6.1.11. Schulen, Privatlehrer
6.1.11.1. Private Schulen und ähnliche Einrichtungen
6.1.11.1.1. Allgemeines
874
Bei öffentlichen Schulen – dazu zählen auch Hochschulen und Universitäten – ist die Unterrichtstätigkeit grundsätzlich dem Hoheitsbereich zuzuordnen. Zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen sind Privatschulen befreit, wobei nicht nur die mit Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten Privatschulen, sondern alle Privatschulen und andere allgemein bildende oder berufsbildende Einrichtungen von der Befreiung umfasst sind.
Voraussetzung ist allerdings, dass begünstigte Bildungsleistungen (vgl. Rz 875a) und eine Vergleichbarkeit mit öffentlichen Schulen (vgl. Rz 876) vorliegen.
875
Der Begriff „Schule“ erfordert gemäß § 2 Privatschulgesetz, dass eine Mehrzahl von Schülern gemeinsam nach einem festen Lehrplan unterrichtet wird und in Zusammenhang mit der Vermittlung allgemein bildender oder berufsbildender Kenntnisse oder Fertigkeiten ein erzieherisches Ziel angestrebt wird.
Nach der Rechtsprechung des VwGH (bspw. VwGH 25.2.1997, 95/14/0126) ist unter einer allgemein bildenden oder berufsbildenden Einrichtung ein schulähnlicher Betrieb anzusehen, der über die organisatorischen Voraussetzungen (wie Schulräume, ein über längere Zeit feststehendes Bildungsangebot, in der Regel auch das erforderliche Personal nach Art eines Lehrkörpers und ein Sekretariat) verfügt, um laufend gegenüber einer größeren Anzahl von Interessenten eine Tätigkeit im Sinne des § 6 Abs. 1 Z 11 lit. a UStG 1994 auszuüben. Im Falle der Online-Unterrichtserteilung unter Nutzung elektronischer Kommunikationsmöglichkeiten kommt es auf das Vorhandensein körperlicher Schulräume dann nicht an, wenn die Unterrichtserteilung in gemeinschaftsbezogener Weise erfolgt. Eine Unterrichtserteilung in gemeinschaftsbezogener Weise liegt auch bei Online-Fernstudiengängen vor, die mittels individueller Zugangsberechtigung zeitlich unabhängig absolviert werden können. Für das Vorliegen einer Einrichtung im Sinne des § 6 Abs. 1 Z 11 lit. a UStG 1994 ist die Rechtsform des Unternehmens ohne Bedeutung (Verweis auf EuGH vom 7.9.1999, Rs C-216/97, Gregg).
Für Zwecke der Mehrwertsteuerregelung verweist der Begriff des Schul- und Hochschulunterrichts allgemein auf ein integriertes System der Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten in Bezug auf ein breites und vielfältiges Spektrum von Stoffen sowie auf die Vertiefung und Entwicklung dieser Kenntnisse und Fähigkeiten durch die Schüler und Studenten je nach ihrem Fortschritt und ihrer Spezialisierung auf den verschiedenen dieses System bildenden Stufen (vgl. EuGH 14.3.2019, Rs C-449/17, A & G Fahrschul-Akademie GmbH, sowie EuGH 7.10.2019, Rs C-47/19, HA).
Neben der Lehrtätigkeit im eigentlichen Sinne können auch andere Tätigkeiten – wie Prüfungstätigkeiten oder die Organisation von Unterrichtseinheiten – steuerfrei sein, sofern diese Tätigkeiten im Wesentlichen im Rahmen der sich auf den Schul- und Hochschulunterricht beziehenden Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten an Schüler oder Studierende ausgeübt werden (vgl. EuGH 28.1.2010, Rs C-473/08, Eulitz). Nicht befreit sind hingegen Umsätze, die aus einer unterrichtsfremden Tätigkeit herrühren (Lieferung von gewerblichen Erzeugnissen oder Gegenständen des Anlagevermögens; Buffet- und Kantinenumsätze sowie sonstige Hilfsgeschäfte).
Die Gestellung von Lehrpersonal durch private Schulen und andere allgemeinbildende oder berufsbildende Einrichtungen iSd § 6 Abs. 1 Z 11 lit. a UStG 1994 an andere begünstigte Einrichtungen iSd Vorschrift sowie an öffentliche Schulen fällt dann unter die Steuerbefreiung, wenn
- es sich um eine mit der Hauptleistung der Bildungseinrichtung eng verbundene Tätigkeit handelt,
- das gleiche Niveau und die gleiche Unterrichtsqualität durch den Rückgriff auf gewerbliche Vermittlungsstellen nicht sichergestellt werden könnte und
- derartige Gestellungen nicht dazu bestimmt sind, der Bildungseinrichtung zusätzliche Einnahmen zu verschaffen, sofern sie hinsichtlich der Gestellung mit anderen nicht befreiten Unternehmen konkurriert (vgl. EuGH 14.6.2007, Rs C-434/05, Horizon College).
6.1.11.1.1a. Begünstigte Bildungsleistungen
875a
Begünstigte Bildungsleistungen sind Leistungen allgemeinbildender oder berufsbildender Art bzw. Leistungen zum Erwerb von der Berufsausübung dienenden Fertigkeiten. Begünstigte Leistungen sind gemäß Art. 44 VO (EU) 282/2011 jedenfalls Schulungsmaßnahmen mit direktem Bezug zu einem Gewerbe oder einem Beruf sowie Schulungsmaßnahmen, die dem Erwerb oder der Erhaltung beruflicher Kenntnisse dienen.
Umsätze aus Unterrichtseinheiten, die den Charakter bloßer Freizeitgestaltung haben (zB Yoga-Kurse, Veranstaltungen mit esoterischem Inhalt, Kochkurse), sind nicht gemäß § 6 Abs. 1 Z 11 lit. a UStG 1994 steuerfrei (vgl. EuGH 14.6.2007, Rs C-445/05, Haderer, sowie EuGH 28.1.2010, Rs C-473/08, Eulitz).
6.1.11.1.2. Vergleichbarkeit mit öffentlichen Schulen
876
Rechtslage ab 1.1.2019
Eine Schule bzw. schulähnliche Einrichtung (vgl. Rz 875) muss eine vergleichbare Zielsetzung verfolgen, damit deren begünstigte Leistungen (vgl. Rz 875a) steuerfrei sind. Eine vergleichbare Zielsetzung liegt gemäß § 1 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über das Vorliegen einer vergleichbaren Zielsetzung bei Bildungsleistungen (Umsatzsteuer-Bildungsleistungsverordnung, BGBl. II Nr. 214/2018, UStBLV) vor, bei
- Privatschulen iSd Privatschulgesetzes, BGBl. Nr. 244/1962, oder des Land- und forstwirtschaftlichen Privatschulgesetzes, BGBl. Nr. 318/1975,
- Privathochschulen und Privatuniversitäten nach dem Privathochschulgesetz (PrivHG), BGBl. I Nr. 77/2020, und Privatuniversitäten, die unter den Voraussetzungen des Privatuniversitätengesetzes (PUG), BGBl. I Nr. 74/2011, oder des § 2 Universitäts-Akkreditierungsgesetz, BGBl. I Nr. 168/1999, akkreditiert wurden,
- Fachhochschulen nach dem Fachhochschulgesetz (FHG), BGBl. Nr. 340/1993 (bis 31.12.2020 auch Einrichtungen zur Durchführung von Fachhochschul-Studiengängen iSd Fachhochschul-Studiengesetzes (FHStG), BGBl. Nr. 340/1993,
- privaten Pädagogischen Hochschulen iSd § 4 Hochschulgesetz 2005, BGBl. I Nr. 30/2006 sowie öffentlichen Pädagogischen Hochschulen im Rahmen der eigenen Rechtspersönlichkeit gemäß § 3 Hochschulgesetz 2005, BGBl. I Nr. 30/2006,
- anderen berufsbezogenen Ausbildungseinrichtungen privaten Rechts, die aufgrund einer speziellen gesetzlichen Ermächtigung als solche anerkannt sind,
- post-sekundären Bildungseinrichtungen, die im Rahmen einer Kooperation mit einer Universität oder Fachhochschule berufsbezogene post-graduale Aus- und Weiterbildungen durchführen (zB Doktorats-Studiengänge oder Universitätslehrgänge). Post-sekundäre Bildungseinrichtungen sind solche, die durch das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung in der Gesamtliste der post-sekundären Bildungseinrichtungen in Österreich aufgezählt sind (abrufbar auf der Homepage des BMBWF unter „Themen/Hochschule & Universität/Hochschulsystem/Post-sekundäre Hochschuleinrichtungen“),
- einer aufrechten Zertifizierung als Erwachsenenbildungseinrichtung im Sinne der Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und den Ländern über die Anerkennung des Qualitätsrahmens für die Erwachsenenbildung Ö-Cert, BGBl. II Nr. 269/2012,
- Einrichtungen iSd Bundesgesetzes über die Förderung der Erwachsenenbildung und des Volksbüchereiwesens, BGBl. Nr. 171/1973 iVm der Kundmachung der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur gemäß § 7 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Förderung der Erwachsenenbildung und des Volksbüchereiwesens aus Bundesmitteln, BGBl. II Nr. 228/2001, oder
- jeder anderen vergleichbaren behördlichen Zertifizierung (zB aufgrund landesgesetzlicher Regelungen).
