20.2.2.5.3.3 Depots mit Sonderstatus
Werden zu einem bestehenden, in Alleininhaberschaft stehenden Depot weitere Depotinhaber zugelassen, die dann entweder alleine (Oder-Depot) oder nur gemeinsam mit anderen Depotinhabern (Und-Depot) über die hinterlegten Wertpapiere zu verfügen berechtigt sind, liegt ein Übertragungsvorgang vor, der eine Entnahme im Sinne des § 27 Abs. 6 Z 2 EStG 1988 darstellt. Ob dieser Vorgang steuerpflichtig ist, ist davon abhängig, ob es sich um eine entgeltliche oder unentgeltliche Übertragung handelt.
Für Zwecke des KESt-Abzuges kann grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass eine Änderung der Depotinhaberschaft steuerlich unbeachtlich ist. Zur Vermeidung von Missbräuchen gilt dies nicht, wenn nach einem Hinzutritt eines weiteren Depotinhabers innerhalb von sechs Monaten
- bei Einzeldepots der ursprüngliche Depotinhaber ausscheidet;
- bei Gemeinschaftsdepots alle zum Zutrittszeitpunkt bereits vorhandenen Depotinhaber ausscheiden.
In einem solchen Fall ist, sofern der Steuerpflichtige eine unentgeltliche Übertragung nicht nachweist (§ 27 Abs. 6 Z 2 fünfter TS erster Sub-TS EStG 1988) oder die depotführende Stelle zur Datenweitergabe ermächtigt (§ 27 Abs. 6 Z 2 fünfter TS zweiter Sub-TS EStG 1988), von einer KESt-pflichtigen Depotübertragung auszugehen. Die steuerpflichtige Realisierung findet dabei zum Zeitpunkt des Ausscheidens des (letzten) ursprünglichen Depotinhabers im Ausmaß des gesamten Wertpapierbestandes statt. Dem neuen Depotinhaber sind somit die übertragenen Wertpapiere mit den entsprechend erhöhten Anschaffungskosten zuzurechnen.
Entsteht ein Oder-Depot im Ausland, kommt die Ausnahmebestimmung des § 27 Abs. 6 Z 2 vierter Teilstrich EStG 1988 nur dann zur Anwendung, wenn der ursprüngliche Alleininhaber den Übertragungsvorgang seinem Wohnsitzfinanzamt meldet. Zur Meldung siehe Abschnitt 20.2.2.5.3.2.2.
20.2.2.5.3.4 Übersichtstabelle
An Von |
inländische depotführende Stelle |
ausländische depotführende Stelle |
|
inländischer depotführender Stelle |
Bei selber Stelle | Keine Meldung erforderlich | |
Auf Depot desselben Steuerpflichtigen | Mitteilung der AK durch inl. Stelle | Meldung ans FA durch inl. Stelle | |
Unentgeltlich auf Depot eines anderen Steuerpflichtigen |
1.Nachweis der unentgeltl. Übertragung 2.Meldung ans FA durch inl. Stelle |
1.Nachweis der unentgeltl. Übertragung 2.Meldung ans FA durch inl. Stelle |
|
ausländischer depotführender Stelle |
Bei selber Stelle | Keine Meldung erforderlich | |
Auf Depot desselben Steuerpflichtigen | Mitteilung der AK durch ausl. Stelle | Meldung ans FA | |
Unentgeltlich auf Depot eines anderen Steuerpflichtigen | Meldung ans FA | Meldung ans FA |
20.2.2.6 Liquidation
Als Veräußerung im Sinne des § 27 Abs. 3 und 4 EStG 1988 gilt auch der Untergang von Anteilen auf Grund der Auflösung (Liquidation) oder Beendigung einer Körperschaft für sämtliche Beteiligte unabhängig vom Ausmaß ihrer Beteiligung (§ 27 Abs. 6 Z 2 EStG 1988). Erfasst wird der Unterschiedsbetrag zwischen dem Abwicklungsguthaben und den Anschaffungskosten der Anteile (§ 27a Abs. 3 Z 2 lit. c EStG 1988).
Anteile an einer Körperschaft sind sämtliche Gesellschaftsrechte und anteilsartigen Substanzrechte. Neben Aktien und GmbH-Anteilen gehören dazu Geschäftsanteile an Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften, Substanzgenussrechte im Sinne des § 8 Abs. 3 Z 1 KStG 1988, Berechtigungen aus Partizipationskapital im Sinne des Bankwesengesetzes und des Versicherungsaufsichtsgesetzes, nicht jedoch echte stille Beteiligungen sowie echte stille Beteiligungen im Sinne des Beteiligungsfondsgesetzes.
Kommt dem Anteilsinhaber auf Grund der Liquidation der Körperschaft tatsächlich nichts zu, liegt insofern ein Ergebnis im Rahmen der Einkunftsart des § 27 EStG 1988 vor, als jedenfalls die positiven Anschaffungskosten der untergehenden Anteile als Verlust abgezogen werden können. Dementsprechend muss ein Ergebnis im Rahmen der Einkunftsart des § 27 EStG 1988 vorliegen, wenn die Anschaffungskosten durch vorangegangene Umgründungsvorgänge im Sinne des UmgrStG negativ sind. In diesem Fall ergeben sich in Höhe der negativen Anschaffungskosten positive Einkünfte. Der Überschuss oder Verlust wird zu dem Zeitpunkt realisiert, in dem die unbeschränkte Steuerpflicht der betroffenen Körperschaft erlischt (siehe KStR 2013 Rz 153 f). Aus Vereinfachungsgründen kann davon ausgegangen werden, dass dieser Zeitpunkt dem Tag der Löschung der Firma im Firmenbuch entspricht. Findet bei der Liquidation ausländischer Körperschaften kein vergleichbarer Vorgang statt, ist auf den Zeitpunkt des tatsächlichen Untergangs der Körperschaft abzustellen.
