4.6 Auswirkungen des Umsatzsteuerrechts auf die Einkommensteuer
4.6.1 Auswirkungen bei Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich
4.6.1.1 Umsatzsteuer
Die Umsatzsteuer ist innerhalb der Unternehmerkette kein Kostenfaktor und hat wirtschaftlich gesehen den Charakter eines durchlaufenden Postens. Sie ist daher grundsätzlich erfolgsneutral. Dies wird durch den Ansatz entsprechender Forderungen und Verbindlichkeiten erreicht. Der Aktivierung des Forderungsbetrages in Höhe des zivilrechtlichen Preises (inklusive Umsatzsteuer) steht die Passivierung der Umsatzsteuer an das Finanzamt gegenüber.
Es gibt jedoch Fälle, in denen die Umsatzsteuer erfolgswirksam ist:
- Der passivierten Verbindlichkeit steht keine Forderung gegenüber (zB bei tauschähnlichen Umsätzen durch Sachleistungen an Arbeitnehmer),
- Vornahme von „Umsatz-Zuschätzungen“ durch das Finanzamt,
- Vornahme der Berichtigung der Vorsteuer gemäß § 12 Abs. 10 UStG 1994, welche nicht weiterverrechnet werden kann,
- Ausschluss vom Vorsteuerabzug zB bei Vorliegen unecht befreiter Umsätze gemäß § 6 Abs. 1 Z 7 bis 28 UStG 1994. In diesen Fällen teilt die Umsatzsteuer die steuerliche Behandlung des Entgelts (Aktivierung oder Abzug als Betriebsausgabe).
Die auf den Eigenverbrauch entfallende Umsatzsteuer ist, soweit der Eigenverbrauch eine Entnahme darstellt oder in einer nichtabzugsfähigen Aufwendung oder Ausgabe besteht, keine Betriebsausgabe (§ 20 Abs. 1 Z 6 EStG 1988). Eine Umsatzsteuer, die auf den Eigenverbrauch entfällt, der keine Entnahme darstellt, kann zB vorliegen, wenn eine Sachspende an eine Hochschule iSd § 4 Abs. 4 Z 5 EStG 1988 geleistet wird. In diesem Fall stellt die auf den Eigenverbrauch entfallende Umsatzsteuer eine Betriebsausgabe dar.
4.6.1.2 Vorsteuer
Entsprechend dem in Rz 731 aufgezeigten Wesen der Umsatzsteuer gehören die nach § 12 Abs. 1 UStG 1994 und nach Art. 12 UStG 1994 abziehbaren Vorsteuerbeträge nicht zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Wirtschaftsgutes, auf dessen Anschaffung oder Herstellung sie entfallen. Die abziehbaren Vorsteuerbeträge sind im Rahmen der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich ohne Rücksicht darauf, ob sie mit der Anschaffung oder Herstellung von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens oder des Umlaufvermögens im Zusammenhang stehen, als Forderungen an das Finanzamt zu aktivieren.
Beispiel:
Ein Unternehmer, der seinen Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich ermittelt, kauft eine Maschine. Es werden ihm 10.000 S als Kaufpreis und 2.000 S Umsatzsteuer in Rechnung gestellt. Als Anschaffungskosten sind 10.000 S anzusetzen. Die Umsatzsteuer von 2.000 S ist als Forderung an das Finanzamt auszuweisen.
Nimmt der Unternehmer Skonto und dgl. in Anspruch, dann hat er (ohne Durchführung einer formellen Rechnungsberichtigung) den Vorsteuerabzug zu berichtigen. Durch die Inanspruchnahme des Zahlungsabzuges ändern sich auch die Anschaffungs- oder Herstellungskosten des entsprechenden Wirtschaftsgutes.
Beispiel:
Der Unternehmer erhält eine Maschine um 100.000 S zuzüglich 20.000 S Umsatzsteuer geliefert, er nimmt infolge rechtzeitiger Zahlung einen Skontoabzug von 3% des Rechnungsbetrages (3.600 S) in Anspruch. Dadurch verringern sich die Anschaffungskosten der Maschine von 100.000 S auf 97.000 S und die abziehbare Vorsteuer von 20.000 S auf 19.400 S.