Wird vom Unternehmer eine von der UStBLV umfasste Zertifizierung vor dem 1.1.2019 beantragt und wird diese erst nach dem 1.1.2019 vergeben, kann diesfalls bereits mit 1.1.2019 vom Vorliegen einer vergleichbaren Zielsetzung ausgegangen werden.
Die Dauer der Ausbildung, Fortbildung oder beruflichen Umschulung ist für die Vergleichbarkeit der Zielsetzung ebenso unbeachtlich wie der Inhalt und der Umfang des Lehrstoffes (vgl. VwGH 15.9.2016, Ra 2014/15/0003).
Zu den Voraussetzungen für die Anwendung der Steuerbefreiung gemäß § 6 Abs. 1 Z 12 UStG 1994 siehe Rz 880.
Rechtslage bis 31.12.2018
Liegt eine Schule bzw. schulähnliche Einrichtung vor (vgl. Rz 875) und werden in diesem Rahmen Leistungen ausgeführt, die gemäß Art. 44 VO (EU) 282/2011 als Schulungsmaßnahmen mit direktem Bezug zu einem Gewerbe oder einem Beruf sowie als Schulungsmaßnahme, die dem Erwerb oder der Erhaltung beruflicher Kenntnisse dient, zu qualifizieren sind, ist die Steuerbefreiung des § 6 Abs. 1 Z 11 lit. a UStG 1994 für den jeweiligen Umsatz unabhängig vom Vorliegen einer mit öffentlichen Schulen vergleichbaren Tätigkeit anzuwenden (vgl. VwGH 14.9.2017, Ro 2017/15/0017).
Die Dauer der Ausbildung, Fortbildung oder beruflichen Umschulung ist für die Vergleichbarkeit der Zielsetzung ebenso unbeachtlich wie der Inhalt und der Umfang des Lehrstoffes (vgl. VwGH 15.9.2016, Ra 2014/15/0003).
Außerhalb des Anwendungsbereichs des Art. 44 VO (EU) 282/2011 ist die Steuerbefreiung anzuwenden, wenn bei einer Schule bzw. schulähnlichen Einrichtung (vgl. Rz 875) eine mit öffentlichen Schulen vergleichbare Tätigkeit vorliegt.
876a
Weist der Unternehmer nach, dass die Anwendung des § 1 Z 5 bis Z 9 UStBLV zu Wettbewerbsverzerrungen führen würde, liegt eine vergleichbare Zielsetzung gemäß § 6 Abs. 1 Z 11 lit. a UStG 1994 nicht vor (vgl. § 2 UStBLV). Eine derartige Wettbewerbsverzerrung kann bspw. vorliegen, wenn andere Unternehmer vergleichbare Leistungen anbieten, die mangels vergleichbarer Zielsetzung steuerpflichtig sind. Damit eine Wettbewerbsverzerrung nachgewiesen werden kann, müssen die Bildungsleistungen jedenfalls überwiegend an Unternehmer erbracht werden. Bei Vorliegen einer UID-Nummer kann davon ausgegangen werden, dass der Leistungsempfänger Unternehmer ist. Unmaßgeblich ist, ob die Leistungen für den Unternehmensbereich des Leistungsempfängers erbracht werden.
Wird eine Wettbewerbsverzerrung gemäß § 2 UStBLV nachgewiesen und liegt demnach keine vergleichbare Zielsetzung der Einrichtung vor, findet § 6 Abs. 1 Z 11 lit. a UStG 1994 für sämtliche Bildungsleistungen der Einrichtung keine Anwendung.
6.1.11.1.3. Einzelfälle
877
Die Steuerbefreiung ist – ausgenommen für Unterrichtseinheiten, die den Charakter bloßer Freizeitgestaltung haben (vgl. EuGH 14.6.2007, Rs C-445/05, Haderer, sowie EuGH 28.1.2010, Rs C-473/08, Eulitz) – nach Maßgabe von Rz 876 – anwendbar:
- Beamtenaufstiegsprüfung (VwGH 23.10.1980, 0202/79),
- Berufsförderungsinstitut (BFI),
- Einrichtungen zur Psychotherapeutenausbildung, wenn die Ausbildungseinrichtung nach Anhörung des Psychotherapiebeirates vom Bundeskanzler als propädeutische bzw. psychotherapeutische Ausbildungseinrichtung mit Bescheid anerkannt worden ist (§ 4 Abs. 1 und § 7 Abs. 1 Psychotherapiegesetz),
- Handels- oder Gewerbeschulen,
- Ländliche Fortbildungsinstitute (LFI),
- Lehrgänge universitären Charakters im Sinne des § 27 Universitäts-Studiengesetz, BGBl. I Nr. 48/1997 idF bis 31. Dezember 2003, die mit einem akademischen Grad abgeschlossen werden,
- Maturaschulen,
- Rechtskurse (VwGH 28.4.1976, 0559/75),
- Sprachschulen,
- Richteramts-, Rechtsanwalts- und Notariatsprüfungen (VwGH 28.4.1976, 0559/75),
- Vorbereitungskurse für die Baugewerbeprüfung (VwGH 21.6.1977, 1566/76),
- Wirtschaftsförderungsinstitut der Wirtschaftskammer (WIFI).
878
Die Steuerbefreiung ist nach Maßgabe von Rz 876 nicht anwendbar auf
- Einzelunterricht (Unterrichtserteilung erfolgt nicht in gemeinschaftsbezogener Weise, VwGH 21.5.1990, 89/15/0040), auch wenn dieser Online erfolgt;
- Fahrschulen (bloße Vermittlung von technischen Fertigkeiten; vgl. auch EuGH 14.3.2019, Rs C-449/17, A & G Fahrschul-Akademie GmbH);
- Fernschulen, wenn die Unterrichtserteilung nicht in gemeinschaftsbezogener Weise erfolgt (vgl. VwGH 3.6.1987, 86/13/0184);
- Lernhilfekurse;
- Online-Unterrichtsleistungen, die nicht in gemeinschaftsbezogener Weise (siehe Rz 875) erfolgen (zB einzelne abrufbare Podcasts und Videos);
- Schischulen (bloße Unterweisung in einer sportlichen Fertigkeit, VwGH 22.4.1998, 95/13/0129);
- Schwimmunterricht (EuGH 21.10.2021, Rs C-373/19, Dubrovin & Tröger GbR – Aquatics);
- Surf- und Segelunterricht (EuGH 7.10.2019, Rs C-47/19, HA);
- Tanzschulen (bloße Vermittlung von Fertigkeiten, die im gesellschaftlichen Umgang nützlich sind).
6.1.11.2. Privatlehrer
879
Der Begriff Privatlehrer umfasst – unabhängig von der Rechtsform – Unternehmer, die mit der Unterrichtserteilung an öffentlichen Schulen oder umsatzsteuerbefreiten Privatschulen und schulähnlichen Einrichtungen iSd § 6 Abs. 1 Z 11 lit. a UStG 1994 beauftragt werden. Die Vorschrift kann somit auch angewendet werden, wenn Personenzusammenschlüsse oder juristische Personen beauftragt werden, sofern die Unterrichtserteilung durch Personen erfolgt, die über die erforderlichen persönlichen und beruflichen Befähigungen für die Ausübung einer unterrichtenden Tätigkeit verfügen. Unter die Befreiung fallen auch Umsätze aus Prüfungsabnahmen bzw. -begutachtungen, sofern diese Tätigkeiten im Wesentlichen im Rahmen der sich auf den Schul- und Hochschulunterricht beziehenden Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten an Schüler oder Studierende ausgeübt werden (vgl. EuGH 28.01.2010, Rs C-473/08, Eulitz).
Entscheidend ist, dass der Privatlehrer (zB auch in der Rechtsform einer GmbH) seine Tätigkeit auf eigene Rechnung und in eigener Verantwortung und deshalb „privat“ ausübt, wobei nicht unbedingt das Bestehen einer unmittelbaren Vertragsbeziehung zwischen den Teilnehmern und dem Unterrichtenden Voraussetzung ist (vgl. VwGH 27.02.2008, 2004/13/0118).
