19. Einkunftsarten
19.1 Allgemeines
19.1.1 Einkunftsarten
§ 7 Abs. 2 KStG 1988 übernimmt grundsätzlich sämtliche Einkunftsarten des § 2 Abs. 3 EStG 1988.
Für Körperschaften können allerdings begrifflich nur folgende Einkunftsarten in Betracht kommen:
- Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (§ 2 Abs. 3 Z 1 EStG 1988)
- Einkünfte aus (sonstiger) selbständiger Arbeit (§ 2 Abs. 3 Z 2 EStG 1988)
- Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 2 Abs. 3 Z 3 EStG 1988)
- Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 2 Abs. 3 Z 5 EStG 1988)
- Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 2 Abs. 3 Z 6 EStG 1988)
- Sonstige Einkünfte (§ 2 Abs. 3 Z 7 EStG 1988)
- Die nicht unter § 7 Abs. 3 KStG 1988 fallenden Körperschaften können alle genannten Einkünfte erzielen. Siehe weiters Rz 1316 bis 1321.
- Bei Körperschaften im Sinne des § 7 Abs. 3 KStG 1988 sind alle Einkünfte aus nichtgewerblichen Tätigkeiten und aus gewerblichen Veräußerungs- oder Aufgabetatbeständen den „laufenden“ Einkünften aus Gewerbebetrieb zuzurechnen. Siehe weiters Rz 401 und 1322.
19.1.2 Einschränkungen
- Allgemein auf Körperschaften bezogen ergeben sich folgende Einschränkungen:
- Aufgrund der Rechtsnatur der Körperschaften sind Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 25 EStG 1988) nicht denkbar.
- Die Tätigkeit eines Betriebes gewerblicher Art gilt stets als Gewerbebetrieb (§ 2 Abs. 1 KStG 1988);
- Die übrigen Einkunftsarten des EStG 1988 sind im Bereich der Körperschaftsteuer dort nicht anwendbar, wo ein bestimmter Tatbestand begrifflich und inhaltlich nur auf natürliche Personen zutreffen kann. So sind insb. Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit (§ 22 Z 1 EStG 1988) einer Körperschaft wesensfremd, sie kann ferner nicht Aufsichtsrat im Sinne des § 22 Z 2 EStG 1988 und auch nicht öffentlich-rechtlicher Funktionär im Sinne des § 29 Z 4 EStG 1988 sein.
19.1.3 Nicht steuerbare und nicht steuerpflichtige Vermögensvermehrungen
Was unter Einkünften im Bereich der Körperschaftsteuer zu verstehen ist, ergibt sich im Wege des § 7 Abs. 2 KStG 1988 aus § 2 Abs. 4 EStG 1988 (siehe Rz 349).
Einnahmen sind nur insoweit steuerlich zu erfassen, als sie innerhalb einer der Einkunftsarten des § 2 Abs. 3 EStG 1988 anfallen. Andere Vermögenszugänge wie zB Erbschaften, Schenkungen, Lotteriegewinne sind nicht steuerbar, bleiben also auch bei Körperschaften außer Ansatz (siehe EStR 2000 Rz 101). Dies gilt auch für Körperschaften im Sinne des § 7 Abs. 3 KStG 1988. Durch den Hinweis auf § 2 Abs. 3 EStG 1988 wird für diese ausdrücklich sichergestellt, dass nur steuerbare Einkünfte im Sinne des EStG 1988 bei der Gewinnermittlung heranzuziehen sind. Nicht steuerbar sind auch Vermögenszugänge auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage und Einkünfte aus Liebhaberei (siehe LRL 2012 Rz 130). Zu den nicht steuerbaren Vermögensveränderungen auf gesellschaftsrechtlicher Ebene gehören die gesellschaftsrechtlichen Einlagen, die Einlagenrückgewähr auf Grund einer ordentlichen Kapitalherabsetzung, Buchgewinne auf Grund einer nominellen Kapitalherabsetzung oder Personensteuervergütungen. Buchgewinne dieser Art fallen nicht im Rahmen der Einkunftsarten, sondern als Folge gesellschaftsrechtlicher Vorgänge an und führen demgemäß zu keiner Steuerpflicht (siehe Rz 486 bis 536).
Ebenso liegen nichtsteuerpflichtige Einkünfte vor, wenn eine Tätigkeit im äußeren Erscheinungsbild einer der sechs für Körperschaften maßgebenden Einkunftsarten entspricht, aber (außerhalb des Erscheinungsbildes eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes) ohne Gewinn- bzw. Überschussabsicht unternommen wird, wobei dieses Fehlen einer Absicht an Hand objektiver Umstände nachvollziehbar sein muss (siehe Rz 390 und 391).
Werden Subventionen im Rahmen einer Tätigkeit gewährt, die der Erzielung von Einkünften dienen, sind sie als Einnahme der entsprechenden Einkunftsart steuerpflichtig, sofern sie nicht aufgrund ausdrücklicher gesetzlicher Bestimmung steuerfrei gestellt sind.
19.1.4 Die einzelnen Einkunftsarten
19.1.4.1 Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (§ 2 Abs. 3 Z 1 EStG 1988)
Der Steuerpflicht unterliegen die Einkünfte aus einer Land- und Forstwirtschaft. Zu den Einkünften zählen auch die Gewinne aus der Veräußerung eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes und die Einkünfte aus einer Beteiligung als Mitunternehmer an einem solchen Betrieb (siehe EStR 2000 Rz 15).
19.1.4.2 Einkünfte aus (sonstiger) selbständiger Arbeit (§ 2 Abs. 3 Z 2 EStG 1988)
Freiberufliche Einkünfte können nur von natürlichen Personen erzielt werden, sie sind daher bei einer Körperschaft nicht möglich. Denkbar sind hingegen Einkünfte aus einer sonstigen selbständigen Arbeit wie etwa Einkünfte aus einer vermögensverwaltenden Tätigkeit (zB für die Tätigkeit als Hausverwalter).
19.1.4.3 Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 2 Abs. 3 Z 3 EStG 1988)
Der Begriff des Gewerbebetriebes ist in § 23 Z 1 EStG 1988 definiert und entspricht jenem des § 28 BAO. Da die Merkmale der Selbständigkeit, Nachhaltigkeit, Gewinnerzielungsabsicht und der Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr allen betrieblichen Einkunftsarten gemeinsam sind, stellen nur jene Tätigkeiten, die keine Ausübung der Land- und Forstwirtschaft sind und den Rahmen der reinen Vermögensverwaltung überschreiten, gewerbliche Einkünfte dar (siehe EStR 2000 Rz 5401 ff).
