27.4 Einkünfte aus der Verwertung von Patentrechten (§ 38 Abs. 1 bis 3 EStG 1988)
27.4.1 Patentrecht
Unter die Begünstigung des § 38 EStG 1988 fallen nur Einkünfte aus der Verwertung von Erfindungen, die nach patentrechtlichen Bestimmungen geschützt sind (Patenterteilung iSd Patentrechts). Unterliegt eine Erfindung nicht der Möglichkeit des Patentschutzes, so können die aus der Verwertung dieser Erfindung erzielten Einkünfte von vornherein nicht begünstigt sein (VwGH 27.07.1994, 92/13/0146). Eine Erfindung, die nach anderen Gesetzen, zB iSd Gebrauchsmustergesetzes 1994, geschützt ist, stellt keine patentrechtlich geschützte Erfindung dar (VwGH 22.04.2009, 2007/15/0017).
27.4.2 Erfinder
Die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes ist nur für den Erfinder selbst vorgesehen, wobei es unerheblich ist, ob der Erfinder auch Patentinhaber ist. Der Antragsteller auf Anwendung des ermäßigten Steuersatzes hat dem Finanzamt nachzuweisen, dass er der Erfinder (Urheber) der betreffenden Erfindung ist. Gemäß § 20 Patentgesetz 1970 hat der Urheber einer Erfindung Anspruch, als Erfinder genannt zu werden. Art. 81 des Europäischen Patentübereinkommens bestimmt, dass der Erfinder in der europäischen Patentanmeldung zu nennen ist.
27.4.3.Einkunftsart
Innerhalb welcher Einkunftsart die begünstigten Einkünfte anfallen, ist für die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes grundsätzlich unerheblich. Insoweit Vergütungen für Diensterfindungen nicht als sonstige Bezüge iSd § 67 Abs. 7 EStG 1988, sondern als laufender Arbeitslohn zu behandeln sind (Überschreitung des um 15% erhöhten Jahressechstels), kann der ermäßigte Steuersatz im Hinblick auf § 37 Abs. 7 EStG 1988 auch dann nicht gewährt werden, wenn die Voraussetzungen für eine Veranlagung gemäß § 41 EStG 1988 vorliegen. Siehe auch LStR 2002 Rz 1099. Auf laufend ausbezahlte Diensterfindungsvergütungen (keine sonstigen Bezüge), die die Voraussetzungen des § 38 EStG 1988 erfüllen, ist im Rahmen einer Veranlagung gemäß § 41 EStG 1988 der ermäßigte Steuersatz anzuwenden.
27.4.4 Beschränkte Steuerpflicht
Die Tarifbegünstigung des § 38 Abs. 1 EStG 1988 steht gemäß § 102 Abs. 2 Z 3 EStG 1988 beschränkt Steuerpflichtigen nicht zu.
27.4.5 Verwertung durch andere Personen
Die Inanspruchnahme der Begünstigung des § 38 Abs. 1 EStG 1988 setzt voraus, dass die Verwertung der patentrechtlich geschützten Erfindung durch andere Personen erfolgt. Unter Verwertung ist sowohl die Überlassung von Erfindungen zur Benützung durch dritte Personen als auch die Veräußerung von Erfindungen zu verstehen.
27.4.5.1 Kapitalgesellschaft
Erfolgt die Verwertung der Erfindung durch eine Gesellschaft, an der der Erfinder beteiligt ist, liegt eine Verwertung durch eine andere Person stets dann vor, wenn es sich bei der verwertenden Gesellschaft um eine Kapitalgesellschaft handelt. Für Vergütungen, die der Erfinder-Gesellschafter aus der Verwertung seiner Erfindung durch eine Kapitalgesellschaft erhält, kommt die Anwendung der Tarifbegünstigung des § 38 Abs. 1 EStG 1988 insoweit nicht in Frage, als diese Vergütungen als unangemessen hoch und damit als verdeckte Ausschüttung anzusehen sind.
27.4.5.2 Personengesellschaft
Siehe Rz 5875 ff.