Wird der Vorsteuerabzug bei ertragsteuerlich nicht abzugsfähigen, umsatzsteuerlich aber zum Vorsteuerabzug berechtigenden Aufwendungen (zB Arbeitszimmeraufwendungen auf Grund VwGH 24.9.2002, 98/14/0198) nachträglich geltend gemacht, führt die auf den als nichtabzugsfähig behandelten Bruttoaufwand (Aufwand inkl. Umsatzsteuer) entfallende rückverrechnete Vorsteuer zu keiner Betriebseinnahme (vgl. Rz 1001).
4.6.1.3 Anzahlung
Das UStG 1994 sieht bei Anzahlungen eine so genannte „Mindest-Ist-Besteuerung“ vor (§ 19 Abs. 2 Z 1 lit. a UStG 1994). Die Umsatzsteuerschuld entsteht in dem Monat der tatsächlichen Leistung der Anzahlung, wodurch es auch bei einer Sollbesteuerung des leistenden Unternehmers zu einer Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten kommt. Der Leistungsempfänger kann bei Vorliegen der Voraussetzungen (tatsächliche Zahlung und Rechnungslegung) die in Rechnung gestellte Umsatzsteuer als Vorsteuer abziehen. Der Leistungsempfänger hat daher gegenüber dem Finanzamt eine Forderung auszuweisen. Die Höhe der geschuldeten Umsatzsteuer beim leistenden Unternehmer richtet sich nicht nach der vereinbarten Anzahlung, sondern nach der tatsächlich geleisteten Anzahlung, auch wenn die Rechnung über eine höhere Anzahlung gelegt wurde. Unabhängig von einer Rechnungsausstellung entsteht beim leistenden Unternehmer für die erhaltene Anzahlung die Steuerschuld. Dieser hat daher die vereinnahmte (Netto-)Anzahlung gegenüber dem die Anzahlung leistenden Unternehmer zu passivieren und den auf die Anzahlung entfallenden Umsatzsteuerbetrag als Verbindlichkeit gegenüber dem Finanzamt auszuweisen.
Im Zeitpunkt der tatsächlichen Leistungserbringung entsteht eine Forderung bzw. Verbindlichkeit nur noch in um die Anzahlung verringerter Höhe. Auch die Umsatzsteuerschuld entsteht nur noch bezüglich des Differenzbetrages. In der Endrechnung ist auf die geleistete Anzahlung und die darauf entrichtete Umsatzsteuer in der Form hinzuweisen, dass die Anzahlung und die entrichtete Umsatzsteuer offen in der Endrechnung vom Gesamtentgelt und der darauf entfallenden Umsatzsteuer abzusetzen sind oder dass die Anzahlung und die darauf geleistete Umsatzsteuer gesondert in der Endrechnung oder in einem Anhang zur Endrechnung angegeben werden.
4.6.1.4 Nicht abzugsfähige Vorsteuer
737
Soweit die bei Anschaffung oder Herstellung eines Wirtschaftsgutes des Anlage- oder Umlaufvermögens in Rechnung gestellte Vorsteuer nicht abzugsfähig ist (siehe Rz 732), gehört sie zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Wirtschaftsgutes, auf das sie entfällt. Nichtabziehbare Vorsteuerbeträge für aktivierungspflichtige Wirtschaftsgüter sind nicht sofort als Betriebsausgabe abziehbar, sondern müssen als Teil der Anschaffungs- oder Herstellungskosten des entsprechenden Wirtschaftsgutes aktiviert werden und teilen ihr Schicksal (AfA, Investitionsfreibetrag usw.).
Beispiel:
Ein Unternehmer ist mit seinen Umsätzen unecht von der Umsatzsteuer befreit. Er erwirbt eine neue EDV-Anlage (1,000.000 S) zuzüglich 20% Umsatzsteuer (200.000 S), die gemäß § 12 UStG 1994 nicht geltend gemacht werden kann. Es ist der gesamte Rechnungsbetrag von 1.200.000 S zu aktivieren und auf die Restnutzungsdauer verteilt abzusetzen bzw. ist dieser Betrag für die Deckung eines Gewinnfreibetrages maßgebend.
