18.1.10.2.4 Nicht- oder Niedrigbesteuerung der Zinsen-/Lizenzgebühren bei der empfangenden Körperschaft
18.1.10.2.4.1 Allgemeines
Gemäß § 12 Abs. 1 Z 10 lit. c KStG 1988 kommt das Abzugsverbot für Zinsen oder Lizenzgebühren dann zur Anwendung, wenn die Zinsen bei der empfangenden, nutzungsberechtigten und konzernzugehörigen Körperschaft nach einem der drei Teilstriche dieser Bestimmung nicht oder niedrig besteuert werden.
18.1.10.2.4.2 Persönliche oder sachliche Befreiung
Nach § 12 Abs. 1 Z 10 lit. c erster Teilstrich KStG 1988 liegt eine das Abzugsverbot auslösende Nichtbesteuerung vor, wenn die Zinsen bei der empfangenden Körperschaft aufgrund
- einer persönlichen oder
- sachlichen Befreiung
keiner Besteuerung unterliegen.
Eine persönliche Befreiung der empfangenden Körperschaft liegt dann vor, wenn diese als Person gänzlich keiner Besteuerung unterliegt. Eine persönliche Befreiung kann sich bei inländischen Körperschaften iSd § 1 Abs. 2 Z 1 KStG 1988 etwa aus § 5 KStG 1988 oder aus sondergesetzlichen Vorschriften außerhalb des KStG 1988 ergeben. Bei ausländischen Körperschaften kann sich eine Befreiung von der Steuerpflicht zB aufgrund vergleichbarer ausländischer Rechtsvorschriften oder verwaltungsrechtlicher Akte ergeben.
Eine umfassende persönliche Befreiung der empfangenden Körperschaft von der Steuerpflicht ist hingegen nicht erforderlich. Daher kommt die Bestimmung auch dann zur Anwendung, wenn eine Körperschaft lediglich mit bestimmten Einkünften, darunter auch die Zins- oder Lizenzeinkünfte, persönlich teilsteuerbefreit ist (zB inländische Körperschaften gemäß § 5 Z 5 bis 7, 10, 11 und 13 KStG 1988) und etwa beschränkt steuerpflichtig bleibt (zB persönlich befreite Körperschaften nach § 5 KStG 1988 gemäß § 1 Abs. 3 Z 3 iVm § 21 Abs. 2 und 3 KStG 1988).
Eine sachliche Befreiung der empfangenden Körperschaft liegt dann vor, wenn nicht die empfangende Körperschaft persönlich von der Steuerpflicht befreit ist, sondern lediglich bestimmte Einkünfte von der Besteuerung ausgenommen werden. Fallen die Zinsen oder Lizenzgebühren unter diese sachlich befreiten Einkunftsarten, kommt die Bestimmung zur Anwendung. Dies kann bei Zahlungen an eine ausländische empfangende Körperschaft auch dann der Fall sein, wenn etwa die nach österreichischem Recht als Zinsen zu qualifizierenden Einkünfte im Ausland aufgrund der Einstufung als Dividende nach ausländischem Steuerrecht sachlich steuerbefreit sind. Eine sachliche Befreiung im Sinne dieser Bestimmung kann sich auch aufgrund eines DBA ergeben. Der Grund für die Gewährung einer sachlichen Befreiung ist somit für die Anwendung der Bestimmung nicht von Relevanz.
Ob eine persönliche oder sachliche Steuerbefreiung der empfangenden Körperschaft zu keiner Besteuerung der Zinsen oder Lizenzgebühren iSd § 12 Abs. 1 Z 10 lit. c TS 1 KStG 1988 führt, ist in einer grenzüberschreitenden Gesamtbetrachtung der Besteuerungssituation der empfangenden Körperschaft zu beurteilen. Liegt eine persönliche oder sachliche Steuerbefreiung der empfangenden Körperschaft in ihrem Ansässigkeitsstaat vor, kommt das Abzugsverbot des TS 1 daher nur dann zur Anwendung, wenn die empfangende Körperschaft auch in keinem anderen besteuerungsberechtigten Staat mit den Zinsen und Lizenzgebühren zur Gänze keiner Besteuerung unterliegt.
Beispiel:
Eine inländische Körperschaft unterhält im Ausland eine Betriebsstätte, welcher die konzernintern an diese geleisteten Zinsen oder Lizenzgebühren zuzurechnen sind. Österreich hat im DBA mit dem Betriebsstättenstaat die Befreiungsmethode vereinbart und hat daher die der Betriebsstätte zuzurechnenden Zinsen- oder Lizenzeinkünfte von der Steuer freizustellen. Das Abzugsverbot nach TS 1 kommt nur dann zur Anwendung, wenn die Zinsen- oder Lizenzgebühren auch im Betriebsstättenstaat aufgrund einer persönlichen oder sachlichen Befreiung keiner Besteuerung unterliegen. Eine Anwendung des Abzugsverbotes kann sich jedoch nach Maßgabe von TS 2 oder TS 3 ergeben, wenn die Zinsen oder Lizenzgebühren im Betriebsstättenstaat niedrig iSd TS 2 oder TS 3 (siehe dazu Rz 1266bl Beispiel 3) besteuert werden sollten.
Werden Zinsen oder Lizenzgebühren nicht auf Ebene der empfangenden Körperschaft, sondern – etwa aufgrund einer Gruppenbesteuerungsregelung – bei einer anderen Körperschaft besteuert, kommt TS 1 nicht zur Anwendung, denn eine Zurechnung der Einkünfte zu einem anderen Steuersubjekt als dem Empfänger der Zinsen oder Lizenzgebühren stellt für sich betrachtet keine Nichtbesteuerung iSd Bestimmung dar. Es ist allerdings zu prüfen, ob unter Berücksichtigung der Steuerbelastung auf Ebene jenes Steuersubjektes, bei dem die Zins- oder Lizenzeinkünfte besteuert werden, eine Nicht- oder Niedrigbesteuerung der Zinsen oder Lizenzgebühren iSd § 12 Abs. 1 Z 10 lit. c KStG 1988 auf Ebene der empfangenden Körperschaft vorliegt.
Beispiel:
Die inländische D GmbH leistet Zinsen an ihre ausländische Schwestergesellschaft FinCo Ltd. Die FinCo Ltd. ist Gruppenmitglied einer ausländischen Unternehmensgruppe, an deren Spitze die A Ltd. steht, die sowohl eine 100-prozentige Muttergesellschaft der D GmbH als auch der FinCo Ltd. ist. Die Anwendungsvoraussetzungen des § 12 Abs. 1 Z 10 lit. a und lit. b KStG 1988 sind erfüllt, da es sich bei der empfangenden und nutzungsberechtigten FinCo Ltd. um eine konzernzugehörige Körperschaft handelt. Da die Zinsen jedoch nicht bei der FinCo Ltd. erfasst werden, ist das Vorliegen einer Nicht- oder Niedrigbesteuerung iSd § 12 Abs. 1 Z 10 lit. c KStG 1988 unter Berücksichtigung der Steuerbelastung auf Ebene der A Ltd. zu prüfen.