19.1.4.4 Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 2 Abs. 3 Z 5 EStG 1988)
Körperschaften, soweit sie Einkünfte aus Kapitalvermögen beziehen können (dh. nicht unter § 7 Abs. 3 KStG 1988 fallen), unterliegen nach Maßgabe des § 97 EStG 1988 der Endbesteuerung. Endbesteuerungsfähige (Kapital)Einkünfte können bei unbeschränkt steuerpflichtigen Körperschaften auf Antrag unter Anrechnung der KESt veranlagt werden (§ 1 Abs. 5 Endbesteuerungsgesetz, BGBl. Nr. 11/1993).
Beispiel:
1. Ein eigennütziger Verein erzielt einen gewerblichen Verlust von 20.000 Euro und außerhalb dieses Betriebes (mit dem Vereinsvermögen) Zinserträge von 30.000 Euro, wovon 7.500 Euro KESt einbehalten wurden. Im Wege einer Veranlagung können die Zinserträge (Einkünfte aus Kapitalvermögen) mit dem gewerblichen Verlust ausgeglichen werden. Auf die auf eine Bemessungsgrundlage von 10.000 Euro entfallende Körperschaftsteuer von 2.500 Euro wird die KESt von 7.500 Euro angerechnet.
2. Ein eigennütziger Verein erzielt mit dem Vereinsvermögen ausschließlich Dividenden aus inländischen Aktien in Höhe von 10.000 Euro, wovon 2.500 Euro KESt einbehalten wurden. Im Wege der Körperschaftsteuerveranlagung wird die gesamte KESt erstattet, da die gemäß § 10 KStG 1988 befreiten Beteiligungserträge zu keiner Körperschaftsteuer führen.
Bei beschränkt steuerpflichtigen Körperschaften gemäß § 1 Abs. 2 Z 2 und 3 KStG 1988 ist ein Ausgleich endbesteuerungsfähiger körperschaftsteuerpflichtiger Kapitaleinkünfte (zB Zinserträge) mit anderen Einkünften nicht möglich. Eine KESt-Anrechnung kommt nur in Betracht, wenn die der KESt unterliegenden Erträge als betriebliche Einkünfte steuerpflichtig sind. Zur Erstattung der KESt von nicht betrieblichen Beteiligungserträgen siehe VereinsR 2001 Rz 420.
Die nicht unter die Endbesteuerung fallenden Kapitaleinkünfte (zB Kreditvergabe) sind stets im Veranlagungsweg zu erfassen.
19.1.4.5 Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 2 Abs. 3 Z 6 EStG 1988)
Der Steuerpflicht unterliegen auch die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung im Sinne des § 28 EStG 1988 (siehe EStR 2000 Rz 6401 ff). Hinsichtlich der Besonderheiten bei der entgeltlichen Überlassung eines Betriebes gewerblicher Art siehe Rz 85 bis 87.
19.1.4.6 Sonstige Einkünfte (§ 2 Abs. 3 Z 7 EStG 1988)
Wiederkehrende Bezüge, Einkünfte aus privaten Grundstücksveräußerungen (§ 30 EStG 1988), Spekulationseinkünfte (§ 31 EStG 1988) sowie Einkünfte aus Leistungen (wie insb. Einkünfte aus der gelegentlichen Vermietung beweglicher Gegenstände) stellen sonstige Einkünfte im Rahmen der Körperschaftsteuerpflicht dar (siehe EStR 2000 Rz 6601 ff). Funktionsgebühren können hingegen einer Körperschaft nicht zugerechnet werden.
19.2 Besonderheiten
19.2.1 Buchführungspflichtige Körperschaften (§ 7 Abs. 3 KStG 1988)
Aus der gesetzlichen Aussage, nach der alle Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 3 EStG 1988 den Einkünften aus Gewerbebetrieb (§ 23 Z 1 EStG 1988) zuzurechnen sind, ergibt sich, dass nur steuerbare Einkünfte im Sinne des EStG 1988 den Einkünften aus Gewerbebetrieb zugerechnet und der Gewinnermittlung unterworfen werden können. Ferner ergibt sich aus dem Hinweis auf § 23 Z 1 EStG 1988, dass die zuzurechnenden Einkünfte stets als laufende gelten und dass somit auch Veräußerungsgewinne darunter fallen (siehe Rz 399 und 401). Zum „außerbetrieblichen Bereich“ von Körperschaften in gesonderten Fällen (zB Liebhaberei) siehe Rz 435 bis 437.
19.2.2 Betriebe gewerblicher Art
Jeder Betrieb gewerblicher Art gilt für sich als Körperschaftsteuersubjekt. Die Zusammenfassung mehrerer Betriebe ist jedoch unter bestimmten Voraussetzungen möglich (siehe Rz 67 und 68). Der grundsätzlich auch für Betriebe gewerblicher Art geltende Einkommensbegriff des § 7 Abs. 2 KStG 1988 erfährt durch § 2 Abs. 1 letzter Satz KStG 1988 eine Modifizierung dahingehend, dass die Tätigkeit der Einrichtung stets als Gewerbebetrieb gilt. Sämtliche diesem Körperschaftsteuersubjekt zuzurechnenden Einkünfte sind damit solche aus Gewerbebetrieb im Sinne des § 2 Abs. 3 Z 3 EStG 1988. Werden Einkünfte aus anderen Einkunftsarten im Rahmen des Betriebes gewerblicher Art bezogen (zB land- und forstwirtschaftliche Einkünfte, die nach einkommensteuerrechtlichen Grundsätzen zu gewerblichen werden, oder die als Teilbereich eines Gewerbebetriebes anzusehen sind; Wertpapiereinkünfte oder Beteiligungserträge, wenn die Wirtschaftsgüter zum Betriebsvermögen des Betriebes gewerblicher Art gehören), zählen sie ebenso zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb (siehe Rz 74).
19.2.3 Privatstiftungen
Eigen- und gemischtnützige Privatstiftungen, die ihrer Offenlegungspflicht im Sinne des § 13 Abs. 1 Z 1 KStG 1988 nachkommen, können Einkünfte aus allen der sechs für Körperschaften möglichen Einkunftsarten erzielen. Diese Privatstiftungen sind nach § 13 Abs. 1 KStG 1988 ausdrücklich vom Geltungsbereich des § 7 Abs. 3 KStG 1988 ausgenommen, dh. sie gelten nicht als rechnungslegungspflichtige Gewerbetreibende, sondern sind nur mit Einkünften aus den im EStG 1988 aufgezählten Einkunftsarten zu erfassen, sofern die Einkünfte nicht steuerbefreit sind. Siehe im Übrigen StiftR 2009 Rz 24.