Die nichtabziehbare Vorsteuer für nicht aktivierungspflichtige Wirtschaftsgüter, teilt das steuerliche Schicksal des Grundaufwandes.
738
Geht ein Vorsteuerabzug verloren, weil der Steuerpflichtige über die empfangene Leistung auch in der Folge keine Rechnung erhält, ein Rechnungsmangel nicht behoben oder der vom Steuerpflichtigen geltend gemachte Vorsteuerabzug vom Finanzamt (nachträglich) geändert wird, dann sind auch die entsprechenden Anschaffungs- oder Herstellungskosten grundsätzlich zu berichtigen. Eine derartige Berichtigung hat auch in Fällen zu erfolgen, in denen die Aufteilung der Vorsteuerbeträge in abziehbare und nichtabziehbare gemäß § 12 Abs. 5 UStG 1994 im Wege einer Verhältnisrechnung erfolgt und sich das Verhältnis nachträglich ändert. Es bestehen jedoch in diesen Fällen keine Bedenken, von geringfügigen Berichtigungen der Anschaffungs- oder Herstellungskosten Abstand zu nehmen, wenn damit ein unverhältnismäßiger Verwaltungsaufwand verbunden wäre. In solchen Fällen sind Mehrbeträge an abziehbarer Vorsteuer als Betriebseinnahme und Minderbeträge als Betriebsausgabe zu verrechnen.
739
Von den oben dargelegten Änderungen des Vorsteuerabzuges sind die Berichtigungen des Vorsteuerabzuges gemäß § 12 Abs. 10 und 11 UStG 1994 zu unterscheiden. Bei diesen Berichtigungen sieht § 6 Z 12 EStG 1988 vor, dass bei solchen Berichtigungen in keinem Fall eine Änderung der entsprechenden Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu erfolgen hat. Vielmehr sind die Mehr- bzw. Minderbeträge an abzugsfähiger Vorsteuer stets als Betriebseinnahmen bzw. Betriebsausgaben zu behandeln, es sei denn, dass noch eine entsprechende Vorsteuerforderung gegenüber dem Finanzamt besteht, was jedoch idR nicht der Fall sein wird. Besteht noch eine derartige Forderung, dann ist diese zu berichtigen, und zwar unter gleichzeitiger Änderung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Wirtschaftsgutes, bei dem die Änderung der für den Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse eingetreten ist.
Beispiel:
Ein Unternehmer erwarb im Jahre 1998 eine neue Büroeinrichtung im Werte von 100.0000 S zuzüglich 20% Umsatzsteuer, das sind 20.000 S, die er als Vorsteuer geltend gemacht hat.
Ab 1.Jänner 2000 ist der Unternehmer unecht von der Umsatzsteuer befreit. Auf Grund der ab dem Jahre 2000 bestehenden unechten Steuerbefreiung kommt es in den Jahren 2000 bis 2002 zu einer Vorsteuerberichtigung (§ 12 Abs. 10 UStG 1994) im Ausmaß von insgesamt 3/5 (12.000 S) des ursprünglichen Vorsteuerbetrages. Die in diesen Jahren vorzunehmende Vorsteuerberichtigung beträgt jeweils 4.000 S und ist als Betriebsausgabe abzugsfähig.
4.6.1.5 Geringwertige Wirtschaftsgüter
740
Soweit Vorsteuerbeträge nach den in den vorstehenden Absätzen genannten Grundsätzen nicht zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Wirtschaftsgutes gehören, sind sie auch nicht in die für geringwertige Wirtschaftsgüter maßgebende Wertgrenze von 1.000 Euro (bis 31.12.2022: 800 Euro; bis 31.12.2019: 400 Euro) (§ 13 EStG 1988) einzubeziehen. In Fällen, in denen eine Berichtigung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten aus Gründen einer Verwaltungsvereinfachung unterbleibt (Rz 738 und 741), bestehen keine Bedenken, die Begünstigung des § 13 EStG 1988 unberührt zu belassen.
