30.1.6 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 98 Abs. 1 Z 4 EStG 1988)
Der beschränkten Steuerpflicht unterliegen nach § 98 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, die im Inland oder auf österreichischen Schiffen ausgeübt oder verwertet wird oder worden ist oder aus inländischen öffentlichen Kassen mit Rücksicht auf ein gegenwärtiges oder früheres Dienstverhältnis gewährt werden. Für die Begriffsbestimmung „Ausübung“ und „Verwertung“ ist § 98 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 maßgeblich (siehe Rz 7916 ff und Rz 7920).
Im § 98 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 wird nach der Erwähnung der Einkunftsart „Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit“ im nachfolgenden Klammerausdruck auf § 25 EStG 1988 verwiesen. Damit ist grundsätzlich der gesamte im § 25 Abs. 1 EStG 1988 erwähnte Katalog von nichtselbständigen Einkünften auch von § 98 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 umfaßt. Eine Einschränkung im Umfang der Steuerpflicht ergibt sich erst durch die weitere Bezugnahme in § 98 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 auf eine notwendige inländische Anknüpfung, die zwei Tatbestände umfaßt (VwGH 19.3.1997, 94/13/0220), nämlich einerseits Ausübung oder Verwertung der Arbeit im Inland und andererseits Gewährung von Einkünften aus inländischen öffentlichen Kassen.
Durch Übernahme der in § 25 EStG 1988 genannten Einkunftstatbestände (so auch der Pensionen aus der gesetzlichen Sozialversicherung und gleichartigen Bezüge aus Versorgungseinrichtungen und Unterstützungseinrichtungen der Kammern der selbständig Erwerbstätigen) in § 98 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 besteht eine beschränkte Einkommensteuerpflicht dann, wenn die seinerzeitige selbständige Berufsausübung im Inland erfolgte oder verwertet wurde. Dieses Auslegungsergebnis wird durch § 70 Abs. 2 Z 1 EStG 1988 gestützt. Diese Norm enthält Tarifvorschriften für bestimmte Einkünfte im Rahmen der beschränkten Lohnsteuerpflicht, ua. für Arbeitslohn von Trägern der gesetzlichen Sozialversicherung. Damit wird implizit vorausgesetzt, daß diese Einkünfte – die ein Dienstverhältnis unmittelbar nicht voraussetzen (zB Witwenpensionen oder Waisenpensionen) – durch den Verweis auf § 98 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 im § 70 Abs. 1 EStG 1988 erfaßt werden (VwGH 19.3.1997, 94/13/0220).
Entschädigungen, die ein Mitglied des Vorstandes einer österreichischen Kapitalgesellschaft dafür erhält, dass das Vertragsverhältnis vorzeitig aufgelöst wird, unterliegen als Vorteile aus einem früheren Dienstverhältnis gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 dem österreichischen Lohnsteuerabzug. Diese Steuerpflicht bleibt auch dann aufrecht, wenn der Steuerpflichtige durch Wohnsitzverlegung in das Ausland aus der unbeschränkten in die beschränkte Steuerpflicht wechselt. Da einerseits die Quelle für die Entschädigungseinkünfte durch die auf Grund des Dienstvertrages in Österreich erbrachte Arbeitsleistung gebildet wird und andererseits die Entschädigungseinkünfte nicht unter die für Ruhegehälter und ähnliche Vergütungen (Art. 18 OECD-Musterabkommen) stehenden Begriffe des jeweiligen DBA zu subsumieren sind, steht nach dem „Kausalitätsprinzip“ das Besteuerungsrecht (Art. 15 OECD-Musterabkommen) Österreich zu (Vorrang des Kausalitätsprinzips vor dem Zuflussprinzip)
Gemäß § 25 Abs. 1 Z 5 EStG 1988 gehören Bezüge von Vortragenden, Lehrenden und Unterrichtenden, sofern nicht bereits ein Dienstverhältnis gemäß § 47 Abs. 2 erster und zweiter Satz EStG 1988 vorliegt und sofern sie diese Tätigkeit im Rahmen eines von der Bildungseinrichtung vorgegebenen Studien-, Lehr- oder Stundenplanes (siehe dazu LStR 2002 Rz 992b) ausüben, zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit. Dies gilt auch für ausländische Lehrbeauftragte (zB Gastprofessoren), die beschränkt steuerpflichtige Einkünfte aus einer Tätigkeit im Rahmen eines von der Bildungseinrichtung im Inland vorgegebenen Studien-, Lehr- oder Stundenplanes im Inland erzielen. Für steuerliche Belange sind sie als Arbeitnehmer zu qualifizieren. Qualifiziert der Ansässigkeitsstaat des Lehrbeauftragten nach seinem Recht die Lehrtätigkeit als freiberufliche, kann sich ein internationaler Qualifikationskonflikt mit der Wirkung einer Doppelbesteuerung ergeben. In Fällen dieser Art kann das Problem nur im Weg eines internationalen Verständigungsverfahrens geklärt werden, das von Seiten des Lehrbeauftragten grundsätzlich in seinem Ansässigkeitsstaat zu beantragen wäre.
30.1.6.1 Ausübung
Ausgeübt wird eine Tätigkeit nach innerstaatlichem und OECD-konformen zwischenstaatlichen Recht an dem Ort, an dem der Arbeitnehmer bei dieser Tätigkeit tatsächlich anwesend ist. Unmaßgeblich ist im Allgemeinen die Ansässigkeit des Arbeitgebers. Eine Ausnahme gilt für unternehmensrechtliche Geschäftsführer und Vorstände von Kapitalgesellschaften im Abkommensverhältnis zu Deutschland; laut Art. 16 Abs. 2 DBA-Deutschland darf deren Tätigkeit vom Ansässigkeitsstaat der Kapitalgesellschaft besteuert werden.
Die Besteuerung von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit erfolgt bei Vorliegen eines DBA idR im Tätigkeitsstaat. Der Tätigkeitsstaat hat jedoch gemäß den dem Art. 15 Abs. 2 OECD-Musterabkommen nachgebildeten Bestimmungen kein Besteuerungsrecht, wenn sich der Steuerpflichtige im Tätigkeitsstaat insgesamt nicht länger als 183 Tage aufhält, außer die Vergütungen werden von einer im Tätigkeitsstaat befindlichen Betriebsstätte (festen Einrichtung) des Arbeitgebers getragen oder die Vergütungen werden von einem Arbeitgeber oder für einen Arbeitgeber gezahlt, der im Tätigkeitsstaat ansässig ist. Ob die 183 Tage Frist pro Kalenderjahr oder für eine mit der jeweiligen Einreise in den Tätigkeitsstaat beginnende 12-Monate-Periode zu berechnen ist, richtet sich nach den Bestimmungen des jeweiligen Abkommens (Einzelheiten zur Fristberechnung siehe Erlass AÖF Nr. 331/1991). Laut OECD-Musterkommentar wäre auf eine 12-monatige Periode abzustellen (siehe Rz 4 des OECD-Kommentars zu Art. 15).