20.2.3 Einkünfte aus Derivaten
20.2.3.1 Allgemeines
Der Ausdruck Derivate umfasst
- sämtliche Termingeschäfte (zB Optionen, Futures, Forwards, Swaps usw.) sowie
- andere derivative Finanzinstrumente
unabhängig davon, ob deren Underlying Finanzvermögen, Rohstoffe oder zB sonstige Wirtschaftsgüter darstellt.
Damit werden auch sämtliche Arten von Zertifikaten (zB Index, Alpha, Hebel, Sport) als sonstige derivative Finanzinstrumente erfasst.
20.2.3.2 Steuerpflichtige Vorgänge
Einkünfte gemäß § 27 Abs. 4 EStG 1988 liegen nur vor, wenn
- ein Differenzausgleich erfolgt,
- eine Stillhalterprämie geleistet wird,
- das Derivat selbst veräußert wird oder
- eine sonstige Abwicklung (Glattstellen) erfolgt.
Zur Behandlung von Schadenersatz bei Substanzschaden, siehe Rz 6143.
Die reine Ausübung einer Option bzw. die tatsächliche Lieferung des Underlying als solche führen – der Rechtslage vor dem BBG 2011 entsprechend – (noch) zu keiner Besteuerung nach § 27 Abs. 4 EStG 1988, sondern wirken sich allenfalls in Form höherer Anschaffungskosten, niedrigerer Veräußerungserlöse bzw. eines niedrigeren Zinses aus. Zahlungen aus einem Zinsswap im Zusammenhang mit einem steuerpflichtigen Grundgeschäft führen daher nicht zu Einkünften aus Derivaten, sondern allenfalls zu höheren bzw. niedrigeren Einkünften aus der Überlassung von Kapital. Entsprechendes gilt auch für Währungsswaps.
Beispiele:
1. A zahlt B 10 für eine Option, eine Aktie um 100 zu erwerben. Der Wert der Aktie beträgt 130, A übt die Option aus.
Die Ausübung der Option bei A führt nicht zu Einkünften; die Anschaffungskosten der Aktie betragen 100+10 = 110. Erst bei einem allfälligen Verkauf der Aktie kommt es zur Realisierung der Wertsteigerung; zu versteuern wären diesfalls 20 (= 130-110).
B erzielt zunächst durch die Einräumung der Option Einkünfte iHv 10. Inwieweit sich darüber hinaus die Lieferung der Aktie an A bei B steuerlich auswirkt, hängt von seinen Anschaffungskosten dieser Aktie ab.
2. A zahlt B 10 für eine Option, ihm eine Aktie um 100 zu verkaufen. Der Wert der Aktie sinkt, A übt die Option aus.
Bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinnes des A ist die geleistete Stillhalterprämie als Minderung des Veräußerungserlöses zu berücksichtigen. Sind die Anschaffungskosten des A nicht bekannt, ist bei der Ermittlung der Anschaffungskosten gemäß § 93 Abs. 4 EStG 1988 zunächst die Stillhalterprämie vom Veräußerungserlös abzuziehen und sodann der Saldo zu halbieren, dh. (100-10)/2 = 45.
B hat die empfangene Stillhalterprämie als Minderung seiner Anschaffungskosten zu berücksichtigen.
3. A tauscht die variable Verzinsung einer Anleihe mittels Zins-Swap gegen eine fixe Verzinsung von 4%.
Wenn A tatsächlich Zinsen in Höhe von 4% erhält (also tatsächlich die Zinszahlungsströme getauscht werden), liegen Einkünfte aus der Überlassung von Kapital in Höhe der 4-prozentigen Zinszahlung vor.
Auch die Veräußerung von Wirtschaftsgütern (zB Edelmetalle), an denen zivilrechtliches Miteigentum entsteht, die weder verbrieft noch laufend verzinst sind, führt nicht zu Einkünften aus Derivaten sondern innerhalb der Spekulationsfrist zu Einkünften gemäß § 31 EStG 1988.
Werden beim Forex(Foreign Exchange)-Handel Währungen in Paaren gehandelt, indem gleichzeitig zum Kauf einer Währung ein Leerverkauf einer zweiten Währung stattfindet, liegt ein als Derivat im Sinne des § 27 Abs. 4 EStG 1988 eingestuftes einheitliches Produkt vor.
Derivate unterliegen dem besonderen Steuersatz von 27,5% gemäß § 27a Abs. 1 Z 2 EStG 1988 und somit auch dem Kapitalertragsteuerabzug nur, wenn sie verbrieft sind (siehe Abschnitt 20.3.3).
20.2.3.2.1 Differenzausgleich
Beim Differenzausgleich wird das Underlying nicht tatsächlich geliefert, sondern die Wertdifferenz zwischen aktuellem Preis und Ausübungspreis bezahlt. Der Differenzausgleich entspricht somit wirtschaftlich der Ausübung einer Option samt nachfolgender Veräußerung des Underlyings und soll daher zu Einkünften aus Derivaten führen. Als praktisch besonders bedeutsamer Fall wird der Differenzausgleich auch als erster Tatbestand in § 27 Abs. 4 EStG 1988 genannt.