Werden Zinsen oder Lizenzgebühren an in- oder ausländische Personengesellschaften gezahlt, so sind die Empfänger der Zinsen oder Lizenzgebühren gemäß § 12 Abs. 1 Z 10 KStG 1988 die Gesellschafter der Personengesellschaft (siehe dazu bereits Rz 1266an und 1266av). Dies gilt unabhängig von einer allfälligen abweichenden Zurechnung der Einkünfte zur Personengesellschaft nach ausländischem Steuerrecht.
Insoweit es sich bei den Gesellschaftern der Personengesellschaft um konzernzugehörige Körperschaften gemäß § 12 Abs. 1 Z 10 lit. a und lit. b KStG 1988 handelt, kann daher das Abzugsverbot auf die Zins- oder Lizenzaufwendungen dem Grunde nach zur Anwendung kommen. Sollten die Gesellschafter aufgrund der Zurechnung der Einkünfte zur Personengesellschaft nach ausländischem Steuerrecht mit diesen Zins- oder Lizenzeinkünften nicht besteuert werden, stellt dies für sich betrachtet keine Nichtbesteuerung der empfangenden Körperschaft/en iSd Bestimmung des § 12 Abs. 1 Z 10 lit. c TS 1 KStG 1988 dar. Es ist allerdings zu prüfen, ob unter Berücksichtigung der Steuerbelastung auf Ebene der Personengesellschaft und einer allfälligen Ausschüttungsbesteuerung eine Nicht- oder Niedrigbesteuerung der Zinsen oder Lizenzgebühren iSd § 12 Abs. 1 Z 10 lit. c KStG 1988 auf Ebene der empfangenden Körperschaft/en vorliegt.
Beispiel:
Die inländische E GmbH zahlt Zinsen an eine ausländische Personengesellschaft, deren Gesellschafter die konzernzugehörigen Körperschaften A Ltd. und B Ltd. sind. Nach ausländischem Steuerrecht wird die Personengesellschaft als Körperschaftsteuersubjekt angesehen und unterliegt mit den Zinseinkünften der ausländischen Körperschaftsteuer. Die Anwendungsvoraussetzungen des § 12 Abs. 1 Z 10 lit. a und lit. b KStG 1988 sind erfüllt, da es sich bei den empfangenden und nutzungsberechtigten Körperschaften A Ltd. und B Ltd. um konzernzugehörige Körperschaften handelt. Da die Zinsen jedoch nach ausländischem Steuerrecht nicht bei diesen beiden Körperschaften erfasst werden, ist das Vorliegen einer Nicht- oder Niedrigbesteuerung iSd § 12 Abs. 1 Z 10 lit. c KStG 1988 unter Berücksichtigung der Steuerbelastung der Personengesellschaft sowie einer allfälligen Steuerbelastung auf die „Ausschüttung“ an die Empfänger zu prüfen.
18.1.10.2.4.3 Steuersatz von weniger als 10%
Gemäß § 12 Abs. 1 Z 10 lit. c zweiter Teilstrich KStG 1988 liegt eine das Abzugsverbot der Zinsen oder Lizenzgebühren auslösende Niedrigbesteuerung dann vor, wenn die Zinsen oder Lizenzgebühren bei der empfangenden Körperschaft einem Steuersatz von weniger als 10% unterliegen. Für die Anwendung des Teilstriches 2 ist der Nominalsteuersatz maßgebend, dem die empfangende Körperschaft mit den Einkünften aus den aus österreichischen Quellen stammenden Zinsen oder Lizenzgebühren unterliegt. Der auf andere Einkünfte entfallende nominelle Steuersatz ist daher nicht von Bedeutung.
Abzustellen ist auf den nominellen Steuersatz, der auf eine der österreichischen Körperschaftsteuer vergleichbare ausländische Steuer (idR ausländische Körperschaftsteuer bzw. „Gewinnsteuer“) zur Anwendung kommt. Neben bundesstaatlichen Körperschaftsteuern sind dabei auch vergleichbare Körperschaftsteuern nachgelagerter Gebietskörperschaften additiv zu berücksichtigen, sofern diese als Prozentsatz von derselben Bemessungsgrundlage wie die Körperschaftsteuer berechnet werden (zB die in der Schweiz auf Kantons- und Gemeindeebene erhobene Körperschaftsteuer). Überdies sind als Teil des anzuwendenden Steuersatzes auch Zuschläge sowie Ergänzungsabgaben zur Körperschaftsteuer anzusehen.
Für die Anwendung des TS 2 ist die effektive Steuerbelastung nicht relevant. Allerdings ist die effektive Steuerbelastung nach TS 3 zu prüfen, sofern auf die Zinsen oder Lizenzgebühren zwar ein Steuersatz von zumindest 10% angewendet wird, jedoch dafür eine Steuerermäßigung gewährt wird (siehe dazu Rz 1266bj ff).
Beträgt der Steuersatz der empfangenden Körperschaft in ihrem Ansässigkeitsstaat zwar weniger als 10%, jedoch in einem anderen Staat, der diese Zins- oder Lizenzeinkünfte als Quellen-/Betriebsstättenstaat ebenfalls besteuern kann, zumindest 10%, kommt das Abzugsverbot nicht zur Anwendung. Es kann im Rahmen dieser Gesamtbetrachtung jedoch lediglich jener Steuersatz im Quellenstaat Berücksichtigung finden, der in diesem Staat nach Reduktion oder Refundierung der Quellensteuer (zB aufgrund eines DBA) final zur Anwendung kommt.
Beispiel 1:
Die österreichische F GmbH zahlt Lizenzgebühren an ihre konzernzugehörige Schwestergesellschaft G Inc., die im Staat A ansässig ist. Der nominelle Körperschaftsteuersatz in Staat A beträgt 8%. Die G Inc. unterliegt mit diesen Lizenzgebühren der beschränkten Steuerpflicht gemäß § 21 Abs. 1 Z 1 KStG 1988 iVm § 98 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 iVm § 99 Abs. 1 Z 3 EStG 1988. Die in Österreich im Abzugswege einbehaltene Quellensteuer beträgt 20%. Mit Staat A besteht ein DBA, das für Lizenzgebühren einen Quellensteuersatz von 5% vorsieht. Die G Inc. unterliegt daher in Österreich lediglich einem Quellensteuersatz von 5%. Der anzuwendende Steuersatz beträgt somit lediglich 8%. Das Abzugsverbot gemäß TS 2 kommt zur Anwendung.