27.4.6 Vorläufige Veranlagung
Ist für die Erfindung erst eine Patentanmeldung, aber noch keine Patenterteilung erfolgt, kann zwar für die in Frage kommenden Einkünfte der ermäßigte Steuersatz schon angewendet werden (sofern die übrigen gesetzlichen Voraussetzungen hiefür erfüllt sind), doch ist die Einkommensteuerveranlagung im Hinblick auf die Ungewissheit, ob für die betreffende Erfindung tatsächlich ein Patent erteilt werden wird, nur vorläufig gemäß § 200 BAO vorzunehmen. Wird nämlich für eine zum Patent angemeldete Erfindung letztlich kein Patent erteilt, dann kann für die Einkünfte aus der Verwertung dieser Erfindung der ermäßigte Steuersatz keinesfalls gewährt werden (VwGH 22.1.1997, 93/15/0044). Im Falle einer solchen vorläufigen Veranlagung gemäß § 200 BAO ist der Steuerpflichtige aufzufordern, das Finanzamt unverzüglich vom Ausgang des Patentverfahrens in Kenntnis zu setzen.
27.4.7 Territorialer Patentschutz
27.4.7.1 Österreich oder Verwertungstaat
Die Erfindung muss entweder in Österreich oder in dem Gebiet patentrechtlich geschützt sein, in dem sie verwertet wird (§ 38 Abs. 2 EStG 1988).
27.4.7.2 Patentübereinkommen
Durch das Übereinkommen über die Erteilung europäischer Patente (Europäisches Patentübereinkommen), BGBl. Nr. 350/1979, wurde ein den Vertragsstaaten gemeinsames Recht für die Erteilung von Erfindungspatenten geschaffen. Die nach diesem Übereinkommen erteilten Patente werden als europäische Patente bezeichnet. Diese können für einen, mehrere oder alle Vertragsstaaten erteilt werden. Wird ein europäisches Patent für Österreich erteilt, so ist die betreffende Erfindung in Bezug auf das Erfordernis des patentrechtlichen Schutzes in territorialer Hinsicht so zu behandeln, als ob für diese Erfindung ein österreichisches Patent erteilt worden wäre (VwGH 22.04.2009, 2007/15/0017).
27.4.8 Zeitlicher Patentschutz
In zeitlicher Hinsicht muss der patentrechtliche Schutz der Erfindung für jenen Zeitraum gegeben sein, für den Lizenzzahlungen erfolgen bzw. in dem die betreffende Erfindung veräußert wird, weil sonst eine vom Gesetzgeber für die Inanspruchnahme des ermäßigten Steuersatzes geforderte Voraussetzung, nämlich der patentrechtliche Schutz der verwerteten Erfindung, nicht erfüllt wäre (VwGH 12.1.1993, 91/14/0157). So muss etwa im Falle einer Lizenz, die sich nach dem Verkauf der Lizenzprodukte richtet, für die Inanspruchnahme der Tarifbegünstigung der patentrechtliche Schutz schon im Zeitpunkt des Verkaufes des einzelnen Lizenzproduktes gegeben sein. Wurde etwa eine Jahresmindestlizenzgebühr vereinbart und beginnt der patentrechtliche Schutz der Erfindung erst im Laufe dieses Jahres, kommt der ermäßigte Steuersatz erst ab jenem Monat in Frage, in den der Beginn des patentrechtlichen Schutzes der Erfindung fällt.
Begünstigt sind auch Abfindungen künftiger Lizenzzahlungsansprüche, wenn die Voraussetzungen des § 38 EStG 1988 zutreffen. Der patentrechtliche Schutz muss in einem derartigen Fall gemäß § 38 Abs. 2 EStG 1988 für den Zeitraum gegeben sein, in dem die Abfindungszahlung erfolgt, dh. im Sinn des § 38 EStG 1988 „die Erfindung veräußert“ wird.
27.4.8.1 Beginn
Als Beginn des patentrechtlichen Schutzes kann frühestens der Zeitpunkt angesehen werden, in dem das Prioritätsrecht für die Erfindung entsteht. Hinsichtlich des Beginnes des Prioritätsrechtes bestimmt das österreichische Patentgesetz 1970, BGBl. Nr. 259/1970, in § 93 Abs. 1 und 2 folgendes:
„(1) Mit dem Zeitpunkt der ordnungsmäßigen Anmeldung eines Patentes (§§ 87 bis 92) erlangt der Anmelder das Recht der Priorität für seine Erfindung.