19.2.4 Vereine
Unbeschränkt steuerpflichtige Vereine können Einkünfte aus allen der sechs für Körperschaften möglichen Einkunftsarten erzielen.
Die nach § 5 Z 6 KStG 1988 von der unbeschränkten Steuerpflicht befreiten Vereine (siehe VereinsR 2001 Rz 1 bis 5 und 319 bis 321) sind beschränkt steuerpflichtig mit den (weitgehend dem Steuerabzug unterliegenden) Einkünften nach Maßgabe des § 21 Abs. 2 und 3 KStG 1988 und gegebenenfalls unbeschränkt steuerpflichtig mit betrieblichen Einkünften (entbehrlicher Hilfsbetrieb im Sinne des § 45 Abs. 1 und Abs. 1a BAO, begünstigungsschädlicher Geschäftsbetrieb im Sinne des § 45 Abs. 3 BAO, gewinnorientierte Land- und Forstwirtschaften und Gewerbebetriebe, soweit keine Ausnahmegenehmigung für sie gemäß § 44 Abs. 2 BAO vorliegt). Gewinne aus einem unentbehrlichen Hilfsbetrieb (§ 45 Abs. 2 BAO) sind als Zufallseinkünfte steuerfrei. Unterliegt ein Verein mangels Erfüllung der maßgeblichen Voraussetzungen (§§ 34 ff BAO) von vornherein nicht oder ab einem bestimmten Jahr nicht mehr der Steuerbefreiung des § 5 Z 6 KStG 1988, ist er oder wird er unbeschränkt steuerpflichtig.
19.2.5 Gemeinnützig anerkannte Bauvereinigungen
Gemeinnützig anerkannte Bauvereinigungen sind entweder zur Gänze nach § 5 Z 10 KStG 1988 von der unbeschränkten Steuerpflicht ausgenommen (siehe Rz 210), oder infolge einer Ausnahmegenehmigung nur mit begünstigungsschädlichen Geschäften unbeschränkt steuerpflichtig, oder mangels Antrag gemäß § 6a Abs. 2 KStG 1988 unbeschränkt steuerpflichtig im Sinne des § 7 Abs. 3 KStG 1988 (siehe Rz 273). Eine Steuerpflicht kann sich aus Einkünften aus dem Reservekapital (siehe Rz 277) ergeben.
19.2.6 Gesamtrechtsnachfolge
Im Falle der Gesamtrechtsnachfolge einer nicht unter § 7 Abs. 3 KStG 1988 fallenden Körperschaft (Erbanfall) sind sowohl Einkünfte aus selbständiger Arbeit im Sinne des § 22 Z 1 und 3 bis 5 EStG 1988 als auch Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 2 Abs. 3 Z 4 EStG 1988) denkbar. Vermögensmassen unterliegen der Körperschaftsteuer, sofern deren Einkommen nicht unmittelbar bei einem anderen Steuerpflichtigen zu versteuern ist. Können im Rahmen von Verlassenschaftskonkursen das Massevermögen bzw. die daraus fließenden Einkünfte einem anderen Steuerpflichtigen steuerlich deshalb nicht zugerechnet werden, weil keine erbserklärten Erben vorhanden sind oder die Erben die Verlassenschaft nicht antreten, ist die Insolvenzmasse auf Grund der Bestimmung des § 3 KStG 1988 der Körperschaftsteuer zu unterwerfen. Der hier entwickelte Grundsatz ist ganz allgemein auf alle Nachlassvermögen anzuwenden, deren Einkünfte der Verfügung anderer Steuerpflichtiger mangels vorhandener Erben oder auf Grund von Erbsentschlagungen entzogen sind.
Bei der Insolvenzmasse sind Einkünfte, die in Fortsetzung der betrieblichen Sphäre des erblasserischen Vermögens erzielt werden, weiterhin als Einkünfte aus Gewerbebetrieb anzusehen.
Dem Privatbereich des erblasserischen Vermögens zuzuzählende Vermögensgegenstände nehmen bei Fortbestand ihrer bisherigen privaten Widmung nicht die Eigenschaft von Gegenständen des Betriebsvermögens an, sodass diesbezügliche Veräußerungserlöse grundsätzlich nicht der Körperschaftsteuer unterliegen. Werden mit derartigen Gegenständen außerbetriebliche Einkünfte erzielt (denkbar wären zB Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung), sind diese Einkünfte nach Maßgabe der gemäß § 2 Abs. 3 EStG 1988 in Betracht kommenden Einkunftsart körperschaftsteuerpflichtig.
19.2.7 Beschränkt Steuerpflichtige
Ausländische Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen unterliegen nach § 1 Abs. 3 Z 1 KStG 1988 der beschränkten Steuerpflicht. Besteuerungsgegenstand bei beschränkt Steuerpflichtigen sind ausschließlich inländische Einkünfte und nicht das Einkommen. Die Steuerpflicht erstreckt sich nach § 21 Abs. 1 KStG 1988 auf Einkünfte im Sinne des § 98 EStG 1988 (siehe Rz 1475).
Inländische beschränkt Körperschaftsteuerpflichtige im Sinne des § 1 Abs. 3 Z 2 KStG 1988 sind mit den (weitgehend dem Steuerabzug unterliegenden) Einkünften nach Maßgabe des § 21 Abs. 2 und Abs. 3 KStG 1988 zu erfassen (siehe Rz 1496).
20. Sonderfragen bei bestimmten Körperschaften (§§ 7 und 13 bis 17 KStG 1988)
20.1 Privatstiftungen
Auf eigen- und gemischtnützige Stiftungen nach dem Privatstiftungsgesetz (PSG), BGBl. Nr. 694/1993, die nicht unter § 7 Abs. 3 KStG 1988 fallen, sind die Sondernormen des § 13 KStG 1988 anzuwenden. Zum Begriff und zur Besteuerung der Privatstiftungen siehe die StiftR 2009.
20.2 Kreditinstitute
20.2.1 Haftrücklage
20.2.1.1 Zuführungen zur Haftrücklage
Gemäß § 26a Abs. 2 KStG 1988 sind Zuführungen zur Haftrücklage in Wirtschaftsjahren, die nach dem 31. Dezember 1996 enden, steuerneutral.