Für Grenzgänger sehen DBA vereinzelt (DBAs mit Deutschland, Italien, Liechtenstein) vor, dass deren Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit unabhängig von der Ausübung im Tätigkeitsstaat im Ansässigkeitsstaat besteuert werden. Soweit weder das DBA selbst noch eine Durchführungsregelung die für die Grenzgängereinstufung erforderlichen Merkmale eines grenznahen Wohnsitzes und eines grenznahen Arbeitsortes festlegen, sind alle Arbeitsorte noch als in Grenznähe gelegen anzusehen, die es unter Berücksichtigung der modernen Verkehrsverhältnisse erlauben, unter Zugrundelegung einer vertretbaren Wegzeit den Arbeitsort täglich vom Wohnsitz anzufahren.
30.1.6.2 Verwertung
Die Vermutung spricht für eine Verwertung nichtselbständiger Arbeit im Inland, wenn von einem inländischen Arbeitgeber Arbeitslohn ins Ausland geleistet wird. Es ist jedoch zu prüfen, ob der Erfolg der Tätigkeit unmittelbar der inländischen Volkswirtschaft zu dienen bestimmt ist (VwGH 20.10.1982, 81/13/0083).
Typisch für eine Verwertung von nichtselbständiger Arbeit im Inland ist die Tätigkeit der Außenhandelsstellen der Wirtschaftskammer Österreich (VwGH 27.11.1968, 0889/67). Die ausschließlich im Ausland verrichtete, in der Mitwirkung beim Bau von Küstenschutzanlagen und Meereswasserentsalzungsanlagen bestehende Tätigkeit eines österreichischen Ingenieurs dient mit ihrem Erfolg der inländischen Volkswirtschaft auch dann nicht unmittelbar, wenn die ausländische Dienstgeberfirma eine Kapitalgesellschaft ist, deren Anteile sich im Eigentum einer inländischen Kapitalgesellschaft befinden (VwGH 15.4.1980, 2805/79). Eine unmittelbare Verwertung der Arbeitsleistungen der Arbeitnehmer erfolgt in erster Linie durch den Arbeitgeber selbst, denn ihm schuldet der Arbeitnehmer seine Arbeitskraft und ihm gegenüber erbringt der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung. Eine unmittelbare Verwertung im Inland liegt daher im Allgemeinen dann vor, wenn inländische Arbeitgeber ihre Arbeitnehmer in das Ausland entsenden.
Randzahl 7960: derzeit frei
30.1.6.3 Öffentliche Kassen
Öffentliche Kassen sind nur die Kassen von inländischen Gebietskörperschaften (VwGH 20.9.1983, 83/14/0002), wobei unmaßgeblich ist, ob das Dienstverhältnis im In- oder Ausland bestanden hat. Inländische Gebietskörperschaften sind der Bund, die Länder und die Gemeinden.
Ist das anzuwendende DBA diesbezüglich dem Art. 19 OECD-Musterabkommen nachgebildet, so werden solche Einkünfte im Inland steuerlich erfasst, wenn es sich um Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen handelt, die von einer Gebietskörperschaft für die an sie geleisteten Dienste gezahlt werden, und die Dienste nicht im Rahmen einer Geschäftstätigkeit erbracht wurden. Anders verhält es sich, wenn die Dienste im anderen Vertragsstaat geleistet werden und der Einkünfteempfänger dort ansässig ist und entweder dessen Staatsangehöriger ist oder nicht ausschließlich deshalb dort ansässig geworden ist, um die Dienste zu leisten. Ruhegehälter, die nicht im Zusammenhang mit einer Geschäftstätigkeit stehen, werden im Quellenstaat steuerlich erfasst, ausgenommen der Bezieher ist im Vertragsstaat ansässig und dessen Staatsangehöriger.
30.1.6.4 Unterbleiben der Erfassung
Eine Erfassung von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit unterbleibt gemäß § 98 Abs. 1 Z 4 letzter Satz EStG 1988, wenn die Einkünfte wirtschaftlich bereits bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb (§ 98 Abs. 1 Z 3 EStG 1988) erfasst wurden. Damit soll eine wirtschaftliche Doppelbesteuerung in Fällen vermieden werden, in denen der zu besteuernde Arbeitslohn bei der Besteuerung des Gestellers, der im Inland (beschränkt steuerpflichtige) Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt, keine Berücksichtigung als Aufwand bzw. Ausgabe gefunden hat.
Beispiel:
Der in Österreich nicht ansässige Gesteller G, der in Österreich keine Betriebsstätte besitzt, gestellt fünf ebenfalls nicht ansässige Dienstnehmer an den österreichischen Gestellungsnehmer A, der diese im Inland zum Einsatz bringt. Der Gesteller G erzielt dadurch beschränkt steuerpflichtige Einkünfte gemäß § 98 Abs. 1 Z 3 EStG 1988. Die Einkommensteuer ist durch Steuerabzug von 20% seiner Einnahmen abgegolten (§ 99 Abs. 1 Z 5 in Verbindung mit § 102 Abs. 1 Z 1 EStG 1988). Die Dienstnehmer erzielen beschränkt steuerpflichtige Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 98 Abs. 1 Z 4 EStG 1988). Die Erfassung dieser Einkünfte bei den Arbeitnehmern hat jedoch zu unterbleiben, weil sie wirtschaftlich bereits beim Gesteller G erfasst wurden.
Eine wirtschaftliche Doppelbesteuerung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 98 Abs. 1 Z 4 EStG 1988) ist bei Bestehen eines DBA nicht anzunehmen, wenn dieses für die Zuteilung des Besteuerungsrechtes für Einkünfte iSd § 98 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 an Österreich eine Betriebsstätte (iSd Abkommens) fordert, eine solche aber nicht vorliegt.
30.1.7 Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 98 Abs. 1 Z 5 EStG 1988)
30.1.7.1 Steuerpflichtige Einkünfte aus Kapitalvermöge
Beschränkt Steuerpflichtige unterliegen mit Einkünften aus Kapitalvermögen iSd § 27 EStG 1988 nach Maßgabe des § 98 Abs. 1 Z 5 EStG 1988 der beschränkten Steuerpflicht. Handelt es sich bei Kapitaleinkünften um solche aus Kapitalanlagen inländischer Betriebsstätten von beschränkt Steuerpflichtigen, unterliegen diese Einkünfte nach Maßgabe des § 27 EStG 1988 der beschränkten Steuerpflicht nach § 98 Abs. 1 Z 3 EStG 1988. § 98 Abs. 1 Z 5 EStG 1988 ist diesfalls nicht anwendbar. Unterhält hingegen der beschränkt Steuerpflichtige, der im Rahmen seines ausländischen Unternehmens in Österreich Kapitaleinkünfte iSd § 27 EStG 1988 erzielt, keine inländische Betriebsstätte, unterliegen die Kapitaleinkünfte auf Grund der isolierenden Betrachtungsweise nach Maßgabe des § 98 Abs. 1 Z 5 EStG 1988 der beschränkten Steuerpflicht.
