21.4. Veranlagung
2794
Im Zusammenhang mit der Veranlagung steht die grundsätzliche Verpflichtung des Unternehmers zur Abgabe einer Umsatzsteuererklärung für das abgelaufene Kalenderjahr. Nicht hiezu verpflichtet sind
- Kleinunternehmer im Sinne des § 21 Abs. 6 UStG 1994,
- Unternehmer, die unter die Durchschnittssatzbesteuerung des § 22 UStG 1994 fallen und keine zusätzliche Steuer (siehe dazu Rz 2871 bis Rz 2873) zu entrichten haben,
- ausländische Unternehmer, die nur steuerfreie Umsätze gemäß § 1 Abs. 2 der VO des BMF, BGBl. II Nr. 584/2003 über die umsatzsteuerliche Behandlung der Lieferungen und des Vorsteuerabzuges (Einfuhrumsatzsteuer) ausländischer Unternehmer bewirken (§ 1 Abs. 3 Z 3 dieser VO),
- Unternehmer ohne Sitz und ohne Betriebsstätte im Inland, die im Inland keine Umsätze oder nur Umsätze ausführen, bei denen die Steuerschuld gemäß § 19 Abs. 1 UStG 1994 auf den Leistungsempfänger übergeht (Ausnahmen siehe Rz 2795 und Rz 2796).
Zu den möglichen Folgen der Veranlagung siehe Rz 2798 bis Rz 2807.
2795
Hat der Unternehmer, der im Inland weder seinen Sitz noch eine Betriebsstätte hat, keine Umsätze im Inland ausgeführt (ausgenommen er wendet eine Sonderregelung nach § 25a, Art. 25a, § 25b UStG 1994 oder eine vergleichbare Regelung gemäß Art. 358 bis 369k RL 2006/112/EG an) oder nur sonstige Leistungen oder Werklieferungen, für die der Leistungsempfänger die Steuer gemäß § 19 Abs. 1 zweiter Satz UStG 1994 schuldet, hat er eine Umsatzsteuererklärung nur abzugeben, wenn
- er selbst als Leistungsempfänger eine Steuer schuldet,
- er eine Steuer auf Grund einer Inrechnungstellung gemäß § 11 Abs. 12 und Abs. 14 UStG 1994 schuldet (siehe zur weiteren Vorgehensweise Rz 2830) oder
- er vom Finanzamt zur Abgabe aufgefordert wird.
2796
Hat der Unternehmer, der im Inland weder sein Unternehmen betreibt noch eine an der Leistungserbringung beteiligte Betriebsstätte hat, im Inland keine Umsätze ausgeführt oder nur Umsätze, für die der Leistungsempfänger die Steuer schuldet, und schuldet er selbst als Leistungsempfänger eine Umsatzsteuer, dann kommt es zu keiner Veranlagung,
- wenn er hinsichtlich der auf ihn übergegangenen Steuer zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt ist und
- er nicht auf Grund einer Inrechnungstellung gemäß § 11 Abs. 12 und Abs. 14 UStG 1994 Umsatzsteuer schuldet.
Das gilt nicht, wenn dieser Unternehmer ausdrücklich eine Veranlagung beantragt. Das gilt weiters nicht für nicht im Inland ansässige Unternehmer, die neben der Vorsteuer für die übergegangene Steuerschuld weitere Vorsteuern geltend machen. In diesem Fall sind die Vorsteuern im Veranlagungsverfahren geltend zu machen.
Randzahl 2797: derzeit frei.
21.5. Fälligkeit bei Nachforderungen
2798
Da das UStG 1994 nur eine Fälligkeit für Vorauszahlungen (siehe hiezu Rz 2765 und Rz 2766), nicht aber auch eine eigene Fälligkeit für Abschlusszahlungen auf Grund eines Jahresbescheides kennt, ist für die Nachforderungen auf Grund einer Veranlagung stets nur jene Fälligkeit maßgebend, die für die Vorauszahlung vorgesehen ist.
Randzahlen 2799 bis 2805: derzeit frei.
21.6. Wegfall der Verpflichtung zur Abgabe einer Steuererklärung für Kleinunternehmer
2806
Übersteigen die Umsätze eines Kleinunternehmers im Veranlagungszeitraum die Grenze von 35.000 Euro netto (bis 31.12.2010: 7.500 Euro netto; bis 31.12.2019: 30.000 Euro netto) nicht, entfällt die Verpflichtung zur Abgabe einer Steuererklärung.
Voraussetzung hiefür ist ua. weiters, dass der Kleinunternehmer für den Veranlagungszeitraum keine Steuer zu entrichten hat. Dies ist der Fall, wenn der Kleinunternehmer keinen der in Rz 2687 bis Rz 2700, Rz 4121 bis Rz 4130 aufgelisteten Tatbestände (zB innergemeinschaftliche Erwerbe) erfüllt hat.
21.7. Erklärungs-, Zahlungs- und Meldepflichten – Übersicht
2807
Umsatz | UVA Abgabe (Umsätze des Vorjahres) | Jahreserklärung (Umsätze des laufenden Jahres) | Zahlung | ZM (**) |
0 € – 35.000 €*** (Kleinunternehmer) | Nein | Nein (*) | Nein (*) | Quartal |
0 € – 35.000 €*** (Verzicht auf Kleinunternehmerbefreiung) | Nein | Ja | Quartal | Quartal |
35.000 €*** – 100.000 € | Quartal | Ja | Quartal | Quartal |
Über 100.000 € | Monat | Ja | Monat | Monat |
* Ein Kleinunternehmer ist zur Zahlung der Umsatzsteuer und Abgabe einer Jahreserklärung verpflichtet, wenn eine Steuerschuld auf ihn übergeht, er die Erwerbsschwelle überschreitet oder auf sie verzichtet, bei Steuerschuld kraft Rechnungslegung und bei Anwendung der Differenzbesteuerung, siehe Rz 994.
** Eine Zusammenfassende Meldung ist nur erforderlich, wenn ein meldepflichtiger Umsatz erbracht wurde; Meldezeitraum für einen meldepflichtigen Kleinunternehmer ist das Quartal; Leermeldungen sind nicht einzureichen, siehe auch Rz 4151 ff.
*** Bis 31.12.2019: 30.000 Euro.
Randzahlen 2808 bis 2815: derzeit frei.
21.8. Schätzungsrichtlinien, Eigenverbrauch
21.8.1. Allgemeines
2816
Auf Grund der VO des BMF, BGBl. Nr. 628/1983, idF BGBl. Nr. 499/1985, Schätzungsrichtlinien für die Ermittlung der Höhe des Eigenverbrauches ist die Umsatzsteuer für den Eigenverbrauch, der nach § 1 Z 2 dieser VO ermittelt wird und die Umsatzsteuer für den Eigenverbrauch gemäß § 1 Abs. 1 Z 2 lit. a UStG 1994 erst in der für den letzten Voranmeldungszeitraum eines Veranlagungszeitraumes abzugebenden Voranmeldung zu berechnen.
Hinsichtlich weiterer Inhalte der Verordnung siehe Rz 2522.
Randzahlen 2817 bis 2820: derzeit frei.
21.8.2. Fälligkeit
2821
Auf Grund der VO des BMF, BGBl. Nr. 628/1983, idF BGBl. Nr. 499/1985, über die Aufstellung von Schätzungsrichtlinien für die Ermittlung der Höhe des Eigenverbrauches bei bestimmten Unternehmern und über die Fälligkeit der auf den Eigenverbrauch entfallenden Umsatzsteuer ist die Umsatzsteuer für den Eigenverbrauch, der nach § 1 Z 2 dieser VO ermittelt wird, und die Umsatzsteuer für den Eigenverbrauch gemäß § 1 Abs. 1 Z 2 lit. a UStG 1994 am zehnten Tag des zweiten Monates nach Ablauf des Veranlagungszeitraumes fällig. Im Hinblick auf die seit der Erlassung der VO des BMF, BGBl. Nr. 628/1983, idF BGBl. Nr. 499/1985 geänderte und derzeit gültige Rechtslage kann als Fälligkeitstag der 15. Tag des zweiten Monats nach Ablauf des Veranlagungszeitraumes angesehen werden.
21.9. Vorsteuererstattung an ausländische Unternehmer – Allgemeines
21.9.1. Vorsteuerabzug des nicht im Inland ansässigen Unternehmers – Anzuwendendes Verfahren
21.9.1.1. Vorsteuerabzug des Unternehmers ohne Sitz und ohne Betriebsstätte im Inland
2822
Umsätze eines Unternehmers ohne Sitz und ohne Betriebsstätte im Inland, für die er selbst die Steuer schuldet (ausgenommen die Umsätze fallen unter eine Sonderregelung nach § 25a, Art. 25a, § 25b UStG 1994 oder eine Regelung gemäß Art. 358 bis 369k RL 2006/112/EG), sind im Veranlagungsverfahren zu erklären und die für ihre Vorleistungen in Rechnung gestellte Steuer ist ebenfalls im Veranlagungsverfahren geltend zu machen.
Beispiel:
Ein amerikanischer Unternehmer ohne Sitz oder Betriebsstätte im Inland veranstaltet im Juni 2022 einen Kongress in Wien. Ein deutscher und ein Schweizer Arzt besuchen den Kongress und entrichten dafür eine Teilnahmegebühr.
Der amerikanische Veranstalter erbringt dem deutschen und dem Schweizer Arzt gegenüber sonstige Leistungen iSd § 3a Abs. 11a UStG 1994, die in Österreich der Besteuerung unterliegen. Die Steuerschuld geht nicht auf die teilnehmenden Ärzte über. Der amerikanische Unternehmer hat die Umsätze im Veranlagungsverfahren zu erklären und seine Vorsteuern im Veranlagungsverfahren geltend zu machen. Die teilnehmenden Ärzte sind nicht gemäß § 27 Abs. 4 UStG 1994 zur Einbehaltung und Abfuhr der Umsatzsteuer verpflichtet. Für den amerikanischen Veranstalter besteht jedoch gemäß § 27 Abs. 7 UStG 1994 die Verpflichtung zur Bestellung eines Fiskalvertreters.
Auch steuerbefreite Umsätze, ausgenommen steuerfreie Umsätze im Sinne des § 6 Abs. 1 Z 3 UStG 1994, führen zur Anwendung des Veranlagungsverfahrens.
Zur Erklärungspflicht siehe Rz 2795.
2823
Hat der Unternehmer ohne Sitz oder Betriebsstätte im Inland keine Umsätze oder nur sonstige Leistungen oder Werklieferungen ausgeführt, für die der Leistungsempfänger die Steuer gemäß § 19 Abs. 1 zweiter Satz UStG 1994 schuldet, hat er seine Vorsteuern im Erstattungsverfahren geltend zu machen, ausgenommen, wenn er selbst als Leistungsempfänger eine Steuer schuldet.
