseits die Gegenleistung dafür in Form von Zins- oder Lizenzzahlungen empfangen hat. Als Empfänger der Zins- oder Lizenzgebühren kommen allerdings dem Grunde nach nur Steuersubjekte (somit Einkommen- oder Körperschaftsteuersubjekte) in Frage, da lediglich diesen Personen nach österreichischem Steuerrecht Einkünfte zugerechnet werden können.
Empfänger iSd § 12 Abs. 1 Z 10 KStG 1988 ist somit derjenige, dem nach den österreichischen Grundsätzen der Einkünftezurechnung die Einkünfte aus jenen Zins- oder Lizenzgebühren zuzurechnen sind, die korrespondierend beim leistenden Körperschaftsteuersubjekt im Inland aufwandswirksam erfasst werden.
Personengesellschaften (oder andere Gebilde wie zB Investmentfonds), denen nach österreichischen steuerlichen Grundsätzen keine Steuerrechtssubjektivität zukommt, können daher nicht Empfänger der Zinsen oder Lizenzgebühren gemäß § 12 Abs. 1 Z 10 KStG 1988 sein. Werden Zinsen oder Lizenzgebühren an Personengesellschaften gezahlt, sind als Empfänger entsprechend den österreichischen Grundsätzen der Einkünftezurechnung die Gesellschafter der Personengesellschaft anzusehen (siehe zu Personengesellschaften auch Rz 1266av und Rz 1266bd).
Für die Frage, wer Empfänger iSd § 12 Abs. 1 Z 10 KStG 1988 ist, sind ausschließlich die österreichischen Grundsätze der Einkünftezurechnung maßgeblich. Die Einkünftezurechnung setzt voraus, dass dieser aus der Tätigkeit der Kapital- oder Nutzungsüberlassung die Möglichkeit besitzt, die sich ihm bietenden Marktchancen auszunützen bzw. die Leistungen zu erbringen oder zu verweigern (siehe EStR 2000 Rz 104). Dabei kommt dem Vorhandensein von den hierfür erforderlichen Mitteln (zB Betriebsgebäude, Betriebs-, Personal- und Kapitalausstattung) sowie den entsprechenden Entscheidungsspielräumen Indizwirkung zu.
Eine allenfalls abweichende ausländische Regelung der Zurechnung von Einkünften ist nicht zu beachten. Zur Berücksichtigung von abweichenden Zurechnungsregeln im Ausland im Zusammenhang mit den Kriterien der Niedrigbesteuerung gemäß § 12 Abs. 1 Z 10 lit. c KStG 1988 siehe Rz 1266bc und 1266bd.
Gemäß § 12 Abs. 1 Z 10 vorletzter Satz KStG 1988 muss der Empfänger auch Nutzungsberechtigter der Zinsen oder Lizenzgebühren sein. Ist der Empfänger nicht Nutzungsberechtigter, ist auf den Nutzungsberechtigten abzustellen. Die Bestimmung des § 12 Abs. 1 Z 10 KStG 1988 enthält keine eigene Begriffsdefinition des Nutzungsberechtigten, orientiert sich jedoch neben den allgemeinen Grundsätzen der steuerlichen Einkünftezurechnung inhaltlich an der in § 99a Abs. 3 EStG 1988 enthaltenen Definition. Gemäß § 99a Abs. 3 EStG 1988 gilt eine Person nur dann als Nutzungsberechtigter, wenn sie die Zahlungen zu eigenen Gunsten und nicht als Zwischenträger, etwa als Vertreter, Treuhänder oder Bevollmächtigter für eine andere Person, erhält, und wenn die Forderung, das Recht oder der Gebrauch von Informationen, die Grundlage für Zahlungen von Zinsen oder Lizenzgebühren sind, mit der empfangenden Person in einem konkreten Zusammenhang stehen.
Durch das Abstellen auf den Nutzungsberechtigten soll insbesondere die Umgehung des Abzugsverbotes durch Zwischenschaltung nicht konzernzugehöriger Empfänger (wie etwa konzernfremden Banken oder natürlichen Personen) verhindert werden. Damit sind insbesondere auch „back-to-back“-Finanzierungen von der Regelung erfasst. Eine „back-to-back“-Finanzierung liegt im Falle einer Kreditgewährung durch konzernfremde Dritte vor, die von konzernzugehörigen Körperschaften oder von (mittelbaren) Gesellschaftern des Kreditnehmers Einlagen erhalten und diese Einlagen an den Kreditnehmer weiterleiten, jedoch aufgrund von Rückgriffsmöglichkeiten (zB Bürgschaft, dingliche Sicherheit) gegen die konzernzugehörige Körperschaft oder die Anteilsinhaber nicht das Kreditausfallsrisiko zu tragen haben.