20.2.1.2 Auflösungen der Haftrücklage
20.2.1.2.1 Bestimmungsgemäße Verwendung
Eine Auflösung der Haftrücklage kann gemäß § 23 Abs. 6 BWG nur insoweit erfolgen, als dies zur Erfüllung von Verpflichtungen im Rahmen der Einlagensicherung (§ 93 BWG) oder zur Deckung sonst im Jahresabschluss auszuweisender Verluste erforderlich ist. Dies ist dann der Fall, wenn das Kreditinstitut gezwungen wäre, im Jahresüberschuss Verluste auszuweisen, und nicht in der Lage wäre, diese Verluste durch andere bilanztechnische Maßnahmen abzudecken. Die Haftrücklage darf nur zur Deckung eines Bilanzverlustes herangezogen werden, der nicht durch Bildung freier Rücklagen entstanden ist. Eine Auflösung der Haftrücklage zur Verlustabdeckung ist auch im Bildungsjahr möglich.
Gemäß § 26a Abs. 2 KStG 1988 sind steuerwirksame Haftrücklagen, die für vor dem 1. Jänner 1997 endende Wirtschaftsjahre gebildet wurden, in den Jahren ihrer bestimmungsgemäßen Verwendung nachzuversteuern. Bei der bestimmungsgemäßen Verwendung ist eine Aufteilung der Rücklagenauflösung auf den steuerwirksamen und den steuerunwirksamen Teil vorzunehmen; hierbei ist nach dem Verhältnis zwischen steuerwirksam und steuerunwirksam gebildeten Rücklagenteilen vor der bestimmungsgemäßen Verwendung auszugehen.
Zuordnungsbeispiele:
Als steuerneutral gebildete Rücklagenteile kommen insbesondere in Frage:
- Zuführungsteile, die wegen Überschreitens der 15%-Grenze gemäß § 14 Abs. 1 KStG 1988 idF BGBl. Nr. 818/1993 nicht abzugsfähig waren,
- Zuführungen, die in Einzelfällen aus besonderen Gründen nicht abzugsfähig waren,
- im Normalfall die Hälfte der Zuführungen in den Jahren 1994 und 1995,
- im Normalfall drei Viertel der Zuführung im Jahr 1996.
Die gemäß § 14 Abs. 2 KStG 1988 idF BGBl. Nr. 818/1993 nach steuerneutraler Verwendung erfolgte steuerneutrale Wiederauffüllung führt nicht zu einem steuerunwirksam gebildeten Teil der Haftrücklage; es wird vielmehr der vor der Verwendung bestehende Zustand wieder hergestellt.
Der aus der Sammelwertberichtigung stammende Teil der Haftrücklage ist normalerweise steuerwirksam gebildet worden.
20.2.1.2.2 Entfall der Bildungsverpflichtung dem Grunde nach
Die Verpflichtung zur Bildung der Haftrücklage dem Grunde nach entfällt, wenn der Status als Kreditinstitut im Sinne des BWG verloren geht. Praktische Anwendungsfälle sind zB
- der Verlust der Konzession,
- ein Wechsel in der Betätigung,
- die Änderung der gesetzlichen Vorschriften betreffend den Bankgeschäftskatalog oder die Liquidation des Unternehmens,
- die grenzüberschreitende Verschmelzung des Kreditinstituts auf den ausländischen in der EU ansässigen Hauptgesellschafter nach den Bestimmungen des EU-VerschG mit Entstehen einer Betriebsstätte.
- Hinsichtlich der Auflösung der Haftrücklage bei Entfall der Bildungsverpflichtung dem Grunde nach enthält § 26a Abs. 2 KStG 1988 keine ausdrückliche Regelung. Die Übergangsbestimmungen betreffend die bestimmungsgemäße Verwendung der Haftrücklage sind aber analog auf die Auflösung der Haftrücklage infolge Entfalles der Bildungsverpflichtung dem Grunde nach anzuwenden. Steuerwirksame Haftrücklagen, die für Wirtschaftsjahre, die vor dem 1. Jänner 1997 enden, gebildet wurden, sind in dem Jahr des Entfalles der Bildungsverpflichtung nachzuversteuern. Dies ergibt sich schon nach dem allgemeinen Steuerrechtsgrundsatz, dass gewinnmindernd gebildete Passivposten mangels entgegenstehender ausdrücklicher Regelung im Fall ihres Wegfalles wiederum nur gewinnerhöhend aufzulösen sind.
- Bezüglich der Vorgangsweise bei der Rücklagenauflösung wird auf die Ausführungen in den Rz 1332 bis 1335 verwiesen.
Es bestehen keine Bedenken, die mit der oben erwähnten verschmelzenden Umwandlung eines inländischen Kreditinstituts auf den ausländischen Hauptgesellschafter verbundene Auflösung des steuerwirksamen Teiles der seinerzeit gebildeten Haftrücklage gemäß § 14 KStG 1988 in Verbindung mit § 26a Abs. 2 KStG 1988 als Teil des Übergangsgewinnes im Sinne des § 9 Abs. 3 UmgrStG zu behandeln und die Möglichkeit der Dreijahresverteilung in Anspruch zu nehmen.
20.2.1.3 Wiederauffüllung der Haftrücklage
Die im § 57 Abs. 5 BWG geregelte Wiederauffüllung der Haftrücklage nach bestimmungsgemäßer Verwendung ist steuerneutral.
20.2.1.4 Gebundene Rücklagen gemäß § 130 AktG idF BGBl. Nr. 475/1990
- Gemäß § 103 Z 12 lit. c BWG idF BGBl. Nr. 532/1993 ist eine zum letzten Bilanzstichtag vor dem 1. Jänner 1994 das Erfordernis gemäß § 23 Abs. 6 BWG idF BGBl. Nr. 532/1993 übersteigende Haftrücklage sowie die Sonderhaftrücklage gemäß Abschnitt I Artikel III Abs. 2 Z 2 lit. c KWG-Novelle 1986, BGBl. Nr. 325/1986, auf eine gebundene Rücklage im Sinne des § 130 AktG idF BGBl. Nr. 475/1990 zu übertragen. Gebundene Rücklagen dürfen gemäß § 130 Abs. 4 AktG idF BGBl. Nr. 475/1990 nur zum Ausgleich eines ansonsten auszuweisenden Bilanzverlustes aufgelöst werden.
- Jene Teile der Haftrücklage, die das zum 1. Jänner 1994 gemäß § 23 Abs. 6 BWG idF BGBl. Nr. 532/1993 erforderliche Ausmaß überstiegen und daher in die gebundene Rücklage gemäß § 130 AktG idF BGBl. Nr. 475/1990 übertragen wurden, sind bei der Einkommensermittlung steuerwirksam zu berücksichtigen. Nicht steuerhängig sind nur die steuerunwirksam gebildeten Haftrücklagenteile. Die erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage des Finanzmarktanpassungsgesetzes 1993 zu § 103 Z 12 BWG, BGBl. Nr. 532/1993, setzen trotz der im BWG vorgesehenen Überführung in eine gebundene Rücklage für die weitere Anwendbarkeit des angesprochenen Steuertatbestandes eine Weiterführung und Fortentwicklung (Auflösung) der übersteigenden Haftrücklage für steuerliche Zwecke voraus.