Die beschränkte Steuerpflicht iSd § 98 Abs. 1 Z 5 EStG 1988 erfuhr mit dem BBG 2011, BGBl. I Nr. 111/2010 eine Anpassung an die Neuregelung der Besteuerung von Kapitalvermögen (zur zeitlichen Anwendbarkeit siehe § 124b Z 184 EStG 1988). Eine Ausdehnung der beschränkten Steuerpflicht iSd § 98 Abs. 1 Z 5 EStG 1988 erfolgte dabei grundsätzlich nur im Hinblick auf die Einbeziehung von realisierten Wertsteigerungen in die Einkünfte aus Kapitalvermögen. Mit dem AbgÄG 2014, BGBl. I Nr. 13/2014, wurde jedoch eine Ausdehnung der beschränkten Steuerpflicht auf „Zinsen“ im Sinne des EU-Quellensteuergesetzes vorgenommen. Die beschränkte Steuerpflicht auf Zinsen wurde mit dem EU-AbgÄG 2016, BGBl. I Nr. 77/2016, umgestaltet und auf sämtliche inländischen (Stück-)Zinsen gemäß § 27 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 und § 27 Abs. 6 Z 5 EStG 1988 ausgedehnt.
Der beschränkten Steuerpflicht iSd § 98 Abs. 1 Z 5 EStG 1988 unterliegen Einkünfte aus Kapitalvermögen iSd § 27 EStG 1988, wenn
- es sich um Einkünfte aus der Überlassung von Kapital gemäß § 27 Abs. 2 Z 1 EStG 1988 oder § 27 Abs. 5 Z 7 EStG 1988 handelt und Kapitalertragsteuer einzubehalten war (§ 98 Abs. 1 Z 5 lit. a EStG 1988, Inländische Beteiligungserträge und Zuwendungen an Privatstiftungen, siehe Rz 7966),
- es sich um Zinsen im Sinne des EU-Quellensteuergesetzes, BGBl. I Nr. 33/2004, handelt und Kapitalertragsteuer einzubehalten war (bis 31.12.2016; § 98 Abs. 1 Z 5 lit. b EStG 1988 idF des AbgÄG 2014, BGBl. I Nr. 13/2014, Einkünfte aus Zinsen, siehe Rz 7967),
- es sich um inländische Zinsen gemäß § 27 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 oder inländische Stückzinsen gemäß § 27 Abs. 6 Z 5 EStG 1988 (einschließlich solche bei Nullkuponanleihen und sonstigen Forderungswertpapieren) handelt und Kapitalertragsteuer einzubehalten war (ab 1.1.2017; § 98 Abs. 1 Z 5 lit. b EStG 1988 idF des EU-AbgÄG 2016, BGBl. I Nr. 77/2016, Einkünfte aus Zinsen, siehe Rz 7967),
- es sich um Einkünfte aus der Überlassung von Kapital gemäß § 27 Abs. 2 Z 4 EStG 1988 handelt und Abzugsteuer gemäß § 99 EStG 1988 einzubehalten war (§ 98 Abs. 1 Z 5 lit. c EStG 1988, Einkünfte als stiller Gesellschafter, siehe Rz 7968).
- es sich um Einkünfte aus Kapitalvermögen aus im Inland gelegenen Immobilien iSd §§ 40 und 42 Immobilien-Investmentfondsgesetz handelt (§ 98 Abs. 1 Z 5 lit. d EStG 1988, Einkünfte aus § 40 oder § 42 des Immobilien-Investmentfondsgesetzes unterliegenden Gebilden, siehe Rz 7969),
- es sich um Einkünfte aus realisierten Wertsteigerungen aus Beteiligungen an unbeschränkt steuerpflichtigen Kapitalgesellschaften handelt, an der der Steuerpflichtige in den letzten fünf Kalenderjahren zu mindestens 1% beteiligt war (§ 98 Abs. 1 Z 5 lit. e EStG 1988, Einkünfte aus realisierten Wertsteigerungen, siehe Rz 7970).
a)Inländische Beteiligungserträge
Der beschränkten Steuerpflicht gemäß § 98 Abs. 1 Z 5 lit. a EStG 1988 unterliegen zunächst Einkünfte aus der Überlassung von Kapital iSd § 27 Abs. 2 Z 2 EStG 1988. Voraussetzung für die beschränkte Steuerpflicht ist, dass der Abzugsverpflichtete Schuldner der Kapitalerträge iSd § 95 Abs. 2 Z 1 lit. a EStG 1988 ist und Kapitalertragsteuer einzubehalten war (§ 93 Abs. 1 EStG 1988). Besteht daher eine Befreiung von der Kapitalertragsteuer gemäß § 94 EStG 1988, unterliegen die Einkünfte auch nicht der beschränkten Steuerpflicht. Die beschränkte Steuerpflicht iSd § 98 Abs. 1 Z 5 lit. a EStG 1988 erstreckt sich folglich auf
- Gewinnanteile und sonstige Bezüge aus Aktien oder Anteilen an Gesellschaften mit beschränkter Haftung (§ 27 Abs. 2 Z 1 lit. a EStG 1988),
- gleichartige Bezüge und Rückvergütungen aus Anteilen an Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften (§ 27 Abs. 2 Z 1 lit. b EStG 1988),
- gleichartige Bezüge aus Genussrechten (somit sozietäre, nicht aber obligationenähnliche Genussrechte) und Bezüge aus Partizipationskapital iSd BWG oder VAG (§ 27 Abs. 2 Z 1 lit. c EStG 1988) sowie
- Bezüge aus Agrargemeinschaften (§ 27 Abs. 2 Z 1 lit. d EStG 1988),
soweit keine Befreiung vom KESt-Abzug besteht. Auch verdeckte Ausschüttungen unterliegen der beschränkten Steuerpflicht.
Weiters erstreckt sich die beschränkte Steuerpflicht auch auf Ausgleichszahlungen, die der Verleiher eines Wertpapiers von einem Kreditinstitut erhält.
b)Zuwendungen von inländischen Privatstiftungen nach Maßgabe des § 27 Abs. 5 Z 7 EStG 1988
Der beschränkten Steuerpflicht gemäß § 98 Abs. 1 Z 5 lit. a EStG 1988 unterliegen weiters Zuwendungen einer nicht gemeinnützigen Privatstiftung. Voraussetzung für die beschränkte Steuerpflicht ist wiederum, dass die Zuwendung einem Kapitalertragsteuerabzug unterliegt. Zuwendungen von ausländischen Stiftungen sind daher grundsätzlich nicht von der beschränkten Steuerpflicht umfasst.