4.6.1.6 Interimskonto
Forderungen aus Lieferungen und sonstigen Leistungen, für die die Umsatzsteuerschuld am Bilanzstichtag noch nicht entstanden ist, sind einschließlich der auf sie entfallenden Umsatzsteuer zu bilanzieren und die betreffenden Umsatzsteuerbeträge überdies auf einem passiven Interimskonto (für noch nicht geschuldete Umsatzsteuer) zu erfassen. Solange für denjenigen, der die Lieferung oder sonstige Leistung erbracht hat, die Umsatzsteuerschuld entsprechend § 19 UStG 1994 noch nicht entstanden ist, können die betreffenden Umsatzsteuerbeträge nicht als Verbindlichkeit gegenüber dem Finanzamt ausgewiesen werden. Erst wenn gemäß § 19 UStG 1994 die Schuld für diese Steuerbeträge entstanden ist, sind diese Steuerbeträge von dem Interimskonto abzubuchen und als Verbindlichkeit dem Finanzamt gegenüber auszuweisen.
Diese Vorgangsweise ist in jenen Fällen geboten, in denen sich im Rahmen der Besteuerung nach vereinbarten Entgelten der Zeitpunkt der Entstehung der Umsatzsteuerschuld gemäß § 19 Abs. 2 Z 1 lit. a UStG 1994 um einen Monat verschiebt, weil die Rechnungsausstellung erst nach Ablauf des Kalendermonates erfolgt, in dem die Lieferung oder sonstige Leistung erbracht wurde; weiters ist iSd vorstehenden Ausführungen vorzugehen, wenn im Rahmen der Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten in den zu bilanzierenden Forderungen Umsatzsteuerbeträge zu berücksichtigen sind, deren Schuld gemäß § 19 Abs. 2 Z 1 lit. b UStG 1994 deshalb noch nicht entstanden ist, weil die Vereinnahmung der Entgelte für die betreffenden Umsätze noch aussteht.
Beispiel:
Ein Steuerpflichtiger, der die Umsatzversteuerung nach vereinbarten Entgelten vornimmt und dessen Bilanzstichtag der jeweilige 31. Dezember ist, liefert am 31. Dezember Waren um 100.000 S; die darauf entfallende Umsatzsteuer beträgt 20% (20.000 S). Die Rechnungsausstellung für diese Lieferung erfolgt erst im Jänner des folgenden Kalenderjahres. Entsprechend den obigen Ausführungen wäre die Lieferung per 31. Dezember wie folgt zu buchen:
Soll |
Haben |
|
Forderungen |
120.000 S |
|
Warenerlös |
100.000 S |
|
Interimskonto (für noch nicht geschuldete Umsatzsteuer) |
20.000 S |
Ende Jänner des Folgejahres, wenn für die betreffende Lieferung die Umsatzsteuer gemäß § 19 Abs. 2 Z 1 lit. a UStG 1994 dem Finanzamt gegenüber entsteht, ist der Umsatzsteuerbetrag von 20.000 S vom Interimskonto auf das entsprechende Verbindlichkeitenkonto umzubuchen.
4.6.1.7 Forderungsabschreibung
Sind Forderungen aus Lieferungen und sonstigen Leistungen abzuschreiben, weil die Forderungen uneinbringlich geworden sind, so ist der Berechnung der Forderungsabschreibung zwar der gesamte uneinbringlich gewordene Forderungsbetrag (also einschließlich Umsatzsteuer) zu Grunde zu legen. Es ist aber zu beachten, dass der leistende Unternehmer in Höhe der auf den Forderungsausfall entfallenden Umsatzsteuer eine Berichtigung (Minderung) der Umsatzsteuerverbindlichkeit vorzunehmen hat (§ 16 Abs. 3 UStG 1994).
Voraussetzung für eine solche Minderung der Umsatzsteuerverbindlichkeit ist jedoch, dass der Forderungsverlust nachweislich bereits eingetreten ist. Aus § 16 Abs. 3 UStG 1994 in Verbindung mit § 16 Abs. 1 UStG 1994 kann abgeleitet werden, dass für die Minderung der Umsatzsteuerverbindlichkeit der Zeitpunkt maßgeblich ist, in dem die Abschreibung der uneinbringlich gewordenen Forderung vorgenommen wird.
Beispiel:
Eine uneinbringlich gewordene Forderung beträgt 120.000 S (davon 20.000 S Umsatzsteuer). 100.000 S sind über Aufwand und 20.000 S auf Umsatzsteuerverbindlichkeit (Soll) zu buchen.