- Aufgrund der gesetzlichen Bestimmung in § 103 Z 12 lit. c BWG idF BGBl. Nr. 532/1993, dass Abschnitt V Artikel II Z 2 KWG-Novelle 1986, BGBl. Nr. 325/1986, weiter anzuwenden ist, ist die Sonderhaftrücklage in den Jahren der Auflösung nachzuversteuern. Der Teil der gebundenen Rücklage gemäß § 130 AktG idF BGBl. Nr. 475/1990, der einer übertragenen Sonderhaftrücklage entspricht, ist für steuerliche Zwecke als Sonderhaftrücklage weiterzuführen.
Die steuerfrei gebildeten Rücklagen gemäß § 13 Abs. 4 und 5 Rekonstruktionsgesetz, BGBl. Nr. 183/1955, sind ebenfalls gemäß § 103 Z 12 lit. c BWG idF BGBl. Nr. 532/1993 auf eine gebundene Rücklage im Sinne des § 130 AktG idF BGBl. Nr. 475/1990 zu übertragen. Steuerpflicht tritt anlässlich der Auflösung der Rücklage nur dann ein, wenn eine solche nicht ausschließlich zum Ausgleich von Wertminderungen oder zur Deckung von sonstigen Verlusten erfolgt.
20.2.2 Bewertungsfragen bei Kreditinstituten
20.2.2.1 „Überpari“ begebene Wertpapiere
- Werden Wertpapiere „überpari“ begeben, hat jener Teil des Ausgabebetrages, der über dem Nennwert des Papiers liegt, eine regulierende Wirkung auf den Zinsertrag aus dem Papier. Die effektive Verzinsung liegt dadurch unter der nominellen Verzinsung. Im Sinne einer periodengerechten Erfassung des effektiven Zinssatzes ist der „Überparibetrag“ aktiv abzugrenzen und auf die Laufzeit des Papiers finanzmathematisch unter Anwendung der in EStR 2000 Rz 6186 vorgesehenen Formel verteilt abzuschreiben. Davon getrennt sind die Anschaffungskosten des Papiers anzusetzen. Diese Anschaffungskosten sind auch Ausgangspunkt für die weitere Bewertung des Papiers.
Wird ein „pari“ begebenes Wertpapier am Sekundärmarkt zu einem „Überparipreis“ erworben, handelt es sich beim „Überparibetrag“ nicht um ein regulierendes Instrument für den Zinsertrag, sondern um einen echten Bestandteil des Kaufpreises. Es ist daher der volle Betrag, der für den Erwerb des Papiers aufgewendet wurde, als Ausgangspunkt für die weitere Bewertung des Papiers zu nehmen. Sollte die Entwicklung des Teilwertes des Papiers nicht erheblich von jenem Ergebnis abweichen, das bei der Verteilung des „Überparibetrages“ nach Art einer Abgrenzung eintritt, bestehen gegen eine derartige Vorgangsweise keine Bedenken.
Wurde ein bereits überpari begebenes festverzinsliches Forderungswertpapier am Sekundärmarkt zu einem noch höheren Betrag (Agio, Überparibetrag) erworben, ist jener Überparibetrag, der bei Begebung bereits im Kaufpreis des Forderungswertpapiers enthalten war und dem Emittenten als Zinsregulativ gedient hat, weiterhin bis zur Tilgung finanzmathematisch verteilt abzuschreiben, der restliche Kaufpreis ist allerdings einheitlich als Anschaffungskosten des Forderungswertpapiers anzusehen (VwGH 26.7.2005, 2002/14/0039).
Beispiel:
Ein festverzinsliches Wertpapier mit einem Nominale von 100, das überpari zu 104 im Jahr 00 mit einer Laufzeit von 10 Jahren begeben wurde, wird durch eine Bank am Sekundärmarkt um 110 im Jahr 04 erworben. Restlaufzeit ist 5 Jahre. Der Überparibetrag von 4 hätte vom Veräußerer bereits finanzmathematisch abgegrenzt und auf 10 Jahre verteilt abgeschrieben werden müssen, sodass sich bei Veräußerung im fünften Jahr ein Restbetrag von 2,03 ergeben müsste. Aus dem Kaufpreis von 110 ist daher ein Betrag von 2,03 herauszuschälen und auf die Restlaufzeit von 5 Jahren verteilt abzuschreiben, 107,97 sind Anschaffungskosten für das Wertpapier und unterliegen der Teilwertbetrachtung. Wäre der Teilwert des Forderungswertpapiers im Jahr 06 106, käme es zu einer Teilwertabschreibung von 1,97.
20.2.2.2 Wertpapiere in fremder Währung
Bei Wertpapieren, die auf eine ausländische Währung lauten, ist nicht zwischen einer Bewertung in der Originalwährung, auf die das Wertpapier lautet, und der Umrechnung in inländische Währung zu differenzieren, sondern es ist von einem einheitlichen umgerechneten Wert für die weitere Bewertung auszugehen. Die Umrechnung hat gemäß § 58 Abs. 1 BWG zwingend zum Mittelkurs am Bilanzstichtag zu erfolgen.
20.2.2.3 Einzelwertberichtigungen zu Ausleihungen
Wertberichtigungen sind steuerlich nur anzuerkennen, wenn zum Bilanzstichtag konkrete Risiken bestehen, die einzelnen Forderungen direkt zugerechnet werden können und eine Einstellung von Kreditrückzahlungen vorliegt. Es muss mit großer Wahrscheinlichkeit zu rechnen sein, dass bestimmte Forderungen nicht mit dem vollen Nennbetrag eingehen werden. Solche konkrete Risiken können sein:
- Nichteinhaltung einer Ratenvereinbarung,
- dauernde Einstellung von Kreditrückzahlungen,
- schlechte Vermögens- und Liquiditätslage des Schuldners,
- Währungsverlust.
- Ein unbesicherter Blankoanteil allein reicht keinesfalls für die Bildung einer Einzelwertberichtigung aus, da er als allgemeines Bankrisiko in der Bildung der Haftrücklage Berücksichtigung findet. Sicherheiten sind entsprechend zu berücksichtigen.
Nach dem Erkenntnis des VwGH 19.2.1991, 90/14/0242, liegt weder bei einem Tilgungsrückstand noch bei einer Kontoüberziehung allein eine vorübergehende oder dauernde Einstellung von Kreditrückzahlungen vor, die eine Einzelwertberichtigung rechtfertigt, da diese auch saisonbedingt sein kann oder auch andere ausreichende Sicherheiten vorliegen können.