§ 27a Abs. 3 Z 3 lit. a EStG 1988 regelt die Bemessungsgrundlage beim Differenzausgleich:
- Der erste Teilstrich richtet sich an denjenigen, der den Differenzausgleich erhält, also zB bei einem bedingten Termingeschäft (Option) den Anleger, der das Gestaltungsrecht ausüben kann (long position). Dieser hat den empfangenen Differenzausgleich abzüglich der Anschaffungskosten des Derivats zu versteuern.
- Der zweite Teilstrich stellt dagegen auf denjenigen ab, der den Differenzausgleich leistet. Im Falle eines bedingten Termingeschäfts (Option) hat dieser eine „Stillhalterprämie“ erhalten (er befindet sich in der „short position“), im Falle eines unbedingten Termingeschäfts (Future, Forward) erhält dieser Anleger „Einschüsse“ bzw. „Margins“. Für diesen Steuerpflichtigen ergibt sich nun ein Verlust in Höhe der Differenz der erhaltenen Stillhalterprämie oder Einschüsse und des geleisteten Differenzausgleichs.
Beispiel:
A zahlt B 10 für eine Option, eine Aktie um 100 zu erwerben. Der Wert der Aktie beträgt 130, A und B vereinbaren einen Differenzausgleich, dh. B zahlt A 30 (= Differenz zwischen aktuellem Preis und Ausübungspreis).
Bei A liegen Einkünfte aus Derivaten in Höhe von 20 (= 30-10) vor (gemäß § 27a Abs. 3 Z 3 lit. a erster TS EStG 1988).
B erleidet einen Verlust von 20 (siehe unten Abschnitt 20.2.3.2.2).
20.2.3.2.2 Stillhalterprämie
Empfangene Stillhalterprämien sind aufgrund § 27a Abs. 3 Z 3 lit. a zweiter TS EStG 1988 bzw. § 27a Abs. 3 Z 3 lit. b EStG 1988 erst in jenem Zeitpunkt zu versteuern, in dem der wirtschaftliche Erfolg aus dem Geschäft feststeht, dh. sobald die Option ausgeübt wird, ein Differenzausgleich geleistet wird oder die Option verfällt.
Wird eine Call-Option ausgeübt, stellt die empfangene Stillhalterprämie eine Erhöhung des Veräußerungserlöses dar. Wird eine Put-Option ausgeübt, senkt die empfangene Stillhalterprämie die Anschaffungskosten des Underlying.
Wird ein Differenzausgleich geleistet, ist die Differenz zwischen empfangener Stillhalterprämie und geleistetem Differenzausgleich als Einkünfte aus Derivaten anzusetzen (siehe Beispiel in Abschnitt 20.2.3.2.1).
Kommt es bei einem bedingten Termingeschäft (Option) weder zur Lieferung des Underlying (durch Ausübung der Option), noch zu einem Differenzausgleich, verfällt die Option und der Stillhalter hat die empfangene Stillhalterprämie in voller Höhe zu versteuern (§ 27a Abs. 3 Z 3 lit. b EStG 1988).
Beispiel:
A zahlt B 10 für eine Option, eine Aktie um 100 zu erwerben. Der Wert der Aktie beträgt 80, A lässt die Option verfallen.
Bei B liegen Einkünfte aus Derivaten in Höhe von 10 vor (gemäß § 27a Abs. 3 Z 3 lit. a erster TS EStG 1988).
B hat positive Einkünfte aus Derivaten aus der erhaltenen Stillhalterprämie in Höhe von 10, A negative Einkünfte in selber Höhe.
20.2.3.2.3 Veräußerung und sonstige Abwicklung
Der Veräußerung des Derivats selbst ist die sonstige Abwicklung gleichzuhalten: Dafür kommt insbesondere die Glattstellung in Frage, bei der durch Abschließen eines gegenläufigen Geschäfts wirtschaftlich die bisherigen Wertsteigerungen realisiert und künftige Wertschwankungen abgesichert werden.
Beispiel:
A zahlt B 10 für eine Option, eine Aktie um 100 zu erwerben. Der Wert der Aktie beträgt 130.
a) A verkauft die Option um 29.
b) A räumt eine Option ein, in der er sich zur Lieferung der Aktie um 100 verpflichtet und erhält dafür 29.
In beiden Fällen hat A den inneren Wert der Option realisiert und sich in eine risikolose Position begeben (weil er im Fall b, sollte er tatsächlich um 100 liefern müssen, seinerseits die Call-Option gegenüber B ausüben und um 100 erwerben kann).
Im Fall der Veräußerung des Derivats ist – der Bemessungsgrundlage bei realisierten Wertsteigerungen entsprechend – gemäß § 27a Abs. 3 Z 3 lit. c EStG 1988 beim Veräußerer der Unterschiedsbetrag zwischen Veräußerungserlös und Anschaffungskosten steuerpflichtig. Im Fall der sonstigen Abwicklung gilt die erhaltene Stillhalterprämie als Veräußerungserlös.
Beispiel:
A zahlt B 10 für eine Option mit einjähriger Laufzeit, ein Wirtschaftsgut um 100 zu erwerben. Nach 6 Monaten hat das Wirtschaftsgut einen Wert von a) 150 b) 50. Nach 6 Monaten wollen A bzw. B ihren Gewinn aus dem Geschäft mittels Glattstellung der Option sichern.
Lösung a)
A schließt eine gegenläufige Option ab, bei der er als Stillhalter das Wirtschaftsgut um 100 liefern muss. Dafür erhält er eine – angesichts des aktuellen Marktwerts iHv 150 hohe – Stillhalterprämie von 48.