Das gilt auch dann, wenn ein Unternehmer ohne Sitz oder Betriebsstätte Bauleistungen iSd § 19 Abs. 1a UStG 1994 oder andere sonstige Leistungen ausgeführt hat, für die primär nach § 19 Abs. 1 zweiter Satz UStG 1994 und subsidiär nach einer anderen Vorschrift die Steuerschuld auf den Leistungsempfänger übergeht (zB die Übertragung von Treibhausgasemissionszertifikaten iSd § 19 Abs. 1e lit. a UStG 1994 durch einen nicht im Inland ansässigen Unternehmer).
Basiert der Übergang der Steuerschuld nicht auf § 19 Abs. 1 zweiter Satz UStG 1994, hat der Unternehmer ohne Sitz und ohne Betriebsstätte im Inland seine Vorsteuern im Veranlagungsverfahren geltend zu machen. Zur Erklärungspflicht siehe Rz 2795.
2824
Soweit an Unternehmer ohne Sitz oder Betriebsstätte im Inland Umsätze ausgeführt werden, für die diese die Steuer schulden, haben sie die für ihre Vorleistungen in Rechnung gestellte Steuer ebenfalls im Veranlagungsverfahren geltend zu machen.
Beispiel:
Der in Frankreich ansässige Unternehmer F baut Fenster in ein neu zu errichtendes Wohnhaus in Wien ein. Der in Deutschland ansässige Generalunternehmer D ist mit der Errichtung dieses Bauwerkes beauftragt worden. Nach Fertigstellung liefert D das Gebäude seinem Auftraggeber A, einer Privatperson.
F erbringt eine sonstige Leistung an seinen deutschen Auftraggeber, die in Österreich steuerbar und steuerpflichtig ist. Da D ein Unternehmer ist, geht die Steuerschuld für die sonstige Leistung des F auf ihn über. D erbringt im Inland eine steuerbare und steuerpflichtige Werklieferung an seinen Auftraggeber A. Die Umsatzsteuer für diese Leistungen schuldet D. Bei Zutreffen der Voraussetzungen des § 12 UStG 1994 kann D im Veranlagungsverfahren die gemäß § 19 Abs. 1 zweiter Satz UStG 1994 geschuldete Steuer und allenfalls weitere für Vorleistungen an ihn in Rechnung gestellte Steuern als Vorsteuer abziehen.
Zur Erklärungspflicht siehe Rz 2795.
Zur Veranlagung nicht im Inland ansässiger Unternehmer siehe Rz 2796.
2825
Zu den Besonderheiten bei der Vermietung von Grundstücken durch nicht im Inland ansässige Unternehmer siehe Rz 2601b.
21.9.1.2. Vorsteuerabzug des Unternehmers ohne Sitz jedoch mit Betriebsstätte im Inland, die nicht an der Leistungserbringung beteiligt ist
2826
Zur Betriebsstätte, die an der Leistungserbringung beteiligt ist, siehe Rz 2601.
Hat der nicht im Inland ansässige Unternehmer im Inland nur Leistungen (sonstige Leistungen oder Werklieferungen), für die es zum Übergang der Steuerschuld kommt, ohne Beteiligung seiner inländischen Betriebsstätte erbracht, sind allfällige Vorsteuern des Leistenden trotz Übergangs der Steuerschuld im Veranlagungsverfahren geltend zu machen.
21.9.1.3. Vorsteuerabzug des Unternehmers ohne Sitz, jedoch mit einer an der Leistungserbringung beteiligten Betriebsstätte im Inland
2827
Zur Betriebsstätte, die an der Leistungserbringung beteiligt ist, siehe Rz 2601.
Da es hier zu keinem Übergang der Steuerschuld kommt, ist Steuerschuldner der leistende Unternehmer, der diese Steuer beim zuständigen Finanzamt zu erklären und allenfalls abzuführen hat. Angefallene Vorsteuern sind beim zuständigen Finanzamt im Veranlagungsverfahren geltend zu machen.
Randzahlen 2828 bis 2829: derzeit frei
21.9.2. Steuerschuld auf Grund der Inrechnungstellung
2830
Eine Steuerschuld gemäß § 11 Abs. 12 UStG 1994 oder § 11 Abs. 14 UStG 1994 führt für sich allein nicht zu einer Veranlagung. Dh. sofern keine sonstigen Umsätze vorliegen, die zu einer Veranlagung führen, hat der Unternehmer im Falle des § 11 Abs. 12 UStG 1994 oder § 11 Abs. 14 UStG 1994 eine Steuererklärung einzureichen (siehe dazu auch Rz 2795 und Rz 2796). Die Steuer ist festzusetzen.
Randzahlen 2831 bis 2835: derzeit frei.
21.10. Vorsteuererstattung an ausländische Unternehmer – Verfahren
21.10.1. Vorsteuererstattung an Unternehmer mit Sitz in anderen EU-Mitgliedstaaten
21.10.1.1. Voraussetzungen
2836
Die Vorsteuererstattung für im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmer, die im Inland weder einen Sitz noch eine Betriebsstätte haben, ist nur in den in § 1 Abs. 1 der Verordnung des BM für Finanzen, BGBl. Nr. 279/1995 idgF genannten Fällen zulässig. Hat der im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmer in Österreich eine Betriebsstätte nach § 29 BAO und ist diese als feste Niederlassung zu qualifizieren, von der aus keine Umsätze bewirkt werden (siehe EuGH 25.10.2012, Rs C-318/11, Daimler), soll die Vorsteuererstattung durch das Finanzamt Österreich, Dienststelle Graz-Stadt, durchgeführt werden. Die der Betriebsstätte zugeordnete Dienststelle des Finanzamtes Österreich hat die Dienststelle Graz-Stadt entsprechend zu informieren. Das Finanzamt für Großbetriebe hat in diesen Fällen die Vorsteuererstattung mittels Bescheid an das Finanzamt Österreich zu delegieren.
Im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmer, die andere als die in § 1 Abs. 1 Z 2 bis Z 4 der Verordnung des BM für Finanzen, BGBl. Nr. 279/1995 idgF genannten Umsätze im Inland erzielen, werden gemäß § 60 Abs. 2 Z 2 BAO idF BGBl. I Nr. 104/2019 (FORG) beim Finanzamt Österreich, Dienststelle Graz-Stadt, zur Umsatzsteuer veranlagt. Zur Vermietung von Grundstücken durch nicht im Inland ansässige Unternehmer siehe Rz 2601 sowie zur Rechtslage vor dem 20.7.2022 siehe Rz 2601b.
Dies gilt insbesondere nicht für Unternehmer, die einer Sonderregelung gemäß Art. 369a bis 369k MwSt-RL 2006/112/EG im Inland oder in einem anderen Mitgliedstaat unterliegen, und die nicht verpflichtet sind, gemäß § 21 Abs. 4 UStG 1994 eine Steuererklärung abzugeben (vgl. Art. 25a Abs. 15 UStG 1994 idgF).
Beispiel:
Ein in Frankreich zur Sonderregelung gemäß Art. 369a bis 369k MwSt-RL 2006/112/EG (EU-OSS, vgl. Rz 4297 ff.) registrierter IT-Unternehmer hat im Jahr 2015 Aufwendungen im Zusammenhang mit der Sonderregelung unterliegenden Umsätzen für die er in Österreich gemäß § 12 UStG 1994 vorsteuerabzugsberechtigt ist. Die Vorsteuer ist im Rahmen des Vorsteuererstattungsverfahrens geltend zu machen, auch wenn der Unternehmer steuerpflichtige Umsätze in Österreich ausführt, die unter die Sonderregelung fallen.
Führt der Unternehmer jedoch in Österreich darüber hinaus auch Umsätze aus, für die er gemäß § 21 Abs. 4 UStG 1994 verpflichtet ist (zB steuerpflichtige Lieferungen im Inland), eine Steuererklärung abzugeben, muss die Vorsteuer im Rahmen des Veranlagungsverfahrens geltend gemacht werden.
Nordirland gilt hinsichtlich der Bestimmungen zu Waren auch nach 31.12.2020 als übriges Gemeinschaftsgebiet (vgl. Rz 146 ff).
21.10.1.2. Erstattungszeitraum
2837
Der Erstattungszeitraum kann wahlweise mindestens drei Monate bis höchstens ein Kalenderjahr betragen. Der Erstattungszeitraum kann kürzer als drei Monate sein, wenn sich der Antrag auf die letzten Monate des Kalenderjahres bezieht (zB November und Dezember oder nur Dezember).
In einem vom Unternehmer gemäß § 2 der VO des BM für Finanzen, BGBl. Nr. 279/1995 idgF einmal gewählten Erstattungszeitraum kann nur ein (zusammengefasster) Antrag für ein und denselben Zeitraum gestellt werden. Nur in Nordirland ansässige Unternehmer können neben einem Antrag für Lieferungen zusätzlich für denselben Zeitraum einen Vorsteuererstattungsantrag für sonstige Leistungen nach den Vorgaben für Drittlandsunternehmer stellen (vgl. Rz 148).
In einem Antrag können jedoch auch abziehbare Vorsteuern enthalten sein, die in vorangegangene Erstattungszeiträume des Antragsjahres fallen, soweit diese noch nicht geltend gemacht worden sind und die Frist zur Abgabe des Erstattungsantrages für diese Erstattungszeiträume (30. September des Folgejahres) noch nicht abgelaufen ist.
21.10.1.3. Verfahrensbestimmungen
21.10.1.3.1. Antragstellung
2838
Der Antragsteller hat den Erstattungsantrag ausnahmslos auf elektronischem Weg über das von seinem Ansässigkeitsstaat eingerichtete elektronische Portal zu übermitteln.
Der Ansässigkeitsstaat überprüft die Vollständigkeit und Zulässigkeit des Antrages (zB Vorliegen der Unternehmereigenschaft) und leitet diesen bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen an den Erstattungsstaat weiter. Der Antragsteller wird vom Ansässigkeitsstaat über die Weiterleitung oder die nicht erfolgte Weiterleitung in Kenntnis gesetzt.
Eine Antragstellung beim für die Durchführung des Erstattungsverfahrens in Österreich zuständigen Finanzamt Österreich, Dienststelle Graz-Stadt, ist unzulässig.
Originale oder Durchschriften von Rechnungen oder Einfuhrdokumenten sind nicht gemeinsam mit dem Antrag einzureichen, können aber im Rahmen des Vorhalteverfahrens (auch per E-Mail) angefordert werden. Darüber hinaus ist auch die Einholung weiterer, für die Erledigung des Antrages notwendiger Informationen zulässig.