(2) Von diesem Zeitpunkt an genießt er gegenüber einer jeden später angemeldeten gleichen Erfindung den Vorrang.“
27.4.8.1.1 Unionspriorität
Unter besonderen Umständen kann der patentrechtliche Schutz einer Erfindung auch schon vor der Anmeldung des Patentes beim österreichischen Patentamt eintreten, wie im Falle der Unionspriorität (§ 95 Patentgesetz 1970). Der Tag der Patentanmeldung sowie ein allfälliger früherer Beginn des Prioritätsrechtes sind ua. aus der österreichischen Patentschrift zu ersehen. Liegt der Anwendung des ermäßigten Steuersatzes ein ausländisches Patent zu Grunde, hat der Steuerpflichtige den Beginn des Prioritätsrechtes nach den Bestimmungen jenes Staates nachzuweisen, in dem die betreffende Erfindung patentrechtlich geschützt ist, soweit der Beginn des Prioritätsrechtes aus der vorgelegten (ausländischen) Patentschrift nicht bereits eindeutig hervorgeht.
Der patentrechtliche Schutz einer Erfindung auf Grund eines europäischen Patentes beginnt idR mit dem Tag der Patentanmeldung. Ein ausnahmsweise früherer Zeitpunkt der Erlangung des Prioritätsrechtes auf Grund der Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutze des gewerblichen Eigentums ist jedoch nicht ausgeschlossen (siehe Art. 87 des Europäischen Patentübereinkommens). Den Zeitpunkt des Beginnes des Prioritätsrechtes für seine durch ein europäisches Patent geschützte Erfindung hat der Steuerpflichtige durch Vorlage geeigneter Schriftstücke dem Finanzamt nachzuweisen.
27.4.8.2 Ende
Hinsichtlich des Endes des patentrechtlichen Schutzes von Erfindungen, für die ein österreichisches Patent erteilt wurde, bestimmt § 46 Patentgesetz 1970 folgendes:
„(1) Das Patent erlischt
1. bei rechtzeitiger Zahlung der Jahresgebühr spätestens mit Erreichung der Höchstdauer;
2. wenn die fällige Jahresgebühr nicht rechtzeitig eingezahlt wurde;
3. wenn der Patentinhaber auf das Patent verzichtet.
(2) Betrifft der Verzicht nur einzelne Teile des Patentes, so bleibt das Patent hinsichtlich der übrigen Teile, sofern dieselben noch den Gegenstand eines selbständigen Patentes bilden können, aufrecht.
(3) Das Erlöschen wirkt im Fall des Abs. 1 Z 1 mit dem auf die Erreichung der Höchstdauer, im Fall des Abs. 1 Z 2 mit dem auf den Ablauf des letzten Gültigkeitsjahres und im Fall des Abs. 1 Z 3 mit dem auf die Bekanntgabe des Verzichtes an das Patentamt folgenden Tag.“
Gemäß § 28 Patentgesetz 1970 in der Fassung der Patentrechts-Novelle 1996, BGBl. Nr. 181/1996, beträgt die Höchstdauer des Patentes 20 Jahre ab dem Anmeldetag. Für die Dauer und das Erlöschen von Patenten, die auf vor dem 1. Dezember 1984 eingereichten Patentanmeldungen beruhen, ist Art. VI der Patentrechts-Novelle 1984, BGBl. Nr. 234/1984, weiter anzuwenden, wobei jedoch die Dauer dieser Patente mindestens 20 Jahre ab dem Anmeldetag beträgt (§ 173a Abs. 2 Patentgesetz 1970). Der Beginn der Schutzdauer einer im österreichischen Patentregister eingetragenen Erfindung ist ua. aus der Patentschrift zu ersehen.
27.4.8.3 Ausländisches Patent
Bei einem ausländischen Patent richtet sich der patentrechtliche Schutz nach den patentrechtlichen Bestimmungen jenes Staates, in dem die Erfindung patentrechtlich geschützt ist.