Diese Stillhalterprämie gilt als Veräußerungserlös, dem A nun die Anschaffungskosten der ursprünglichen Option gegenüberzustellen hat. Seine Einkünfte aus diesem Derivatgeschäft betragen somit 38.
Lösung b)
B schließt eine gegenläufige Option ab, bei der er das Recht erhält, das Wirtschaftsgut um 100 zu kaufen. Dafür leistet er eine – angesichts des aktuellen Marktwerts von 50 niedrige – Stillhalterprämie von 1. Die ursprünglich empfangene Stillhalterprämie von 10 gilt als Veräußerungserlös, dem B nun die Anschaffungskosten der von ihm zur Glattstellung erworbenen Option gegenüberzustellen hat. Seine Einkünfte aus diesem Derivatgeschäft betragen somit 9.
20.2.3.3 Private Zinssicherungsgeschäfte
Die tatsächliche Lieferung des Underlyings führt isoliert zu keiner Steuerpflicht, ein Zins-Swap auf den Zins einer Anleihe wirkt sich jedoch im Rahmen der Einkünfte aus der Überlassung von Kapital steuerlich aus (vgl. Abschnitt 20.2.3.2). Daraus folgt, dass grundsätzlich Zins-Swap-Vereinbarungen, solange tatsächlich nur ein Austausch der Zinszahlungen stattfindet, nur zu – positiven oder negativen – Einkünften führen, wenn sie im Zusammenhang mit Einkünften stehen, wie mit dem (steuerpflichtigen) Zins einer Anleihe. Steht dagegen ein Zins-Swap im Zusammenhang mit einem nicht steuerrelevanten Darlehen (zB privates Wohnbaudarlehen), ist der bloße Austausch der Zinszahlungen nicht von § 27 Abs. 4 EStG 1988 erfasst.
Dagegen führt die Veräußerung oder Glattstellung des Derivats selbst zu Einkünften aus Derivaten. Diese Grundsätze gelten für sämtliche Derivate, die im Zusammenhang mit nicht steuerrelevanten Grundgeschäften stehen und lediglich zur Zinssicherung verwendet werden (zB Zins-Cap). Stehen sie im Zusammenhang mit steuerrelevanten Grundgeschäften (zB im Rahmen eines Gewerbebetriebes, bei Vermietung und Verpachtung) oder wird das Derivat selbst verkauft bzw. geschlossen, liegen steuerpflichtige Einkünfte vor. Ändert sich der Verwendungszweck, sind die steuerneutralen von den steuerrelevanten Zeiträumen entsprechend abzugrenzen.
Beispiele:
1. A tauscht die variable Verzinsung einer Anleihe mittels Zins-Swap gegen eine fixe Verzinsung von 4%. Da sich die variable Verzinsung sehr schlecht entwickelt, steigt der Wert der Zins-Swap-Vereinbarung.
Realisiert A diesen Wertzuwachs, liegen Einkünfte aus Derivaten vor. Behält A den Zins-Swap, sind die Zahlungen aus dem Zinsswap als Einkünfte aus der Überlassung von Kapital zu erfassen.
2. B erwirbt ein Einfamilienhaus und nimmt dazu ein Darlehen in Höhe von 100.000 Euro auf, das variabel verzinst wird. Um sich gegen steigende Zinsen abzusichern, erwirbt B zusätzlich einen Zins-Cap.
Reduziert der Zins-Cap die von B zu zahlenden Zinsen, liegen keine Einkünfte aus Derivaten vor.
3. C hält einen Zins-Cap ohne dazugehöriges Darlehen. Zahlungen aus dem Zins-Cap stellen Einkünfte aus Derivaten dar.
20.2.4 Beurteilung verschiedener Produktgruppen
20.2.4.1 Optionsanleihen
20.2.4.1.1 Allgemeines
Bei einer Optionsanleihe besitzt der Inhaber neben dem Recht auf Rückzahlung des Nominalbetrags ein in einem Optionsschein verbrieftes Recht, innerhalb der Optionsfrist eine bestimmte Anzahl von Aktien des Emittenten oder einer anderen Gesellschaft, Anleihen, Fremdwährungen, physische Werte wie Edelmetalle oder sonstige Basiswerte zu einem festgelegten Kaufpreis zu erwerben. Mit der Ausübung der Option erlischt der Anspruch auf Rückzahlung des Nominalbetrags der Anleihe nicht. Anleihe und Optionsschein können voneinander getrennt werden und sind sodann gesondert handelbar.
Anleihe und Optionsschein stellen daher jeweils selbständige Wirtschaftsgüter dar. Die Ausübung der Option nach dem 31.12.2010 führt daher stets zu Neuvermögen hinsichtlich der erworbenen Aktien.
Zinserträge aus der Anleihe sind als Einkünfte aus der Überlassung von Kapital gemäß § 27 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 zu erfassen. Realisierte Wertsteigerungen und -minderungen bei Veräußerung bzw. Einlösung der Anleihe stellen Einkünfte aus realisierten Wertsteigerungen von Kapitalvermögen gemäß § 27 Abs. 3 EStG 1988 dar. Unabhängig davon, ob der Optionsschein noch mit der Anleihe verbunden ist oder bereits von ihr getrennt wurde, gelten für dessen Veräußerung die Bestimmungen des § 27 Abs. 4 EStG 1988 (siehe Abschnitt 20.2.3.2.3).
Wird der Optionsschein zusammen mit der Anleihe erworben, sind die gesamten Anschaffungskosten nur der Anleihe zuzurechnen.