Eingeschränkte Dispositionsmöglichkeiten über die Erzielung der Zins- und Lizenzeinkünfte können gegen eine Nutzungsberechtigung des Empfängers der Zinsen oder Lizenzgebühren sprechen. Dies gilt insbesondere dann, wenn noch eines der folgenden Indizien hinzutritt:
- Vertragliche Verpflichtung zur Weiterleitung von Zinsen oder Lizenzgebühren
- Fehlen von eigenen Arbeitnehmern und Betriebsräumlichkeiten oder von entsprechend qualifiziertem Personal (etwa zur Pflege einer überlassenen Marke)
- (Nahezu) gänzliche Fremdfinanzierung eines konzernintern vergebenen Darlehens
- Fehlendes Kreditausfallsrisiko (bei fremden Dritten)
- Bloße Sublizenzierung einer Lizenz.
Im Rahmen der Beurteilung der Nutzungsberechtigung ist stets auf das Gesamtbild der Verhältnisse abzustellen.
Beispiel 1:
Die inländische A GmbH finanziert sich seit Jahren von der konzernzugehörigen FinCo Ltd., die als konzernweite Finanzierungsgesellschaft fungiert, jedoch mit ihren Einkünften lediglich einem 5-prozentigen Steuersatz in ihrem Ansässigkeitsstaat unterliegt. Aufwendungen für Zinsen der A GmbH an die FinCo Ltd. unterliegen daher dem Abzugsverbot gemäß § 12 Abs. 1 Z 10 KStG 1988, da die FinCo Ltd. eine konzernzugehörige, niedrig besteuerte, einer jur. Person des privaten Rechts vergleichbare ausländische Körperschaft ist.
Zur Vermeidung des Abzugsverbotes wird das Darlehen nunmehr an die Conduit B.V. weitergereicht, bei der die Kriterien einer Nicht- oder Niedrigbesteuerung jedoch gemäß § 12 Abs. 1 Z 10 lit. c KStG 1988 nicht vorliegen. Die Conduit B.V. kann über die Konditionen des Darlehens an die A GmbH nur sehr eingeschränkt disponieren. Sie refinanziert sich ihrerseits durch ein bei der FinCo Ltd. aufgenommenes Darlehen, ist zur Weiterleitung der Zinseinnahmen an die FinCo Ltd. verpflichtet und erhält lediglich eine geringfügige Vergütung für anfallende Verwaltungskosten. Die Conduit B.V. ist ansonsten funktions- und substanzlos (keine eigenen Arbeitnehmer und Betriebsräumlichkeiten). Nach dem Gesamtbild der Verhältnisse ist nicht die Conduit B.V., sondern die FinCo Ltd. Nutzungsberechtigter der Zinsen. Das Abzugsverbot des § 12 Abs. 1 Z 10 KStG 1988 kommt daher trotz Zwischenschaltung der Conduit B.V. weiterhin zur Anwendung.
Beispiel 2:
Die inländische B GmbH nutzt seit Jahren eine Marke der konzernzugehörigen IP Ltd., die mit ihren Einkünften einem besonderen Steuerregime (IP Box-Regime) unterliegt, sodass ihre effektive Steuerbelastung lediglich 5% beträgt. Mit dem Ansässigkeitsstaat der IP Ltd. besteht ein DBA, das für Lizenzgebühren kein Quellenbesteuerungsrecht vorsieht. Die Aufwendungen für die Lizenzgebühren der B GmbH an die IP Ltd. unterliegen daher dem Abzugsverbot gemäß § 12 Abs. 1 Z 10 KStG 1988, da die IP Ltd. eine konzernzugehörige, niedrig besteuerte, einer jur. Person des privaten Rechts vergleichbare ausländische Körperschaft ist.
Zur Vermeidung des Abzugsverbotes vergibt die IP Ltd. nunmehr die Rechte zur Nutzung der Marke an die betriebsführende NL B.V. weiter, bei der die Kriterien einer Nicht- oder Niedrigbesteuerung jedoch gemäß § 12 Abs. 1 Z 10 lit. c KStG 1988 nicht vorliegen. Die NL B.V. vergibt wiederum ihrerseits eine Sublizenz an die B GmbH. Mit dem Ansässigkeitsstaat der NL B.V. besteht ebenfalls ein DBA, das für Lizenzgebühren kein Quellenbesteuerungsrecht vorsieht. Die NL B.V. erhält lediglich eine geringfügige Vergütung für anfallende Verwaltungskosten, verfügt jedoch über keine entsprechend geschulten Mitarbeiter und Know-how, um die Marktposition der Marke entsprechend zu betreuen. Nach dem Gesamtbild der Verhältnisse ist hinsichtlich der Lizenzen nicht die NL B.V. Nutzungsberechtigter, obwohl die NL B.V. betriebsführend ist. Nutzungsberechtigter der Lizenzen ist daher weiterhin die IP Ltd. Das Abzugsverbot des § 12 Abs. 1 Z 10 KStG 1988 kommt daher trotz Zwischenschaltung der NL B.V. weiterhin zur Anwendung.