Auch bei Wertberichtigungen zu Forderungen, die der Steuerpflichtige für erfahrungsgemäß zu erwartende, aber noch nicht tatsächlich eingetretene Forderungsverluste vornimmt (Delkredere), wirkt sich die auf den zu erwartenden Forderungsausfall entfallende Umsatzsteuer wirtschaftlich betrachtet nicht gewinnmindernd aus (VwGH 23.11.1977, 2400/77). Demnach ist die zu erwartende Minderung der Umsatzsteuerverbindlichkeit aus dem zu erwartenden Forderungsausfall auf einem Interimskonto im Soll zu erfassen oder einfachheitshalber bei der Berechnung des Delkredere vom dubiosen Forderungsbetrag ohne Umsatzsteuer auszugehen.
Beispiel:
Eine dubiose Forderung von 100.000 S zuzüglich 20.000 S Umsatzsteuer = 120.000 S ist zur Hälfte wertzuberichtigen; diese Wertberichtigung wirkt sich nur in Höhe von 50.000 S (50% von 100.000 S) gewinnmindernd aus. Erfolgt aber im Beispielsfall die 50% betragende Wertberichtigung von der Gesamtforderung von 120.000 S, so sind 50.000 S über Aufwand und 10.000 S über Interimskonto (Soll) zu buchen.
4.7 Grundstücke des Betriebsvermögens (§ 4 Abs. 3a EStG 1988)
4.7.1 Allgemeines
Grundstücke des Betriebsvermögens sind unabhängig von der Gewinnermittlungsart ab Wirksamkeit des 1. StabG 2012 mit 1.4.2012 steuerhängig. Das bedeutet, dass die stillen Reserven von Grundstücken bei Veräußerung und Entnahme (ausgenommen Grund und Boden) zu versteuern sind. Die Besteuerung von Veräußerungen und Entnahmen nach dem 31.3.2012 erfolgt grundsätzlich mit dem besonderen Steuersatz gemäß § 30a EStG 1988 (bei Veräußerungen vor dem 1.1.2016 mit 25%, bei Veräußerungen nach dem 31.12.2015 mit 30%). Hinsichtlich des Realisierungszeitpunktes der Veräußerung ist auf den Übergang des wirtschaftlichen Eigentums abzustellen. Bei Steuerpflichtigen mit einem abweichenden Wirtschaftsjahr ist abweichend davon nach § 124b Z 276 EStG 1988 bei Veräußerungen von Grundstücken vor dem 1. Jänner 2016 (Verpflichtungsgeschäft) noch der besondere Steuersatz iHv 25% anzuwenden. Bei einem abweichenden Wirtschaftsjahr 2015/2016 kommt es daher bei einer Veräußerung im Kalenderjahr 2015 zu einer Besteuerung des Veräußerungsgewinns mit 25%. Steuerlich erfasst wird der Veräußerungsgewinn jedoch in jenem Kalenderjahr, in dem das abweichende Wirtschaftsjahr endet (dh. in der Veranlagung für 2016). Zeitpunkt der Entnahme ist der Zeitpunkt der Änderung der Nutzung bzw., wenn keine Änderung der Nutzung erfolgt, der Tag, zu dem die Ausbuchung erfolgt.
Der Begriff des Grundstücks wird in § 30 Abs. 1 EStG 1988 definiert. Grundstück ist
- der nackte Grund und Boden (siehe Rz 577 bis 580),
- ein Gebäude (siehe dazu Rz 3140 und 3140a) einschließlich Superädifikate und
- grundstücksgleiche Rechte (siehe Rz 6622)
in ihrer Gesamtheit als auch für sich alleine (zum Grundstücksbegriff siehe weiters Rz 6621).
Sind Grundstücke einem Betrieb zuzuordnen, sind sie zu aktivieren und Grundstücke des Anlagevermögens sind in das Anlageverzeichnis aufzunehmen. Im Falle der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung ist in die Anlagekartei (Anlageverzeichnis) gemäß § 7 Abs. 3 EStG 1988 auch Grund und Boden des Anlage- und Umlaufvermögens aufzunehmen.