Werden daher Optionsanleihen während der Laufzeit (zB am Sekundärmarkt) erworben, sind stets die gesamten Anschaffungskosten der Anleihe zuzurechnen.
Bei einer Veräußerung einer Optionsanleihe während der Laufzeit wird
- der Gewinn aus der Anleihe als Einkünfte aus realisierten Wertsteigerungen von Kapitalvermögen gemäß § 27 Abs. 3 EStG 1988 und der Gewinn aus dem Optionsrecht als Einkünfte aus Derivaten gemäß § 27 Abs. 4 EStG 1988 erfasst, wenn der Veräußerer unterschiedliche Anschaffungskosten ausgewiesen hat (was nur beim Ersterwerber von Optionsanleihen, die in den Emissionsbedingungen eine Aufteilung vorsehen, zutrifft) und in allen anderen Fällen
- der gesamte Gewinn aus der Veräußerung (Anleihe und Optionsrecht) unter den Einkünften aus realisierten Wertsteigerungen von Kapitalvermögen gemäß § 27 Abs. 3 EStG 1988 erfasst.
Wird während der Laufzeit das Optionsrecht getrennt von der Anleihe veräußert, sind die Einkünfte daraus unter § 27 Abs. 4 EStG 1988 zu erfassen. Wenn der Veräußerer keine gesonderten Anschaffungskosten für das Optionsrecht ausgewiesen hat, sind dem Veräußerungspreis Anschaffungskosten in Höhe von Null gegenüberzustellen.
Wird das Optionsrecht ausgeübt, hat dies keine unmittelbaren steuerrechtlichen Auswirkungen. Die Anschaffungskosten des Optionsrechts – falls vorhanden – erhöhen lediglich die Anschaffungskosten des gelieferten Basiswertes. Wird statt der Lieferung des Basiswertes ein Differenzausgleich geleistet, wird der Unterschiedsbetrag zwischen dem Differenzausgleich und den Anschaffungskosten des Optionsrechts – falls vorhanden – unter den Einkünften aus Derivaten gemäß § 27 Abs. 4 EStG 1988 erfasst.
Beispiel:
Eine Optionsanleihe wird bei Emission im Jahr 01 zum Ausgabepreis von 100 erworben. Die Emissionsbedingungen sehen eine jährliche Verzinsung der Anleihe mit 2,5 Prozent und eine Einlösung nach 5 Jahren zum Nominalwert von 100 vor; das Optionsrecht wird durch einen untermarktmäßigen Zinskupon abgegolten.
Im Jahr 03 wird das Optionsrecht ohne zugehörige Anleihe um 6 veräußert.
Die Anschaffungskosten der Optionsanleihe sind zur Gänze der Anleihe zuzurechnen, womit die Anschaffungskosten für das Optionsrecht Null betragen. Aus der Veräußerung des Optionsrechts werden Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 27 Abs. 4 EStG 1988 in Höhe von 6 erzielt.
Variante 1:
Im Jahr 03 wird das Optionsrecht ausgeübt.
Es kommt zu keinen steuerlichen Auswirkungen, die Anschaffungskosten des Basiswertes entsprechen dem im Optionsschein festgelegten Ausübungspreis.
Variante 2:
Im Jahr 03 wird die Optionsanleihe (inkl. Optionsrecht) um 115 veräußert.
Die gesamte realisierte Wertsteigerung von 15 (115 – 100) ist unter den Einkünften gemäß § 27 Abs. 3 EStG 1988 zu erfassen.
20.2.4.1.2 KESt-Abzug
Zinserträge aus der Optionsanleihe sind als Einkünfte aus der Überlassung von Kapital gemäß § 27 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 gemäß § 93 EStG 1988 durch Kapitalertragsteuerabzug zu erfassen. Abzugsverpflichteter ist gemäß § 95 Abs. 2 Z 1 lit. b EStG 1988 die auszahlende Stelle.
Bei Kapitalerträgen aus der Veräußerung bzw. Einlösung der Optionsanleihe (Anleihe und Optionsrecht) bestehen keine Bedenken, stets Einkünfte aus realisierten Wertsteigerungen von Kapitalvermögen gemäß § 27 Abs. 3 EStG 1988 anzunehmen und gemäß § 93 EStG 1988 durch Kapitalertragsteuerabzug zu erfassen. Abzugsverpflichteter ist somit gemäß § 95 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 die inländische depotführende bzw. die inländische auszahlende Stelle.
Werden Anleihe und Optionsrecht getrennt verwertet, liegen Einkünfte aus realisierten Wertsteigerungen von Kapitalvermögen gemäß § 27 Abs. 3 EStG 1988 (Anleihe) und Einkünfte aus Derivaten gemäß § 27 Abs. 4 EStG 1988 (Option) vor. Da sowohl die Anleihe als auch das Optionsrecht verbrieft sind, ist gemäß § 95 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 die inländische depotführende bzw. die inländische auszahlende Stelle zum Kapitalertragsteuerabzug verpflichtet. Wickelt die inländische depotführende Stelle die Realisierung des Optionsrechtes (zB Auszahlung des Differenzausgleichs) nicht ab, besteht für sie keine Verpflichtung zum Kapitalertragsteuerabzug.