20.2.2.4 Pauschale Einzelwertberichtigungen zu Ausleihungen
- Pauschalwertberichtigungen, die einem allgemeinen Forderungs-, Kredit- oder Branchenrisiko Rechnung tragen, ohne dass eine Risikozuordnung zu bestimmten Forderungen vorgenommen werden kann, sind steuerlich nicht zulässig.
- Laut Erkenntnis des VwGH 27.8.1998, 96/13/0165, ist es jedoch denkbar, dass eine Einzelwertberichtigung von verschiedenen Forderungen bei tatsächlich gleichartigem Sachverhalt im Wege einer Schätzung in gleichem Ausmaß vorgenommen wird.
Pauschal ermittelte Einzelwertberichtigungen sind in jenen Fällen zulässig, in denen ein vereinbarter Überziehungsrahmen überschritten wird, ohne dass mit dem Kontoinhaber ein entsprechender Kreditvertrag geschlossen wurde, oder wenn ein Rückstand von mehr als drei Kreditraten besteht und der Rückstand bei schriftlicher Krediteinräumung mehr als 15% des eingeräumten Kreditrahmens beträgt, ohne dass ausreichende Sicherheiten vorhanden sind. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob der Überziehungsrahmen schriftlich oder – wie bei Intern- und Disporahmen mündlich oder konkludent – eingeräumt wurde. In diesen Fällen bestehen keine Bedenken, eine pauschale Berichtigung in Höhe von bis zu 2,5% der jeweiligen unter den Gefährdungstatbestand fallenden Gruppensummen anzusetzen, sofern die Summe der gruppenweisen Einzelwertberichtigungen den durchschnittlichen Jahresbedarf an tatsächlichen Einzelwertberichtigungen in der einzelnen Gruppe innerhalb der letzten fünf Jahre nicht übersteigt. Sind, wenn auch nicht in vollem Umfang, Sicherheiten vorhanden, mindern diese die Bemessungsgrundlage der pauschal zu ermittelnden Einzelwertberichtigung. Auf die EStR 2000 Rz 2376 wird verwiesen.
20.2.2.5 Zuschreibungsrücklage für Kreditinstitute bei Wechsel des Wertberichtigungssystems (§ 124b Z 270 lit. c EStG 1988)
Die Bestimmung des § 124b Z 270 lit. c EStG 1988 betrifft eine Besonderheit bei Kreditinstituten. Im Zuge der Bewertung von Forderungen wird zunehmend das System der Einzelwertberichtigung durch ein System von pauschalen Wertberichtigungen nach aufsichtsrechtlich anerkannten Methoden ersetzt. Diese Wertberichtigungen werden anhand von Bonitätsklassen nach Erfahrungssätzen aus der Vergangenheit ermittelt. Liegen bei der gebildeten Wertberichtigung die Voraussetzungen für eine steuerliche Anerkennung nicht vor, würde der Wechsel des Wertberichtigungssystems zu einer steuerlich wirksamen Auflösung der Einzelwertberichtigung einerseits und der steuerlich nicht abzugsfähigen Bildung der pauschalen Wertberichtigung andererseits führen.
Beispiel:
Vom K-Kreditinstitut wurden insgesamt Einzelwertberichtigungen iHv 1.000.000 Euro steuerlich wirksam gebildet. Die Überführung in steuerlich nicht anerkannte pauschale Wertberichtigungen in gleicher Höhe hat keine unternehmensrechtliche Erfolgsauswirkung; Auflösung und Zuführung heben einander auf. Steuerlich entsteht ein Gewinn von 1.000.000 Euro, weil der steuerwirksamen Auflösung die steuerneutrale Zuführung gegenübersteht.
Um diesen Effekt zu verhindern bzw. zu entschärfen, sieht die Übergangsbestimmung des § 124b Z 270 lit. c EStG 1988 vor, dass der Ertrag aus der Auflösung von Einzelwertberichtigungen, die durch eine pauschale Wertberichtigung ersetzt werden, einer speziellen Zuschreibungsrücklage zugeführt werden kann. Diese ist bis zur Veranlagung 2018 unverändert beizubehalten und ab der Veranlagung 2019 jährlich um ein Fünftel steuerwirksam aufzulösen. Dadurch wird die sofortige Erfassung des Auflösungsbetrages verhindert. Die Bestimmung ist auf Auflösungen anzuwenden, die im ersten Geschäftsjahr, das nach dem 31.12.2015 begonnen hat, erfolgen.
Die Höhe des Zuführungsbetrages ist dabei durch die Auflösung der bestehenden steuerwirksam gebildeten Einzelwertberichtigungen begrenzt.
Beispiel 1:
Vom K-Kreditinstitut wurden insgesamt Einzelwertberichtigungen iHv 1.000.000 Euro steuerlich wirksam gebildet. Diese werden aufgelöst und durch steuerlich nicht abzugsfähige pauschale Wertberichtigungen iHv 1.200.000 Euro ersetzt.
Der gesamte Auflösungsbetrag iHv 1.000.000 Euro kann der Zuschreibungsrücklage gemäß § 124b Z 270 lit. c EStG 1988 zugeführt werden.
Beispiel 2:
Vom K-Kreditinstitut wurden insgesamt Einzelwertberichtigungen iHv 1.000.000 Euro steuerlich wirksam gebildet. Diese werden aufgelöst und durch steuerlich nicht abzugsfähige pauschale Wertberichtigungen iHv 750.000 Euro ersetzt.
Der Auflösungsbetrag kann iHv 1.000.000 Euro der Zuschreibungsrücklage gemäß § 124b Z 270 lit. c EStG 1988 zugeführt werden.
Soweit die neugebildete Wertberichtigung steuerlich abzugsfähig ist, kann die Zuschreibungsrücklage nur in Höhe der steuerlich nicht abzugsfähigen Zuführung gebildet werden.
Beispiel:
Vom K-Kreditinstitut wurden insgesamt Einzelwertberichtigungen iHv 1.000.000 Euro steuerlich wirksam gebildet. Diese werden aufgelöst und durch Wertberichtigungen iHv 1.100.000 Euro ersetzt, davon sind 150.000 Euro als steuerlich abzugsfähige Einzelwertberichtigungen zu qualifizieren, die restlichen 950.000 Euro stellen steuerlich nicht abzugsfähige pauschale Wertberichtigungen dar. Der Auflösungsbetrag kann iHv 950.000 Euro der Zuschreibungsrücklage gemäß § 124b Z 270 lit. c EStG 1988 zugeführt werden; insoweit wird anstelle einer bestehenden Einzelwertberichtigung eine pauschale Wertberichtigung gebildet.