Die Besteuerung der im Grundstück enthaltenen stillen Reserven erfolgt im Falle der Realisierung dieser stillen Reserven. Voraussetzung ist daher die entgeltliche Übertragung (zB Verkauf oder Tausch; zur Abgrenzung einer entgeltlichen Übertragung zur unentgeltlichen siehe Rz 5571 f), die Entnahme oder die Zuschreibung von Wertsteigerungen des Grundstückes. Beim nackten Grund und Boden kommt es aber bei der Entnahme zu keiner Aufdeckung der stillen Reserven, weil die Entnahme von Grund und Boden nach dem 31.3.2012 zum Buchwert erfolgt, sofern nicht eine Ausnahme vom besonderen Steuersatz gemäß § 30a Abs. 3 und 4 EStG 1988 vorliegt (siehe dazu Rz 6682 ff). Hinsichtlich der zeitlichen Zuordnung der Einnahmen gelten die allgemeinen Regeln.
Eine Realisierung der stillen Reserven wird auch durch den Erhalt einer Versicherungsentschädigung für die durch einen Schadensfall (zB Brand) eingetretene Entwertung des Grundstücks bewirkt. Auf diese Versicherungsentschädigung ist § 30a Abs. 3 erster Satz EStG 1988 daher analog anzuwenden (VwGH 22.9.2021, Ra 2020/15/0003).
4.7.2 Steuerbefreiungen
Gemäß § 4 Abs. 3a Z 1 EStG 1988 sind steuerfrei:
- Abgeltungen von Wertminderungen gemäß § 3 Abs. 1 Z 33 EStG 1988 (siehe dazu Rz 6653), einer Teilwertabschreibung in Höhe der Entschädigung kommt allerdings auf Grund des § 20 Abs. 2 EStG 1988 keine steuerliche Wirkung zu (zu Entschädigungen bei Maßnahmen, die nicht im öffentlichen Interesse stehen, siehe Rz 1038);
- Einkünfte auf Grund von Entschädigungen für einen (drohenden) behördlichen Eingriff (siehe dazu Rz 6651) und
- Einkünfte aus Tauschvorgängen von Grundstücken im Rahmen eines Zusammenlegungs- oder Flurbereinigungsverfahrens sowie im Rahmen behördlicher Maßnahmen zur besseren Gestaltung von Bauland (siehe dazu Rz 6652).
Erwachsen aus den genannten Vorgängen Verluste, sind diese auf Grund der Steuerbefreiung nicht mit anderen Einkünften ausgleichsfähig.
Die Hauptwohnsitzbefreiung nach § 30 Abs. 2 Z 1 lit. b EStG 1988 ist auf die Veräußerung von Betriebsvermögen nicht anzuwenden, weil diese Befreiung ausschließlich für Einkünfte nach § 30 EStG 1988 anzuwenden ist und sie durch § 4 Abs. 3a Z 1 EStG 1988 nicht in die betriebliche Gewinnermittlung übernommen wird. Gleiches gilt für die Herstellerbefreiung.
Erfolgte allerdings die Einlage des Grundstücks nach der Aufgabe des Hauptwohnsitzes zum Teilwert (entweder vor dem 1.4.2012 oder nach dem 31.3.2012 für ein Gebäude des Altvermögens gemäß § 6 Z 5 lit. c EStG 1988), liegen hinsichtlich des Unterschiedsbetrages zwischen den historischen Anschaffungskosten und dem Einlageteilwert Einkünfte aus privaten Grundstücksveräußerungen vor (siehe Rz 783). Sind die Voraussetzungen des § 30 Abs. 2 Z 1 lit. b EStG 1988 zum Zeitpunkt der Einlage des Grundstückes erfüllt und erfolgt die Veräußerung innerhalb von fünf Jahren ab der Aufgabe des Hauptwohnsitzes, ist die Hauptwohnsitzbefreiung hinsichtlich des nach § 30 EStG 1988 zu erfassenden Teiles des Veräußerungsgewinnes anzuwenden.