Zu beachten ist, dass das Abzugsverbot des § 12 Abs. 1 Z 10 KStG 1988 dann zur Anwendung kommt, wenn der nutzungsberechtigte Empfänger der Zinsen oder Lizenzgebühren eine Körperschaft im Sinne des § 1 Abs. 2 Z 1 KStG 1988 oder eine vergleichbare ausländische Körperschaft ist. Somit sind nur empfangende juristische Personen des privaten Rechts, die als solche Körperschaftsteuersubjekte sind, von der Bestimmung erfasst. Dies sind sämtliche von § 1 Abs. 2 Z 1 KStG 1988 typusmäßig erfasste Gesellschaftsformen (insbesondere Kapitalgesellschaften, Genossenschaften, Stiftungen und Vereine; siehe dazu näher Rz 7 bis 34). Das Abzugsverbot kann daher auch auf Zins- oder Lizenzzahlungen an inländische Körperschaften iSd § 1 Abs. 2 Z 1 KStG 1988 Anwendung finden, die lediglich gemäß § 1 Abs. 3 Z 3 KStG 1988 beschränkt steuerpflichtig sind.
Bei ausländischen empfangenden Gesellschaften ist anhand eines Typenvergleiches zu beurteilen, ob eine Vergleichbarkeit mit einer inländischen juristischen Person des privaten Rechts gegeben ist (zum Typenvergleich siehe Rz 133 f).
Das Abzugsverbot findet daher insbesondere bei Zinsen oder Lizenzgebühren, die an Körperschaften des öffentlichen Rechts geleistet werden, keine Anwendung. Dies gilt unabhängig davon, ob die Zins- oder Lizenzeinkünfte von der Körperschaft des öffentlichen Rechts inner- oder außerhalb eines Betriebes gewerblicher Art erzielt werden.
Handelt es sich beim nutzungsberechtigten Empfänger der Zins- oder Lizenzzahlungen um eine natürliche Person, kommt das Abzugsverbot ebenfalls nicht zur Anwendung.
Da Personengesellschaften nicht als Empfänger iSd § 12 Abs. 1 Z 10 KStG 1988 angesehen werden können (siehe dazu bereits Rz 1266an; zu Qualifikationskonflikten siehe Rz 1266bd), kommt bei Zahlungen an Personengesellschaften das Abzugsverbot insoweit zur Anwendung, als die Gesellschafter der Personengesellschaft Körperschaften iSd § 1 Abs. 2 Z 1 KStG 1988 oder diesen vergleichbare ausländische Körperschaften sind.
Beispiel:
Die inländische C GmbH zahlt Zinsen an eine ausländische Personengesellschaft, an der zu 70% die – einer inländischen juristischen Person vergleichbare – konzernzugehörige ausländische Körperschaft X Ltd. sowie zu 30% eine natürliche Person beteiligt ist. Da die Personengesellschaft nach österreichischen steuerlichen Grundsätzen nicht Steuersubjekt ist, sind als Empfänger der Zinsen die X Ltd. sowie die natürliche Person anzusehen. 70% der Zinsen sind demnach der X Ltd. zuzurechnen, 30% der Zinsen der natürlichen Person. Das Abzugsverbot kann daher im Ausmaß von 70% der Zinsaufwendungen zur Anwendung kommen, sofern die X Ltd niedrigbesteuert gemäß § 12 Abs. 1 Z 10 lit. c KStG 1988 ist.
18.1.10.2.3 Konzernzugehörigkeit der empfangenden Körperschaft
Gemäß § 12 Abs. 1 Z 10 lit. b KStG 1988 kommt das Abzugsverbot zur Anwendung, wenn die empfangende und nutzungsberechtigte Körperschaft unmittelbar oder mittelbar konzernzugehörig ist oder unmittelbar oder mittelbar unter dem beherrschenden Einfluss desselben Gesellschafters steht. Das Abzugsverbot für Zins- und Lizenzaufwendungen ist dem Ausschluss der Firmenwertabschreibung bei Erwerben im Konzern gemäß § 9 Abs. 7 KStG 1988 nachgebildet (siehe dazu Rz 1124). Der Konzernbegriff in § 12 Abs. 1 Z 10 lit. b KStG 1988 ist folglich im Sinne des § 15 AktG zu verstehen (siehe Rz 1125). Entscheidend ist daher, ob eine Zusammenfassung rechtlich selbstständiger Unternehmen unter einheitlicher Leitung und zu wirtschaftlichen Zwecken vorliegt bzw. inwieweit ein rechtlich selbständiges Unternehmen unter dem beherrschenden Einfluss eines anderen Unternehmens steht. Zum Vorliegen eines unmittelbar oder mittelbar ausgeübten beherrschenden Einflusses siehe Rz 1126.