Werden in der Folge pauschale Wertberichtigungen aufgelöst bzw. erhöht, sind diese Änderungen steuerlich unbeachtlich. Die Zuschreibungsrücklage bleibt unverändert; auch bei Ausscheiden der Forderung für die die Einzelwertberichtigung ursprünglich gebildet wurde. Die Zuschreibungsrücklage ist in der Steuerbilanz evident zu halten und ab der Veranlagung 2019 jährlich zu je einem Fünftel steuerwirksam zu verringern.
20.3 Versicherungsunternehmen und Pensionskassen
20.3.1 Versicherungstechnische Rückstellungen
20.3.1.1 Sondervorschriften für Versicherungsunternehmen
Der Versicherungsschutz umfasst einerseits das Dienstleistungsgeschäft und andererseits ein Risikogeschäft. Im Bereich des Dienstleistungsgeschäfts sind die damit verbundenen Risiken, dh. die Erfolgsschwankungen, ähnlich denen anderer Geschäftszweige. Im Bereich des Risikogeschäfts, das den Kern eines Versicherungsgeschäfts (Produktion von Versicherungsschutz) darstellt, wird gegen Zahlung von Prämien die Wahrscheinlichkeitsverteilung von Schäden auf den Versicherer transferiert. Der Versicherer produziert damit Versicherungsschutz über mehrere Perioden. Durch die Zuführungen zu versicherungstechnischen Rückstellungen soll also der Geldbedarf gedeckt werden, der durch den Eintritt eines Versicherungsfalles (zB Schaden, Unfall, Krankheit, Erleben, Ableben) verursacht wird.
§ 15 Abs. 1 erster Satz KStG 1988 normiert, dass Zuführungen zu versicherungstechnischen Rückstellungen insoweit abzugsfähig sind, als deren Bildung im VAG 2016 oder den dazu ergangenen Verordnungen vorgeschrieben ist. Dies gilt dem Grunde nach allgemein für versicherungstechnische Rückstellungen. Es handelt sich dabei um die VO der FMA über die Rechnungslegung von Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen (VU-RLV) vom 21.10.2015, BGBl. II Nr. 316/2015 idF BGBl. II Nr. 323/2016, die VO der FMA über die Bildung einer Schwankungsrückstellung in der Schaden- und Unfallversicherung von Versicherungsunternehmen (Schwankungsrückstellungs-Verordnung 2016 – VU-SWRV 2016) vom 21.10.2015, BGBl. II Nr. 315/2015 idF BGBl. II Nr. 324/2016 , und die Versicherungsunternehmen–Höchstzinssatzverordnung der FMA vom 6.10.2015, BGBl. II Nr. 299/2015 idF BGBl. II Nr. 266/2016. Darüber hinausgehende versicherungstechnische Rückstellungen sind davon nicht betroffen.
- Durch den ersten Satz wird somit einerseits die Maßgeblichkeit der UGB-Bilanz für die steuerliche Gewinnermittlung unterstrichen. Eine versicherungstechnische Rückstellung lässt sich nicht eindeutig von dem Begriff Rücklage oder Reserve abgrenzen. Durch den Verweis auf das VAG 2016 soll klargestellt werden, welche versicherungstechnischen Rückstellungen zunächst dem Grunde nach zulässig sind.
- § 15 Abs. 1 zweiter Satz KStG 1988 enthält einen Verweis auf die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung mit der steuerlichen Implikation, dass versicherungstechnische Rückstellungen den Betrag nicht übersteigen dürfen, der zur Sicherstellung der Verpflichtungen aus den am Bilanzstichtag bestehenden Versicherungsverträgen notwendig ist. In Vollziehung dieses Hinweises ist die Abgabenbehörde zur Prüfung der versicherungstechnischen Rückstellungen der Höhe nach verpflichtet.
20.3.1.2 Schwankungsrückstellung
- Die Schwankungsrückstellung ist nach den Vorschriften des VAG 2016 und der dazu ergangenen VO der FMA über die Bildung einer Schwankungsrückstellung in der Schaden- und Unfallversicherung von Versicherungsunternehmen (Schwankungsrückstellungs-Verordnung 2016 – VU–SWRV 2016) vom 21.10.2015, BGBl. II Nr. 315/2015 idF BGBl. II Nr. 324/2016, zu berechnen und zu bilden. Der Auftritt von Über- und Unterschäden unterliegt dem Zufall und ist das spezifische versicherungstechnische Risiko, das im Kollektiv und in der Zeit, das heißt über mehrere Perioden, ausgeglichen werden kann. Durch die Bildung einer Schwankungsrückstellung wird dieses Zufallsrisiko in der Bilanz abgebildet. Die Schwankungsrückstellung soll damit den Risikoausgleich in der Zeit gewährleisten (Ausgleichsfunktion) und hat außerdem die Aufgabe, durch Bereitstellung finanzieller Mittel die Überschäden zu decken, damit die Ruinwahrscheinlichkeit des Versicherers möglichst klein gehalten wird (Sicherheitsfunktion). Die Schwankungsrückstellung stellt somit eine Vorsorge für Unternehmerrisiken dar, wobei ihr aber auch Eigenkapitalcharakter zukommt.
Für die steuerliche Abzugsfähigkeit einer Schwankungsrückstellung müssen insbesondere folgende in § 15 Abs. 2 KStG 1988 aufgezählte steuerliche Voraussetzungen gleichermaßen erfüllt sein:
- Es muss aufgrund der Erfahrungen, die durch statistisches Material belegt werden können, mit erheblichen Schwankungen des Jahresbedarfes (damit ist der Schadenbedarf gemeint) zu rechnen sein. Dies gilt für den jeweiligen Versicherungszweig und bedeutet eindeutig einen gesetzlichen Auftrag zur Überprüfung der Schwankungsrückstellung dem Grunde und der Höhe nach.
- Die Erheblichkeitsklausel ist ausdrücklich in der oben angeführten VO über die Schwankungsrückstellung definiert. Es ist danach von erheblichen Schwankungen auszugehen, wenn die Standardabweichung mindestens 5%-Punkte beträgt (§ 8 Z 2 der oben angeführten VO über die Schwankungsrückstellung).
- Eine weitere Voraussetzung für die Bildung stellt nach der VO die so genannte Bagatelleklausel dar. Eine Bildung kann nur dann erfolgen, wenn die durchschnittlichen abgegrenzten Eigenbehaltsprämien der letzten drei Geschäftsjahre (inklusive dem Bilanzjahr) 150.000 Euro übersteigen.