Beispiel:
Ein Gebäude des Altvermögens (AK 100.000 Euro) wird zum Teilwert (150.000 Euro) im Jahr 2013 in einen Betrieb eingelegt. Das Gebäude wurde vor der Einlage durchgehend für 10 Jahre als Hauptwohnsitz genutzt. Im Jahr 2017 wird das Gebäude um 170.000 Euro veräußert. Hinsichtlich der Wertsteigerung vor der Einlage (50.000 Euro) liegen Einkünfte nach § 30 EStG 1988 vor. Zum Zeitpunkt der Veräußerung wurde das Gebäude in den letzten zehn Jahren mehr als fünf Jahre durchgehend als Hauptwohnsitz genutzt). Der auf die private Nutzung entfallende Veräußerungsgewinn von 50.000 Euro ist daher steuerfrei; lediglich die nach der Einlage eingetretene Wertsteigerung von 20.000 Euro ist bei den betrieblichen Einkünften zu erfassen.
Variante:
Die Veräußerung erfolgt 2020 um 170.000 Euro. In diesem Fall wurde das Gebäude in den letzten 10 Jahren weniger als fünf Jahre als Hauptwohnsitz genutzt (2010 bis 2013). Die Hauptwohnsitzbefreiung ist daher auch hinsichtlich der nach § 30 EStG 1988 zu erfassenden Einkünfte nicht anwendbar.
Wird ein Grundstück veräußert, für das innerhalb der letzten drei Jahre in Folge des Erwerbes Erbschafts- oder Schenkungssteuer, Grunderwerbsteuer oder Stiftungseingangsteuer entrichtet wurde, ist die auf den Veräußerungsgewinn entfallende Einkommensteuer auf Antrag in analoger Anwendung des § 30 Abs. 8 EStG 1988 im Ausmaß einer sonst entstehenden Doppelbelastung zu ermäßigen oder zu erlassen (siehe dazu Rz 6680).
4.7.3 Ermittlung des Veräußerungsgewinnes von Grundstücken
4.7.3.1 Allgemeines
Durch die Neuregelung der Grundstücksbesteuerung ist Grund und Boden nunmehr unabhängig von der Gewinnermittlungsart im Veräußerungsfall steuerpflichtig. Allerdings ist auf Grund von Unterschieden in der Gewinnermittlung der Veräußerungserlös (zum Veräußerungserlös siehe auch Rz 6655) weiterhin auf Grund und Boden einerseits und auf Gebäude und/oder grundstücksgleiche Rechte aufzuteilen.
Nur für Grund und Boden besteht die Möglichkeit
- der Berücksichtigung eines Inflationsabschlages nach § 30 Abs. 3 EStG 1988 für Veräußerungen vor dem 1.1.2016 (siehe Rz 777 f)
- der pauschalen Gewinnermittlung nach den Regeln des § 30 Abs. 4 EStG 1988 (siehe Rz 779 ff).
Unabhängig davon ist der Veräußerungserlös immer auch dann aufzuteilen, wenn in diesem auch Entgelte für Wirtschaftsgüter enthalten sind, die kein Grundstück darstellen und daher gesondert zum Normaltarif zu erfassen sind (zB stehendes Holz; siehe dazu auch Rz 577 ff).
Bezüglich des Zeitpunktes der Gewinnrealisierung treten durch die Neuregelung der Grundstücksbesteuerung keine Änderungen ein. Im Falle der Bilanzierung ist der Gewinn/Verlust aus der Veräußerung eines Grundstückes in der Bilanz zu erfassen, wenn die Kaufpreisforderung entstanden ist. Aus dem Umstand, dass die ImmoESt bzw. die besondere Vorauszahlung erst am 15. Tag des auf den Kalendermonat des Zuflusses zweitfolgenden Monats zu leisten ist (§ 30b Abs. 1 bzw. Abs. 4 EStG 1988), lässt sich keine Durchbrechung des Aufwands-Ertrags-Prinzips für die Gewinnermittlung mittels Betriebsvermögensvergleich ableiten. Es ist in diesen Fällen der gesamte Veräußerungserlös in die Abgabenerklärung für den Veranlagungszeitraum, in dem die Veräußerung stattgefunden hat, aufzunehmen. Wurde für die Einkünfte bereits eine Steuererklärung abgegeben, bewirkt ein danach eingetretener Zahlungseingang des Veräußerungsgewinnes nicht den Eintritt der Abfuhrverpflichtung der ImmoESt oder der besonderen Vorauszahlung (siehe dazu auch Rz 6707).