27.4.8.4 Europäisches Patent
Hinsichtlich des Endes des patentrechtlichen Schutzes einer Erfindung auf Grund eines europäischen Patentes ist zu beachten, dass die Laufzeit der europäischen Patente 20 Jahre, gerechnet vom Anmeldetag an, beträgt (Art. 63 des Europäischen Patentübereinkommens). Werden für eine europäische Patentanmeldung die Jahresgebühr und ggf. die Zuschlagsgebühr nicht rechtzeitig entrichtet, so gilt die europäische Patentanmeldung als zurückgenommen (Art. 86 Abs. 3 des Europäischen Patentübereinkommens). Werden für das (in der Folge) erteilte europäische Patent die Jahresgebühren nicht rechtzeitig entrichtet, so bestimmt sich der Zeitpunkt des Erlöschens des patentrechtlichen Schutzes nach den jeweiligen nationalen patentrechtlichen Vorschriften jenes Staates bzw. jener Staaten, für den bzw. für die das europäische Patent erteilt wurde; für Österreich ist diesbezüglich das Patentamtsgebührengesetz – PAG (BGBl. I Nr. 149/2004), im Zusammenhalt mit § 46 Patentgesetz 1970 maßgebend.
27.4.9 Nachweis
Der ermäßigte Steuersatz steht nur für Veranlagungszeiträume zu, für die der Patentschutz aufrecht ist. Der aufrechte Patentschutz ist nachzuweisen, wenn der Steuerpflichtige von der Abgabenbehörde zum Nachweis aufgefordert wird.
27.4.9.1 Inländisches Patent
Für den Nachweis des aufrechten patentrechtlichen Schutzes einer im österreichischen Patentregister eingetragenen Erfindung ist in aller Regel der Nachweis der rechtzeitigen Zahlung der jeweiligen Jahresgebühr ausreichend, sofern nicht schon die Höchstdauer des gesetzlichen Schutzes abgelaufen ist.
27.4.9.2 Ausländisches Patent
Bei einem ausländischen Patent obliegt dem Steuerpflichtigen der Nachweis, dass nach den patentrechtlichen Bestimmungen jenes Staates, in dem die Erfindung patentrechtlich geschützt ist, der patentrechtliche Schutz der Erfindung im maßgeblichen Zeitraum noch aufrecht war.
27.4.9.3 Europäisches Patent
Auch der Nachweis, dass die Erfindung im maßgeblichen Zeitraum durch ein europäisches Patent patentrechtlich geschützt war, obliegt dem Steuerpflichtigen.
27.5 Progressionsermäßigung
27.5.1 Hälftesteuersatz
Der Steuersatz ermäßigt sich für
- außerordentliche Einkünfte (§ 37 Abs. 5 EStG 1988),
- Einkünfte aus besonderen Waldnutzungen (§ 37 Abs. 6 EStG 1988) sowie
- Einkünfte aus der Verwertung patentrechtlich geschützter Erfindungen (§ 38 EStG 1988)
auf die Hälfte des auf das gesamte Einkommen entfallenden Durchschnittssteuersatzes. Das gesamte Einkommen ist jenes, auf das der Einkommensteuertarif nach § 33 EStG 1988 anzuwenden ist.
27.5.2 Progressionsvorbehalt
Gemäß § 33 Abs. 11 EStG 1988 ist ab der Veranlagung 2007 in Fällen, in denen ein aus der Anwendung eines Doppelbesteuerungsabkommens resultierender Progressionsvorbehalt anzuwenden ist, der Durchschnittssteuersatz zunächst ohne Berücksichtigung von Absetzbeträgen zu ermitteln; von der unter Anwendung dieses Durchschnittssteuersatzes ermittelten Steuer sind sodann die Absetzbeträge abzuziehen (vgl. LStR 2002 Rz 813). Halbsatzeinkünfte sind dementsprechend mit dem ohne Berücksichtigung von Absetzbeträgen ermittelten halben Durchschnittssteuersatz zu versteuern.
27.5.3 Zusammenballung
Veräußerungsgewinne unterliegen bei Betriebsveräußerung gegen Rente keiner Progressionsmilderung (Einkünfteverteilung, Hälftesteuersatz). Gleiches gilt für Entschädigungen gemäß § 32 EStG 1988, die über mehrere Veranlagungsperioden zu erfassen sind (§ 37 Abs. 7 erster Satz idF BGBl. I Nr. 144/2001). Der Umstand der ratenweisen Bezahlung des Veräußerungserlöses steht der Inanspruchnahme einer Progressionsmilderung bei Vorliegen der Voraussetzungen nicht entgegen, weil der Veräußerungsgewinn diesfalls zeitpunktbezogen im Wirtschaftsjahr der Betriebsveräußerung nach den Grundsätzen eines Betriebsvermögensvergleiches zu ermitteln ist. Für Einkünfte, die zum Teil mit dem festen Steuersatz des § 67 EStG 1988 versteuert werden, steht keine Ermäßigung zu (§ 37 Abs. 7 EStG 1988, siehe dazu Rz 1099 LStR 2002).