21.10.1.3.2. Frist
Die Frist zur Abgabe des Erstattungsantrages endet am 30. September des Folgejahres (§ 3 Abs. 1 der VO des BM für Finanzen, BGBl. Nr. 279/1995 idgF).
Diese Frist ist in der Richtlinie 2008/9/EG, ABl. Nr. L 44 vom 12.02.2008 S. 23 als Fallfrist vorgesehen und daher nicht nach den Vorschriften der nationalen BAO erstreckbar (weder durch Fristverlängerungsansuchen noch durch Aufnahme in die Fristenliste, siehe hierzu auch EuGH 21.6.2012, Rs C-294/11, Elsacom NV).
Erstattungsanträge für vor 1.1.2021 anfallende Vorsteuern eines im Gebiet des Vereinigten Königreichs ansässigen Unternehmers sind spätestens am 31. März 2021 zu stellen.
21.10.1.3.3. Erstattungsbetrag
Der zu erstattende Betrag für einen Antragszeitraum muss mindestens 400 Euro betragen, es sei denn, der Erstattungszeitraum ist das Kalenderjahr oder der letzte Zeitraum eines Kalenderjahres; in diesen Fällen muss der zu erstattende Betrag mindestens 50 Euro betragen.
21.10.1.3.4. Bescheidzustellung
Der Bescheid wird an die Finanzverwaltung des Ansässigkeitsstaates auf demselben elektronischen Weg übermittelt, wie der Erstattungsantrag bei der Finanzverwaltung im Erstattungsstaat eingelangt ist.
Über die Art der Zustellung (über das elektronische Portal des Ansässigkeitsstaates oder in Papierform) entscheidet der Ansässigkeitsstaat. Die Zustellung gilt mit dem Einlangen im elektronischen Portal des Mitgliedstaates, in dem der Unternehmer ansässig ist, als bewirkt, wenn der Ansässigkeitsstaat eine elektronische Zustellung (mittels elektronischem Postfach) vorsieht (§ 3 Abs. 3 der Verordnung des BM für Finanzen, BGBl. Nr. 279/1995 idF BGBl. II Nr. 16/2021; anzuwenden ab dem Kalenderjahr 2021).
Jene Unternehmer, deren Ansässigkeitsstaaten es ablehnen, die Bescheide der österreichischen Finanzverwaltung zuzustellen, erhalten den Bescheid direkt an die im Erstattungsantrag angegebene E-Mail-Adresse zugestellt. Die Zustellung der E-Mail gilt mit deren Absendung als bewirkt, ausgenommen, der Antragsteller weist nach, dass ihm die E-Mail nicht zugestellt wurde (vgl. § 3 Abs. 3 iVm § 3 Abs. 1 der Verordnung des BM für Finanzen, BGBl. Nr. 279/1995 idgF).
21.10.1.3.5. Säumnisabgeltung
Erfolgt die Erstattung nicht innerhalb der vorgesehenen Frist, hat der Antragsteller Anspruch auf Zahlung einer Säumnisabgeltung (§ 3 Abs. 4 bis 11 der VO des BM für Finanzen, BGBl. Nr. 279/1995 idgF).
Kann der Antrag ohne zusätzliche Informationen des Antragstellers erledigt werden, entsteht der Anspruch auf eine Säumnisabgeltung, wenn die Zahlung des Erstattungsbetrages nicht spätestens vier Monate und zehn Werktage nach Eingang des Erstattungsantrages bei der Erstattungsbehörde erfolgt ist.
Hat die Erstattungsbehörde zusätzliche Informationen angefordert, entsteht der Anspruch auf eine Säumnisabgeltung, wenn die Zahlung des Erstattungsbetrages nicht nach zehn Werktagen nach Ablauf von zwei Monaten ab Eingang der entsprechenden Informationen erfolgt ist; frühestens jedoch nach zehn Werktagen nach Ablauf von sechs Monaten ab Eingang des Erstattungsantrages.
Sind darüber hinaus noch weitere Informationen erforderlich, entsteht der Anspruch auf eine Säumnisabgeltung mit Ablauf von zehn Werktagen nach Ablauf von acht Monaten ab Eingang des Erstattungsantrages.
Die Zahlung gilt mit Ablauf von zehn Werktagen nach dem Tag der Bekanntgabe des Erstattungsbescheides als erfolgt, soweit nicht der Unternehmer den Nachweis einer späteren Zahlung erbringt.
Auch eine Pfändung des Erstattungsbetrages oder dessen Verwendung zur Tilgung fälliger Abgabenschulden des Antragstellers gegenüber dem Bund gelten als Zahlung.
21.10.1.4. Von der Erstattung ausgeschlossene Vorsteuern
2839
Das Erstattungsverfahren ist nicht anwendbar auf
- fälschlich in Rechnung gestellte Mehrwertsteuerbeträge, sowie
- auf in Rechnung gestellte Mehrwertsteuerbeträge für Ausfuhrlieferungen (Abholfall) oder innergemeinschaftliche Lieferungen, die steuerfrei sind oder von der Steuer befreit werden können (Art. 4 Richtlinie 2008/9/EG, ABl. Nr. L 44 vom 12.02.2008 S. 23).
In diesen Fällen muss sich der Leistungsempfänger um eine Rechnungsberichtigung beim Rechnungsaussteller bemühen.
Steht jedoch endgültig fest, dass eine Lieferung von Gegenständen nicht steuerfrei erfolgen kann (zB mangels Beförderungs- oder Versendungsnachweis, Näheres hierzu siehe Rz 4006), bleibt die VorsteuererstattungsVO bei Vorliegen aller weiteren Voraussetzungen grundsätzlich anwendbar. Dies gilt nicht, wenn der Erwerber seine Pflicht nach Art. 55 VO (EU) 282/2011 verletzt, indem er seinem Lieferer seine UID nicht mitteilt.
21.10.1.5. Erstattungsfähige Vorsteuern
2840
Erstattungsfähig sind österreichische Vorsteuern nach Maßgabe des § 12 UStG 1994. Die Abzugsmöglichkeit im Ausland hat keinen Einfluss auf die Erstattung in Österreich. So können Vorsteuern im Zusammenhang mit Aufwendungen für PKW auch dann nicht erstattet werden, wenn im Sitzstaat dafür ein Vorsteuerabzug zulässig ist. Hotelleistungen an ein Unternehmen, das für verdiente Mitarbeiter Incentivereisen durchführt, sind Reisevorleistungen im Sinne des § 23 Abs. 4 UStG 1994. Der Unternehmer, der diese Incentivereisen durchführt, ist nicht berechtigt, die ihm für diese Reisevorleistungen gesondert in Rechnung gestellten Steuerbeträge als Vorsteuer geltend zu machen (§ 23 Abs. 8 UStG 1994). Aus diesem Grunde kann die Umsatzsteuer für die Hotelkosten der Reisenden nicht refundiert werden.
Nach § 13 Abs. 3 UStG 1994 können Unternehmer, die nicht der inländischen Einkommensbesteuerung unterliegen oder deren Arbeitnehmer im Inland nicht unter den Steuerabzug von Arbeitslohn fallen, aus Anlass einer Geschäfts- oder Dienstreise nur jene Vorsteuerbeträge abziehen, die in einer Rechnung an sie gesondert ausgewiesen werden. Vorsteuern betreffend Reisekosten der Arbeitnehmer von nicht der inländischen Einkommenbesteuerung unterliegenden Unternehmern können auch dann nicht aus einkommensteuerrechtlichen Pauschbeträgen errechnet werden, wenn die Einkünfte dieser Arbeitnehmer dem Steuerabzug vom Arbeitslohn im Inland unterliegen (VwGH 26.2.2015, 2012/15/0067).
Ein Anspruch auf Vorsteuererstattung besteht nur, wenn der Unternehmer Umsätze bewirkt, die ihm in seinem Ansässigkeitsstaat das Recht zum Vorsteuerabzug vermitteln.
Einem Unternehmer, der im Gemeinschaftsgebiet ansässig ist und Umsätze ausführt, die zum Teil den Vorsteuerabzug ausschließen, wird die Vorsteuer höchstens in der Höhe erstattet, in der er in dem Mitgliedstaat, in dem er ansässig ist, zum Vorsteuerabzug berechtigt wäre.
Umsatzsteuer, die von pauschalierten Land- und Forstwirten (§ 22 UStG 1994) für Ausfuhrlieferungen bzw. innergemeinschaftliche Lieferungen wegen der Nichtanwendbarkeit des § 7 UStG 1994 bzw. des Art. 7 UStG 1994 in Rechnung gestellt wird, ist erstattungsfähig.
Randzahlen 2841 und 2842: derzeit frei.
21.10.2. Vorsteuererstattung an Unternehmer mit Sitz im Drittlandsgebiet
21.10.2.1. Voraussetzungen
2843
Die Vorsteuererstattung für im Drittlandsgebiet ansässige Unternehmer, die im Inland weder einen Sitz noch eine Betriebsstätte haben, ist nur in den in § 1 Abs. 1 der Verordnung des BM für Finanzen, BGBl. Nr. 279/1995 idgF genannten Fällen zulässig. Hat der im Drittlandsgebiet ansässige Unternehmer in Österreich eine Betriebsstätte nach § 29 BAO und ist diese als feste Niederlassung zu qualifizieren, von der aus keine Umsätze bewirkt werden, soll die Vorsteuererstattung durch das Finanzamt Österreich, Dienststelle Graz-Stadt, durchgeführt werden. Die der Betriebsstätte zugeordnete Dienststelle des Finanzamtes Österreich hat die Dienststelle Graz-Stadt entsprechend zu informieren. Das Finanzamt für Großbetriebe hat in diesen Fällen die Vorsteuererstattung mittels Bescheid an das Finanzamt Österreich zu delegieren (vgl. auch Rz 2836).
Im Drittlandsgebiet ansässige Unternehmer, die andere als die in § 1 Abs. 1 Z 2 bis Z 4 der Verordnung des BM für Finanzen, BGBl. Nr. 279/1995 idgF genannten Umsätze im Inland erzielen, werden gemäß § 60 Abs. 2 Z 2 BAO idF BGBl. I Nr. 104/2019 (FORG) beim Finanzamt Österreich, Dienststelle Graz-Stadt, zur Umsatzsteuer veranlagt. Zur Vermietung von Grundstücken durch nicht im Inland ansässige Unternehmer siehe Rz 2601 sowie zur Rechtslage vor dem 20.7.2022 siehe Rz 2601b.