Beispiel 2:
Die österreichische H GmbH zahlt Zinsen an ihre Schwestergesellschaft I Inc., die im Staat B ansässig ist. Der nominelle Körperschaftsteuersatz im Staat B beträgt 15%. Die empfangende Schwestergesellschaft I Inc. unterhält im Staat C eine Betriebsstätte, welcher die konzernintern an diese geleisteten Zinsen zuzurechnen sind. Der Körperschaftsteuersatz im Staat C beträgt 5%. Die Zinsen unterliegen in Österreich nicht der beschränkten Steuerpflicht und können auch aufgrund der im DBA zwischen Staat B und Staat C vereinbarten Befreiungsmethode für Betriebsstättengewinne ausschließlich in Staat C besteuert werden. Der anzuwendende Steuersatz beträgt somit lediglich 5%. Das Abzugsverbot gemäß TS 2 kommt zur Anwendung.
18.1.10.2.4.4 Tatsächliche Steuerbelastung von weniger als 10% aufgrund einer Steuermäßigung
Gemäß § 12 Abs. 1 Z 10 lit. c dritter Teilstrich KStG 1988 liegt eine das Abzugsverbot der Zinsen oder Lizenzgebühren auslösende Niedrigbesteuerung dann vor, wenn die Zinsen oder Lizenzgebühren aufgrund einer auch dafür vorgesehenen Steuerermäßigung einer tatsächlichen Steuerbelastung von weniger als 10% unterliegen; somit fallen auch Steuerermäßigungen in den Anwendungsbereich des Abzugsverbotes, die sich nicht ausschließlich auf Zinsen und Lizenzgebühren, sondern auch auf andere Einkünfte beziehen. Der dritte Teilstrich erfasst – unabhängig vom nominellen Steuersatz – jene Fälle, in denen bei der empfangenden Körperschaft besondere Steuerermäßigungen zur Anwendung gelangen, aufgrund derer der effektive Steuersatz für die Zins- oder Lizenzeinkünfte weniger als 10% beträgt. Als Steuerermäßigungen iSd Bestimmung gelten insbesondere
- teilweise Steuerbefreiungen oder
- fiktive Betriebsausgaben (zB ein pauschaler Abzug von fiktiven Refinanzierungskosten oder eine fiktive „interest/patent income deduction“).
Zum für die Beurteilung des Vorliegens einer Steuerermäßigung maßgeblichen Zeitpunkt siehe Rz 1266bo.
Eine Steuerermäßigung iSd Bestimmung liegt unabhängig von der Basis, an welche diese anknüpft, vor. Als Basis für eine Steuerermäßigung kommen insbesondere in Frage:
- Einnahmen aus Zinsen oder Lizenzen (zB pauschaler Abzug von 80% der Zins- oder Lizenzeinnahmen; teilweise Steuerbefreiung dieser Einnahmen)
- Einkünfte aus Zinsen oder Lizenzen (zB 80% der Lizenzeinkünfte unterliegen einer Steuerfreistellung; Abschreibung von 120% der Anschaffungskosten eines Patents)
- Gesamtes Einkommen des Empfängers, einschließlich Zinsen oder Lizenzen (zB ein nicht der tatsächlichen Kapitalstruktur entsprechender Abzug von Refinanzierungszinsen; fiktive Betriebsausgaben vom gesamten Einkommen; fiktive Zinsen vom Eigenkapital).
Unschädlich ist hingegen eine Steuerermäßigung, die sich ausschließlich auf andere Einkünfte als die Zinsen oder Lizenzgebühren bezieht.
Keine Steuermäßigung iSd Bestimmung liegt hingegen vor, wenn die empfangende Körperschaft etwa eigene Verluste, Verlustvor- oder -rückträge oder aufgrund eines Gruppenbesteuerungsregimes Verluste anderer Körperschaften mit den Zins- oder Lizenzeinkünften verrechnen kann, sofern diese Verluste oder Verlustvorträge nicht auf eine Steuerermäßigung iSd Bestimmung zurückzuführen sind.
Liegen dem Grunde nach Steuerermäßigungen iSd TS 3 vor, hat eine Ermittlung der effektiven Steuerbelastung der Zins- oder Lizenzeinkünfte zu erfolgen. Zur Ermittlung der auf den Zins- oder Lizenzeinkünften lastenden effektiven Steuerbelastung ist grundsätzlich die nach ausländischem Recht ermittelte Bemessungsgrundlage der empfangenden Körperschaft um schädliche Steuerermäßigungen zu bereinigen, dh. insbesondere um nach ausländischem Recht abzugsfähige fiktive Betriebsausgaben sowie um teilweise befreite Einkünfte zu erhöhen. Die adaptierte Bemessungsgrundlage ist in weiterer Folge in Relation zu den darauf lastenden tatsächlich entrichteten Ertragsteuern (siehe zu den dabei berücksichtigbaren Steuern Rz 1266bf) zu setzen. Eine Ermittlung der Zins- oder Lizenzeinkünfte einer ausländischen empfangenden Körperschaft nach den Vorschriften des EStG 1988 und KStG 1988 hat jedoch nicht zu erfolgen.
Es bestehen keine Bedenken, anhand der allgemeinen auf den Empfänger anzuwendenden Besteuerungsregelungen eine Überleitung des nominellen Steuersatzes in einen effektiven Steuersatz vorzunehmen:
1. Steht eine Steuerermäßigung nach ausländischem Steuerrecht in unmittelbarem Zusammenhang mit den Einnahmen aus Zinsen oder Lizenzen, kann aus dem nominellen Steuersatz der effektive Steuersatz bezogen auf die – durch Steuerermäßigungen jedoch nicht gekürzte – Bruttogröße der Zins- oder Lizenzeinnahmen abgeleitet werden:
Beispiel 1:
Die österreichische J GmbH zahlt Lizenzgebühren an ihre konzernzugehörige Schwestergesellschaft K Inc., die im Staat C ansässig ist. Der nominelle Steuersatz im Staat C beträgt 30%. Für Lizenzgebühren sieht die ausländische Steuerrechtsordnung vor, dass 80% der Lizenzeinnahmen als fiktive Betriebsausgabe abgezogen werden können.