27.5.4 Verlustausgleich
Bei der Ermittlung der für die Anwendung des § 37 Abs. 5 EStG 1988 (Hälftesteuersatz) maßgebenden Steuerbemessungsgrundlage sind die außerordentlichen Einkünfte mit Verlusten aus der gleichen Einkunftsart auszugleichen (horizontaler Verlustausgleich). Darüber hinaus sind die außerordentlichen Einkünfte mit einem etwaigen Verlustüberschuss, der sich bei der rechnerischen Zusammenfassung der Einkünfte und der Verluste aus den anderen Einkunftsarten ergibt, auszugleichen (VwGH 21.3.1995, 95/14/0011; VwGH 22.2.1993, 93/15/0020); die verbleibenden außerordentlichen Einkünfte sind gemäß § 37 Abs. 5 EStG 1988 zu versteuern (siehe Rz 154). Zu den Einkünften aus besonderen Waldnutzungen siehe Rz 7324 ff.
Die Einkünfteverteilung gemäß § 37 Abs. 2, 3 oder 9 EStG 1988 ist stets vor Vornahme eines Verlustausgleiches vorzunehmen.
Beispiel:
Ein Steuerpflichtiger erzielt einen Veräußerungsgewinn von 450.000 S und einen laufenden Verlust von 300.000 S. Bei Inanspruchnahme der Drei-Jahres-Verteilung des Veräußerungsgewinnes sind im Veräußerungsjahr ein Drittel des Veräußerungsgewinnes, das sind 150.000 S anzusetzen, die mit dem laufenden Verlust von 300.000 S innerbetrieblich auszugleichen sind. Die Einkünfte des Betriebes betragen daher im Veräußerungsjahr -150.000 S.
27.6 Verteilung von Einkünften und stillen Reserven
27.6.1 Verteilung auf drei Jahre
Über Antrag sind die nachstehend genannten Einkünfte gleichmäßig verteilt auf drei Jahre, beginnend mit dem Veranlagungsjahr, dem der Vorgang zuzurechnen ist, zum Normaltarif zu versteuern (§ 37 Abs. 2 EStG 1988). Im Fall des Todes des Steuerpflichtigen während des Verteilungszeitraumes sind ausstehende Teilbeträge der Steuerschuld des Verstorbenen dem (den) Erben vorzuschreiben; eine Einbeziehung in die eigene Veranlagung des (der) Erben hat nicht stattzufinden (BFG 6.6.2017, RV/3100546/2016). Die Verteilung betrifft:
- Veräußerungsgewinne iSd § 24 EStG 1988, wenn seit der Eröffnung oder dem letzten entgeltlichen Erwerbsvorgang sieben Jahre verstrichen sind (zur steuerlichen Behandlung von Grundstücken siehe Rz 5659 ff). Zur Anwendung des Verlustausgleiches ist der Veräußerungsgewinn zu dritteln; jeweils ein Drittel ist mit Verlusten aus derselben Einkunftsquelle auszugleichen.
- Entschädigungen iSd § 32 Abs. 1 Z 1 EStG 1988, wenn überdies im Falle der lit. a oder b der Zeitraum, für den die Entschädigungen gewährt werden, mindestens sieben Jahre beträgt.
- Entschädigungen iSd § 32 Abs. 1 Z 1 lit. c und d EStG 1988 sind an keine Sieben-Jahres-Klausel gebunden; sie unterliegen auf Antrag der dreijährigen Verteilung.
- Besondere Einkünfte iSd § 28 Abs. 7 EStG 1988 idF vor dem AbgÄG 2012 bei Grundstücksveräußerungen vor dem 1.4.2012, wenn seit dem ersten Jahr, für das Herstellungsaufwendungen gemäß § 28 Abs. 3 EStG 1988 in Teilbeträgen abgesetzt wurden, mindestens weitere sechs Jahre verstrichen sind.
Sind auf Grund einer ausgeübten Regelbesteuerungsoption bzw. auf Grund mangelnder Anwendbarkeit des besonderen Steuersatzes Grundstücksgewinne Teil des Veräußerungs- oder Aufgabegewinnes iSd § 24 EStG 1988, ist die Dreijahresverteilung gemäß § 37 Abs. 2 Z 1 EStG 1988 auch auf nach § 30 Abs. 4 EStG 1988 pauschal ermittelte Grundstücksgewinne anwendbar.