21.10.2.2. Erstattungszeitraum
2844
Der Erstattungszeitraum kann wahlweise mindestens drei Monate bis höchstens ein Kalenderjahr betragen. Der Erstattungszeitraum kann kürzer als drei Monate sein, wenn sich der Antrag auf die letzten Monate des Kalenderjahres bezieht (zB November und Dezember oder nur Dezember). In diesem Antrag können auch abziehbare Vorsteuern enthalten sein, die in vorangegangene Erstattungszeiträume des Antragsjahres fallen.
In einem vom Unternehmer gemäß § 2 der VO des BM für Finanzen, BGBl. Nr. 279/1995 idgF, einmal gewählten Erstattungszeitraum kann nur ein (zusammengefasster) Antrag für ein und denselben Zeitraum gestellt werden. Sollte ein ergänzender Antrag noch vor Ablauf der Einreichungsfrist (30. Juni des Folgejahres, siehe die folgende Rz 2845) eingereicht werden, ist dieser nur dann zu berücksichtigen, wenn der Unternehmer gleichzeitig nachweist, dass es sich hierbei um keine Doppelerstattung handelt. Zusätzliche Erstattungsanträge im Rechtsmittelverfahren können nur dann berücksichtigt werden, wenn diese noch in der Einreichungsfrist erfolgen.
21.10.2.3. Verfahrensbestimmungen
21.10.2.3.1. Antragstellung
2845
Der Antragsteller hat den Erstattungsantrag mit dem hierfür vorgesehenen Formular U5 ausnahmslos schriftlich (weder elektronisch noch per FAX) bei dem für die Durchführung des Erstattungsverfahrens in Österreich zuständigen Finanzamt Österreich, Dienststelle Graz-Stadt, einzubringen. Der Antrag ist vom Steuerpflichtigen selbst oder von dessen Bevollmächtigten zu unterschreiben (EuGH 3.12.2009, Rs C-433/08, Yaesu Europe BV).
21.10.2.3.2. Unternehmerbescheinigung
Um eine Vorsteuererstattung nach der VO des BM für Finanzen, BGBl. Nr. 279/1995 idgF, zu erhalten, muss der (ausländische) Unternehmer, der im Inland keine Umsätze erzielt, durch eine Bescheinigung des Staates, in dem er ansässig ist, den Nachweis erbringen, dass er als Unternehmer unter einer Steuernummer eingetragen ist (§ 3a Abs. 1 der VO des BM für Finanzen, BGBl. Nr. 279/1995 idgF). Auf dieses formale Erfordernis des Vorliegens einer Bescheinigung über die Unternehmereigenschaft kann nicht verzichtet werden.
21.10.2.3.3. Vorlage von Originaldokumenten
Weiters müssen dem Antrag zwingend die Originale der Rechnungen oder Einfuhrdokumente, für die die Erstattung der darin ausgewiesenen Mehrwertsteuer beantragt wird, sowie eine diesbezügliche Aufstellung beigelegt werden.
Kopien können nicht akzeptiert werden, die Nachreichung von Originalbelegen kann nur dann zu einer Erstattung führen, wenn sie noch innerhalb der Antragsfrist (siehe den nachfolgenden Punkt) erfolgt.
21.10.2.3.4. Antragsfrist zur Abgabe von Erstattungsanträgen
Die Frist zur Abgabe des Erstattungsantrages endet am 30. Juni des Folgejahres. Diese Frist ist in der 13. Richtlinie 86/560/EWG, ABl. Nr. L 326 vom 21.11.1986 als Fallfrist vorgesehen und daher nicht nach den Vorschriften der nationalen BAO erstreckbar (weder durch Fristverlängerungsansuchen noch durch Aufnahme in die Fristenliste, siehe hierzu auch EuGH 21.06.2012, Rs C-294/11, Elsacom NV).
21.10.2.4. Von der Erstattung ausgeschlossene Vorsteuern
2846
Von der Erstattung ausgeschlossen sind die Vorsteuerbeträge, die auf den Bezug von Kraftstoff nach dem 14.1.2021 entfallen (§ 3a Abs. 2 der Verordnung des BM für Finanzen, BGBl. Nr. 279/1995 idF BGBl. II Nr. 16/2021). Der Ausschluss gilt für alle Arten von Kraftstoffen und umfasst daher zB auch Kraftstoffe für Schiffe, nicht jedoch zB Mittel zur Abgasnachbehandlung.
Das Erstattungsverfahren ist nicht anwendbar für Lieferungen von Gegenständen, die
- von der Steuer befreit sind oder
- nach Art. 7 UStG 1994 (innergemeinschaftliche Lieferung) befreit werden können, wenn die gelieferten Gegenstände vom Erwerber oder für dessen Rechnung versandt oder befördert werden (Art. 171 Abs. 3 MwSt-RL 2006/112/EG).
In diesen Fällen muss sich der Leistungsempfänger um eine Rechnungsberichtigung beim Rechnungsaussteller bemühen.
Steht jedoch endgültig fest, dass eine Lieferung von Gegenständen nicht steuerfrei erfolgen kann (zB mangels Beförderungs- oder Versendungsnachweis, Näheres hierzu siehe Rz 4006), bleibt die VorsteuererstattungsVO bei Vorliegen aller weiteren Voraussetzungen grundsätzlich anwendbar.
Entsprechend der Rechtsprechung des EuGH sind weiters auch nur Vorsteuern, die auf Grund einer Leistung im Inland geschuldet werden (EuGH 13.12.1989, Rs C-342/87, „Genius Holding“) erstattungsfähig.
Wird daher fälschlich für einen im Inland nicht steuerbaren Umsatz österreichische Mehrwertsteuer in Rechnung gestellt, so ist eine Erstattung insoweit ebenfalls ausgeschlossen.
21.10.2.5. Erstattungsfähige Vorsteuern
2847
Siehe sinngemäß Rz 2840.
21.10.2.6. Fiskalvertreter, Zustellungsbevollmächtigter, Vertreter von Personenvereinigungen
2848
Der im Drittland ansässige Unternehmer benötigt für das Erstattungsverfahren keinen Fiskalvertreter oder sonstigen Parteienvertreter. Allenfalls kann vom im Drittland ansässigen Unternehmer die Namhaftmachung eines (inländischen) Zustellungsbevollmächtigten verlangt werden (§ 10 Zustellgesetz).
Kommen bei einer Personenvereinigung (Personengemeinschaft) zur Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten mehrere Personen in Betracht, so haben diese hierfür eine Person aus ihrer Mitte oder einen gemeinsamen Bevollmächtigten (zB berufsmäßiger Parteienvertreter) der Abgabenbehörde gegenüber als vertretungsbefugte Person namhaft zu machen, die solange als zur Empfangnahme von Schriftstücken der Abgabenbehörde ermächtigt gilt, als nicht eine andere Person als Zustellungsbevollmächtigter namhaft gemacht wird. Wurde kein solcher Zustellungsbevollmächtigter genannt, kann die Abgabenbehörde eine der hierfür in Betracht kommenden Personen als Vertreter mit Wirkung für die Gesamtheit bestellen (siehe auch § 81 BAO).
Randzahl 2849: derzeit frei.
21.11. Vorsteuererstattung an österreichische Unternehmer
21.11.1. Vorsteuererstattung an österreichische Unternehmer durch andere EU-Mitgliedstaaten (Rechtslage für ab 1.1.2010 gestellte Erstattungsanträge)
21.11.1.1. Vorsteuererstattungsverfahren in Österreich
21.11.1.1.1. Antragstellung
2850
Ein im Inland ansässiger Unternehmer, der einen Antrag auf Erstattung von Vorsteuerbeträgen in einem anderen Mitgliedstaat stellt, hat diesen Antrag ausnahmslos elektronisch über Finanz-Online einzureichen.
Für jeden Mitgliedstaat, in dem eine Rückerstattung von Vorsteuern beantragt werden soll, ist ein gesonderter Antrag einzubringen.
21.11.1.1.2. Frist
Die Frist zur Abgabe des Erstattungsantrages endet am 30. September des Folgejahres (Artikel 15 der Richtlinie 2008/9/EG, siehe hierzu auch das Urteil des EuGH 21.06.2012, Rs C-294/11, Elsacom NV, nach dem diese Frist nicht erstreckbar ist).
21.11.1.1.3. Inkrafttreten
§ 21 Abs. 11 UStG 1994 gilt für Erstattungsanträge, die nach dem 31.12.2009 gestellt werden. Der Zeitraum, auf den sich der Erstattungsantrag bezieht, ist somit nicht ausschlaggebend.
21.11.1.2. Vorsteuererstattungsverfahren im Erstattungsmitgliedstaat
2850a
Das Recht auf Vorsteuerabzug richtet sich danach, wie dies der jeweilige Erstattungsmitgliedstaat innerstaatlich geregelt hat.
Vorsteuern, die in Österreich abzugsfähig sind, können in anderen Mitgliedstaaten gänzlich oder zum Teil vom Abzug ausgeschlossen sein (zB Reise- oder Hotelkosten).
Darüber hinaus sind die – neben dem eigentlichen Vorsteuererstattungsverfahren – geltenden allgemeinen Verfahrensbestimmungen (zB hinsichtlich der Frist zur Einbringung von Rechtsmitteln) in den übrigen Mitgliedstaaten nicht einheitlich geregelt.
Über folgende Internetseite können die von den Mitgliedstaaten bei der EU hinterlegten allgemeinen Informationen abgerufen werden:
http://ec.europa.eu/taxation_customs/taxation/vat/traders/vat_refunds/index_de.htm
21.11.2. Vorsteuererstattung an österreichische Unternehmer durch Drittlandsstaaten
2850b
In diesen Fällen gelten für eine Vorsteuererstattung an in Österreich ansässige Unternehmer – wie bisher – die im jeweiligen Erstattungsstaat vorgesehenen Vorschriften.
22. Besteuerung der Umsätze bei land- und forstwirtschaftlichen Betrieben (§ 22 UStG 1994)
2851
§ 22 UStG 1994 regelt die Besteuerung bei nichtbuchführungspflichtigen Unternehmern, deren im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes ausgeführte Umsätze 600.000 Euro (400.000 Euro für Veranlagungszeiträume bis 2022) nicht übersteigen (siehe Rz 2853), abschließend, sodass die anderen Vorschriften des UStG 1994 nur anwendbar sind, soweit § 22 UStG 1994 darauf verweist oder erkennbar ihren Inhalt voraussetzt.