Rechtslage bis 31.12.2016:
Einkünfte aus Zinsen im Sinne des EU-Quellensteuergesetzes
Die beschränkte Steuerpflicht gemäß § 98 Abs. 1 Z 5 lit. b EStG 1988 umfasst Einkünfte aus Kapitalvermögen im Sinne des § 27 EStG 1988, wenn es sich dabei um Zinsen im Sinne des EU-Quellensteuergesetzes handelt (zu den einzelnen EU-quellensteuerpflichtigen Einkünften siehe EU-QuStR Rz 55). Zur beschränkten Steuerpflicht kommt es dabei nur dann, wenn für die Zinsen KESt einzubehalten war (siehe so auch Rz 7966). Ob der KESt-Abzug nach dem Subtatbestand des § 27 Abs. 2 EStG 1988 vorgenommen wurde, ist dabei nicht relevant. So sind beispielsweise auch in Veräußerungsgewinnen enthaltene Stückzinsen oder Einlösungsgewinne aus (Nullkupon)Anleihen von der beschränkten Steuerpflicht erfasst. Wird aufgrund von § 27a Abs. 2 EStG 1988 kein KESt-Abzug vorgenommen, besteht keine beschränkte Steuerpflicht.
Sollte für Zwecke der beschränkten Steuerpflicht gemäß § 98 Abs. 1 Z 5 lit. b EStG 1988 die Abgrenzung zwischen Alt- und Neubestand entsprechend den Inkrafttretensbestimmungen der KESt-neu relevant sein, bestehen keine Bedenken, im Zweifel von Neuvermögen auszugehen, wenn eine Differenzierung durch die Abzugsverpflichteten aus technischen Gründen nicht möglich ist.
Eine Abzugsverpflichtung kann für auszahlende Stellen gemäß § 95 Abs. 2 Z 1 lit. b EStG 1988 und für depotführende Stellen gemäß § 95 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 bestehen. Die Abzugsverpflichtung umfasst dabei gemäß § 94 Z 13 EStG 1988, unabhängig von der Einstufung der Kapitalerträge nach § 27 EStG 1988, nur den Zinsanteil im Sinne des EU-Quellensteuergesetzes. Bei Stückzinsen hat bei Kuponzahlung/Einlösung/Veräußerung ein KESt-Abzug zu erfolgen, wobei eine laufende Zinsabgrenzung nicht erforderlich ist, wenn die technischen Möglichkeiten dafür nicht bestehen. Zur KESt-Befreiungsbestimmung des § 94 Z 13 EStG 1988 siehe Rz 7972.
Nicht der beschränkten Steuerpflicht gemäß § 98 Abs. 1 Z 5 lit. b EStG 1988 unterliegen natürliche Personen, die vom Anwendungsbereich der EU-Quellensteuer erfasst sind und Zinsen, deren Schuldner weder Wohnsitz noch Geschäftsleitung oder Sitz im Inland hat, noch eine inländische Zweigstelle eines ausländischen Kreditinstituts ist (siehe Rz 7971). Aufgrund der Voraussetzung, wonach die beschränkte Steuerpflicht nur dann besteht, wenn KESt einzubehalten war, führt die Anwendbarkeit der Befreiungsbestimmungen des § 94 EStG 1988 dazu, dass die beschränkte Steuerpflicht nicht zur Anwendung kommt.
Die beschränkte Steuerpflicht besteht für Zinsen, die nach dem 31. Dezember 2014 angefallen sind. Wird ab dem 1. Jänner 2015 auch für Zinsen, die vor dem 1. Jänner 2015 angefallen sind, KESt abgezogen, kann dieser Teil angerechnet oder rückerstattet werden. Die Finanzamtszuständigkeit für die KESt-Rückerstattung richtet sich dabei nach § 23 AVOG 2010 iVm § 25 Z 3 AVOG 2010 (siehe dazu Rz 7972).
Die Steuerpflicht auf Zinsen gemäß § 98 Abs. 1 Z 5 lit. b EStG 1988 idF vor dem EU-AbgÄG 2016, BGBl. I Nr. 77/2016, tritt mit Ablauf des 31.12.2016 außer Kraft. Für Zinsen, die aufgrund des § 14 Abs. 4 des EU-Quellensteuergesetzes nicht mehr der EU-Quellensteuer unterliegen, ist die beschränkte Steuerpflicht bereits ab dem 1.10.2016 nicht mehr anzuwenden (vgl. § 124b Z 309 letzter Satz EStG 1988).
Rechtslage ab 1.1.2017:
Die beschränkte Steuerpflicht auf Zinsen gemäß § 98 Abs. 1 Z 5 lit. b EStG 1988 wurde mit dem EU-AbgÄG 2016, BGBl. I Nr. 77/2016 umfassend umgestaltet. Die beschränkte Steuerpflicht umfasst nunmehr nicht nur lediglich jene Einkünfte aus Kapitalvermögen im Sinne des § 27 EStG 1988, bei denen es sich um Zinsen im Sinne des EU-Quellensteuergesetzes handelt, sondern sämtliche Zinsen gemäß § 27 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 und Stückzinsen gemäß § 27 Abs. 6 Z 5 EStG 1988 (einschließlich solche bei Nullkuponanleihen und sonstigen Forderungswertpapieren, unabhängig davon, ob diese unter § 27 Abs. 3 oder 4 EStG 1988 fallen), sofern es sich dabei um inländische (Stück)Zinsen handelt.
Inländische (Stück)Zinsen liegen vor, wenn
- der Schuldner der (Stück)Zinsen Wohnsitz, Geschäftsleitung oder Sitz im Inland hat oder eine inländische Zweigstelle eines ausländischen Kreditinstitutes ist oder
- das Wertpapier von einem inländischen Emittenten begeben worden ist.
Unverändert ist hingegen die Voraussetzung, wonach die beschränkte Steuerpflicht nur dann besteht, wenn für die (Stück)Zinsen KESt einzubehalten war (siehe dazu auch Rz 7966). Wird daher aufgrund von § 27a Abs. 2 EStG 1988 kein KESt-Abzug vorgenommen oder kommen die Befreiungsbestimmungen des § 94 EStG 1988 zur Anwendung, besteht keine beschränkte Steuerpflicht.
Auf welcher Rechtsgrundlage der KESt-Abzug vorgenommen wird, somit ob sich eine Abzugsverpflichtung für auszahlende Stellen gemäß § 95 Abs. 2 Z 1 lit. b EStG 1988 oder für depotführende Stellen gemäß § 95 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 ergibt, ist dabei nicht relevant. So sind beispielsweise – wie nach der Rechtslage vor dem EU-AbgÄG 2016, BGBl. I Nr. 77/2016 – auch in Veräußerungsgewinnen enthaltene Stückzinsen oder Einlösungsgewinne aus (Nullkupon)Anleihen von der beschränkten Steuerpflicht erfasst.