20.2.4.2 Wandelanleihen (convertible bonds)
20.2.4.2.1 Allgemeines
Wandelanleihen sind Obligationen, die wie „normale“ Kuponanleihen einen Zins- und Tilgungsanspruch gegenüber dem Emittenten der Anleihe verbriefen, die aber zusätzlich ein Umtauschrecht des Forderungstitels in einen Beteiligungstitel beinhalten. Das Umtauschrecht ermöglicht es dem Gläubiger, innerhalb einer bestimmten Frist die Forderung zu einem bestimmten festgelegten Umtauschverhältnis in Aktien des Emittenten der Wandelanleihe zu wandeln oder eine Barauszahlung bzw. eine Kombination aus Barauszahlung und Aktienausgabe zu verlangen. Wird vom Wandlungsrecht Gebrauch gemacht, erlischt die Wandelanleihe. Wird hingegen das Wandlungsrecht nicht in Anspruch genommen, vermittelt die Wandelanleihe weiterhin Anspruch auf die verbriefte Zinsen- und Tilgungsleistung. Ergänzend zum Wandlungsrecht des Anleihegläubigers während der Laufzeit, besteht für den Emittenten auch die Möglichkeit, eine Wandlungspflicht am Ende der Laufzeit der Anleihe vorzusehen (Pflichtwandelanleihe).
Eine spezielle Form der Wandelanleihe stellt die Umtauschanleihe dar. Während bei einer „klassischen“ Wandelanleihe dem Anleihegläubiger das Recht eingeräumt wird, in Aktien des emittierenden Unternehmens zu wandeln, verpflichtet sich der Emittent einer Umtauschanleihe, bei Ausübung des Wandlungsrechts durch den Anleihegläubiger, eine Wandlung in Aktien eines anderen im Voraus festgelegten Unternehmens vorzunehmen. Im Gegensatz zu Optionsanleihen, bei denen das Optionsrecht (Optionsschein) getrennt von der Anleihe gehandelt werden kann, ist bei Wandelanleihen das Wandlungsrecht untrennbar mit der Schuldverschreibung verbunden.
Eine Wandelanleihe ist steuerlich als einheitliches Forderungswertpapier anzusehen. Die Ausübung des Wandlungsrechts durch den Anleihegläubiger stellt daher keinen steuerpflichtigen Tausch seines Forderungsrechts gegen Aktien dar, womit keine Veräußerung der Anleihe mit nachfolgender Anschaffung von Aktien vorliegt (siehe § 7 Kapitalmaßnahmen-VO). Die Anschaffungskosten der Wandelanleihe sind weiter zu führen und stellen für den Anleger die Anschaffungskosten der im Zuge der Wandlung erhaltenen Aktien dar (siehe § 7 Kapitalmaßnahmen-VO). Diese Sichtweise gilt für alle nach dem 31.3.2012 vorgenommenen Wandlungen von nach dem 31.3.2012 entgeltlich erworbenen Wandelanleihen. Werden zum Zwecke des Spitzenausgleichs, somit zum Zwecke der Rundung auf ganze Stücke, vom Emittenten bare Zuzahlungen geleistet, sind diese nicht steuerpflichtig und senken lediglich die Anschaffungskosten der erhaltenen Aktien, wenn die Zuzahlung 10% des Gesamtnennbetrags der erhaltenen Aktien nicht überschreitet (§ 7 Kapitalmaßnahmen-VO). Höhere Zuzahlungen stellen Einkünfte aus realisierten Wertsteigerungen von Kapitalvermögen gemäß § 27 Abs. 3 EStG 1988 dar. Bei Wertpapieren ohne Nennwert (zB Stückaktien) sind Zuzahlungen generell steuerpflichtig.
Beispiel 1:
Eine Wandelanleihe wird am 1.6.2009 zum Kurs von 100 erworben. Das Wandlungsrecht wird am 1.3.2011 ausgeübt, was zum Erwerb von Aktien des Emittenten führt. Die Aktien werden am 1.5.2012 veräußert.
Der Wandlungsvorgang stellt nach bisheriger Sichtweise einen Tauschvorgang dar, es liegt damit im Wandlungszeitpunkt ein Anschaffungsvorgang hinsichtlich der für die Anleihe erhaltenen Aktien vor. Bei nachfolgender Veräußerung der Aktien werden Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 27 Abs. 3 EStG 1988 erzielt, da der entgeltliche Erwerb der Aktien nach dem 31.12.2010 erfolgte. Würde die Veräußerung der Aktien vor dem 1.4.2012 erfolgen, wären die Einkünfte daraus unter den Einkünften gemäß § 30 EStG 1988 idF vor dem BBG 2011 zu erfassen.
Beispiel 2:
Eine Wandelanleihe wird am 1.6.2009 zum Kurs von 100 erworben. Das Wandlungsrecht wird am 1.7.2012 ausgeübt, was zum Erwerb von Aktien des Emittenten führt. Die Aktien werden am 1.5.2013 veräußert.
Der Wandlungsvorgang stellt nach bisheriger Sichtweise einen Tauschvorgang dar, es liegt damit im Wandlungszeitpunkt ein Anschaffungsvorgang hinsichtlich der für die Anleihe erhaltenen Aktien vor. Bei nachfolgender Veräußerung der Aktien werden Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 27 Abs. 3 EStG 1988 erzielt, da der entgeltliche Erwerb der Aktien nach dem 31.12.2010 erfolgte.
Beispiel 3:
Eine Wandelanleihe wird am 1.6.2012 zum Kurs von 1.000 (10 Stück à 100) erworben. Die Emissionsbedingungen sehen eine Wandlungsmöglichkeit zum fixen Umtauschverhältnis 3:2 (3 Stück der Anleihe in 2 Aktien) in Aktien mit einem Nennwert von je 30 vor oder eine Kombination aus Barzahlung und Wandlung vor.
Das Wandlungsrecht wird am 1.3.2013 ausgeübt. Dabei werden 6 Stück der Anleihe in 4 Aktien umgewandelt und die restlichen 4 Stück durch eine Barzahlung in Höhe von 400 abgegolten.