Geht bei Leistungsbezügen für den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb die Steuerschuld auf den pauschalierten Land- und Forstwirt als Leistungsempfänger über (zB gemäß § 19 Abs. 1 zweiter Satz oder Abs. 1b UStG 1994), kommt § 22 UStG 1994 nicht zur Anwendung und muss die geschuldete Steuer daher an das Finanzamt abgeführt werden (zB Errichtung eines Wirtschaftsgebäudes durch einen ausländischen Unternehmer). Dies gilt auch für die im Zusammenhang mit innergemeinschaftlichen Erwerben gemäß Art. 1 UStG 1994 anfallende Steuer (zB Kauf eines Traktors aus dem EU-Ausland). In beiden Fällen ist ein zusätzlicher Vorsteuerabzug nicht möglich, weil dieser im Rahmen der Durchschnittssatzbesteuerung berücksichtigt wird. Hinsichtlich der Aufzeichnungs- und Erklärungspflichten gelten die allgemeinen Vorschriften (Verpflichtung zur Abgabe einer Steuererklärung bei innergemeinschaftlichen Erwerben und Umsätzen, bei denen es zum Übergang der Steuerschuld kommt).
Zur Einbehaltungs- und Abfuhrverpflichtung gemäß § 27 Abs. 4 UStG 1994 bei Erwerben aus dem übrigen Gemeinschaftsgebiet, die der Versandhandelsregelung iSd Art. 3 Abs. 3 UStG 1994 unterliegen und bei denen der leistende Unternehmer die Besteuerung nicht nach der Sonderregelung gemäß Art. 25a UStG 1994 (EU-OSS-Verfahren) vornimmt, siehe Rz 3491 ff.
22.1. Durchschnittssatzbesteuerung
2852
§ 22 Abs. 1 UStG 1994 sieht vor, dass für die im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes ausgeführten Umsätze die Umsatzsteuer unter Anwendung eines bestimmten Durchschnittssteuersatzes festgesetzt wird, und ordnet diesen Umsätzen Vorsteuerbeträge in gleicher Höhe zu. Daraus ergibt sich, dass nur die im Pauschalierungszeitraum bewirkten („ausgeführten“) Umsätze der Pauschalbesteuerung unterliegen. Die Pauschalierung nach § 22 UStG 1994 ist daher dem Grunde nach eine Besteuerung nach vereinbarten Entgelten und knüpft nicht an die im Pauschalbesteuerungszeitraum vereinnahmten Entgelte an. Umsätze, die in Zeiträumen ausgeführt wurden, für welche der Landwirt zur Regelbesteuerung optiert hatte, fallen demzufolge auch dann nicht unter die Pauschalbesteuerung, wenn das Entgelt hiefür nach Übergang zur Pauschalbesteuerung vereinnahmt wurde (vgl. VwGH 24.10.2019, Ro 2018/15/0021).
Die Regelung ist auch dann anwendbar, wenn ein nicht buchführungspflichtiger Land- und Forstwirt freiwillig Bücher oder Aufzeichnungen führt, sofern die Umsatzgrenze von 600.000 Euro (400.000 Euro für Veranlagungszeiträume bis 2022) nicht überschritten wird.
2853
Ob für den Unternehmer für einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb Buchführungspflicht besteht, richtet sich nach den §§ 124 und 125 BAO. Für Veranlagungszeiträume bis einschließlich 2014 bestimmt sich die Anwendbarkeit des § 22 Abs. 1 UStG 1994 allein nach der Buchführungspflicht. Nach der ab 1.1.2015 geltenden Rechtslage ist für die Anwendung der Durchschnittssatzbesteuerung gemäß § 22 Abs. 1 UStG 1994 idF BudBG, BGBl. I Nr. 40/2014, durch nichtbuchführungspflichtige Unternehmer weitere Voraussetzung, dass die im Rahmen des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes ausgeführten Umsätze höchstens 400.000 Euro betragen. Bis 31.12.2019 galt dies – im Unterschied zu der vor dem 1.1.2015 geltenden Rechtslage – auch dann, wenn der nach § 125 Abs. 1 lit. b BAO idF vor dem KonStG, BGBl. I Nr. 96/2020, für die Buchführungspflicht alternativ maßgebliche Einheitswert von 150.000 Euro unter Berücksichtigung der Ver- und Zupachtungen nicht überschritten wurde. Wurde diese Wertgrenze hingegen überschritten, bestand nach Maßgabe des § 125 Abs. 3 BAO idF vor dem KonStG Buchführungspflicht und es war § 22 Abs. 1 UStG 1994 unabhängig von der Umsatzhöhe nicht anwendbar. Mit Wirkung ab 1.1.2020 ist die Einheitswertgrenze als Beurteilungskriterium für die Buchführungspflicht entfallen.
Für Veranlagungszeiträume, die nach dem 31.12.2022 beginnen, wurde die Umsatzgrenze für nichtbuchführungspflichtige Unternehmer, die im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes Umsätze ausführen, hinsichtlich der Anwendung der land- und forstwirtschaftlichen Pauschalregelung auf 600.000 Euro angehoben.
Für die Ermittlung der Umsatzgrenze von 600.000 Euro (400.000 Euro für Veranlagungszeiträume bis 2022) und für den Zeitpunkt des Eintritts der aus der Über- oder Unterschreitung dieser Betragsgrenze resultierenden Rechtsfolgen ist § 125 BAO sinngemäß anzuwenden. Übersteigen demnach bei bisher unter die Durchschnittssatzbesteuerung fallenden land- und forstwirtschaftlichen Betrieben die Umsätze in zwei aufeinanderfolgenden Jahren jeweils die Umsatzgrenze, so ist § 22 Abs. 1 UStG 1994 mit Beginn des darauf zweitfolgenden Kalenderjahres nicht mehr anwendbar. Betragen die Umsätze des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes in zwei aufeinander folgenden Kalenderjahren höchstens 600.000 Euro (400.000 Euro für Veranlagungszeiträume bis 2022), fällt der Land- und Forstwirt bereits ab Beginn des darauf folgenden Kalenderjahres in die Durchschnittssatzbesteuerung zurück, es sei denn der Unternehmer gibt fristgerecht eine Optionserklärung gemäß § 22 Abs. 6 UStG 1994 ab. Durch den damit verbundenen Wechsel der Besteuerungsart kann es gemäß § 12 Abs. 12 iVm § 22 Abs. 1 UStG 1994 zu Vorsteuerberichtigungen kommen (siehe Rz 2857a ff.).
Beispiel 1:
Der bisher unter die land- und forstwirtschaftliche Pauschalierung fallende Landwirt A führt im Kalenderjahr (Veranlagungszeitraum) 2023 Umsätze iHv 630.000 Euro aus. Im Kalenderjahr 2024 betragen seine Umsätze 670.000 Euro.
Lösung:
Landwirt A kann die Pauschalregelung des § 22 UStG 1994 gemäß § 22 Abs. 1a UStG 1994 iVm § 125 Abs. 3 BAO ab dem Veranlagungsjahr 2026 nicht in Anspruch nehmen.
Beispiel 2:
Der bisher unter die land- und forstwirtschaftliche Pauschalierung fallende Landwirt A führt im Kalenderjahr (Veranlagungszeitraum) 2023 Umsätze iHv 510.000 Euro aus. Im Kalenderjahr 2024 betragen seine Umsätze 620.000 Euro.
Lösung:
Landwirt A kann die Pauschalregelung des § 22 UStG 1994 jedenfalls in den Veranlagungsjahren 2023 bis 2026 in Anspruch nehmen, weil die jeweilige maßgebliche Umsatzgrenze (2022: 400.000 Euro, 2023 und 2024: 600.000 Euro) nicht in zwei aufeinanderfolgenden Jahren überschritten wurde.
Zur Rechnungslegung siehe Rz 2858.
2853a
Der Durchschnittssteuersatz beträgt für im Rahmen des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes ausgeführte Umsätze iSd § 22 Abs. 1 UStG 1994 10% bzw., soweit diese Umsätze an einen Unternehmer für dessen Unternehmen erbracht werden, 13% (bis 31.12.2015: 12%) der Bemessungsgrundlage. Der Pauschalsteuersatz von 13% kommt auch für ab 1.1.2016 ausgeführte Umsätze an Letztverbraucher zur Anwendung, wenn – bei Regelbesteuerung – gemäß § 10 Abs. 3 UStG 1994 idF StRefG 2015/2016, BGBl. I Nr. 118/2015, der ermäßigte Steuersatz von 13% anzuwenden ist (bis 31.12.2015: Durchschnittssteuersatz 10%).
Beispiel 1:
Ein pauschalierter Landwirt liefert im Juni 2016 Rindfleisch an einen Privaten und an einen Gastwirt für dessen Unternehmen.
Der Durchschnittssteuersatz für die an den Privaten ausgeführte Fleischlieferung beträgt 10%, jener für die an den Gastwirt ausgeführte Lieferung 13%.
Beispiel 2:
Ein pauschalierter Land- und Forstwirt liefert im August 2016 Brennholz an einen Hotelier für dessen Unternehmen und an einen privaten Eigenheimbesitzer.
In beiden Fällen beträgt der Durchschnittssteuersatz 13%, für den Umsatz an den Privaten deshalb, weil die Lieferung von Brennholz seit 1.1.2016 gemäß § 10 Abs. 3 Z 1 lit. a iVm Anlage 2 Z 9 UStG 1994 dem ermäßigten Steuersatz von 13% unterliegt. Gleiches würde zB auch für die Lieferung von selbst erzeugtem Wein aus eigenen Weintrauben gelten (ermäßigter Steuersatz von 13% unter den Voraussetzungen des § 10 Abs. 3 Z 11 UStG 1994).
22.1.1. Steuerfreie Umsätze im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes
22.1.1.1. Echt steuerbefreite Umsätze (Ausfuhrlieferung und innergemeinschaftliche Lieferung)
2854
Die Anwendung der echten Befreiungsbestimmungen des § 6 Abs. 1 Z 1 bis 6 und Art. 7 UStG 1994 ist im Rahmen der Sondervorschrift des § 22 UStG 1994ö ausgeschlossen, sodass solche Umsätze zum gesonderten Steuerausweis in den Rechnungen berechtigen bzw. verpflichten (zu innergemeinschaftlichen Lieferungen siehe Rz 3988; zur ZM-Abgabeverpflichtung Rz 4154; zur Beantragung einer UID siehe Rz 4339). Die in Rechnung gestellte Umsatzsteuer kann an ausländische Unternehmer erstattet werden.
Zur Zusatzsteuer siehe Rz 2873, zum innergemeinschaftlichen Versandhandel siehe Rz 3714 ff sowie zum auch für pauschalierte Land- und Forstwirte anwendbaren EU-OSS-Verfahren gemäß Art. 25a UStG 1994 siehe Rz 4297 ff.