Da der Umfang der beschränkten Steuerpflicht auf Zinsen jenem bei unbeschränkter Steuerpflicht (in Bezug auf Zinsen) entspricht, hat auch beim KESt-Abzug keine Korrektur zu erfolgen (anders als nach der Rechtslage vor dem EU-AbgÄG 2016, BGBl. I Nr. 77/2016, nach der die Abzugsverpflichtung gemäß § 94 Z 13 EStG 1988, unabhängig von der Einstufung der Kapitalerträge nach § 27 EStG 1988, nur den Zinsanteil im Sinne des EU-Quellensteuergesetzes umfasst hat; siehe dazu Rz 7972).
Nicht von der beschränkten Steuerpflicht auf (Stück)Zinsen gemäß § 98 Abs. 1 Z 5 lit. b EStG 1988 umfasst sind:
- (Stück)Zinsen, die nicht von natürlichen Personen erzielt werden;
- (Stück)Zinsen, die von Personen erzielt werden, die in einem Staat ansässig sind, mit dem ein automatischer Informationsaustausch besteht, wobei die Begründung der Ansässigkeit in einem solchen Staat dem Abzugsverpflichteten durch Vorlage einer Ansässigkeitsbescheinigung nachzuweisen ist (Formular IS-QU1);
- (Stück)Zinsen, die in Ausschüttungen gemäß § 186 Abs. 1 des Investmentfondsgesetzes 2011 oder in ausschüttungsgleichen Erträgen gemäß § 186 Abs. 2 Z 1 des Investmentfondsgesetzes 2011 enthalten sind, sofern das den §§ 186 oder 188 des Investmentfondsgesetzes 2011 unterliegende Gebilde direkt oder indirekt höchstens 15% seines Vermögens in Wirtschaftsgüter angelegt hat, deren Erträge inländische Zinsen sind.
Der veränderte Umfang der beschränkten Steuerpflicht auf (Stück)Zinsen gemäß § 98 Abs. 1 Z 5 lit. b EStG 1988 idF des EU-AbgÄG 2016, BGBl. I Nr. 77/2016, kommt für (Stück)Zinsen zur Anwendung, die nach dem 31.12.2016 angefallen sind. Wird ab dem 1.1.2017 auch für Zinsen, die davor angefallen sind und die von der beschränkten Steuerpflicht auf Zinsen gemäß § 98 Abs. 1 Z 5 lit. b EStG 1988 idF vor dem EU-AbgÄG 2016, BGBl. I Nr. 77/2016, nicht erfasst waren, KESt abgezogen, kann die KESt anteilig angerechnet oder rückerstattet werden. Die Finanzamtszuständigkeit für die KESt-Rückerstattung richtet sich dabei nach § 23 AVOG 2010 iVm § 25 Z 3 AVOG 2010 (siehe dazu Rz 7972).
Einkünfte als stiller Gesellschafter
Der beschränkten Steuerpflicht gemäß § 98 Abs. 1 Z 5 lit. c EStG 1988 unterliegen Gewinnanteile iSd § 27 Abs. 2 Z 4 EStG 1988 aus der Beteiligung an einem Unternehmen als stiller Gesellschafter oder nach Art eines stillen Gesellschafters. Diese Einkünfte unterliegen seit dem 1. April 2012 nicht dem KESt-Abzug (§ 93 Abs. 1 iVm § 27a Abs. 2 Z 3 EStG 1988); § 98 Abs. 1 Z 5 lit. c EStG 1988 normiert daher einen eigenen Steuertatbestand. Gewinnanteile aus der Beteiligung als stiller Gesellschafter unterliegen unter der Voraussetzung der beschränkten Steuerpflicht, dass Abzugssteuer gemäß § 99 EStG 1988 einzubehalten war. Dies ist bei Einkünften iSd § 27 Abs. 2 Z 4 EStG 1988 dann der Fall, wenn die stille Beteiligung an einem inländischen Unternehmen besteht (§ 99 Abs. 1 Z 7 EStG 1988). Damit werden nur Einkünfte aus Beteiligungen beschränkt Steuerpflichtiger an inländischen stillen Gesellschaften von der beschränkten Steuerpflicht erfasst. Die Abzugssteuer beträgt in diesen Fällen 27,5% (für Zuflüsse ab dem 1.1.2016; BGBl. I Nr. 118/2015; davor 25%).
Einkünfte aus § 40 oder § 42 des Immobilien-Investmentfondsgesetzes unterliegenden Gebilden
Der beschränkten Steuerpflicht gemäß § 98 Abs. 1 Z 5 lit. d EStG 1988 unterliegen Einkünfte aus Kapitalvermögen im Sinne der §§ 40 und 42 des Immobilien-Investmentfondsgesetzes, wenn es sich um im Inland gelegene Immobilien handelt. Unerheblich ist hingegen, ob es sich um einen inländischen oder ausländischen Immobilienfonds handelt. Die beschränkte Steuerpflicht iSd § 98 Abs. 1 Z 5 lit. d EStG 1988 besteht unabhängig vom Abzug einer Kapitalertragsteuer.
Einkünfte aus realisierten Wertsteigerungen
Der beschränkten Steuerpflicht gemäß § 98 Abs. 1 Z 5 lit. e EStG 1988 unterliegen Einkünfte aus realisierten Wertsteigerungen aus der Veräußerung einer Beteiligung
- an einer unbeschränkt steuerpflichtigen Kapitalgesellschaft, an der der beschränkt Steuerpflichtige oder im Falle eines unentgeltlichen Erwerbs sein Rechtsvorgänger
- zu mindestens 1% in den letzten fünf Kalenderjahren beteiligt war.
Die Besitzzeiten eines unentgeltlichen Rechtsvorgängers sind gegebenenfalls einzuberechnen. Einlagenrückzahlungen sind von der beschränkten Steuerpflicht iSd § 98 Abs. 1 Z 5 lit. e EStG 1988 umfasst, soweit diese die Anschaffungskosten der Beteiligung übersteigen.
Auf Abkommensebene ist, soweit das anzuwendende DBA dem OECD-Musterabkommen folgt, zwischen Dividenden (Art. 10) und Zinsen (Art. 11) zu unterscheiden. Der Begriff „Dividenden“ umfasst Gewinnausschüttungen aller Art aufgrund von Gesellschaftsanteilen sowie Einkünfte, denen eine den Einkünften aus Aktien vorbehaltene Besteuerung zugrunde liegt. Er bezieht sich jedoch nicht auf Einkünfte des stillen Gesellschafters und auch nicht auf bloße partiarische Verträge. Dividenden und Zinsen sind idR im Ansässigkeitsstaat zu besteuern, der Quellenstaat behält jedoch vielfach das Recht auf einen bestimmten Prozentsatz vom Bruttobetrag der Dividenden und Zinsen (Quellensteuer). Das Besteuerungsrecht ist nicht beschränkt, wenn die Dividenden bzw. Zinsen im Rahmen einer im Quellenstaat gelegenen Betriebsstätte oder festen Einrichtung erzielt werden. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass die Dividenden oder Zinsen „tatsächlich“ der Betriebsstätte oder festen Einrichtung zuzurechnen sind, dh. dass wirtschaftliches Eigentum an der Beteiligung oder Forderung besteht (vgl. etwa Rz. 32.1 des Kommentars zu Art. 10 OECD-MA; siehe dazu auch VwGH 18.10.2017, Ro 2016/13/0014). Die Zuordnung der Beteiligung zur Betriebsstätte setzt einen funktionalen Zusammenhang zwischen der Beteiligung und den Aktivitäten der Betriebsstätte voraus (VwGH 18.10.2017, Ro 2016/13/0014). In diesen Fällen erfolgt die Besteuerung im Rahmen des Art. 7 OECD-MA unter Abzug der mit den Einkünften zusammenhängenden Kosten.