Da somit lediglich 1/5 der Lizenzeinnahmen der K Inc. einem Steuersatz von 30% unterliegen, beträgt der effektive Steuersatz bezogen auf die ungekürzten Lizenzeinnahmen 6% (= 30%/5). Das Abzugsverbot kommt aufgrund von § 12 Abs. 1 Z 10 lit. c TS 3 KStG 1988 zur Anwendung.
Beispiel 2:
Die österreichische L GmbH zahlt Zinsen an ihre inländische konzernzugehörige Schwestergesellschaft M GmbH. Die empfangende Schwestergesellschaft unterhält im Staat D eine Betriebsstätte, welcher die konzernintern an diese geleisteten Zinsen zuzurechnen sind. Österreich hat im DBA mit dem Betriebsstättenstaat die Befreiungsmethode vereinbart und hat daher die der Betriebsstätte zuzurechnenden Zinseinkünfte von der Steuer freizustellen.
Der nominelle Steuersatz im Betriebsstättenstaat D beträgt 20%, allerdings können 10/11 der Zinseinnahmen als fiktive Refinanzierungszinsen abgezogen werden. Da somit lediglich 1/11 der Zinseinnahmen einem Steuersatz von 20% unterliegen, beträgt der effektive Steuersatz bezogen auf die ungekürzten Zinseinnahmen 1,82%. Das Abzugsverbot kommt aufgrund von lit. c TS 3 zur Anwendung.
2. Steht eine Steuerermäßigung in unmittelbarem Zusammenhang mit den Einkünften aus Zinsen oder Lizenzen, kann aus dem nominellen Steuersatz der effektive Steuersatz bezogen auf die nach ausländischem Recht ermittelte – durch Steuerermäßigungen jedoch nicht verminderte – Nettogröße der Zins- oder Lizenzeinkünfte abgeleitet werden:
Beispiel 3:
Die österreichische N GmbH zahlt Lizenzgebühren an ihre konzernzugehörige Schwestergesellschaft X Inc., die im Staat E ansässig ist. Der nominelle Steuersatz im Staat E beträgt 15%. Für Lizenzgebühren sieht die ausländische Steuerrechtsordnung ein Patent Box-Regime vor, demzufolge eine Steuerbefreiung von 50% der Lizenzeinkünfte erfolgt. Da somit lediglich die Hälfte der Lizenzeinkünfte einem Steuersatz von 15% unterliegen, beträgt der effektive Steuersatz bezogen auf die – um die Steuerermäßigung jedoch nicht verminderten – Lizenzeinkünfte 7,5% (=15%/2). Das Abzugsverbot kommt aufgrund von lit. c TS 3 zur Anwendung.
Es steht dem Steuerpflichtigen jedoch der Nachweis offen, dass der Empfänger mit den Zinsen oder Lizenzgebühren einer effektiven tatsächlichen Steuerbelastung von zumindest 10% unterliegt und demnach die Anwendungsvoraussetzungen des Abzugsverbotes nicht vorliegen. Diesfalls wird vom Steuerpflichtigen allerdings im Rahmen seiner erhöhten Mitwirkungspflicht bei Auslandssachverhalten ein Nachweis der nach ausländischem Recht auf den Empfänger konkret anzuwendenden Besteuerungsregeln, die Vorlage der Steuererklärungen und Steuerbescheide des Empfängers und eine Berechnung der tatsächlichen Steuerbelastung abzuverlangen sein.
Zur Ermittlung der tatsächlichen Steuerbelastung ist dabei die nach ausländischem Recht ermittelte Bemessungsgrundlage für die Zins- oder Lizenzeinkünfte zunächst um Steuermäßigungen zu bereinigen sowie um nachgewiesene – im Ausland nicht berücksichtigte – tatsächliche Betriebsausgaben zu kürzen und in weiterer Folge in Relation zu der tatsächlichen Ertragsteuerbelastung zu setzen:
Beispiel:
Die österreichische O GmbH zahlt Lizenzgebühren an ihre konzernzugehörige Schwestergesellschaft P Inc., die im Staat Z ansässig ist. Der nominelle Steuersatz im Staat Z beträgt 30%. Für Lizenzgebühren sieht die ausländische Steuerrechtsordnung ein Patent Box-Regime vor, demzufolge eine pauschaler Betriebsausgabenabzug von 70% der Lizenzeinnahmen erfolgt. Tatsächliche Betriebsausgaben innerhalb der Patent Box – wie insbesondere den Einnahmen direkt zuordenbare Aufwendungen sowie Abschreibungen auf Patente, Marken usw. – dürfen allerdings nicht zusätzlich zum Pauschale als Betriebsausgaben abgezogen werden.
Aus dem nominellen Steuersatz in Staat Z lässt sich eine effektive Steuerbelastung der um Steuerermäßigungen ungekürzten Lizenzeinnahmen iHv 9% ableiten (=3/10 von 30%).
Weist die O GmbH jedoch anhand der tatsächlichen Betriebsausgaben der P Inc. nach, dass die effektive Steuerbelastung der P Inc. innerhalb der Patent Box zumindest 10% bezogen auf die bereinigten Lizenzeinkünfte (= um Steuerermäßigungen ungekürzte Lizenzeinnahmen abzüglich tatsächliche Betriebsausgaben) beträgt, kommt das Abzugsverbot nicht zur Anwendung.
Lizenzeinnahmen Patent Box: |
1.000.000 |
Fiktive Betriebsausgabe Patent-Box: |
-700.000 |
Bemessungsgrundlage Patent Box: |
300.000 |
Steuersatz Staat Z: |
30% |
Tatsächliche Steuerbelastung Patent Box: |
90.000 |
Effektive Steuerbelastung der Lizenzeinnahmen: |
9% |
Adaption Bemessungsgrundlage Patent Box: |
|
Lizenzeinnahmen Patent Box: |
1.000.000 |
Abrechnung tatsächliche Betriebsausgaben: |
-500.000 |
Bereinigte Bemessungsgrundlage: |
500.000 |
Effektive Steuerbelastung bereinigte Lizenzeinkünfte: |
18% |
18.1.10.2.4.5 Steuerbelastung von weniger als 10% aufgrund einer Steuerrückerstattung
Gemäß § 12 Abs. 1 Z 10 lit. c vierter Teilstrich KStG 1988 kommt das Abzugsverbot auch dann zur Anwendung, wenn zwar keine Nicht- oder Niedrigbesteuerung im Sinne von § 12 Abs. 1 Z 10 lit. c erster bis dritter Teilstrich KStG 1988 vorliegt, die Steuerbelastung der Zins- oder Lizenzeinkünfte aber aufgrund einer Steuerrückerstattung unter 10% sinkt.