Wird ein Unternehmer (der nicht selbst Vortragender ist, zB GmbH) durch öffentliche Schulen oder umsatzsteuerbefreite Privatschulen oder schulähnliche Einrichtungen iSd § 6 Abs. 1 Z 11 lit. a UStG 1994 mit der Unterrichtserteilung beauftragt und beauftragt dieser selbstständig tätige Vortragende mit der tatsächlichen Durchführung des Unterrichts an diesen Schulen, so sind – neben der Leistung des Unternehmers an seinen jeweiligen Auftraggeber – auch die diesbezüglichen (Vor-)Leistungen der Vortragenden an den Unternehmer unter die Steuerbefreiung gemäß § 6 Abs. 1 Z 11 lit. b UStG 1994 zu subsumieren, sofern die Vergütungen für die tatsächliche Unterrichtserteilung an der Schule gezahlt werden.
Bloße Personalgestellungsleistungen sowie die Vermittlung von Privatlehrern sind nicht steuerfrei (vgl. EuGH 14.06.2007, Rs C-434/05, Horizon College).
Psychotherapeuten, die von einer Ausbildungseinrichtung (vgl. Rz 877) im Rahmen der praktischen Berufsausbildung für Psychotherapeuten mit der Durchführung von Ausbildungssupervisionen beauftragt wurden, gelten insoweit als Privatlehrer, wobei es unmaßgeblich ist, ob die Honorare über die Ausbildungseinrichtung oder direkt vom Supervisor an den Ausbildungskandidaten verrechnet werden.
Privatlehrer, die gleichzeitig Träger einer Bildungseinrichtung sind, dh. nicht nur Unterricht erteilen, sondern in eigenem Namen Unterrichtseinheiten organisieren und veranstalten und in einer unmittelbaren Vertragsbeziehung zu den Teilnehmern stehen, unterliegen mit ihren diesbezüglichen Umsätzen – bei Erfüllung der dort genannten Voraussetzungen – der Steuerbefreiung gemäß § 6 Abs. 1 Z 11 lit. a UStG 1994.
6.1.12. Vorträge, Kurse, Filmvorführungen
880
Steuerbefreit sind gemäß § 6 Abs. 1 Z 12 UStG 1994 die Betriebe gewerblicher Art von Körperschaften öffentlichen Rechts, die derartige Veranstaltungen durchführen und Volksbildungsvereine (insbesondere Volkshochschulen).
Als Volksbildungsverein gilt ein Verein, der für eine breite Masse der Bevölkerung zu einem annehmbaren Preis Kurse anbietet, welche allgemein bildendes Wissen, technische und handwerkliche Fähigkeiten zur Ausübung praktischer Berufe vermitteln (vgl. VwGH 25.7.2013, 2010/15/0082).
Es kommt nicht darauf an, was unterrichtet wird. Es werden ua. Kurse für Maschinschreiben, EDV, Fremdsprachen, Esoterik, Kochen und Gymnastikkurse angeboten.
Nicht begünstigt sind Veranstaltungen künstlerischer oder unterhaltender Art.
Die Einnahmen müssen so niedrig sein, dass sie zur Bestreitung der Regien gerade noch ausreichen und wesentliche Gewinne nicht zulassen.
Unter diesen Voraussetzungen sind auch solche Volksbildungsleistungen steuerfrei, die durch gemeinnützige Körperschaften privaten Rechts erbracht werden, sofern diese unter beherrschendem Einfluss einer Körperschaft des öffentlichen Rechts oder eines Volksbildungsvereines stehen.
6.1.13. Bausparkassen- und Versicherungsvertreter
881
Die Befreiung gemäß § 6 Abs. 1 Z 13 UStG 1994 erstreckt sich auf alle Leistungen, die in Ausübung der begünstigten Tätigkeiten erbracht werden. Unselbständige Nebenleistungen zu den Vermittlungsleistungen wie Inkasso, Kundenbetreuung und Beratung sind steuerbefreit. Die Begutachtung bzw. Bewertung von Schäden sowie Tätigkeiten zur Schadensregulierung sind keine berufstypischen Tätigkeiten von Versicherungsvertretern oder -maklern (vgl. EuGH 20.11.2003, Rs C-8/01, Assurander-Societetet; EuGH 17.3.2016, Rs C-40/15, Aspiro SA). Eine steuerfreie unselbstständige Nebenleistung liegt diesbezüglich nur vor, wenn die Schadensbegutachtung bzw. -regulierung ohne gesondertes Entgelt im Zusammenhang mit vom Versicherungsvertreter oder -makler vermittelten Versicherungsverträgen erfolgt (siehe auch VwGH 16.12.1999, 96/15/0116).
Die von einem Versicherungsvertreter bzw. -maklerbüro den Versicherungsnehmern gesondert in Rechnung gestellten Entgelte für die An-, Ab- und Ummeldung von Kraftfahrzeugen sind nicht gemäß § 6 Abs. 1 Z 13 UStG 1994 von der Umsatzsteuer befreit. Diese Leistungen stellen keine unselbstständigen Nebenleistungen zur Vermittlung von Versicherungsverträgen dar und werden nur gegenüber dem Versicherungsnehmer erbracht. Leistungsempfänger ist in diesem Fall nicht der Versicherer (VwGH 01.03.2007, 2004/15/0090). Zur Beratungsleistung als unselbstständige Nebenleistung einer Versicherungsvermittlung gilt Rz 753b sinngemäß.
Hilfsgeschäfte sind nicht gemäß § 6 Abs. 1 Z 13 UStG 1994 befreit, können jedoch gemäß § 6 Abs. 1 Z 26 UStG 1994 befreit sein. Wird ein Kundenstock veräußert, sind die Nachfolgeprovisionen in den Leistungsaustausch eingebunden, den der Rechtsvorgänger durch den Abschluss verschiedener Versicherungsverträge begonnen hat. Der Erwerber unterliegt mit diesen der USt, die Umsätze sind gemäß § 6 Abs. 1 Z 13 UStG 1994 steuerbefreit (VwGH 20.1.1992, 91/15/0067).
Die Tätigkeit der Versicherungsmakler, der Vermittler von Pensionskassenverträgen sowie die Umsätze der Untervertreter fallen ebenfalls unter die Befreiung (vgl. EuGH 3.4.2008, Rs C-124/07, J.C.M. Beheer BV, zu den steuerfreien Leistungen eines für eine Versicherungsmaklergesellschaft tätigen Untervertreters). Die Befreiung ist weder an eine bestimmte Rechtsform gebunden, noch stellt sie darauf ab, dass die begünstigten Tätigkeiten im Rahmen der gesamten unternehmerischen Tätigkeit überwiegen. Unter die Befreiung fällt zB auch ein Kreditinstitut, das Bauspar- oder Versicherungsverträge vermittelt.
882
Voraussetzung für die Anwendung der Befreiungsvorschrift ist, dass eine Vermittlungstätigkeit vorliegt. Eine solche ist nicht gegeben, wenn sich die Tätigkeit des Unternehmens auf bloße Adressenbeschaffung und das Führen von Kontaktgesprächen beschränkt. Entscheidend für das Vorliegen einer Tätigkeit als Versicherungsvertreter oder -makler bzw. als Bausparkassenvertreter ist der Inhalt der Dienstleistung, nicht die formale Eigenschaft des Dienstleistungserbringers. In diesem Rahmen ist zu prüfen, ob zwei Kriterien erfüllt sind: Erstens muss der Dienstleistungserbringer sowohl mit dem Versicherer als auch mit dem Versicherten in Verbindung stehen, wobei diese Verbindung auch nur mittelbarer Natur sein kann, wenn der Dienstleistungserbringer ein Unterauftragnehmer des Versicherungsmaklers oder -vertreters ist. Zweitens muss seine Tätigkeit wesentliche Aspekte der Versicherungsvermittlungstätigkeit – wie Kunden im Hinblick auf den Abschluss von Versicherungsverträgen zu suchen und diese mit dem Versicherer zusammenzubringen – umfassen (vgl. EuGH 8.7.2021, Rs C-695/19, Rádio Popular – Electrodomésticos SA, Rn 36 mit Verweis auf EuGH 25.3.2021, Rs C-907/19, Q-GmbH, Rn 37; VwGH 24.1.2022, Ra 2021/13/0068).