- Wenn die Schwankungen des Schadenbedarfs durch Prämien gedeckt werden, ist eine Voraussetzung für die Bildung einer Schwankungsrückstellung nicht erfüllt.
- Die Schwankungsrückstellung ist durch die Höhe des Sollbetrages gemäß § 10 der oben angeführten VO über die Schwankungsrückstellung am jeweiligen Bilanzstichtag nach oben hin begrenzt. Dieser Betrag stellt aus steuerrechtlicher Sicht die Höchstgrenze dar.
- Änderungen der Schwankungsrückstellung sind zur Hälfte steuerwirksam.
20.3.1.3 Steuerliche Abzugsfähigkeit
Die Rückstellung für noch nicht abgewickelte Versicherungsfälle und die sonstigen Rückstellungen gemäß § 144 Abs. 3 D VII VAG 2016 sind mit 80% des Teilwertes anzusetzen. Zu den sonstigen versicherungstechnischen Rückstellungen zählen insbesondere
- die Stornorückstellung,
- die Rückstellung für Großschäden,
- die Rückstellung für Verluste aus dem indirekten Geschäft und
- die Rückstellung für drohende Verluste.
- Randzahl 1357: entfällt
Bei Rückstellungen mit einer Laufzeit von weniger als 12 Monaten wird keine Kürzung vorgenommen, wobei 70% der Rückstellung für noch nicht abgewickelte Versicherungsfälle kurzfristiger als 12 Monate angesehen werden.
20.3.1.4 Prämienüberträge
- Die Prämien werden den Versicherungsnehmern in der Regel im Vorhinein für die gesamte Versicherungsperiode oder bei unterjähriger Zahlungsweise für einen Teil der Versicherungsperiode vorgeschrieben. Aufgrund dieser Tatsache reichen die Prämienvorschreibungen mitunter über den Bilanzstichtag hinaus und sind durch Passivposten (Prämienüberträge) in den Bilanzen zu berücksichtigen (Hinweis auf § 151 VAG 2016). Diese Passivposten sind ihrem Wesen nach in erster Linie Rechnungsabgrenzungsposten. Sie sind grundsätzlich für jeden Versicherungsvertrag nach einer zeitanteiligen Einzelberechnung zu ermitteln.
In der Lebensversicherung ist die Berechnung der Prämienüberträge in den Geschäftsplänen für die Lebensversicherung geregelt. In der Krankenversicherung werden überwiegend Monatsprämien vorgeschrieben, daher spielen Prämienüberträge kaum eine Rolle. Die größte Bedeutung haben die Prämienüberträge in der Schaden-Unfallversicherung.
20.3.1.5 Deckungsrückstellung
Der Deckungsrückstellung kommt in den Bereichen Lebensversicherung und Krankenversicherung besondere Bedeutung zu. Sie ist aber auch für nach der Art der von Lebensversicherungen betriebenen Versicherungszweige (Unfallversicherung) zu bilden. Grundsätzlich ist eine Einzelberechnung zu fordern, wobei ua. mathematisch-statistische Methoden insoweit zulässig sind, als sie zu einem annähernd gleichen Ergebnis führen.
- In der Lebensversicherung ist es das primäre Ziel, die Deckung eines einzelnen ungewissen, insgesamt geschätzten Mittelbedarfs auf der Grundlage des Risikoausgleichs im Kollektiv und in der Zeit zu gewährleisten. Dazu sind nach versicherungsmathematischen Grundsätzen Kapitalansammlungen zu berechnen, wobei als Grundlage der technische Geschäftsplan des Unternehmens dient. In die Berechnung fließen insbesondere die Sterblichkeitsrate, der Rechnungszinsfuß, Kosten und die Stornowahrscheinlichkeit ein. Zur Deckung der rechnungsmäßigen Abschlusskosten gibt es ein eigenes Verfahren, wobei zu beachten ist, dass negatives Deckungskapital immer auf Null aufgefüllt werden muss.
Die Deckungsrückstellung in der Lebensversicherung enthält einen Sparvorgang (laut Vertrag). Dadurch entsteht ein individuelles Guthaben, das aus den Sparteilen der geleisteten Nettoprämien angesammelt wird und in seiner jeweiligen Höhe dem Berechtigten aus dem Versicherungsvertrag zufließen muss.
Versicherungsunternehmen haben in der Lebensversicherung eine Zinszusatzrückstellung als Deckungsrückstellung zu bilden (§ 3 Versicherungsunternehmen-Höchstzinssatzverordnung vom 6.10.2015, BGBl. II Nr. 299/2015 idF BGBl. II Nr. 266/2016). Die Bildung der Zinszusatzrückstellung ist trotz des pauschalen Charakters (§ 3 Abs. 3 der Verordnung) dem Grunde nach gemäß § 15 Abs. 1 KStG 1988 steuerlich abzugsfähig, die Höhe unterliegt entsprechend der Einschränkung des § 15 Abs. 1 KStG 1988 der Überprüfung durch die Abgabenbehörde.
Die aufsichtsrechtliche Mindestbildung ist steuerlich abzugsfähig. Eine darüber hinausgehende Dotierung ist steuerlich wirksam, wenn das Erfordernis iSd § 15 Abs. 1 zweiter Satz KStG 1988 durch eine Einzelberechnung der Deckungsrückstellung aufgrund der tatsächlichen Gegebenheiten des Versicherungsunternehmens nachgewiesen wird.
- In der Krankenversicherung ist die Prämie auf Basis des für die gesamte voraussichtliche Laufzeit zu erwartenden Morbiditätsrisikos derart kalkuliert, dass konstante Prämien einem altersbedingt steigenden Erkrankungsrisiko gegenüberstehen. Der Ausgleich erfolgt über die Deckungsrückstellung (auch Alterungsrückstellung genannt). In ihr werden also Teile der anfänglich im Verhältnis zum Risiko überhöhten Prämien angesammelt, verzinst und später zur Auffüllung der nicht mehr ausreichenden Prämien wieder aufgelöst.
Die Alterungsrückstellung stellt keinen Sparvorgang im herkömmlichen Sinn dar (im Unterschied zu Lebensversicherungen bei gemischten Tarifen). Bei Auflösung des Vertrages hat daher der Versicherungsnehmer per Vertragsklausel keinen Anspruch auf die bisher angesammelte Alterungsrückstellung. In die Berechnung der Deckungsrückstellung bei der Krankenversicherung fließen insbesondere die Sterblichkeitsrate, die Schadenhäufigkeit, die Kostenhöhe und die Stornowahrscheinlichkeit ein.