§ 12 Abs. 1 Z 10 lit. c vierter Teilstrich KStG 1988 erfasst sowohl eine Steuerrückerstattung an die – die Zinsen oder Lizenzgebühren – empfangende Körperschaft als auch eine Steuerrückerstattung an deren Anteilsinhaber (zB Malta).
Beispiel:
Die österreichische A-GmbH leistet Lizenzgebühren an ihre im Staat Z ansässige Tochtergesellschaft. Der nominelle Körperschaftsteuersatz in Staat Z beträgt zwar 35%, jedoch werden bei Ausschüttung an die Anteilsinhaber 6/7 (= 30%) der entrichteten Körperschaftsteuer rückerstattet. Unter Berücksichtigung der Rückerstattung an die Anteilsinhaber beträgt die Steuerbelastung für die Lizenzgebühren in Staat Z 5%, sodass § 12 Abs. 1 Z 10 lit. c vierter Teilstrich KStG 1988 zur Anwendung kommt.
Während § 12 Abs. 1 Z 10 lit. c vierter Teilstrich KStG 1988 im Rahmen einer Gesamtbetrachtung neben der empfangenden Körperschaft auch Steuerrückerstattungen auf Anteilsinhaberebene berücksichtigt, sind für die Tatbestände des § 12 Abs. 1 Z 10 lit. c erster bis dritter Teilstrich KStG 1988 zusätzliche Steuerbelastungen der Anteilsinhaber hingegen unmaßgeblich für die Ermittlung der Steuerbelastung bei der empfangenden Körperschaft.
18.1.10.2.4.6 Beurteilung des Vorliegens einer Steuerermäßigung (§ 12 Abs. 1 Z 10 lit. c dritter Teilstrich KStG 1988) bzw. einer Steuerrückerstattung (§ 12 Abs. 1 Z 10 lit. c vierter Teilstrich KStG 1988)
Die Beurteilung, ob das Abzugsverbot gemäß § 12 Abs. 1 Z 10 lit. c dritter oder vierter Teilstrich KStG 1988 zur Anwendung gelangt, hat abstrakt in jenem Wirtschaftsjahr zu erfolgen, in dem die Aufwendungen für Zinsen oder Lizenzgebühren angefallen sind: Besteht zu diesem Zeitpunkt die Möglichkeit einer Inanspruchnahme einer Steuerermäßigung bzw. Steuerrückerstattung (uU auch erst zu einem späteren Zeitpunkt im Wege der Ausschüttung), durch die die Steuerbelastung der Zins- oder Lizenzeinkünfte unter 10% sinken kann, dürfen die Aufwendungen nicht abgezogen werden. Der Steuerpflichtige kann jedoch die Zinsen oder Lizenzgebühren nachträglich im Wege des § 295a BAO steuerlich geltend machen, wenn innerhalb von fünf Wirtschaftsjahren nach Anfallen der Aufwendungen tatsächlich keine solche Steuerermäßigung gewährt wird bzw. keine Steuerrückerstattung erfolgt (zB weil keine Ausschüttung durch die empfangende Körperschaft vorgenommen wurde).
Beispiel:
Die österreichische B GmbH leistet im Wirtschaftsjahr 2015 Lizenzgebühren iHv 1.000.000 Euro an eine in Staat Z ansässige Tochtergesellschaft. Der nominelle Steuersatz in Staat Z beträgt 35%. Bei der Ausschüttung an die Gesellschafter werden 6/7 (= 30%) der Körperschaftsteuer erstattet. Unter Berücksichtigung der Steuerrückerstattung auf Anteilsinhaberebene beträgt die Steuerbelastung 5%. Hinsichtlich der Aufwendungen für diese Lizenzgebühren kommt im Wirtschaftsjahr 2015 das Abzugsverbot gemäß vierter Teilstrich auf Ebene der B GmbH zur Anwendung.
Bis zum Ablauf des Wirtschaftsjahres 2020 der B GmbH hat ihre ausländische Tochtergesellschaft tatsächlich keine Gewinnausschüttungen an ihre Gesellschafter getätigt. Da folglich tatsächlich keine nachträgliche Steuerermäßigung stattgefunden hat, liegt ein rückwirkendes Ereignis iSd § 295a BAO vor, sodass die B GmbH den Betriebsausgabenabzug iHv 1.000.000 Euro nachträglich für das Wirtschaftsjahr 2015 geltend machen kann.
Eine Steuerrückerstattung innerhalb des fünfjährigen Beobachtungszeitraumes ist stets vorrangig den Zinsen und Lizenzgebühren zuzuordnen; ob die Steuerrückerstattung speziell auf die Zinsen und Lizenzgebühren entfällt, ist unerheblich. Daher ist im Falle einer Ausschüttung die Zusammensetzung des ausschüttungsfähigen Bilanzgewinnes der empfangenden Körperschaft auch unmaßgeblich.
Besteht bei Anfallen der Zinsen oder Lizenzgebühren zwar dem Grunde nach die Möglichkeit einer Steuerermäßigung bzw. Steuerrückerstattung, steht allerdings schon von vornherein fest, dass die Steuerbelastung dadurch auch in einem späteren Wirtschaftsjahr der Höhe nach nicht unter 10% sinken kann, wird die Abzugsfähigkeit bereits im Jahr des Anfallens der Zinsen oder Lizenzgebühren zu bejahen sein.
18.1.10.3 Ausnahme vom Abzugsverbot
Vom Abzugsverbot gemäß § 12 Abs. 1 Z 10 KStG 1988 sind Zahlungen an jene – empfangenden und nutzungsberechtigten – Körperschaften ausgenommen, die im Private Equity/Venture Capital-Bereich tätig sind und die unionsrechtlichen Vorschriften für Risikokapitalbeihilfen erfüllen [siehe die Leitlinien der Gemeinschaft für staatliche Beihilfen zur Förderung von Risikokapitalinvestitionen in kleine und mittlere Unternehmen (2006/C 194/02), ABl. Nr. C 194 vom 18.8.2006 S. 2 bzw. die Leitlinien für staatliche Beihilfen zur Förderung von Risikofinanzierungen (2014/C 19/04), ABl. Nr. C 19 vom 22.1.2014 S. 4].
18.1.10.4 Inkrafttreten
Das Abzugsverbot gemäß § 12 Abs. 1 Z 10 KStG 1988 ist erstmals auf Aufwendungen anzuwenden, die nach dem 28.2.2014 anfallen (§ 26c Z 49 KStG 1988), unabhängig davon, wann die zugrundeliegenden vertraglichen Vereinbarungen geschlossen wurden. Fallen im selben Wirtschaftsjahr sowohl vor dem 1.3.2014 als auch nach dem 28.2.2014 Aufwendungen für Zins- oder Lizenzgebühren an, kann eine monatsweise Abgrenzung der Aufwendungen erfolgen. Aufwendungen für Zinsen oder Lizenzgebühren, die bereits vor dem 1.3.2014 angefallen sind, unterliegen nicht dem Abzugsverbot, auch wenn die Auszahlung der Zinsen oder Lizenzgebühren nach dem 28.2.2014 erfolgen sollte.