Eine Vermittlungstätigkeit wird jedenfalls dann vorliegen, wenn der Vertreter auf Grund seiner Tätigkeit erreicht, dass der Kunde einen Antrag auf Abschluss eines Versicherungsvertrages unterzeichnet, und der Vertreter diesen Antrag weiterleitet. Auch die mittelbare Vermittlungstätigkeit im Rahmen eines „Strukturvertriebes“ ist als berufstypische Tätigkeit eines Versicherungsvertreters anzusehen. Unter die Steuerbefreiung fallen daher alle Leistungen, die in Ausübung der begünstigten Tätigkeit erbracht werden, somit insbesondere auch die Abwicklung und laufende Betreuung der Verträge, die Werbetätigkeit, die Einstellung, Ausbildung und Überwachung von Untervertretern sowie ähnliche mit der Organisierung des Außendienstes im Zusammenhang stehende Tätigkeiten (VwGH 3.7.2003, 2000/15/0165, zur Steuerfreiheit von Provisionen in Form von Leitungsvergütungen).
Die konkrete Art der Leistungserbringung, ob im Wege der elektronischen Datenverarbeitung, automatisch oder manuell, ist für die Anwendbarkeit der Steuerbefreiung ohne Bedeutung. Auch die vollständige Leistungserbringung im Wege der elektronischen Datenverarbeitung (zB über eine Internetplattform) steht der Anwendung der Befreiung nicht entgegen, wenn die erbrachte Dienstleistung die spezifischen und wesentlichen Funktionen einer Versicherungsvermittlung erfüllt (vgl. sinngemäß EuGH 17.6.2021, Rs C-58/20 und C-59/20, K und DBKAG, Rn 53 und 55). Ein Leistungsbündel, das die Schaltung von Werbung durch den Dienstleistungserbringer für ein bestimmtes Versicherungsprodukt, die Ermöglichung der Voranmeldung der potentiellen Versicherungsnehmer auf der Internetseite des Dienstleistungserbringers und die automatische Weiterleitung nur von am Produkt interessierten Personen an den Versicherer umfasst, kann als einheitliche Vermittlungsleistung iSd § 6 Abs. 1 Z 13 UStG 1994 angesehen werden (vgl. VwGH 24.1.2022, Ra 2021/13/0068).
Der Annahme von Dienstleistungen, die von Versicherungsmaklern oder -vertretern erbracht werden, steht es nicht entgegen, wenn der Versicherungsmakler oder -vertreter beim Zustandekommen des von ihm initiierten Versicherungsvertrages von einer Vertragspartei bevollmächtigt gewesen ist (EuGH 3.4.2008, Rs C-124/07, J.C.M. Beheer BV). Hausverwalter, die selbst als direkte Stellvertreter der Hauseigentümer Versicherungsverträge abschließen, tätigen daher steuerfreie Vermittlungsleistungen.
Die an einen Versicherungsnehmer gezahlten „Provisionen“ stellen hingegen keine Leistungsentgelte für Versicherungsvermittlungen dar, ihnen kommt vielmehr der Charakter von Prämiennachlässen oder Prämienrückzahlungen zu (VwGH 18.11.2008, 2006/15/0143).
Hagelberater der Österreichischen Hagelversicherung, die aufgrund der Satzung der Versicherung zwar keine Versicherungsanträge unterzeichnen können, sonst aber dieselben Tätigkeiten ausüben wie ein Versicherungsvertreter (insbesondere die Anbahnung von Hagelversicherungsverträgen), gelten als Versicherungsvertreter iSd § 6 Abs. 1 Z 13 UStG 1994.
6.1.14. Gemeinnützige Sportvereinigungen
6.1.14.1. Begriff Gemeinnützigkeit
883
Hinsichtlich des Begriffes „Gemeinnützigkeit“ wird auf die VereinsR 2001 Rz 13 bis Rz 20 sowie Rz 72 verwiesen. Das Fehlen eines Gewinnstrebens setzt voraus, dass die jeweilige Sportvereinigung während ihres gesamten Bestehens und auch bei ihrer Auflösung für ihre Mitglieder keine Gewinne erwirtschaftet. Das Vermögen der Vereinigung muss daher fortwährend der Verwirklichung des von ihr verfolgten Zwecks dienen und darf nach ihrer Auflösung nicht auf ihre Mitglieder übertragen werden, soweit es die eingezahlten Kapitalanteile ihrer Mitglieder und den gemeinen Wert der von ihnen geleisteten Sacheinlagen übersteigt (EuGH 10.12.2020, Rs C-488/18, Golfclub Schloss Igling e. V., Rn 50 und 51; siehe zum Erfordernis der ausschließlichen Förderung auch VereinsR 2001 Rz 113 ff zu § 39 BAO). Zur steuerlichen Behandlung eines Profibetriebes bei gemeinnützigen Sportvereinen im Mannschaftsspielsport siehe VereinsR 2001 Rz 878 ff.
6.1.14.2. Begriff Körpersport
884
- Satzungsmäßiger Zweck muss die Ausübung des Körpersportes sein, wobei dies der Hauptzweck der Vereinigung sein muss. Ist die Ausübung des Körpersportes bloß Nebenzweck, kommt die Befreiung nicht zur Anwendung. Ebenso kann die Befreiung nicht zur Anwendung kommen, wenn die Mitglieder einer Vereinigung zwar tatsächlich überwiegend Körpersport betreiben, dies aber nicht der satzungsmäßige Zweck der Vereinigung ist.
- Der Begriff Körpersport ist weit auszulegen, sodass darunter jede Art von sportlicher Betätigung verstanden wird. Neben den unmittelbar der körperlichen Ertüchtigung dienenden Sportarten, wie zB Leichtathletik, Turnen, Boxen, Ringen, Schwimmen, Rudern, Radfahren, Reiten, Tennis, Fußball, alle Wintersportarten, Handball und Bergsteigen zählen auch der Motorsport, Segelfliegen und Schießen zum Sportbegriff. Nicht zum Körpersport zählen die „Denksportarten“, wie zB Schach, Skat oder Bridge, die lediglich durch eine unbedeutend erscheinende körperliche Komponente gekennzeichnet sind (vgl. EuGH 26.10.2017, Rs C-90/16, The English Bridge Union Ltd.), aber im Übrigen gemeinnützig sein können.
6.1.14.3. Anwendungsbereich der Befreiungsbestimmung
885
Die Anwendbarkeit der Steuerbefreiung setzt nicht voraus, dass die sportliche Betätigung auf einem bestimmten Niveau oder in einer bestimmten Art und Weise, nämlich regelmäßig oder organisiert oder im Hinblick auf die Teilnahme an sportlichen Wettkämpfen, ausgeübt wird, soweit die Ausübung dieser Tätigkeit nicht rein im Rahmen von Erholung oder Unterhaltung stattfindet. Ziel der Befreiung ist die Förderung bestimmter, dem Gemeinwohl dienender Tätigkeiten, nämlich in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehender Dienstleistungen, die von Einrichtungen ohne Gewinnstreben an Personen erbracht werden, die Sport oder Körperertüchtigung ausüben. Sie zielt somit darauf ab, eine solche Betätigung durch breite Schichten der Bevölkerung zu fördern (EuGH 21.02.2013, Rs C-18/12, Zamberk). Daher fallen auch Umsätze aus Dienstleistungen in engem Zusammenhang mit Körpersport an Sportausübende, die nicht Mitglieder der gemeinnützigen Sportvereinigung sind, unter die Befreiung (vgl. EuGH 19.12.2013, Rs C-495/12, Bridport and West Dorset Golf Club Limited, zur Nutzung eines Golfclubplatzes durch Nichtmitglieder gegen Entrichtung eines Eintrittsgeldes (Greenfee)).
Es ist zu beachten, dass die Anwendung der Befreiungsbestimmung für gemeinnützige Sportvereinigungen nur einen eingeschränkten Wirkungsbereich hat. Für wirtschaftliche Geschäftsbetriebe gemäß § 45 Abs. 1 BAO (entbehrliche Hilfsbetriebe) und wirtschaftliche Geschäftsbetriebe gemäß § 45 Abs. 2 BAO (unentbehrliche Hilfsbetriebe) gilt die Liebhabereivermutung (siehe Rz 1239 und Rz 1240). Bei Betätigungen iSd § 1 Abs. 1 Liebhabereiverordnung, BGBl. Nr. 33/1993 idgF, kann diese Liebhabereivermutung jedoch nicht gegen den Willen des Unternehmers angewendet werden (siehe dazu VereinsR 2001 Rz 463 ff sowie Rz 520). Eine nichtunternehmerische Tätigkeit ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn die Umsätze des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes jährlich regelmäßig unter 2.900 Euro liegen.