27.6.2 Verteilung auf fünf Jahre
27.6.2.1 Enteignung
Über Antrag sind stille Reserven, die deswegen aufgedeckt werden, weil Wirtschaftsgüter durch behördlichen Eingriff (Rz 7371) oder zur Vermeidung eines solchen nachweisbar unmittelbar drohenden Eingriffs (Rz 7372) aus dem Betriebsvermögen ausscheiden, beginnend mit dem Veranlagungsjahr, dem der Vorgang zuzurechnen ist, gleichmäßig verteilt auf fünf Jahre anzusetzen. Dies gilt nicht, soweit stille Reserven nach § 12 EStG 1988 übertragen oder einer Übertragungsrücklage zugeführt werden. Im Fall des Todes des Steuerpflichtigen während des Verteilungszeitraumes ist die Erfassung ausstehender Teilbeträge bei dem (den) Erben vorzunehmen.
Die Verteilung stiller Reserven auf fünf Jahre (§ 37 Abs. 3 EStG 1988) auf Antrag mit Versteuerung zum Normaltarif ist auch dann anwendbar, wenn die Enteignung oder enteignungsvermeidende Veräußerung im Zuge einer Betriebsaufgabe erfolgt oder zu einer Betriebsaufgabe führt, oder wenn ein Betrieb oder Teilbetrieb im Zusammenhang mit einem Enteignungsverfahren veräußert wird (VwGH 21.9.1988, 87/13/0033).
Werden Grundstücke nach dem 31.3.2012 enteignet oder zur Vermeidung einer drohenden Enteignung veräußert, sind die durch diese Enteignung bzw. Veräußerung aufgedeckten stillen Reserven steuerfrei (§ 4 Abs. 3a Z 1 EStG 1988; siehe dazu Rz 766 und Rz 6651). Eine Verteilung der stillen Reserven auf fünf Jahre kommt daher nicht in Betracht.
27.6.2.2 Behördlicher Eingriff
Unter einem behördlichen Eingriff ist nicht jede behördliche Einwirkung auf ein Geschehen zu verstehen, sondern nur eine solche, mit der die öffentliche Hand Eigentumsrechte zu ihren Gunsten in einer Weise beeinträchtigt, dass – ohne Übertragung des Eigentums – das Eigentumsrecht an einer Sache mit enteignungsähnlicher Wirkung beschränkt wird. Als behördlicher Eingriff kommt daher nur eine Enteignung oder Beschränkung von Eigentumsrechten mit enteignungsähnlicher Wirkung in Betracht (vgl. VwGH 23.03.2010, 2005/13/0017). Kein behördlicher Eingriff ist die bescheidmäßige Aufforderung, Schadholz zu fällen und zu entrinden bzw. in geeigneter Weise bekämpfungstechnisch zu behandeln (VwGH 09.09.1998, 95/14/0017).
27.6.2.3 Drohende Enteignung
Für die Annahme einer nachweisbar unmittelbar drohenden Enteignung ist auch schon die tatsächliche Androhung einer gesetzlich zulässigen Enteignung ausreichend; konkrete Maßnahmen in Richtung Enteignung sind nicht erforderlich (VwGH 19.3.1986, 85/13/0168). Die Verteilung setzt nicht voraus, dass das enteignete Wirtschaftsgut nach Art und Umfang mit jenem ident ist, das der Enteigner für den der Enteignungsmaßnahme zu Grunde liegenden Zweck benötigt. Auch wenn der Enteigner nur Interesse an einer unbebauten Liegenschaft hat, kann der Enteignete die Verteilungsregelung für alle jene Wirtschaftsgüter in Anspruch nehmen, über die ihm mit der Enteignung von Grund und Boden notwendigerweise die Verfügungsmacht entzogen wird, wie zB für stehendes Holz oder auf der Liegenschaft befindliche Baulichkeiten (VwGH 3.6.1987, 86/13/0207).
27.6.2.4 Übertragungsrücklage
Werden stille Reserven an Stelle der Verteilung einer Übertragungsrücklage (§ 12 EStG 1988) zugeführt, unterliegt ein Auflösungsbetrag aus dieser Rücklage nicht der Verteilungsregelung.