18.1.11 Barzahlungen in der Baubranche (§ 12 Abs. 1 Z 11 KStG 1988)
§ 12 Abs. 1 Z 11 KStG 1988 zufolge sind Aufwendungen gemäß § 20 Abs. 1 Z 9 EStG 1988 nicht als Betriebsausgabe abzugsfähig; das dort geregelte Abzugsverbot gilt folglich auch im KStG 1988. Es betrifft Aufwendungen oder Ausgaben für Entgelte, die für Bauleistungen im Sinne des § 82a EStG 1988 bar gezahlt werden und einen Betrag von 500 Euro übersteigen. Siehe näher EStR 2000 Rz 4852o ff.
18.2 Aufwendungen im Zusammenhang mit nicht steuerpflichtigen oder endbesteuerten Einnahmen (§ 12 Abs. 2 KStG 1988)
18.2.1 Allgemeines
§ 12 Abs. 2 KStG 1988 entspricht nahezu wörtlich dem § 20 Abs. 2 EStG 1988. Als Anwendungsbereich verbleiben jene Fälle, in denen der Abzug nicht bereits durch den Begriff der Betriebsausgabe oder Werbungskosten oder nach § 11 Abs. 2 KStG 1988 bzw. nach § 12 Abs. 1 Z 1 KStG 1988 ausgeschlossen ist.
Der Regelungsinhalt des § 12 Abs. 2 erster Teilstrich KStG 1988 ist Ausdruck des allgemeinen steuerlichen Rechtsgrundsatzes, wonach dem Fehlen der Steuerpflicht auf der einen das Abzugsverbot auf der anderen Seite gegenübersteht. Bei der Ermittlung der Einkünfte haben jene Ausgaben außer Ansatz zu bleiben, die mit nicht steuerbaren Vermögensvermehrungen oder steuerfreien Einnahmen in einem klar abgrenzbaren objektiven Zusammenhang stehen. Dieser Zusammenhang ist objektiv und kausal herzustellen. Aufwendungen und Ausgaben, die der Verwendung solcher Einnahmen oder Vermögensvermehrungen dienen, sind von § 12 Abs. 2 KStG 1988 nicht betroffen; es ist vielmehr nach den übrigen Vorschriften zu prüfen, ob sie abzugsfähig sind oder nicht. Siehe weiters EStR 2000 Rz 4853 bis 4855.
Das Abzugsverbot des § 12 Abs. 2 KStG 1988 kommt auch im Rahmen der Gruppenbesteuerung gemäß § 9 KStG 1988 zum Tragen und ist bei der Ermittlung des eigenen Einkommens des Gruppenmitgliedes bzw. Gruppenträgers zu berücksichtigen (vgl. VwGH 25.1.2017, Ra 2015/13/0027; siehe dazu auch Rz 1060 und 1255).
Über diesen allgemeinen Grundsatz hinaus sieht § 12 Abs. 2 zweiter Teilstrich KStG 1988 idF BBG 2011 (BGBl. I Nr. 111/2010) ein Abzugsverbot für Aufwendungen und Ausgaben vor, die in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang mit Einkünften aus der Überlassung von Kapital, aus realisierten Wertsteigerungen und Einkünften aus Derivaten im Sinne des § 27 EStG 1988 stehen. Das Abzugsverbot kommt jedoch nicht zur Anwendung, wenn Aufwendungen und Ausgaben in Zusammenhang mit den in § 27a Abs. 2 EStG 1988 genannten Einkünften (keine Anwendung des besonderen Steuersatzes) stehen. Die Bestimmung gilt nicht für unter § 7 Abs. 3 KStG 1988 fallende Körperschaften.
§ 12 Abs. 2 dritter Teilstrich KStG 1988 sieht schließlich ein Abzugsverbot für Aufwendungen und Ausgaben vor, soweit sie in unmittelbar wirtschaftlichem Zusammenhang mit Grundstücksveräußerungen iSd § 30 EStG 1988 stehen, die nicht § 30a Abs. 3 Z 1 bis 4 oder Abs. 4 des EStG 1988 unterliegen. In diesen Fällen kommt im Rahmen des EStG 1988 der besondere Steuersatz nicht zur Anwendung. Auch das Abzugsverbot des § 12 Abs. 2 KStG 1988 soll dann nicht greifen, wenn die damit in unmittelbarem, wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Einkünfte im EStG 1988 nicht dem besonderen Steuersatz unterliegen. Die Bestimmung gilt nicht für unter § 7 Abs. 3 KStG 1988 fallende Körperschaften.
18.2.2 Anwendungsfälle allgemeiner Art
Soweit dem Grunde nach für Körperschaften zutreffend, sind die in den EStR 2000 Rz 4856 bis Rz 4871 dargestellten Anwendungsfälle auch für § 12 Abs. 2 KStG 1988 zu beachten.
18.2.3 Anwendungsfälle spezieller Art im Bereich von Körperschaften
18.2.3.1 Finanzierungsaufwendungen für den Erwerb von Beteiligungen
18.2.3.1.1 Inländische Beteiligungen
Bei Körperschaften ist das Abzugsverbot der Finanzierungsaufwendungen von Beteiligungen durch den objektiv gegebenen Zusammenhang mit der Steuerfreiheit der Beteiligungserträge gemäß § 10 Abs. 1 KStG 1988 begründet.
Ab der Veranlagung 2005 ist durch § 11 Abs. 1 Z 4 KStG 1988 idF StRefG 2005, BGBl. I Nr. 57/2004 (zuletzt geändert durch BBG 2014, BGBl. I Nr. 40/2014) das Abzugsverbot von Zinsen im engen Sinn in Zusammenhang mit der Fremdfinanzierung des Erwerbes von zum Betriebsvermögen zählenden Kapitalbeteiligungen im Sinne des § 10 KStG 1988 durchbrochen, gilt aber für andere Fremdfinanzierungskosten (wie insbesondere Geldbeschaffungs- und Nebenkosten der Fremdfinanzierung) weiter. Ein Ausschluss der Abzugsfähigkeit von Fremdfinanzierungszinsen besteht für konzerninterne Beteiligungserwerbe nach § 12 Abs. 1 Z 9 KStG 1988 idF AbgÄG 2014, BGBl. I Nr. 13/2014 (siehe Rz 1266ad ff; zuvor gemäß § 11 Abs. 1 Z 4 KStG 1988 idF BBG 2011, BGBl. I Nr. 111/2010).