22.1.1.2. Unecht steuerbefreite Umsätze
2855
Die unechten Umsatzsteuerbefreiungen nach § 6 Abs. 1 Z 8 bis 26 UStG 1994 sind anzuwenden. In Rechnungen über diese Umsätze ist ein gesonderter Steuerausweis unzulässig. Eine Option nach § 6 Abs. 2 UStG 1994 ist nicht vorgesehen (zB Lieferung von Gebäuden). Gemäß § 6 Abs. 1 Z 16 UStG 1994 steuerfreie Umsätze aus der Vermietung und Verpachtung von Grundstücken (zB Gebäude), die nicht in den Anwendungsbereich des § 22 UStG 1994 fallen (siehe Rz 2881), können hingegen nach § 6 Abs. 2 UStG 1994 steuerpflichtig behandelt werden (zu den Voraussetzungen siehe Rz 899a bis 899c).
22.1.1.3. Vorsteuerberichtigung bei Änderung der Verhältnisse
2856
Wird im Rahmen der Regelbesteuerung ein Vorsteuerabzug geltend gemacht, so ist bei einem später – auch bei Anwendung der Pauschalbesteuerung – gegebenen Zusammenhang mit unecht steuerbefreiten Umsätzen, zB bei einer Vermietung oder Veräußerung eines Gebäudes oder unentgeltlichen Übergabe innerhalb von 19 Jahren (bzw. 9 Jahren; siehe Rz 2081) nach der erstmaligen Verwendung, eine Berichtigung des im Rahmen der Regelbesteuerung vorgenommenen Vorsteuerabzuges durchzuführen.
Beispiel:
Ein regelbesteuernder Landwirt errichtet im Jahr 2014 für Zwecke des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes eine Maschinenhalle und nimmt diese noch im selben Jahr in Verwendung. Der im Jahr 2014 vorgenommene Vorsteuerabzug beträgt insgesamt 10.000 Euro. Ab 2020 reduziert der Landwirt seine betriebliche Tätigkeit und vermietet die Lagerhalle steuerfrei an die angrenzende Gemeinde zwecks Nutzung für Zwecke ihres zur Gänze dem Hoheitsbereich zuzuordnenden Bau- und Wirtschaftshofs. Im Jänner 2021 widerruft der Landwirt seine seinerzeit abgegebene Optionserklärung und wechselt mit Beginn des Jahres zur Pauschalbesteuerung gemäß § 22 UStG 1994 zurück. Im Jahr 2023 verkauft der Landwirt schließlich die Maschinenhalle steuerfrei an die Gemeinde.
Hinsichtlich der ab 2020 erfolgenden Vermietung der Maschinenhalle an die Gemeinde kann nicht gemäß § 6 Abs. 2 UStG 1994 zur Steuerpflicht optiert werden, da die Mieterin die Halle ausschließlich für Umsätze nutzt, die sie nicht zum Vorsteuerabzug berechtigen. Die Vermietung ist daher gemäß § 6 Abs. 1 Z 16 UStG 1994 zwingend steuerfrei und führt zu einer anteiligen jährlichen Berichtigung des Vorsteuerabzuges gemäß § 12 Abs. 10 UStG 1994 in Höhe von 500 Euro (1/20 von 10.000 Euro).
Durch den Rückwechsel in die Pauschalbesteuerung ab 2021 kommt es zu keiner neuerlichen Änderung der Verhältnisse in Bezug auf die Maschinenhalle, da die Vermietung der Maschinenhalle nicht im Rahmen des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes bewirkt wird (siehe Rz 2881). Es ist weiterhin eine jährliche Vorsteuerberichtigung in Höhe von 500 Euro vorzunehmen.
Der im Jahre 2023 erfolgende Verkauf des Grundstückes samt Maschinenhalle ist gemäß des auch im Rahmen der Pauschalbesteuerung anzuwendenden § 6 Abs. 1 Z 9 lit. a UStG 1994 unecht umsatzsteuerbefreit. Im Jahre 2023 ist daher eine Berichtigung des Vorsteuerabzuges in Höhe von 11/20, das sind 5.500 Euro, vorzunehmen.
2857
Gegenstände, die vor dem 1.1.2014 erstmals als Anlagevermögen in Verwendung genommen wurden:
Der Übergang von der Regelbesteuerung zur Besteuerung nach § 22 UStG 1994 und umgekehrt ist keine Änderung der Verhältnisse iSd § 12 Abs. 10 und Abs. 11 UStG 1994. Das gilt für Gegenstände, die vor dem 1.1.2014 erstmals als Anlagevermögen in Verwendung genommen wurden, sowie damit zusammenhängende Vorgänge nach dem 31.12.2013.
Wird ein Gegenstand, der zunächst für den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb angeschafft wurde, in der Folge im Gewerbebetrieb des Unternehmers verwendet, so ist keine Vorsteuerkorrektur vorzunehmen, denn der Gegenstand wird weiterhin zur Ausführung steuerpflichtiger Umsätze verwendet.
2857a
Gegenstände, die nach dem 31.12.2013 erstmals als Anlagevermögen in Verwendung genommen wurden:
Hinsichtlich der Vorsteuerberichtigung gemäß § 12 Abs. 10 und Abs. 11 UStG 1994 zB iZm der Veräußerung und Entnahme von Gegenständen siehe Rz 2856.
Kommt es nach dem 31.12.2013 zu einem Wechsel in der Anwendung der allgemeinen Vorschriften und der Vorschriften des § 22 UStG 1994 für den Vorsteuerabzug (Wechsel von der Durchschnittssatzbesteuerung zur Regelbesteuerung bzw. (Rück-)Wechsel zur Pauschalierung), liegt gemäß § 12 Abs. 12 zweiter Satz UStG 1994 ab dem Veranlagungsjahr 2014 eine Änderung der Verhältnisse iSd § 12 Abs. 10 und Abs. 11 UStG 1994 vor, die zu einer Vorsteuerberichtigung führen kann. Bei Gegenständen des Anlagevermögens ist die Übergangsregelung gemäß § 28 Abs. 39 Z 4 UStG 1994 zu beachten.
Zu einer Änderung der Verhältnisse iSd § 12 Abs. 12 UStG 1994 kommt es auch bei einem Wechsel des Besteuerungsverfahrens infolge Überschreitung oder Unterschreitung der Buchführungsgrenzen oder der Umsatzgrenze von 600.000 Euro (400.000 Euro für Veranlagungszeiträume bis 2022). Gleiches gilt im Zusammenhang mit Nebentätigkeiten, die nach der LuF-PauschVO 2015, BGBl. II Nr. 125/2013 bzw. – vor deren Anwendungsbereich – LuF-PauschVO 2011, BGBl. II Nr. 471/2010 idgF, nicht mehr oder wiederum als land- und forstwirtschaftlicher Nebenbetrieb oder Nebenerwerb zu beurteilen sind (zB Be- oder Verarbeitung von eigenen oder zugekauften Urprodukten iSd Rz 2893 f. bei Über- oder Unterschreitung der Einnahmengrenze von 40.000 [vor 1.1.2020: 33.000] Euro).
Eine Vorsteuerberichtigung ist in diesen Fällen allerdings nur dann vorzunehmen, wenn nicht von der Vorsteuerpauschalierung gemäß Rz 2894 Gebrauch gemacht wurde.
Die Bestimmung kommt auch bei Änderungen der Verwendung oder des Nutzungsausmaßes von Wirtschaftsgütern zur Anwendung (zB ein ursprünglich ausschließlich als landwirtschaftliche Maschinenhalle verwendetes Gebäude wird in der Folge ausschließlich als Garage für die Hotelgäste des Unternehmers genutzt; ein Traktor wird zunächst zu je 50% in der Land- und Forstwirtschaft und im Gewerbebetrieb, in der Folge nur mehr zu 20% im Gewerbebetrieb und zu 80% in der Land- und Forstwirtschaft eingesetzt).
2857b
Gegenstände des Anlagevermögens – Rechtslage ab 1.1.2014
Betroffen sind beim Anlagevermögen Vorsteuerbeträge im Zusammenhang mit Anschaffungs- und Herstellungskosten, nachträglichen Anschaffungs- und Herstellungskosten, aktivierungspflichtigen Aufwendungen und Großreparaturen (siehe dazu im Detail Rz 2077 ff). Der Berichtigungszeitraum beträgt bei beweglichen Gegenständen des Anlagevermögens vier bzw. bei Grundstücken neunzehn Jahre (siehe Rz 2081).
Gemäß § 12 Abs. 10 UStG 1994 hat die Berichtigung des Vorsteuerabzugs jeweils für den Besteuerungszeitraum zu erfolgen, in dem sich die für den Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse geändert haben. Somit ist für jedes Jahr der Änderung eine positive oder negative Fünftel- bzw. – bei Grundstücken – Zwanzigstelberichtigung vorzunehmen.
Bei Gegenständen des Anlagevermögens ist zusätzliche Voraussetzung für die Anwendung der Vorsteuerberichtigung gemäß § 12 Abs. 12 UStG 1994, dass die erstmalige Verwendung oder Nutzung durch den Unternehmer in seinem Unternehmen als Anlagevermögen nach dem 31.12.2013 erfolgt.
Beispiel 1:
Der Landwirt L hat mit Wirkung ab 1.1.2010 zur Regelbesteuerung optiert. Mit Wirkung ab 1.1.2015 widerruft L seine Optionserklärung und wendet ab diesem Zeitpunkt wieder die Pauschalbesteuerung an.
Im Jahr 2012 hat L mit der Errichtung eines Wirtschaftsgebäudes begonnen, das im Frühjahr 2013 fertiggestellt und in Verwendung genommen wurde. In diesem Zusammenhang wurden Vorsteuern in Höhe von 90.000 Euro geltend gemacht. Im Frühjahr 2014 schaffte L einen Traktor an (Vorsteuerabzug 12.000 Euro), den er sofort nach Anlieferung in Betrieb genommen hat.
Zum 1.1.2015 sind Treibstoffvorräte im Wert von 3.000 Euro (einschließlich 20% USt) vorhanden, die im Herbst 2014 angeschafft wurden.
Mit Wirkung ab 1.1.2017 wechselt L neuerlich zur Regelbesteuerung.
Für vor dem 1.1.2014 erworbene und als Anlagevermögen in Verwendung genommene Gegenstände des Anlagevermögens (hier: Wirtschaftsgebäude) hat gemäß § 28 Abs. 39 Z 4 UStG 1994 keine Vorsteuerberichtigung zu erfolgen.