6.1.14.4. Verhältnis der Steuerbefreiung zu anderen Steuerbefreiungen
886
Die Steuerbefreiung nach § 6 Abs. 1 Z 16 UStG 1994 hat als die speziellere Bestimmung Vorrang gegenüber der Steuerbefreiung gemäß § 6 Abs. 1 Z 14 UStG 1994 (VwGH 25.06.2007, 2006/14/0001). Gleiches gilt für die Steuerbefreiung gemäß § 6 Abs. 1 Z 9 lit. a UStG 1994. Gemeinnützige Sportvereinigungen können demnach sowohl bei Vermietungen und Verpachtungen von Grundstücken, die ansonsten gemäß § 6 Abs. 1 Z 16 UStG 1994 steuerfrei wären, als auch bei Grundstücksumsätzen, die ansonsten gemäß § 6 Abs. 1 Z 9 lit. a UStG 1994 steuerfrei wären, gemäß § 6 Abs. 2 UStG 1994 zur Steuerpflicht optieren. Wäre die Kleinunternehmerbefreiung anzuwenden, müsste zusätzlich gemäß § 6 Abs. 3 UStG 1994 darauf verzichtet werden. Zur Einschränkung der Optionsmöglichkeit im Zusammenhang mit der Steuerbefreiung gemäß § 6 Abs. 1 Z 16 UStG 1994 durch das 1. StabG 2012, BGBl. I Nr. 22/2012, siehe Rz 899a bis Rz 899c.
6.1.14.5. Sachsponsoring
886a
Im Hinblick auf die Regelung des Art. 13 Teil A Abs. 1 lit. m der 6. EG-RL und die mit § 6 Abs. 1 Z 14 UStG 1994 verfolgten Ziele kann von der Besteuerung der an gemeinnützige Sportvereine bzw. von gemeinnützigen Sportvereinen im Zusammenhang mit dem sogenannten Sachsponsoring erbrachten tauschähnlichen Umsätze Abstand genommen werden. Die Zurverfügungstellung von Ausrüstungsgegenständen, Leihe von Autos und so weiter an gemeinnützige Sportvereine bzw. die dafür von den gemeinnützigen Sportvereinen erbrachten Werbeleistungen brauchen daher weder als Leistungsaustausch noch als Eigenverbrauch erfasst werden.
6.1.15. Pflege- und Betreuungsleistungen
887
Gemäß § 6 Abs. 1 Z 15 UStG 1994 sind nur die Umsätze von natürlichen Personen befreit. Bei pflegebedürftigen Personen greift die Befreiung nur, wenn diese im Rahmen der Sozialhilfe bei Pflegefamilien untergebracht sind.
Ziel der Sozialhilfe ist es, jenen Personen die Führung eines menschenwürdigen Lebens zu ermöglichen, die dazu der Hilfe der Gemeinschaft bedürfen. Es findet im Einzelfall eine Bedürftigkeitsprüfung statt, auf den Grund der Bedürftigkeit kommt es nicht an. Das Pflegegeld hat hingegen den Zweck, in Form eines Beitrages pflegebedingte Mehraufwendungen pauschal abzugelten. Auf die Bedürftigkeit der pflegebedürftigen Person kommt es im Gegensatz zu den Leistungen im Rahmen der Sozialhilfe (zB nach dem Stmk. Sozialhilfegesetz (SHG), LGBl. Nr. 29/1998 idgF) nicht an. Andere Leistungen als das pauschale Pflegegeld sieht das Bundespflegegeldgesetz (BPGG), BGBl. Nr. 110/1993 idgF nicht vor. Der Bezug von Pflegegeld nach den einschlägigen gesetzlichen Vorschriften des BPGG reicht daher für die Annahme einer „Unterbringung im Rahmen der Sozialhilfe“ nicht aus, weil diese die Übernahme der Kosten oder Restkosten einer Unterbringung in einer stationären Einrichtung (= Pflegefamilie) nicht vorsehen (VwGH 18.11.2008, 2006/15/0129).
6.1.16. Vermietung und Verpachtung von Grundstücken
6.1.16.1. Allgemeines
888
Zum Grundstücksbegriff siehe Rz 639v. Vor 1.1.2017 richtete sich der Grundstücksbegriff des § 6 Abs. 1 Z 16 UStG 1994 nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts (siehe Rz 775).
Betriebsvorrichtungen (siehe Rz 894a) sind ausdrücklich von der Steuerbefreiung ausgenommen, selbst wenn sie Grundstücke sind.
Einrichtungsgegenstände sind nur dann dem Grundstück zugehörig, wenn sie derart eng damit verbunden sind, dass sie entweder gar nicht oder nur durch eine unwirtschaftliche Vorgangsweise abgesondert werden könnten (VwGH 24.2.1992, 90/15/0146).
889
Steuerfrei ist auch die Vermietung und Verpachtung von Baurechten (vgl. auch Rz 779 und 801). Vor 1.1.2017 erstreckte sich die Steuerbefreiung auch auf Berechtigungen, auf welche die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke Anwendung finden (siehe auch Rz 776 bis Rz 779). Es handelte sich dabei um Rechte, die nicht Bestandteil von Grundstücken sind, wie zB Realapotheken und Mineralgewinnungsrechte. Das Jagd- und Fischereirecht und Leitungsdienstbarkeiten gehören nicht zu den grundstücksgleichen Rechten (zur Verpachtung von Fischereirechten vgl. VwGH 30.10.2014, 2011/15/0123 und EuGH 6.12.2007, Rs C-451/06, Walderdorff; zum Jagdrecht vgl. VwGH 22.7.2015, 2011/13/0104).
6.1.16.2. Vermietung und Verpachtung
890
Die Vermietung von Grundstücken besteht darin, dass der Vermieter eines Grundstücks dem Mieter gegen Zahlung des Mietzinses für eine vereinbarte Dauer das Recht überträgt, ein Grundstück so in Besitz zu nehmen, als ob er dessen Eigentümer wäre, und jede andere Person von diesem Recht auszuschließen (EuGH 12.6.2003, Rs C-275/01, Sinclair Collis Ltd; EuGH 8.5.2003, Rs C-269/00, Seeling). Die Vermietung eines Grundstückes stellt normalerweise eine passive Tätigkeit dar, die allein an den Zeitablauf gebunden ist, und ist von anderen Tätigkeiten zu unterscheiden, die entweder gewerblichen Zwecken dienen oder einen Gegenstand haben, der eher durch die Erbringung einer Dienstleistung als durch die bloße Bereitstellung einer Sache charakterisiert wird (VwGH 23.2.2017, Ra 2016/15/0012). Die Dauer des Vertragsverhältnisses ist nicht von Bedeutung. Das ausschließliche Nutzungsrecht kann in der mit dem Vermieter geschlossenen Vereinbarung beschränkt werden (vgl. VwGH 23.2.2017, Ra 2016/15/0012 mVa EuGH 18.11.2004, Rs C-284/03, Temco Europe SA, Rn 24 f). Auch die Untervermietung von Räumlichkeiten ist als Grundstücksvermietung zu betrachten. Weiters ist der Mietrechtsverzicht durch den Mieter gegen eine Abstandszahlung durch den Vermieter der Vermietung eines Grundstückes gleichzusetzen (EuGH 15.12.1993, Rs C-63/92, Lubbock Fine).
Bei der Übertragung der Rechte und Pflichten aus einem Mietvertrag (Nutzungsvertrag) auf einen Nachmieter ist zu unterscheiden, ob der Vor- oder der Nachmieter die sonstige Leistung zugunsten des jeweils anderen erbringt. Leistet der Vormieter dem Nachmieter ein Entgelt dafür, dass letzterer dem Übergang des Mietverhältnisses zustimmt (entgeltliche Übernahme des Mietverhältnisses), liegt keine Übertragung des Rechts auf Gebrauch eines Grundstückes vor (EuGH 9.10.2001, Rs C-108/99, Cantor Fitzgerald International). Erbringt der Vormieter die Leistung an den Nachmieter (dieser leistet ein Entgelt), so besteht die Leistung in der Übertragung des Rechts auf Gebrauch eines Grundstückes. In diesem Fall ist die sonstige Leistung als Vermietung und Verpachtung von Grundstücken anzusehen.
Bezieht sich die Leistung auf ein Grundstück für Wohnzwecke, kommt der ermäßigte Steuersatz gemäß § 10 Abs. 2 Z 3 lit. a UStG 1994 (bis 31.12.2015: § 10 Abs. 2 Z 4 lit. a UStG 1994) zur Anwendung (VwGH 20.3.2002, 99/15/0041). Die Vermietung eines Gebäudes, das dem Mieter (zB Reisebüro) zur Erzielung von Umsätzen aus der Beherbergung in eingerichteten Wohn- und Schlafräumen dient (zB Betrieb eines Hotels, einer Gästepension, eines Schüler- oder Studentenheimes), ist hingegen gemäß § 6 Abs. 1 Z 16 UStG 1994 steuerfrei (vgl. VwGH 23.9.2010, 2007/15/0245).
Mietkaufverträge, das sind Verträge die dem Mieter eine Kaufoption unter Anrechnung des Mietzinses oder von Baukostenbeiträgen einräumen, bleiben bis zur Ausübung der Option Bestandverträge. Leasingverträge sind, soweit sie als Gebrauchsüberlassung zu beurteilen sind, Bestandverträge (siehe Rz 344 und Rz 345).