Beispiel:
Eine in Österreich gelegene Betriebsstätte einer in Staat A ansässigen Kapitalgesellschaft bezieht Dividenden von österreichischen Kapitalgesellschaften, an deren Anteile sie wirtschaftliches Eigentum hat. Die Beteiligungen stehen in einem funktionalen Zusammenhang mit den Aktivitäten der Betriebsstätte. Das Besteuerungsrecht hat Österreich als der Staat, in dem die Betriebsstätte gelegen ist, in deren Gewinn die Dividenden eingeflossen sind; obwohl die Rechtsperson, die die Dividenden bezieht, nicht in Österreich, sondern in Staat A ansässig ist, werden die Besteuerungsrechte an den in die österreichischen Betriebsstätteneinkünfte einfließenden Dividenden durch das Abkommen mit Staat A nicht beschränkt.
30.1.7.2 Nicht steuerpflichtige Einkünfte aus Kapitalvermögen
Insbesondere folgende Einkünfte aus Kapitalvermögen iSd § 27 EStG 1988 unterliegen nicht der beschränkten Steuerpflicht iSd § 98 Abs. 1 Z 5 EStG 1988:
- Zinsen, die von Personen erzielt werden, die in den Anwendungsbereich des EU-Quellensteuergesetzes fallen (bis 31.12.2016; § 98 Abs. 1 Z 5 letzter Satz zweiter Teilstrich EStG 1988 idF vor dem EU-AbgÄG 2016, BGBl. I Nr. 77/2016),
- (Stück)Zinsen, deren Schuldner weder Wohnsitz noch Geschäftsleitung oder Sitz im Inland hat, noch eine inländische Zweigstelle eines ausländischen Kreditinstitutes ist (kein Inlandsbezug; § 98 Abs. 1 Z 5 lit. b EStG 1988),
- (Stück)Zinsen aus Wertpapieren, die nicht von einem inländischen Emittenten begeben worden sind (ab 1.1.2017; § 98 Abs. 1 Z 5 lit. b EStG 1988 idF des EU-AbgÄG 2016, BGBl. I Nr. 77/2016),
- Erträge aus Privatdarlehen (einschließlich partiarischer Darlehen), weil diese keinem KESt-Abzug unterliegen,
- Diskontbeträge von Wechseln und Anweisungen, weil diese keinem KESt-Abzug unterliegen,
- Unterschiedsbeträge zwischen der eingezahlten Versicherungsprämie und der Versicherungsleistung, weil diese keinem KESt-Abzug unterliegen,
- Zinsen, die die Voraussetzungen iSd § 99a EStG 1988 erfüllen (konzerninterne Zinsen an EU-Gesellschaften),
- Realisierte Wertsteigerungen aus der Veräußerung von Beteiligungen an unbeschränkt steuerpflichtigen Kapitalgesellschaften, wenn die Beteiligungshöhe in den letzten 5 Jahren zu keinem Zeitpunkt mindestens 1% betragen hat.
Die Steuerbefreiungen für Genussscheine und junge Aktien sowie Ausschüttungen aus Aktien und Genussrechten von Mittelfinanzierungsgesellschaften sind für beschränkt Steuerpflichtige in gleicher Weise anzuwenden wie für unbeschränkt Steuerpflichtige (siehe Abschnitt 20.2.5.1 und 20.2.5.2).
30.1.7.3 Befreiung vom KESt-Abzug für beschränkt Steuerpflichtige gemäß § 98 EStG 1988
Personen, die gemäß § 98 EStG 1988 der beschränkten Steuerpflicht unterliegen (Personen, die im Inland weder Wohnsitz, noch gewöhnlichen Aufenthalt bzw. Geschäftsleitung oder Sitz haben bzw. von der Zweitwohnsitzverordnung, BGBl. II Nr. 528/2003, Gebrauch gemacht haben) sind gemäß § 94 Z 13 EStG 1988 von der KESt befreit
- mit Kapitaleinkünften, die nicht von der beschränkten Steuerpflicht gemäß § 98 Abs. 1 Z 5 EStG 1988 umfasst sind, wobei der Bestand der beschränkten Steuerpflicht gemäß§ 98 Abs. 1 Z 5 lit. a bis c EStG 1988 dadurch nicht berührt wird (die Befreiung vom KESt-Abzug gemäß § 94 Z 13 EStG 1988 hat keine Auswirkung auf die tatbestandmäßige Voraussetzung, wonach die beschränkte Steuerpflicht in diesen Fällen nur dann besteht, „wenn Kapitalertragsteuer einzubehalten war“); dies betrifft insbesondere Einkünfte aus realisierten Wertsteigerungen von Kapitalvermögen und Einkünfte aus Derivaten (gemäß § 27 Abs. 3 und 4 EStG 1988); bei Zinsen ist zu beachten, dass die KESt-Abzugsverpflichtung vom Umfang her nur inländische Zinsen umfasst (siehedazuRz 7967);
- mit Einkünften aus der Veräußerung einer Beteiligung an einer inländischen Kapitalgesellschaft; dies gilt auch für Einkünfte aus der Veräußerung einer Beteiligung an einer inländischen Kapitalgesellschaft, an der der Steuerpflichtige oder im Fall eines unentgeltlichen Erwerbes sein Rechtsvorgänger innerhalb der letzten fünf Jahre vor Veräußerung zu mindestens 1% beteiligt war (§ 98 Abs. 1 Z 5 lit. e EStG 1988), obwohl diese Einkünfte dem Grunde nach der beschränkten Steuerpflicht unterliegen. Einkünfte aus der Veräußerung einer derartigen Beteiligung sind durch den beschränkt Steuerpflichtigen stets im Wege der Veranlagung zu versteuern.