Da der Traktor erstmals im Jahr 2014 als Anlagevermögen in Verwendung genommen wurde, ist aufgrund des Rückwechsels in die Pauschalbesteuerung eine Änderung der Verhältnisse eingetreten und daher ab dem Jahr 2015 eine negative Vorsteuerberichtigung iHv jeweils 2.400 Euro (1/5 von 12.000 Euro) pro Jahr vorzunehmen. Aufgrund des neuerlichen Wechsels zur Regelbesteuerung mit Wirkung ab 1.1.2017 entfällt diese Vorsteuerberichtigung ab diesem Zeitpunkt wieder.
Hinsichtlich der mit Vorsteuerabzug erworbenen Treibstoffvorräte tritt zum 1.1.2015 eine Änderung der Verhältnisse gemäß § 12 Abs. 11 iVm Abs. 12 UStG 1994 ein (einmalige negative Vorsteuerberichtigung im Jahr 2015 in Höhe von 500 Euro; siehe auch Rz 2857c).
Beispiel 2:
Der pauschalierte Landwirt L optiert gemäß § 22 Abs. 6 UStG 1994 mit Wirkung ab 1.1.2015 zur Regelbesteuerung. Im Herbst 2013 hat L ein landwirtschaftliches Kleingerät um 10.000 Euro zzgl. 20% USt erworben und in Verwendung genommen. Im Frühjahr 2014 schaffte L einen Traktor an (Vorsteuer 12.000 Euro), den er sofort nach Anlieferung in Betrieb genommen hat.
Zum 1.1.2015 sind Treibstoffvorräte im Wert von 3.000 Euro (einschließlich 20% USt) vorhanden, die im Herbst 2014 angeschafft wurden.
Mit Wirkung ab 1.1.2020 wechselt L zur Pauschalbesteuerung.
Der Wechsel zur Regelbesteuerung stellt gemäß § 12 Abs. 10 iVm Abs. 12 UStG 1994 eine Änderung der für den Vorsteuerabzug maßgeblichen Verhältnisse dar. Dies gilt jedoch für Gegenstände des Anlagevermögens nur dann, wenn diese nach dem 31.12.2013 in Verwendung genommen wurden. L kann daher iZm dem landwirtschaftlichen Kleingerät keine positive Vorsteuerberichtigung vornehmen. Der Traktor wurde hingegen erstmals im Jahr 2014 als Anlagevermögen in Nutzung genommen. L kann daher für die Veranlagungszeiträume 2015 bis einschl. 2018 eine positive Vorsteuerberichtigung in Höhe von jeweils 2.400 Euro (1/5 von 12.000 Euro) pro Jahr vornehmen. Da der Vorsteuerberichtigungszeitraum bereits abgelaufen ist, löst der neuerliche Wechsel zur Pauschalbesteuerung mit 1.1.2020 keine negative Vorsteuerberichtigung aus. Hinsichtlich der Treibstoffvorräte tritt zum 1.1.2015 eine Änderung der Verhältnisse gemäß § 12 Abs. 11 iVm Abs. 12 UStG 1994 ein. Daher ist eine einmalige positive Vorsteuerberichtigung im Jahr 2015 in Höhe von 500 Euro (siehe auch Rz 2857c) vorzunehmen.
L kann die positiven Vorsteuerberichtigungen jedoch nur geltend machen, wenn auch ansonsten die Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug (zB ordnungsgemäße Rechnung) vorliegen (vgl. Rz 2078).
Im Falle der Einzelrechtsnachfolge (zB unentgeltliche Betriebsübergabe an einen nahen Angehörigen) wirkt der noch durch den Betriebsübergeber verwirklichte Tatbestand der erstmaligen Verwendung als Anlagevermögen nicht auf den Betriebsübernehmer weiter.
Beispiel 3:
Der Land- und Forstwirt L optiert im Jahr 2012 zur Regelbesteuerung. Er beginnt im Frühjahr 2013 mit der Errichtung eines Stallgebäudes (geltend gemachte Vorsteuern: 50.000 Euro) und nimmt dieses noch im selben Jahr in Verwendung. Mit Wirkung vom 1.2.2015 übergibt er den Betrieb unentgeltlich an seinen Sohn und stellt diesem gemäß § 12 Abs. 15 UStG 1994 die für den steuerpflichtig behandelten Entnahmeeigenverbrauch des Wirtschaftsgebäudes gemäß § 3 Abs. 2 UStG 1994 geschuldete Steuer in Höhe von 47.000 Euro in Rechnung.
Um sich die Vorsteuern aus dieser Rechnung abziehen zu können, gibt der Sohn eine Optionserklärung gemäß § 22 Abs. 6 UStG 1994 mit Wirkung ab dem Jahr 2015 ab (neuerliche Auslösung der fünfjährigen Bindung). Ab 2020 wechselt der Sohn zur Pauschalbesteuerung gemäß § 22 UStG 1994.
Bei Weiterverrechnung der vom Übergeber geschuldeten „Eigenverbrauchs-Umsatzsteuer“ nach § 12 Abs. 15 UStG 1994 kann der Hofübernehmer im Falle der (neuerlich zu erklärenden Option) zur Regelbesteuerung gemäß § 22 Abs. 6 UStG 1994 – bei Erfüllung der Voraussetzungen des § 12 Abs. 1 UStG 1994 – zunächst den in Rechnung gestellten Steuerbetrag in Höhe von 47.000 Euro zur Gänze im Veranlagungszeitraum 2015 abziehen. Gleichzeitig beginnt jedoch mit dem ersten Jahr der Betriebsübernahme der zwanzigjährige Beobachtungszeitraum neu zu laufen. Da der Sohn als übernehmender Land- und Forstwirt den Gegenstand nicht vor dem 1.1.2014 als Anlagevermögen erstmalig in Verwendung genommen hat, kommt die Übergangsregelung des § 28 Abs. 39 Z 4 UStG 1994 nicht zur Anwendung. Infolge des mit Wirkung ab 1.1.2020 erfolgten Wechsels zur Pauschalbesteuerung hat der Sohn daher für die Jahre 2020 bis einschließlich 2034 eine jährliche negative Vorsteuerberichtigung iHv 2.350 Euro vorzunehmen (1/20 von 47.000 Euro; insgesamt 35.250 Euro bzw. 15/20).
Bei Gesamtrechtsnachfolge durch Erbfolge (vgl. Rz 204), Umgründungen nach dem UmgrStG (vgl. Rz 54 ff) oder nicht steuerbares Anwachsen (vgl. Rz 47 und Rz 2917) läuft hingegen der noch vom Betriebsübergeber ausgelöste Vorsteuerberichtigungszeitraum nach § 12 Abs. 10 UStG 1994 beim Hofübernehmer weiter.
Beispiel 4:
Angabe wie Beispiel 3, jedoch Betriebsübergang auf den Sohn im Wege der gesetzlichen Erbfolge (Vater im Jänner 2015 verstorben; Einantwortung im April 2015). Der Sohn gibt mit Wirkung ab 2015 neuerlich eine Optionserklärung ab. Ab 2020 Wechsel zur Pauschalbesteuerung.
Der Erbe muss ab dem Jahr 2020 hinsichtlich der auf das Wirtschaftsgebäude entfallenen Vorsteuern keine negative Vorsteuerberichtigung vornehmen. Bedingt durch die Gesamtrechtsnachfolge ist die noch im Jahr 2013 erfolgte erstmalige Verwendung/Nutzung als Anlagevermögen durch den Erblasser auch für den Erben maßgeblich. Der Zeitpunkt der erstmaligen Inverwendungnahme durch den Erblasser muss vom Erben durch zweckdienliche Unterlagen nachgewiesen werden können.
2857c
Umlaufvermögen und sonstige Leistungen – Rechtslage ab 1.1.2014
Der Anwendungsbereich des § 12 Abs. 11 UStG 1994 (vollständige Vorsteuerberichtigung) umfasst Gegenstände des Umlaufvermögens, in Bau befindliche Anlagen, noch nicht in Verwendung genommene Gegenstände des Anlagevermögens sowie sonstige Leistungen (siehe dazu Rz 2101 ff).
Für unter § 12 Abs. 11 UStG 1994 fallende Berichtigungstatbestände (zB bei Düngemittel-, Saatgut- oder Treibstoffvorräten) gilt die Übergangsregelung nicht. Daher kann es diesbezüglich bei einem Wechsel des Besteuerungsverfahrens bereits ab dem Veranlagungsjahr 2014 zu Vorsteuerberichtigungen kommen.
Eine Vorsteuerberichtigung hat jedoch generell nur in jenen Fällen zu erfolgen, in denen Gegenstände zugekauft wurden. Für selbst erzeugte Produkte ist die Vorsteuerberichtigung grundsätzlich nicht durchzuführen. Eine Vorsteuerberichtigung ist darüber hinaus für zugekaufte Gegenstände des Umlaufvermögens nur dann vorzunehmen, wenn im Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse die körperliche und wirtschaftliche Grundfunktion der Gegenstände durch die land- und forstwirtschaftliche Nutzung nicht bereits endgültig verloren gegangen ist.
Beispiel:
Ein bislang pauschalierter Land- und Forstwirt (§ 22 UStG 1994) wechselt mit 1.1.2014 in die Regelbesteuerung. Im Jahr 2013 hat er folgende Gegenstände zugekauft:
- 100 Leergebinde (Weinflaschen);
- 50 kg Düngemittel;
- 70 Ferkel für die Schweinemast.
Folgende Geschäftsvorgänge erfolgten bis zum 31.12.2013:
- 80 leere Weinflaschen werden gefüllt, davon werden 75 gefüllte Weinflaschen verkauft;
- 45 kg Düngemittel werden verbraucht, 5 kg verbleiben im Lager;
- von den mittlerweile zu Jungsauen herangewachsenen Ferkeln werden 60 geschlachtet und verkauft.
Daraus ergeben sich folgende Konsequenzen:
- Leergebinde/gefüllte Weinflaschen:
Die Flaschen verlieren durch das Füllen mit Flüssigkeiten ihre körperliche und wirtschaftliche Grundfunktion nicht endgültig. Der Landwirt kann eine positive Vorsteuerberichtigung für 25 Leergebinde geltend machen. - Düngemittel:
Der Landwirt kann für die unverbrauchten 5 kg Düngemittel eine positive Vorsteuerberichtigung vornehmen. Die übrigen 45 kg Düngemittel verlieren durch den Verbrauch endgültig ihre körperliche und wirtschaftliche Grundfunktion (auch wenn sie Eingang in ein zum 1.1.2014 im Betrieb noch vorhandenes land- und forstwirtschaftliches Erzeugnis gefunden haben) und unterliegen daher keiner Vorsteuerberichtigung. - Ferkel/Jungsauen:
Der Landwirt kann für die im Betrieb verbleibenden 10 Jungsauen eine positive Vorsteuerberichtigung vornehmen, da sich die körperliche und wirtschaftliche Grundfunktion der herangewachsenen Jungferkel nicht endgültig geändert hat.