Der Begriff der Vermietung von Grundstücken umfasst auch die Vermietung von Liegeplätzen für das Festmachen von Booten im Wasser sowie von Stellplätzen im Hafen für die Lagerung dieser Boote an Land (EuGH 3.3.2005, Rs C-428/02, Fonden Marselisborg Lystbådehavn) sowie die Vermietung und Verpachtung von landwirtschaftlichen Grundstücken, welche aus Rebflächen bestehen (vgl. EuGH 28.2.2019, Rs C-278/18, Sequeira Mesquita).
Zur Grundstücksvermietung durch Körperschaften des öffentlichen Rechts siehe Rz 265. Zur Ausnahme von der Steuerbefreiung siehe Rz 894 bis Rz 898.
6.1.16.3. Gemischte Verträge
891
Ein gemischter Vertrag liegt vor, wenn er sowohl die Merkmale einer Vermietung als auch die Merkmale anderer Leistungen aufweist, ohne dass ein so starkes Zurücktreten der Merkmale der einen oder anderen Gruppe gegeben ist, dass sie umsatzsteuerrechtlich nicht mehr zu beachten wären (VwGH 16.12.1991, 90/15/0081; VwGH 12.11.1990, 90/15/0043). Bei einem gemischten Vertrag ist das Entgelt in einen auf die Grundstücksvermietung und einen auf die Leistungen anderer Art entfallenden Teil – erforderlichenfalls durch Schätzung – aufzugliedern.
Wird eine gesamte Spiel- und Sportanlage (zB Tennisplatz-, Golfplatzanlage udgl.) „passiv“ (ohne geschäftliche Aktivitäten wie Aufsicht, Verwaltung, ständige Unterhaltung) zB einem Verein oder einer Gesellschaft, der/die die Anlage in der Folge betreibt, zur Nutzung überlassen, so kann eine Aufteilung des Entgelts – erforderlichenfalls durch Schätzung – in einen auf die (unecht steuerfreie) Grundstücksvermietung entfallenden und einen auf die anderen (steuerpflichtigen) Leistungen (einschließlich Überlassung der Betriebsvorrichtungen) entfallenden Entgeltsteil erfolgen.
891a
Bei Umsätzen aus dem Betrieb von Tennisplätzen, Golfplätzen, Minigolfanlagen und anderen Sport- und Spielanlagen kann keine auf die Grundstücksvermietung entfallende, unecht steuerfreie Umsatzkomponente angesetzt werden, da es sich um einen Vertrag sui generis handelt. Gegenstand dieses Vertrages ist die Benützung von Einrichtungen, die der Freizeitgestaltung, der körperlichen Ertüchtigung oder der Sportausübung dienen, und nicht die Miete von Grundstücksflächen und Betriebsvorrichtungen (VwGH 29.5.2018, Ro 2016/15/0030; EuGH 18.1.2001, Rs C-150/99, Stockholm Lindöpark AB).
6.1.16.4. Keine Grundstücksvermietung
892
Tritt die Grundstücksvermietung gegenüber der Hauptleistung vollkommen in den Hintergrund, so liegen keine Mietverträge vor und die Steuerbefreiung des § 6 Abs. 1 Z 16 UStG 1994 findet keine Anwendung. Dies trifft zB auf folgende Verträge zu:
Abbauverträge, wenn Entgeltsbemessung nach Umfang des abgebauten Materials (VwGH 3.11.1986, 85/15/0098) sowie Fitnesscenter (VwGH 12.11.1990, 90/15/0043 und VwGH 26.11.1990, 90/15/0062).
Überlassung von Büroarbeitsplätzen: Werden in einem Bürogebäude zeitlich befristet (tage-, wochen-, oder monatsweise) Büroarbeitsplätze (Coworking Spaces) ohne Anspruch auf einen bestimmten Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt und in diesem Zusammenhang auch erhebliche Zusatzdienstleistungen (wie zB die Zurverfügungstellung von Büromobiliar und Büroutensilien, eines Netzwerkdruckers, eines Internetzuganges, eines Besprechungsraumes mit Ausstattung sowie die Reinigung des Arbeitsplatzes) erbracht, liegt ein Vertrag sui generis (siehe Rz 891a) vor;
Hostingdienstleistungen in einem Rechenzentrum, in deren Rahmen den Kunden zwecks Unterbringung von Servern Geräteschränke zur Verfügung gestellt werden und – als Nebenleistungen – weitere Dienstleistungen, mit denen die Nutzung dieser Server unter optimalen Bedingungen gewährleistet werden soll, erbracht werden, wenn zum einen der Dienstleistende seinen Kunden nicht eine Fläche oder einen Standort passiv überlässt und ihnen dabei das Recht zusichert, diese Fläche oder diesen Standort wie ein Eigentümer in Besitz zu nehmen, und zum anderen die Geräteschränke keinen wesentlichen Bestandteil des Gebäudes bilden, in dem sie stehen, und dort nicht auf Dauer installiert sind (EuGH 2.7.2020, Rs C-215/19, Veronsaajien oikeudenvalvontayksikkö). Zum Leistungsort siehe Rz 640c.
6.1.16.5. Nutzungsüberlassung
893
Die Überlassung der Nutzung an Geschäftsräumen und anderen Räumlichkeiten auf Grund von Nutzungsverträgen ist unter den in Rz 890 genannten Voraussetzungen eine Vermietung und Verpachtung von Grundstücken. Derartige Nutzungsverträge werden vor allem von Baugenossenschaften abgeschlossen. In diesen wird Genossenschaftsmitgliedern die entgeltliche Nutzung von Räumlichkeiten eingeräumt. Die Steuerbefreiung ist aber nicht auf die Nutzungsüberlassung von Räumlichkeiten beschränkt, sondern umfasst Grundstücke ganz allgemein (VwGH 12.11.1990, 90/15/0024; VwGH 22.2.1988, 86/15/0123).
6.1.16.6. Ausnahmen von der Steuerbefreiung
894
- Die Vermietung oder Nutzungsüberlassung von Grundstücken für Wohnzwecke unterliegt dem ermäßigten Steuersatz (siehe Rz 1185 bis Rz 1188), der Eigenverbrauch ist vom 1. Jänner 2004 bis 30. April 2004 hingegen steuerpflichtig und unterliegt dem Normalsteuersatz. Ab 1. Mai 2004 ist der Eigenverbrauch nicht steuerbar.
- Die Umsätze aus Beherbergung und Camping unterliegen, ausgenommen der Eigenverbrauch, dem ermäßigten Steuersatz (für Zeiträume ab 1.11.2018 siehe Rz 1218 bis 1229, für Zeiträume von 1.5.2016 bis 31.10.2018 siehe Rz 1368 bis Rz 1379).
- Die Vermietung von Betriebsvorrichtungen und die Garagierung sind mit dem Normalsteuersatz zu versteuern.
- Die kurzfristige Vermietung unter den in Rz 898a ff. genannten Voraussetzungen.
6.1.16.6a. Betriebsvorrichtungen
894a
Der Begriff der „Maschinen und sonstigen Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören“ (Betriebsvorrichtungen), ist für den Bereich der Umsatzsteuer in gleicher Weise auszulegen wie für das Bewertungsrecht. Die Betriebsvorrichtungen sind von Gebäuden abzugrenzen. Bei dieser Abgrenzung ist vom Gebäudebegriff iSd Bewertungsrechts auszugehen. Für die Frage, ob ein Bauwerk als Gebäude oder als Betriebsvorrichtung anzusehen ist, ist entscheidend, ob das Bauwerk die Merkmale eines Gebäudes aufweist oder nicht. Ein Bauwerk ist als Gebäude anzusehen, wenn es Menschen, Tieren oder Sachen durch räumliche Umschließung Schutz gegen Witterungseinflüsse gewährt, den Aufenthalt von Menschen gestattet, fest mit dem Grund und Boden verbunden und von einiger Standfestigkeit sowie Beständigkeit ist. Ist ein Bauwerk ein Gebäude im Sinne der Begriffsbestimmung, so kann es nicht mehr als Betriebsvorrichtung eingestuft werden. Unter einer Betriebsvorrichtung sind demgegenüber alle jene sonstigen Vorrichtungen zu verstehen, die von Menschenhand geschaffen wurden und, ohne Gebäude zu sein, dem Betrieb eines Unternehmens dienen. Darunter fallen auch Umzäunungen, Straßen- oder Platzbefestigungen (VwGH 21.2.1996, 94/16/0269).