Der Umtausch der Anleihe gegen Aktien ist steuerneutral; die anteiligen Anschaffungskosten der Anleihe in Höhe von 600 werden als Anschaffungskosten der 4 Aktien fortgeführt. Die Barzahlung wird nicht zum Zwecke der Rundung auf ganze Stücke geleistet, womit sie nicht die Anschaffungskosten der erhaltenen Aktien mindert, sondern steuerpflichtig ist. Der Barzahlung sind die anteiligen Anschaffungskosten von 400 gegenüberzustellen.
Beispiel 4:
Eine Wandelanleihe wird am 1.7.2012 zum Kurs von 1870 (187 Stück à 10) erworben. Die Emissionsbedingungen sehen eine Wandlungsmöglichkeit zum fixen Umtauschverhältnis 3:2 (3 Stück der Anleihe in 2 Aktien) in Aktien mit einem Nennwert von je 30 vor oder eine Kombination aus Barzahlung und Wandlung vor.
Das Wandlungsrecht wird am 1.4.2013 ausgeübt. Dabei werden 100 Stück der Anleihe in 124 Aktien umgewandelt und eine Barzahlung in Höhe von 10 geleistet.
Der Umtausch der Anleihe gegen Aktien ist steuerneutral; die anteiligen Anschaffungskosten der Anleihe in Höhe von 1870 werden als Anschaffungskosten der 124 Aktien fortgeführt. Die Barzahlung wird zum Zwecke der Rundung auf ganze Stücke geleistet, womit sie die Anschaffungskosten der erhaltenen Aktien auf 1870 mindert und nicht als Einkünfte aus realisierten Wertsteigerungen von Kapitalvermögen gemäß § 27 Abs. 3 EStG 1988 steuerpflichtig ist.
Beispiel 5:
Sachverhalt wie in Beispiel 3.
Das Wandlungsrecht wird am 1.3.2013 ausgeübt. Dabei werden 10 Stück der Anleihe in 6 Aktien umgewandelt und eine Barzahlung in Höhe von 100 geleistet.
Der Umtausch der Anleihe gegen Aktien ist steuerneutral; die anteiligen Anschaffungskosten der Anleihe in Höhe von 1.000 werden als Anschaffungskosten der 6 Aktien fortgeführt. Die Barzahlung wird zwar zum Zwecke der Rundung auf ganze Stücke geleistet, allerdings überschreitet sie 10% des Gesamtnennbetrages (10% von 180) der erhaltenen Aktien, womit sie nicht die Anschaffungskosten der erhaltenen Aktien mindert, sondern als Einkünfte aus realisierten Wertsteigerungen von Kapitalvermögen gemäß § 27 Abs. 3 EStG 1988 zur Gänze steuerpflichtig ist.
20.2.4.2.2 KESt-Abzug
Zinserträge aus Wandelanleihen sind als Einkünfte aus der Überlassung von Kapital gemäß § 27 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 gemäß § 93 EStG 1988 durch Kapitalertragsteuerabzug zu erfassen. Abzugsverpflichteter ist gemäß § 95 Abs. 2 Z 1 lit. b EStG 1988 die auszahlende Stelle.
Kapitalerträge aus der Veräußerung bzw. Einlösung von Wandelanleihen sind Einkünfte aus realisierten Wertsteigerungen von Kapitalvermögen gemäß § 27 Abs. 3 EStG 1988 und gemäß § 93 EStG 1988 durch Kapitalertragsteuerabzug zu erfassen. Abzugsverpflichteter ist somit gemäß § 95 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 die inländische depotführende bzw. die inländische auszahlende Stelle.
Barzahlungen anlässlich der Ausübung des Wandlungsrechtes, die nicht die Voraussetzungen des § 7 der Kapitalmaßnahmen-VO erfüllen, sind Einkünfte aus realisierten Wertsteigerungen von Kapitalvermögen gemäß § 27 Abs. 3 EStG 1988 und gemäß § 93 EStG 1988 durch Kapitalertragsteuerabzug zu erfassen.
20.2.4.3 Aktienanleihe (cash or share-Anleihe)
20.2.4.3.1 Allgemeines
Als Aktienanleihen werden Schuldverschreibungen bezeichnet, bei denen dem Emittenten die Option eingeräumt ist, die Anleihe am Fälligkeitstag nicht in Geld zu begleichen, sondern durch Hingabe in (eigenen oder fremden) Aktien. Im Gegensatz zu Wandel- oder Optionsanleihen steht bei einer Aktienanleihe nicht dem Anleger, sondern dem Emittenten das Wandlungs- bzw. Optionsrecht zu. Wirtschaftlich entspricht die Aktienanleihe einer Kombination aus einer marktüblich verzinsten Anleihe mit der Stillhalterposition aus einer Option, wobei dem Anleger die Stillhalterprämie in der Weise abgegolten wird, dass die Anleihe mit einem übermarktmäßig hohen Zinskupon ausgestattet ist.
Ebenso wie bei der Wandelanleihe ist die Aktienanleihe steuerlich als einheitliches Forderungswertpapier anzusehen, womit keine Trennung der Anleihe- und Optionskomponente erfolgen kann. Die Ausübung des Optionsrechts durch den Emittenten bei Einlösung stellt bei nach dem 31.3.2012 entgeltlich erworbenen Aktienanleihen keinen Tausch des Forderungsrechts des Anlegers gegen Aktien dar, womit keine Veräußerung der Anleihe mit nachfolgender Anschaffung von Aktien vorliegt.