Wurde in diesen Fällen ein KESt-Abzug vorgenommen, ist zu unterscheiden:
- wurde der KESt-Abzug für Einkünfte vorgenommen, die schon dem Grunde nach nicht der beschränkten Steuerpflicht gemäß § 98 Abs. 1 Z 5 EStG 1988 unterliegen, erfolgte dieser zu Unrecht und der Steuerpflichtige kann die Rückerstattung der KESt bis zum Ablauf des fünften Kalenderjahres, das auf das Jahr der Einbehaltung folgt, gemäß § 240 Abs. 3 BAO beantragen. Die Finanzamtszuständigkeit für die KESt-Rückerstattung richtet sich dabei nach § 23 AVOG 2010 iVm § 25 Z 3 AVOG 2010. Die Rückerstattung hat sonach vorrangig nach inländischem Recht stattzufinden, sodass in diesen Fällen keine Zuständigkeit des Finanzamtes Bruck-Eisenstadt-Oberwart nach § 18 AVOG 2010 gegeben ist;
- wurde hingegen der KESt-Abzug für Einkünfte vorgenommen, die trotz Befreiung von der KESt-Abzugspflicht gemäß § 94 Z 13 EStG 1988 der beschränkten Steuerpflicht unterliegen (Einkünfte aus der Veräußerung einer Beteiligung an einer inländischen Kapitalgesellschaft gemäß § 98 Abs. 1 Z 5 lit. e EStG 1988), kann eine Rückerstattung der KESt gemäß § 240 Abs. 3 BAO nicht erfolgen, weil diese Einkünfte im Wege der Veranlagung zu versteuern sind (vgl. § 240 Abs. 3 lit. c BAO).
30.1.7.4 Doppelwohnsitz
Haben Personen neben ihrem ausländischen Wohnsitz einen weiteren österreichischen Wohnsitz, so unterliegen sie – ungeachtet einer nach Doppelbesteuerungsabkommen allenfalls gegebenen ausländischen Ansässigkeit – innerstaatlich der unbeschränkten Steuerpflicht. § 98 Abs. 1 Z 5 EStG 1988 ist auf sie nicht anwendbar. Die Steuerpflicht für Einkünfte aus Kapitalvermögen kann daher niemals auf Basis dieser Bestimmung entfallen, sondern nur auf Grund von Doppelbesteuerungsabkommen (allenfalls auf Grund von Maßnahmen nach § 103 EStG 1988 oder § 48 BAO). Dies gilt auch für Staatsbürger der nicht an Österreich angrenzenden Staaten.
30.1.7.5 Zweitwohnsitz
Personen, die sich länger als fünf Kalenderjahre im Ausland befinden und im Inland lediglich über eine Wohnung verfügen, die sie allein oder gemeinsam mit anderen inländischen Wohnungen nicht länger als 70 Tage pro Jahr benützen (§ 1 Abs. 1 der Zweitwohnsitzverordnung, BGBl. II Nr. 528/2003), haben keinen Wohnsitz im Sinne des § 1 EStG 1988 und unterliegen daher nicht der unbeschränkten, sondern der beschränkten Steuerpflicht. Die Bank ist im Zusammenhang mit der Kapitalertragsteuer-Erhebung nicht verpflichtet, das Vorliegen der Verordnungsvoraussetzungen (Vorlage des gemäß § 1 Abs. 2 Zweitwohnsitzverordnung, BGBl. II Nr. 528/2003 zu führenden Verzeichnisses über die Tage der inländischen Wohnungsbenützung) zu prüfen, wenn vom Anleger eine entsprechende Erklärung abgegeben wird. Die Verantwortung für die Richtigkeit der Erklärung liegt beim Anleger. Ergeben sich jedoch auf Grund der nach dem BWG durchzuführenden Prüfungen oder aus sonstigen Gründen Zweifel daran, sind diese Erkenntnisse auch für steuerliche Zwecke zu verwerten. Bis zur endgültigen Klärung des Sachverhalts ist jedenfalls ein KESt-Abzug vorzunehmen.
30.1.7.6 Nachweis der beschränkten Steuerpflicht
30.1.7.6.1 Nachweis allgemein
Unterliegen Kapitalerträge ausländischer Anleger nicht der beschränkten Steuerpflicht, so kann unter bestimmten Voraussetzungen von der Vornahme eines Steuerabzugs abgesehen werden. Der Steuerabzug darf nur dann unterbleiben, wenn der Anleger dem Kreditinstitut (auszahlende Stelle) seine Ausländereigenschaft nachweist bzw. glaubhaft macht. Es ist der Umstand nachzuweisen oder glaubhaft zu machen, dass der Anleger im Inland weder einen Wohnsitz noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Dazu ist es erforderlich, dass der Anleger einen amtlichen Lichtbildausweis iSd § 40 BWG vorlegt, aus dem seine Identität zweifelsfrei hervorgeht. Das Kreditinstitut (der Emittent) muss den Namen des Anlegers, die ausstellende Behörde und die amtliche Nummer des Lichtbildausweises in geeigneter Form festhalten und diese Angaben nach den Regelungen des BWG überprüfen. Überdies muss der Anleger – gleichgültig, ob er ausländischer oder österreichischer Staatsbürger ist – seine Adresse angeben; auch diese ist in geeigneter Form festzuhalten.
30.1.7.6.2 Nachweis der beschränkten Steuerpflicht für österreichische Staatsbürger oder Staatsbürger der Nachbarstaaten Österreichs im Besonderen
Anleger, die österreichische Staatsbürger oder Staatsbürger der Nachbarstaaten Österreichs sind, müssen zusätzlich schriftlich erklären, dass sie in Österreich keinen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Sinne des § 26 BAO haben. An die Stelle dieser Erklärung kann auch eine Erklärung des Anlegers treten, dass dieser ausschließlich über eine oder mehrere inländische Wohnungen verfügt, die gemäß § 1 der Zweitwohnsitzverordnung, BGBl. II Nr. 528/2003, keinen Wohnsitz im Sinne des § 1 EStG 1988 begründen. Darüber hinaus darf vom Steuerabzug nur abgesehen werden, wenn sich das betreffende Forderungswertpapier auf dem Depot einer inländischen Bank befindet.
Die Erklärung ist bei Änderung von einer ausländischen auf eine inländische Zustelladresse erneut vom Anleger abzuverlangen.
30.1.7.7 Zusätzliche Nachweise für ausländische Körperschaften
Für ausländische Körperschaften sind zusätzlich auf Grund einer Identitätsprüfung iSd § 40 BWG schriftlich festzuhalten:
- Urkunde, aus der sich die rechtliche Existenz der Körperschaft ergibt.
- Die persönlichen Daten der natürlichen Person, die für die Körperschaft auftritt, einschließlich Vertretungsnachweis sowie Urkunde über ihre organschaftliche Stellung, falls sie eine solche bekleidet.
- Name und Sitz der ausländischen Körperschaft.
Die kuponauszahlende Stelle hat mit der ihr zumutbaren Sorgfalt die gemachten Angaben zu überprüfen. Zumutbar sind immer die im BWG enthaltenen Sorgfaltspflichten, die Ergebnisse von Prüfungen auf Grund des BWG sind daher stets auch für Zwecke des KESt-Abzuges zu verwenden.