6.1.16.7. Betriebsvorrichtungen bei der Vermietung von Sportanlagen
895
Bei der Nutzungsüberlassung von Sportanlagen ist die Leistung in einen steuerfreien Teil für die Vermietung des Grundstücks (falls diesbezüglich nicht zur Steuerpflicht optiert wird) und in einen steuerpflichtigen Teil für die Vermietung der Betriebsvorrichtungen aufzuteilen. Für Umsätze, die ab 1.Jänner 2004 ausgeführt werden, gilt dies nur im Falle der „passiven“ Nutzungsüberlassung der Sportanlage (siehe Rz 891a).
6.1.16.8. Garagierung
896
Die Vermietung bzw. Nutzungsüberlassung von Räumlichkeiten oder Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen aller Art unterliegt dem Normalsteuersatz. Die Dauer des Abstellens (langfristig oder kurzfristig) ist ohne Bedeutung.
Unter den Begriff „Fahrzeuge aller Art“ fallen sowohl Landfahrzeuge (zB Personen- und Kombinationskraftwagen, Rennwagen, LKW, Busse, Spezialkraftfahrzeuge, Traktoren, Wohnmobile, Motorräder, Mopeds, Fahrräder und Anhänger jeder Art) als auch Wasserfahrzeuge (zB Boote, Yachten) sowie Luftfahrzeuge. Auch beschädigte und nicht fahrbereite Fahrzeuge sowie gebrauchte Fahrzeuge bzw. Fahrzeuge von historischem Wert („Oldtimer“) gelten als Fahrzeuge im Sinne der gegenständlichen Bestimmung; nicht hingegen fallen schrottreife Fahrzeuge (Wracks) hierunter. Selbstfahrende Maschinen sind nicht als Fahrzeuge anzusehen.
897
Es ist gleichgültig, aus welchem Grunde und durch wen das Abstellen erfolgt. So unterliegt zB auch die Vermietung von Fahrzeugabstellplätzen an einen Unternehmer, der seinerseits andere Personen entgeltlich oder unentgeltlich (zB Kundenparkplatz) Fahrzeuge abstellen lässt, dem Normalsteuersatz. Ein „Abstellen von Fahrzeugen“ liegt zB auch vor, wenn Fahrzeuge als Umlaufvermögen vom Fahrzeugimporteur vorübergehend auf einem Grundstück abgestellt werden. Tritt das Kriterium des „Abstellens von Fahrzeugen“ gänzlich in den Hintergrund, wie zB bei Schauräumen von Autohändlern, Fahrradhändlern usw., Ausstellungsflächen von Gebrauchtwagenhändlern und dgl. so kommt die Steuerbefreiung zur Anwendung.
898
Für die Frage, ob eine vermietete (zur Nutzung überlassene) Räumlichkeit oder Grundfläche tatsächlich dem Abstellen von Fahrzeugen dient, ist nicht nur die vertragliche Vereinbarung, sondern auch die tatsächliche Nutzung maßgebend. Ist der Vertragsinhalt auf die Garagierung (Abstellung) von Fahrzeugen gerichtet, so ist grundsätzlich dieser Vertragsinhalt der umsatzsteuerrechtlichen Beurteilung zugrunde zu legen. Geht hingegen aus der vertraglichen Vereinbarung der Verwendungszweck der vermieteten Räumlichkeit (Grundfläche) nicht oder nicht eindeutig hervor oder scheint ein anderer Verwendungszweck als die Garagierung (Abstellung) von Fahrzeugen auf, dient aber die Räumlichkeit (Grundfläche) tatsächlich dem Abstellen von Fahrzeugen, so ist diese tatsächliche Verwendung maßgebend. Im Falle einer gemischten Nutzung ist eine Aufteilung des einheitlichen Entgeltes vorzunehmen, es sei denn, dass dem Abstellen von Fahrzeugen im Rahmen der Vermietung (Nutzungsüberlassung) der Räumlichkeit (Grundfläche) nur eine sehr untergeordnete Bedeutung zukommt.
6.1.16.8a. Kurzfristige Vermietung
898a
Die Vermietung von Grundstücken während eines ununterbrochenen Zeitraumes von nicht mehr als 14 Tagen unterliegt zwingend dem Normalsteuersatz, wenn der Unternehmer das Grundstück sonst nur
- zur Ausführung von Umsätzen, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen,
- für kurzfristige Vermietungen oder
- zur Befriedigung eines Wohnbedürfnisses
verwendet.
Umsätze, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen, sind:
- steuerpflichtige Umsätze,
- echt steuerfreie Umsätze oder
- Umsätze, die gemäß § 15 UStG 1994 bei der Berechnung des Vorsteuerabzugs grundsätzlich außer Ansatz bleiben.
Da die kurzfristige Vermietung unter diesen Umständen steuerpflichtig ist, ist ein Verzicht auf die Steuerbefreiung gemäß § 6 Abs. 2 UStG 1994 weder erforderlich noch möglich.
Beispiel:
Ein Seminarhotelier A vermietet tageweise Seminarräume in seinem 2014 errichteten Hotel, auch an nicht zum Vorsteuerabzug berechtigte Gäste. Daneben erzielt er steuerpflichtige Beherbergungs- und Bewirtungsumsätze in Höhe von 1.000.000 Euro. Gelegentlich verkauft er im eigenen Namen Briefmarken an Gäste. Diese gemäß § 6 Abs. 1 Z 8 lit. d UStG 1994 steuerfreien (vgl. Rz 761) Umsätze betragen 250 Euro im Jahr. Da es sich bei der Veräußerung der Briefmarken um ein Hilfsgeschäft handelt, das gemäß § 15 Abs. 2 UStG 1994 nicht in den Umsatzschlüssel eingerechnet werden muss, sind alle kurzfristigen Vermietungen zwingend steuerpflichtig.
898b
Verwendet der Unternehmer das Grundstück auch für Umsätze oder Zwecke, die den Vorsteuerabzug ausschließen (ausgenommen die Befriedigung eines Wohnbedürfnisses und gemäß § 15 UStG 1994 nicht in den Vorsteuerabzugsschlüssel einzubeziehende steuerfreie Umsätze), ist die kurzfristige Vermietung nach § 6 Abs. 1 Z 16 UStG 1994 steuerfrei, wenn der Unternehmer nicht gemäß § 6 Abs. 2 UStG 1994 unter den dort genannten Voraussetzungen auf die Steuerbefreiung verzichtet. Dies gilt für den gesamten Veranlagungszeitraum, in dem ein solcher, vom Vorsteuerabzug ausschließender Umsatz erzielt wird.
Beispiel:
Ein Seminarhotelier A vermietet tageweise Seminarräume in seinem 2014 errichteten Hotel, teilweise an nicht zum Vorsteuerabzug berechtigte Gäste. Im Mai 2017 vermietet A einen Seminarraum für 3 Wochen an einen Nichtunternehmer (mangels Verzichtsmöglichkeit gemäß § 6 Abs. 2 UStG 1994 zwingend steuerfrei gemäß § 6 Abs. 1 Z 16 UStG 1994). Da A das Grundstück auch für Umsätze verwendet, die den Vorsteuerabzug ausschließen, kommt im gesamten Veranlagungszeitraum die zwingende Steuerpflicht für die kurzfristige Vermietung nicht zur Anwendung. Das bedeutet, dass A nur unter den Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 UStG 1994 hinsichtlich der durch ihn im Jahr 2017 ausgeführten gemäß § 6 Abs. 1 Z 16 UStG 1994 steuerfreien (lang- oder kurzfristigen) Vermietungen auf die Anwendung der Steuerbefreiung verzichten kann.
898c
Für die Abgrenzung, ob eine kurzfristige Vermietung vorliegt, ist aufgrund des gleichen Wortlautes in § 3a Abs. 12 Z 1 UStG 1994 auf Art. 39 der VO (EU) 282/2011 idF VO (EU) 1042/2013 zurückzugreifen (siehe sinngemäß Rz 641h bis 641j). Somit ist für die Prüfung, ob es sich um eine kurzfristige Vermietung handelt, grundsätzlich jeder Mietumsatz separat zu beurteilen.
898d
Die Umsatzsteuerbefreiung für Betätigungen gemäß § 1 Abs. 2 Z 3 Liebhabereiverordnung, BGBl. Nr. 33/1993 idF BGBl. II Nr. 15/1999, die als Liebhaberei zu beurteilen sind (vgl. ua. VwGH 16.2.2006, 2004/14/0082; 26.4.2012, 2011/15/0175; 30.4.2015, Ra 2014/15/0015), bleibt als speziellere gesetzliche Norm durch die kurzfristige Vermietung unberührt.
Beispiel:
A vermietet eine Ferienwohnung jeweils für eine Woche an Touristen. Ist die Tätigkeit der A als Liebhaberei iSd § 1 Abs. 2 LVO zu beurteilen, so ist diese zwingend steuerfrei ohne Vorsteuerabzug (siehe LRL 2012 Rz 184).