2857d
Besteuerungsverfahren – Rechtslage ab 1.1.2014
Für die aus einer Vorsteuerberichtigung gemäß § 12 Abs. 10 bis Abs. 12 UStG 1994 entstandene Steuerschuld oder -gutschrift gelten auch dann die allgemeinen Vorschriften des UStG 1994 (Berechnung, Entrichtung, Erklärung, Aufzeichnungspflicht usw.), wenn die Berichtigung im Zusammenhang mit dem Wechsel von der Regelbesteuerung zur Pauschalbesteuerung vorzunehmen sind.
Hinsichtlich des Erfordernisses einer ordnungsgemäßen Rechnung (§ 11 UStG 1994) bei einer positiven Vorsteuerberichtigung siehe Rz 2078.
Hinsichtlich der Vorsteuerberichtigung bei Anwendung der Istbesteuerung während des Regelbesteuerungszeitraumes gelten die Ausführungen in Rz 2086 und Rz 2105 sinngemäß:
Beispiel 1 – Einmalzahlung:
Kauf eines Traktors (50.000 Euro + 10.000 Euro USt) im Jahr 2014 (letztes Jahr der Regelbesteuerung, Vorsteuerabzug nach „Ist-Grundsätzen“); Lieferung, Rechnung und erstmalige Verwendung als Anlagevermögen im Jahr 2014; Bezahlung im Jahr 2015; Übergang zur Pauschalierung mit 1.1.2015
2014 (Option) | 2015 (Pauschal) | 2016 (P) | 2017 (P) | 2018(P) | 2019 (P) | |
Zahlung | 0 | 60.000 | ||||
VSt-Abzug | -10.000 | |||||
VSt-Berichtigung | +2.000 *) | +2.000 | +2.000 | +2.000 | 0 |
*) 1/5 von 10.000 Euro
Beispiel 2 – Ratenzahlung:
Kauf eines Traktors (50.000 Euro + 10.000 Euro USt) im Jahr 2014 (letztes Jahr der Regelbesteuerung, Vorsteuerabzug nach „Ist-Grundsätzen“); Lieferung, Rechnung und erstmalige Verwendung als Anlagevermögen im Jahr 2014; Bezahlung in zwei Raten (25.000 Euro + 5.000 Euro USt) jeweils 2014 und 2015; Übergang zur Pauschalierung mit 1.1.2015
2014 (Option) | 2015 (Pauschal) | 2016 (P) | 2017 (P) | 2018(P) | 2019 (P) | |
Zahlung | 30.000 | 30.000 | ||||
VSt-Abzug | -5.000 | -5.000 | ||||
VSt-Berichtigung | 0 | +2.000 *) | +2.000 | +2.000 | +2.000 | 0 |
*) 1/5 von 10.000 Euro
22.1.1.4. Ausstellung von Rechnungen bei land- und forstwirtschaftlichen Betrieben
2858
Gemäß § 22 Abs. 1 UStG 1994 ist § 11 UStG 1994 anzuwenden. Der nichtbuchführungspflichtige Land- und Forstwirt darf daher für die Lieferungen und sonstigen Leistungen im Rahmen seines Betriebes Umsatzsteuer in Rechnung stellen. Bei Lieferungen und sonstigen Leistungen an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen bzw. an eine juristische Person auch für ihren nichtunternehmerischen Bereich besteht eine Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Rechnungsausstellung. Es gelten die allgemeinen Regeln zur Rechnungslegung. Zum Erfordernis der Angabe einer UID in von pauschalierten Land- und Forstwirten ausgestellten Rechnungen siehe Rz 1556. Von den ausgestellten Rechnungen für steuerpflichtige Lieferungen und sonstige Leistungen ist eine Durchschrift oder Abschrift anzufertigen und sieben Jahre aufzubewahren. Zu Form und Dauer der Aufbewahrungspflicht siehe Rz 1565 bis 1570.
22.1.2. Landwirtschaft und Liebhaberei
2859
Im Regelfall sind land- und forstwirtschaftliche Betriebe unter § 1 Abs. 1 der Verordnung des BM für Finanzen über das Vorliegen von Einkünften, über die Annahme einer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit und über die Erlassung vorläufiger Bescheide (Liebhabereiverordnung), BGBl. Nr. 33/1993 idgF (LVO) einzureihen und es liegt nach § 6 LVO Liebhaberei nicht vor (vgl. VwGH 16.11.2009, 2008/15/0059).
2860
Wird eine land- und forstwirtschaftliche Tätigkeit entfaltet, die auf einer besonderen in der Lebensführung begründeten Neigung beruht (§ 1 Abs. 2 LVO; zB Nutzung für Freizeitzwecke und/oder zur Ausübung von Hobbytätigkeiten wie Jagen oder Reiten) und sich bei objektiver Betrachtung nicht zur Erzielung von Gewinnen eignet, liegt keine unternehmerische Tätigkeit vor (zB VwGH 21.10.2003, 97/14/0161, zur Verpachtung einer landwirtschaftlichen Liegenschaft). Zu besonderen Ausnahmefällen siehe LRL 2012 Rz 170. Zur Steuerschuld aufgrund der Rechnungslegung bei Rechnungen mit Steuerausweis sowie zur allfälligen Rechnungsberichtigung siehe LRL 2012 Rz 180 und 181.
Randzahlen 2861 bis 2870: derzeit frei.
22.2. Zusatzsteuer
2871
Für die im Rahmen eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes ausgeführten Lieferungen (und für den, den Lieferungen gleichgestellten Eigenverbrauch) der weder unter die Begünstigung des § 10 Abs. 3 Z 11 UStG 1994 noch unter die – für nach dem 30.6.2020 und vor dem 1.1.2022 ausgeführte Umsätze geltenden – „coronabedingten“ Begünstigungen gemäß § 28 Abs. 51 Z 1 und Abs. 52 Z 1 lit. a UStG 1994 (siehe dazu im Detail Rz 3543) fallenden, noch in den Anlagen angeführten Getränke und alkoholischen Flüssigkeiten (zB im Rahmen eines Buschenschanks ausgeschenkter Wein, selbstgebrannte Spirituosen, Fruchtsäfte) ist eine zusätzliche Steuer von 10%, soweit der Umsatz an einen Unternehmer für dessen Unternehmen erbracht wird, von 7% (bis 31.12.2015: 8%) der Bemessungsgrundlage zu entrichten, ohne dass ein weiterer Vorsteuerabzug möglich wäre. Für die Zusatzsteuer gelten die allgemeinen Vorschriften des Umsatzsteuergesetzes, somit auch die Vorschriften über die Steuerbefreiungen, die Aufzeichnungspflichten, die Umsatzsteuervoranmeldung und die Umsatzsteuererklärung. Da die Zusatzbesteuerung eine Ergänzung der Durchschnittsatzbesteuerung darstellt, ist die Anwendung der Kleinunternehmerbefreiung gemäß § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994 jedoch auch für diese im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes ausgeführten Umsätze ausgeschlossen.
Beispiel:
Verkauf von 1 Stamperl Marillenbrand um 3,6 Euro an einen
a) Nichtunternehmer
b) Unternehmer
Die Bemessungsgrundlage beträgt 3 Euro (3,6 : 1,20)
Die Zusatzsteuer beträgt für die Lieferung an
a) 0,3 Euro (3 x 10%) und an
b) 0,21 Euro (3 x 7%) bzw. bei Verkauf vor dem 1.1.2016: 0,24 Euro (3 x 8%)
2872
Bis 31.12.2015 fiel für die nunmehr in § 10 Abs. 3 Z 11 UStG 1994 („Ab-Hofverkauf von Wein“) geregelten Umsätze eine Zusatzsteuer von 2% an, die aber gemäß § 22 Abs. 8 UStG 1994 idF vor StRefG 2015/2016 entfiel.
2873
Bei der Ausfuhr von in § 22 Abs. 2 UStG 1994 genannten Getränken und alkoholischen Flüssigkeiten bleibt es bei der Pauschalbesteuerung gemäß § 22 Abs. 1 UStG 1994 (keine Abfuhr). Das gilt auch für den „Touristenexport“ iSd § 7 Abs. 1 Z 3 UStG 1994 sowie für innergemeinschaftliche Lieferungen an Unternehmer (vgl. Rz 3988 und Rz 4154). Die Zusatzsteuer (zB bei der Lieferung von Traubensaft oder Schnaps) unterliegt unter den dort genannten Voraussetzungen der Steuerbefreiung gemäß § 7 bzw. Art. 7 UStG 1994. In der Rechnung darf in diesen Fällen nur die pauschale Steuer, nicht jedoch eine Zusatzsteuer ausgewiesen werden, ansonsten entsteht eine Steuerschuld aufgrund der Rechnungslegung gemäß § 11 Abs. 12 UStG 1994, die der pauschalierte Landwirt an das Finanzamt entrichten muss. Werden die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung nicht erfüllt (zB fehlender Nachweis der Beförderung oder Versendung), ist die Zusatzsteuer an das Finanzamt abzuführen und in Rechnung zu stellen.
Bei der Beförderung oder Versendung von verbrauchsteuerpflichtigen Waren (zB Wein oder Schnaps) an Nichtunternehmer in anderen Mitgliedstaaten obliegt die Besteuerung gemäß Art. 3 Abs. 3, 4 und 7 UStG 1994 dem Bestimmungsmitgliedstaat (keine Anwendung der Umsatzgrenze in Art. 3 Abs. 5 UStG 1994 bzw. – bis 30.6.2021 – der Lieferschwelle). Bei der Beförderung und Versendung von anderen unter § 22 Abs. 2 UStG 1994 fallenden Getränken (zB Traubensaft) an Nichtunternehmer in anderen Mitgliedstaaten gilt dies, wenn die Umsatzgrenze in Art. 3 Abs. 5 UStG 1994 überschritten wurde (bis 30.6.2021 bei Überschreiten der Lieferschwelle). Zur Anwendung des EU-OSS-Verfahrens gemäß Art. 25a UStG 1994 siehe Rz 4297 ff. Bei Unterschreitung der Umsatzgrenze in Art. 3 Abs. 5 UStG 1994 (bis 30.6.2021: bei Unterschreiten der Lieferschwelle) sowie bei der Abholung durch den privaten Abnehmer bleibt es entsprechend dem Ursprungslandprinzip bei der Besteuerung im Inland und § 22 Abs. 2 UStG 1994 ist anzuwenden (Entrichtung der Zusatzsteuer, außer es handelt sich um Lieferungen, die unter § 10 Abs. 3 UStG 1994 fallen).
Randzahlen 2874 bis 2875: derzeit frei