Ergeben sich Anhaltspunkte, dass nicht die Körperschaft, sondern eine dahinter stehende dritte Person Zurechnungsempfänger der Kapitalerträge ist (insbesondere bei einer als transparent anzusehenden ausländischen Stiftung), darf ein Kapitalertragsteuerabzug nur dann unterbleiben, wenn die dahinter stehende Person identifiziert wird und die Voraussetzungen für das Unterbleiben des Steuerabzuges bei dieser Person vorliegen.
Gemäß § 38 Abs. 3 BWG befreit das Bankgeheimnis ein Kreditinstitut nicht, sämtliche für den KESt-Abzug relevanten Unterlagen bei einer KESt-Nachschau den prüfenden Organen der Finanzverwaltung vorzulegen. Durch das Bankgeheimnis entsteht für Zwecke der KESt-Befreiung vielmehr eine erhöhte Mitwirkungspflicht des Kreditinstitutes, die zu dieser Vorlageverpflichtung führt. Das Bankgeheimnis steht jedoch einer weiteren Verwertung von daraus gewonnenen Erkenntnissen in anderen Verfahren entgegen, es sei denn es liegt eine der Ausnahmen des § 38 Abs. 2 BWG vor.
Bei ausländischen Stiftungen (Anstalten oder Trusts) darf ein KESt-Abzug nur unterbleiben, wenn diese als intransparent anzusehen sind (vgl. dazu insbesondere StiftR 2009 Rz 21). Damit die kuponauszahlende Stelle feststellen kann, ob die ausländische Stiftung (Anstalt oder Trust) steuerlich als intransparent zu behandeln ist, gilt (nur) für Zwecke des KESt-Abzuges Folgendes:
Der Stiftungsvorstand (bzw. das zur Vertretung befugte äquivalente Verwaltungsorgan) hat gegenüber der kuponauszahlenden Stelle eine schriftliche (Anleger-)Erklärung abzugeben. Aus dieser muss zweifelsfrei hervorgehen, dass der Stiftungsvorstand (bzw. das zur Vertretung befugte äquivalente Verwaltungsorgan) die ausschließliche Dispositionsbefugnis über das gesamte Vermögen der Stiftung (Anstalt oder Trust) hat und diese unbeeinflusst von Weisungen Dritter ausübt. Die Verantwortung für die Richtigkeit der Erklärung liegt beim Anleger; ergeben sich jedoch für die kuponauszahlende Stelle insbesondere auf Grund der nach dem BWG durchzuführenden Prüfungen berechtigte Zweifel an der Richtigkeit der Angaben, ist ein KESt-Abzug solange vorzunehmen, solange die Voraussetzungen für das Unterbleiben des KESt-Abzuges nicht einwandfrei vorliegen.
Werden Sparkonten (Sparbücher), andere Konten und Depots nach dem 31.12.2009 eröffnet, muss die schriftliche (Anleger-)Erklärung bereits bei Eröffnung abgegeben werden. Für zum 31.12.2009 schon bestehende Sparkonten (Sparbücher), andere Konten und Depots muss die schriftliche (Anleger-)Erklärung bis längstens 30.6.2010 abgegeben werden. Unterbleibt dies, hat ein KESt-Abzug zu erfolgen.
Übertragen Abgabepflichtige Vermögen auf eine von ihnen in einer Steueroase gegründete und dort steuerfreie Körperschaft und legt diese Körperschaft ihre Finanzmittel in der Folge in österreichischen festverzinslichen Bankkonten (Wertpapierkonten) an, dann mag das den Kapitalertrag (Früchte und Wertsteigerungen) abwerfende Vermögen wohl (zivilrechtlich) der Körperschaft gehören, doch werden die wirtschaftlichen Eigentümer dieses Vermögens – und in einem solchen Fall auch des daraus abreifenden Ertrages – die Abgabepflichtigen sein. Denn sie begeben sich in solchen Fällen regelmäßig nicht der Verfügungsmacht weder über das Vermögen noch über den daraus erzielten Ertrag. Zu ausländischen Stiftungen (Anstalten, Trusts) siehe Rz 7979.
Ist der Kapitalertrag aus steuerlicher Sicht nicht der ausländischen Körperschaft, sondern dahinter stehenden Abgabepflichtigen zuzurechnen, hat ein KESt-Abzug zu erfolgen.
Ein solcher darf hinsichtlich eines hinter der ausländischen Körperschaft stehenden Abgabepflichtigen nur unterbleiben, wenn
- dieser der kuponauszahlenden Stelle gegenüber die Höhe des ihm zuzurechnenden Anteils am Zinsertrag nachweist und
- die Voraussetzungen der Rz 7976 für den betreffenden Abgabepflichtigen vorliegen.
Hat in einem derartigen Fall der Abgabepflichtige seinen Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat der EU, ist von dem ihm zuzurechnenden Anteil am Zinsertrag EU-Quellensteuer einzubehalten, sofern kein Grund für eine Nichterhebung der EU-Quellensteuer vorliegt.
30.1.7.8 Einsichtnahme in die Aufzeichnungen der Kreditinstitute
Die Abgabenbehörden können die unter Rz 7772 ff angeführten Aufzeichnungen dann einsehen, wenn ein Finanzstrafverfahren wegen eines vorsätzlichen Finanzvergehens, ausgenommen Finanzordnungswidrigkeiten, eingeleitet worden ist (§ 38 Abs. 2 BWG). Überdies können die Abgabenbehörden jederzeit prüfen, ob die Voraussetzungen für ein Unterbleiben des Steuerabzugs dem Grunde nach gegeben sind (§ 38 Abs. 3 BWG). Das Kreditinstitut hat den Abgabenbehörden die Überprüfung zu ermöglichen, ob für die einzelnen Einlagen- und Depotkonten überhaupt Aufzeichnungen geführt werden. Es steht den Kreditinstituten frei, Vorkehrungen zu treffen, dass bei der Überprüfung der festgehaltenen Aufzeichnungen eine Zuordnung zu den einzelnen Einlagen- und Depotkonten für die Abgabenbehörden nicht möglich ist (insb. durch jeweiliges Abdecken bestimmter Teile der Aufzeichnungen). Sollte es der Abgabenbehörde durch diese Vorkehrungen jedoch nicht möglich sein, zu überprüfen, ob die Voraussetzungen für ein Unterbleiben des Steuerabzugs dem Grunde nach gegeben sind, entfällt die Befreiung vom Kapitalertragsteuerabzug. Soweit dadurch der Abgabenbehörde abgabenrechtlich relevante Umstände, die über Zwecke der Kapitalertragsteuerüberprüfung hinausgehen, bekannt werden, dürfen diese für ein anderes Abgabenverfahren weder weitergegeben noch verwendet werden. Es dürfen auch keine Abschriften oder Kopien der Unterlagen von Kreditinstituten angefertigt werden.