Der VwGH hat den unmittelbaren wirtschaftlichen, nach objektiven Gesichtspunkten abzugrenzenden Zusammenhang zwischen den gemäß § 10 KStG 1966 steuerfreien Gewinnanteilen aus Schachtelbeteiligungen und den Zinsen stets bejaht und ihn auch für die Rechtslage des KStG 1988 bestätigt (VwGH 20.11.1996, 96/15/0188).
Für die Anwendung des Abzugsverbotes ist nicht ausschlaggebend, ob in einem Veranlagungszeitraum tatsächlich steuerfreie Einnahmen anfallen. Der Veranlassungszusammenhang definiert sich nicht aus dem unmittelbaren zeitlichen, sondern aus dem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang (VwGH 16.2.1988, 87/14/0051).
Die dem Erwerb der Beteiligung zugrunde liegende Absicht ist für die Frage des Schuldzinsenabzuges nicht von Bedeutung. Der unmittelbare wirtschaftliche Zusammenhang mit den steuerfreien Einnahmen geht auch dann nicht verloren, wenn neben den Gewinnerwartungen auch andere Motive, wie beispielsweise der Aufbau von Geschäftsbeziehungen im Ausland für den Erwerb der Beteiligung maßgebend waren (VwGH 20.11.1996, 96/15/0188).
Für die Annahme eines unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhanges zwischen Finanzierungsaufwendungen und steuerfreien Beteiligungserträgen genügt der Umstand, dass der Beteiligungserwerb sowie eine zeitgleiche Kreditaufnahme nach Entstehung und Zweckbestimmung miteinander verbunden sind. Diese Verknüpfung gilt für den Zeitraum des Bestandes der Finanzierungsverbindlichkeit und solange die Beteiligung vorhanden ist (siehe aber Rz 1266ah zum Abzugsverbot gemäß § 12 Abs. 1 Z 9 KStG 1988 idF AbgÄG 2014, das auch nach Beendigung der Verknüpfung mit der Beteiligung zur Anwendung kommt).
Unter das Abzugsverbot für Finanzierungsaufwendungen fallen die laufenden Zinsen sowie Geldbeschaffungs- und Nebenkosten der Fremdfinanzierung (siehe aber zur Abzugsfähigkeit nach § 11 Abs. 1 Z 4 KStG 1988 für die laufenden Zinsen Rz 1252 ff).
Soweit ein Abzugsverbot für Aufwendungen besteht, sind aber umgekehrt auch Erträge steuerneutral.
18.2.3.1.2 Ausländische Beteiligungen
Fremdfinanzierungsaufwendungen für den Erwerb von internationalen Schachtelbeteiligungen sowie von ausländischen Beteiligungen, welche die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Z 5 oder 6 KStG 1988 erfüllen, fallen ebenso wie bei inländischen Beteiligungen unter das Abzugsverbot des § 12 Abs. 2 KStG 1988 (hinsichtlich internationaler Schachtelbeteiligungen siehe VwGH 20.11.1996, 96/15/0188), soweit sie nicht nach § 11 Abs. 1 Z 4 KStG 1988 abzugsfähige Zinsen „im engeren Sinn“ darstellen (siehe zum Umfang der abzugsfähigen Zinsen Rz 1254 bis 1255). Nur bei ausländischen Beteiligungen, die nicht von § 10 KStG 1988 erfasst sind oder bei Beteiligungen im Sinne des § 10 Abs. 4, 5 und 7 KStG 1988, sind Fremdfinanzierungsaufwendungen abzugsfähig, da kein Zusammenhang mit steuerfreien Beteiligungserträgen vorliegt (siehe aber zum Abzugsverbot gemäß § 12 Abs. 1 Z 9 KStG 1988 idF AbgÄG 2014 für Zinsen in Zusammenhang mit einer Fremdfinanzierung, die dem Erwerb einer Beteiligung iSd § 10 KStG 1988 im Konzern gedient hat, Rz 1266ad ff).
Kursverluste aus Fremdwährungskrediten, die für die Anschaffung einer internationalen Schachtelbeteiligung oder einer ausländischen Beteiligung, welche die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Z 5 oder 6 KStG 1988 erfüllt, aufgenommen wurden, haben keinen unmittelbaren Bezug zu den steuerfreien Erträgen aus der Beteiligung, weswegen der Abzugsfähigkeit der Kursverluste § 12 Abs. 2 KStG 1988 nicht entgegensteht. Dies gilt nur dann nicht, wenn der Kursverlust aufgrund vertraglicher Regelungen von vornherein feststeht (VwGH 28.10.2009, 2008/15/0051).
Spiegelbildlich sind auch Kursgewinne aus solchen Fremdwährungskrediten steuerpflichtig.
In der Vergangenheit gemäß § 12 Abs. 2 KStG 1988 zugerechnete Aufwandszinsen im Zusammenhang mit dem Erwerb einer internationalen Schachtelbeteiligung oder einer ausländischen Beteiligung, welche die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Z 5 oder 6 KStG 1988 erfüllt, führen im Falle eines betrieblich veranlassten Zinsenverzichtes des Gläubigers zu einer steuerbaren Vermögensvermehrung. Auf Grund des seinerzeitigen Abzugsverbotes wird jedoch eine außerbilanzmäßige Korrektur möglich sein.
18.2.3.2 Zuordenbarkeit der Finanzierungsaufwendungen
Es bedarf einer kausalen Sachverhaltsfeststellung, dass der Beteiligungserwerb und eine zeitnah gelagerte Kreditaufnahme nach Entstehung und Zweckbestimmung miteinander verbunden sind. Der Veranlassungszusammenhang bestimmt sich nach der tatsächlichen Darlehensverwendung, die auf den Erwerb einer Beteiligung oder anderer Wirtschaftsgüter gerichtet ist, deren laufende Erträge auf Grund einer steuerlichen Vorschrift steuerfrei sind.
Ein abgrenzbarer Finanzierungs-Verwendungszusammenhang liegt zumeist erkennbar bei geförderten Investitionen im Auslandsbereich vor. Dies in jenen Fällen, wo derartige Investitionen, wie der Erwerb von ausländischen Beteiligungen, die Errichtung von Niederlassungen, Servicestationen, Beratungstätigkeiten, usw. im Ausland durch Förderungsprogramme (zB der Österreichischen Kontrollbank gesichert mit einer Bundeshaftung G4, usw.) gestützt werden.