Die Anschaffungskosten der Aktienanleihe sind weiter zu führen und stellen für den Anleger die Anschaffungskosten der im Zuge der Einlösung der Anleihe erhaltenen Aktien dar (siehe § 7 Kapitalmaßnahmen-VO; gilt für nach dem 31.3.2012 entgeltlich erworbene Aktienanleihen).
Werden zum Zwecke des Spitzenausgleichs, somit zum Zwecke der Rundung auf ganze Stücke, vom Emittenten bare Zuzahlungen geleistet, sind diese nicht steuerpflichtig und senken lediglich die Anschaffungskosten der erhaltenen Aktien, wenn die Zuzahlung 10% des Gesamtnennbetrags der erhaltenen Aktien nicht überschreitet. Höhere Zuzahlungen stellen Einkünfte aus realisierten Wertsteigerungen von Kapitalvermögen gemäß § 27 Abs. 3 EStG 1988 dar. Bei Wertpapieren ohne Nennwert (zB Stückaktien) sind Zuzahlungen generell steuerpflichtig.
Beispiel:
Eine Aktienanleihe wird nach 31.3.2012 bei Emission zum Ausgabepreis von 100 erworben. Die Emissionsbedingungen sehen eine jährliche Verzinsung der Anleihe mit 9 Prozent (Kuponfälligkeit halbjährlich) und eine Einlösung nach 2 Jahren zum Nominalwert oder durch Lieferung von Aktien vor.
Bei Einlösung übt der Emittent sein Optionsrecht aus und liefert Aktien mit einem Kurswert von 85.
Die laufenden Zinsen stellen Einkünfte aus der Überlassung von Kapital gemäß § 27 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 dar.
Die Anschaffungskosten der Anleihe werden als Anschaffungskosten der bei der Einlösung der Anleihe angedienten Aktien fortgeführt. Bei einer nachfolgenden Veräußerung der Aktien ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem Veräußerungserlös und den Anschaffungskosten (entspricht dem Emissionskurs der Anleihe) als Einkünfte aus realisierten Wertsteigerungen von Kapitalvermögen gemäß § 27 Abs. 3 EStG 1988 zu erfassen.
Variante:
Der Anleger erwirbt die Aktienanleihe während der Laufzeit zum Preis von 65 (inkl. Stückzinsen) und hält sie bis zu deren Einlösung. Die Einlösung erfolgt durch Andienung von Aktien mit einem Kurs von 85.
Die Wertsteigerung von 20 (65 auf 85) bei Einlösung der Anleihe bleibt vorerst unbesteuert, da bei der Andienung der Aktien kein Tausch vorliegt und die Anschaffungskosten der Anleihe als Anschaffungskosten der angedienten Aktien fortgeführt werden.
Werden die Aktien in weiterer Folge veräußert, liegen im Unterschiedsbetrag zwischen dem Veräußerungspreis und deren Anschaffungskosten (entsprechen den Anschaffungskosten der Anleihe von 65) Einkünfte aus realisierten Wertsteigerungen von Kapitalvermögen gemäß § 27 Abs. 3 EStG 1988 vor. Soweit dem Anleger während der Laufzeit der Aktienanleihe Zinsen zufließen, sind sie als Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 27 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 zu erfassen.
Bei vor dem 1.4.2012 erworbenen Aktienanleihen ist über § 95 Abs. 6 EStG 1988 idF vor dem BBG 2011 ein Ausgleich der im Zuge der Andienung der Aktien erlittenen Verluste mit zuvor gutgeschriebenen Zinsen dann nicht möglich, wenn der Verlustausgleich im Rahmen der KESt zu einem unsachgemäßen Ergebnis führt. Dies ist insbesondere der Fall, wenn die Aktienanleihe kurz vor deren Tilgung bzw. vor dem letzten Kupon gekauft wird und der Anleger wirtschaftlich gesehen keinen Tilgungsverlust erleidet (insbesondere, wenn die Lukrierung von KESt-Gutschriften erkennbar im Vordergrund steht). Im Hinblick auf die Neuordnung der Besteuerung von Kapitalvermögen ist ab 1.4.2012 generell keine Verlustverrechnung durch die depotführenden Stellen bei vor dem 1.4.2012 erworbenen Aktienanleihen mehr vorzunehmen.
20.2.4.3.2 KESt-Abzug
Zinserträge aus Aktienanleihen sind als Einkünfte aus der Überlassung von Kapital gemäß § 27 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 gemäß § 93 EStG 1988 durch Kapitalertragsteuerabzug zu erfassen. Abzugsverpflichteter ist gemäß § 95 Abs. 2 Z 1 lit. b EStG 1988 die auszahlende Stelle.
Kapitalerträge aus der Veräußerung bzw. Einlösung von Aktienanleihen sind Einkünfte aus realisierten Wertsteigerungen von Kapitalvermögen gemäß § 27 Abs. 3 EStG 1988 und gemäß § 93 EStG 1988 durch Kapitalertragsteuerabzug zu erfassen. Abzugsverpflichteter ist somit gemäß § 95 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 die inländische depotführende bzw. die inländische auszahlende Stelle.
Barzahlungen anlässlich der Ausübung des Optionsrechtes durch den Emittenten, die nicht die Voraussetzungen des § 7 der Kapitalmaßnahmen-VO erfüllen, sind Einkünfte aus realisierten Wertsteigerungen von Kapitalvermögen gemäß § 27 Abs. 3 EStG 1988 und gemäß § 93 EStG 1988 durch Kapitalertragsteuerabzug zu erfassen.