Bei einer operativen Gesellschaft ist es ausgeschlossen, ohne nähere Prüfung Aufwandszinsen im Wege einer Verhältnisrechnung pauschal anteilig auf Kredite zur Finanzierung von steuerfreien Einkünften zu beziehen (so VwGH 20.10.1999, 94/13/0027 betreffend ein Kreditinstitut, bei dem die Abgabenbehörde ohne nähere Prüfung die Aufwandszinsen zu einem Teil als auf Kredite zur Refinanzierung von Vermögenswerten, die nach einem DBA zu steuerfreien Zinserträgen führten, bezog). Vgl. auch EStR 2000 Rz 1428.
18.2.3.3 Schuldzinsenabzug bei Beteiligungsveräußerung
Der Erwerb einer Beteiligung bedeutet wirtschaftlich die Anschaffung einer Erwerbsquelle, deren Ertrag sich entweder in laufenden Gewinnausschüttungen oder in entsprechenden Veräußerungserfolgen oder in beiden niederschlagen kann.
Erst im Zeitpunkt der Veräußerung steht definitiv fest, ob neben den laufenden Beteiligungserträgen ein steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn aus der Wertsteigerung der Beteiligung erzielt wird. Eine vollständige Außerachtlassung eindeutig für den Beteiligungserwerb aufgewendeter Schuldzinsen in jedem Fall der Erzielung eines steuerpflichtigen Veräußerungsgewinnes kann vor dem Gleichheitssatz nicht bestehen (vgl. VfGH 27.9.2000, B 2031/98, VfGH 25.6.1998, B 125/97, VfGH 7.3.1997, B 2370/94).
Ein steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn wird sich (auf Grund einer Wertsteigerung der Beteiligung) primär beim Verkauf inländischer Beteiligungen ergeben und versteht sich als Differenz zwischen Anschaffungskosten und dem Veräußerungserlös. Zwischenzeitig vorgenommene Teilwertabschreibungen bzw. Zuschreibungen wirken sich auf den derart zu ermittelnden Veräußerungsgewinn nicht aus.
Für internationale Schachtelbeteiligungen hat diese Rechtsprechung des VfGH keine Auswirkungen, da Gewinne aus der Veräußerung der Beteiligung steuerfrei gestellt sind (§ 10 Abs. 3 Satz 1 KStG 1988). Die Korrektur des steuerfreien Veräußerungsgewinnes um Beteiligungsteilwertabschreibungen gemäß § 6 Z 2 lit. a EStG 1988 bedeutet nur eine Rückgängigmachung von in der Vergangenheit aufwandswirksam vorgenommenen Teilwertabschreibungen.
Für inländische Beteiligungen wird im Zeitpunkt der Veräußerung in Umsetzung der Rechtsprechung des VfGH ohne Beschränkung auf das Veräußerungsjahr zu prüfen sein, inwieweit die für veräußerte Beteiligungen aufgewendeten Fremdkapitalzinsen mit Beteiligungserträgen und inwieweit sie mit Veräußerungserlösen im Zusammenhang stehen.
Da eine Verhältnisrechnung zu unsachlichen Ergebnissen führen kann, ist einer betragsmäßigen Saldierung der Vorzug zu geben. Vom Veräußerungsgewinn sind jene Zinsen in Abzug zu bringen, die den Betrag der steuerfreien Beteiligungserträge übersteigen. Dabei sind alle seit dem Erwerb der Beteiligung angefallenen und vom Abzugsverbot des § 12 Abs. 2 KStG 1988 betroffenen Schuldzinsen um den Gesamtbetrag aller steuerfreien Beteiligungserträge zu reduzieren. Das Abzugsverbot der Zinsenaufwendungen gemäß § 12 Abs. 2 KStG 1988 in den Jahren des Haltens der Beteiligung bleibt bestehen.
Beispiel:
Erwerb der inländischen Beteiligung am 10.1.01 um 100.000 Euro, Verkauf am 18.4.04 um 110.000 Euro; unter das Abzugsverbot des § 12 Abs. 2 KStG 1988 fallende Schuldzinsen 01 6.000 Euro, 02 6.000 Euro, 03 6.000 Euro und 04 2.000 Euro (gesamt 20.000 Euro).
Variante a: steuerfreie Beteiligungserträge gemäß § 10 Abs. 1 KStG 1988 im Jahr 02 10.000 Euro und 03 5.000 Euro
Variante b: steuerfreie Beteiligungserträge gemäß § 10 Abs. 1 KStG 1988 im Jahr 02 10.000 Euro und 03 15.000 Euro
Variante c: steuerfreie Beteiligungserträge gemäß § 10 Abs. 1 KStG 1988 im Jahr 02 5.000 Euro
Ermittlung des Veräußerungsgewinnes/-verlustes 2001:
Variante a |
Variante b |
Variante c |
|
Verkaufspreis |
110.000 |
110.000 |
110.000 |
Anschaffungskosten |
100.000 |
100.000 |
100.000 |
10.000 |
10.000 |
10.000 |
|
Saldo Schuldzinsen abzüglich steuerfreier Beteiligungserträge |
5.000 |
0 |
15.000 |
Veräußerungsgewinn/Veräußerungsverlust |
5.000 |
10000 |
-5.000 |
Ergibt sich aus der Veräußerung der Beteiligung ein Verlust, erhöht ein Überhang der Schuldzinsen den Veräußerungsverlust, der nach § 12 Abs. 3 Z 2 KStG 1988 zu berücksichtigen ist.
Variante zum Beispiel:
Zwischen Erwerb und Veräußerung der inländischen Beteiligung sind keine Beteiligungserträge angefallen. Es ergibt sich im Jahre 04 ein Veräußerungsverlust von 10.000, der in den Jahren 04 bis 10 zu je einem Siebentel abzusetzen ist.
Bei der Veranlagung im Veräußerungsjahr ist der vorstehend dargestellte Saldobetrag aufwandsmäßig zu erfassen und bewirkt eine Korrektur des buchmäßigen Veräußerungsgewinnes bzw. Veräußerungsverlustes. Eine Aufrollung zurückliegender Veranlagungen unterbleibt.
Die Einlagenrückzahlung von Körperschaften gilt nach § 4 Abs. 12 EStG 1988 als Veräußerung einer Beteiligung. Eine Entlastung des Veräußerungsgewinnes um Schuldzinsen ist jedoch erst bei Veräußerung des Vermögensstammrechtes an der Beteiligung durchzuführen. Erst zu diesem Zeitpunkt steht endgültig fest, ob und in welchem Umfang die Erwerbsquelle Beteiligung zu steuerfreien oder steuerpflichtigen Einkünften geführt hat.