6.1.16.9. Option zur Steuerpflicht
899
Rechtslage bis 31. August 2012
Der Unternehmer kann gemäß § 6 Abs. 2 UStG 1994 einen steuerfreien Umsatz aus der Vermietung von Grundstücken als steuerpflichtig behandeln. Der Eigenverbrauch ist ab 1. Mai 2004 – da nicht steuerbar – von der Optionsmöglichkeit ausgenommen. Im Falle der Option zur Steuerpflicht kommt der Normalsteuersatz zur Anwendung.
899a
Allgemeines
Der leistende Unternehmer kann für jeden baulich abgeschlossenen, selbständigen Grundstücksteil, an dem Wohnungseigentum begründet werden könnte, auf die Anwendung der Steuerbefreiung verzichten, wenn der Mieter/Pächter das Grundstück/diesen Grundstücksteil nahezu ausschließlich (dh. zu mindestens 95%) für Umsätze verwendet, die dessen Berechtigung zum Vorsteuerabzug nicht ausschließen.
Beispiel 1:
V errichtet ein zweigeschossiges Gebäude und vermietet es wie folgt:
- die Räume des Erdgeschosses an einen Arzt;
- die Räume im 1. Obergeschoss an einen Rechtsanwalt.
Die Vermietungsumsätze des V sind von der Umsatzsteuer befreit (§ 6 Abs. 1 Z 16 UStG 1994). Die Geschosse des Gebäudes sind baulich abgeschlossene, selbständige Grundstücksteile. Die Frage der Option nach § 6 Abs. 2 UStG 1994 ist für jeden Grundstücksteil gesondert zu prüfen.
- Erdgeschoss: V kann auf die Steuerbefreiung nicht verzichten, weil der Arzt den Gebäudeteil für steuerfreie Umsätze verwendet, die den Vorsteuerabzug ausschließen. Die laufenden Mietentgelte sind steuerbefreit.
- 1. Obergeschoss: V kann auf die Steuerbefreiung verzichten, weil der Rechtsanwalt den Gebäudeteil für Umsätze verwendet, die zum Vorsteuerabzug berechtigen. In diesem Fall sind die laufenden Mietentgelte steuerpflichtig. Nutzt der Rechtsanwalt einen Teil des 1. Obergeschosses für private Wohnzwecke, unterliegt dieser gemäß § 10 Abs. 2 Z 3 lit. a UStG 1994 (bis 31.12.2015: § 10 Abs. 2 Z 4 lit. a UStG 1994) dem ermäßigten Steuersatz.
Beispiel 2:
V errichtet ein mehrgeschossiges Gebäude und vermietet es wie folgt:
- die Räume des Erdgeschosses an eine KöR zum Betrieb einer Schule;
- die Räume im 1. Obergeschoss an dieselbe KöR zum Betrieb eines steuerpflichtigen Kindergartens;
- die Räume im 2. Obergeschoss an dieselbe KöR zur Nutzung als Amtsgebäude. In diesem wird auch ein Raum durch den steuerpflichtige Umsätze erzielenden Abwasserverband genutzt.
Die Vermietungsumsätze des V sind von der Umsatzsteuer befreit (§ 6 Abs. 1 Z 16 UStG 1994). Die Geschosse des Gebäudes sind baulich abgeschlossene, selbständige Grundstücksteile. Die Frage der Option nach § 6 Abs. 2 UStG 1994 ist für jeden Grundstücksteil gesondert zu prüfen.
- Erdgeschoss: V kann auf die Steuerbefreiung nicht verzichten, weil die KöR den Gebäudeteil für hoheitliche Zwecke verwendet. Die laufenden Mietentgelte sind steuerbefreit.
- 1. Obergeschoss: V kann auf die Steuerbefreiung verzichten, weil die KöR den Gebäudeteil für Umsätze verwendet, die zum Vorsteuerabzug berechtigen. In diesem Fall sind die laufenden Mietentgelte steuerpflichtig.
- 2. Obergeschoss: V kann auf die Steuerbefreiung nicht verzichten, weil die KöR den Gebäudeteil nicht nahezu ausschließlich für Umsätze verwendet, die zum Vorsteuerabzug berechtigen.
Ein einmaliges Unterschreiten der 95%-Grenze auf bis zu 92,5% innerhalb eines Zeitraumes von 5 Jahren ist unbeachtlich. Hierbei ist vom Veranlagungszeitraum auszugehen.
Für die Vorsteueraufteilung durch den Leistungsempfänger (Mieter) gelten die allgemeinen Grundsätze. Bei Aufteilung der Vorsteuerbeträge gemäß § 12 Abs. 5 UStG 1994 können zur Berechnung der 95%-Grenze jedoch Umsätze, die nach § 15 UStG 1994 nicht einzurechnen sind, außer Ansatz gelassen werden.
Beispiel:
Ein Rechtsanwalt mietet seine Kanzleiräumlichkeiten vom Vermieter V. Der Anwalt veräußert eine seinem Unternehmen zugeordnete Liegenschaft (Zweitkanzleisitz) unecht steuerfrei (§ 6 Abs. 1 Z 9 lit. a UStG 1994) um 800.000 Euro. Seine Umsätze als Rechtsanwalt betragen 1.600.000 Euro.
Nach § 15 Abs. 3 UStG 1994 müssen bei der Aufteilung der Vorsteuerbeträge nach § 12 Abs. 5 Z 2 UStG 1994 auch steuerfreie Umsätze nach § 6 Abs. 1 Z 9 lit. a UStG 1994, wenn sie vom Unternehmer nur als Hilfsgeschäfte bewirkt werden, nicht in den Umsatzschlüssel einbezogen werden. Obwohl die Umsätze des Rechtsanwalts zu einem Drittel vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen sind, kann der Vermieter weiterhin die Option nach § 6 Abs. 2 UStG 1994 in Anspruch nehmen.
Der Vermieter hat nachzuweisen, dass der Mieter/Pächter die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt. Dieser Nachweis ist an keine besondere Form gebunden. Er kann sich aus einer Bestätigung des Mieters, aus Bestimmungen des Mietvertrages oder aus anderen Unterlagen ergeben. Ständig wiederholte Bestätigungen des Mieters über die Verwendung des Grundstückes bzw. des Grundstücksteiles sind nicht erforderlich, solange beim Mieter keine Änderungen bei der Verwendung des Grundstückes zu erwarten sind.
Eine Option zur Steuerpflicht ist jedenfalls möglich, wenn der Leistungsempfänger das Grundstück für Umsätze verwendet, die ihn zum Bezug einer Beihilfe nach § 1, § 2 oder § 3 Abs. 2 des Gesundheits- und Sozialbereich-Beihilfengesetzes, BGBl. Nr. 746/1996, berechtigen (§ 28 Abs. 38 Z 1 UStG 1994 idF 1. Stabilitätsgesetz 2012).
899b
Baulich abgeschlossener Grundstücksteil
Ein baulich abgeschlossener, selbständiger Grundstücksteil ist ein solcher, an dem Wohnungseigentum begründet werden könnte.
Die Möglichkeit, Wohnungseigentum begründen zu können, ist dann nicht erforderlich, wenn das gesamte, vom Leistungsempfänger angemietete Grundstück (auch wenn es nicht parifiziert werden kann) nahezu ausschließlich (siehe Rz 899a) für steuerpflichtige Umsätze verwendet wird.
Beispiel 1:
V, der Eigentümer eines Einkaufszentrums, vermietet einen Standplatz in der Eingangshalle an einen voll vorsteuerabzugsberechtigten Unternehmer.
Obwohl eine Parifizierung des einzelnen Standplatzes nach WEG 2002 nicht möglich ist, kann der Vermieter hinsichtlich des konkreten Vermietungsumsatzes zur Steuerpflicht optieren, verwendet der Mieter den Standplatz doch ausschließlich zur Erzielung steuerpflichtiger Umsätze.
Beispiel 2:
Der Rechtsanwalt V untervermietet einen Raum seines von X angemieteten Bürogebäudes an einen anderen Unternehmer, der ausschließlich steuerpflichtige Umsätze ausführt. An diesem Raum kann Wohnungseigentum nicht begründet werden. Die Mieteinnahmen des V betragen 30% des gesamten, mit dem Büro erzielten Umsatzes.
V kann gemäß § 6 Abs. 2 UStG 1994 hinsichtlich der Vermietung zur Steuerpflicht optieren. Tut er dies nicht (und vermietet er den Raum gemäß § 6 Abs. 1 Z 16 UStG 1994 steuerfrei), so besteht wegen Unterschreitens der 95%-Grenze durch V auch für X nicht mehr die Möglichkeit, die Vermietung an V nach § 6 Abs. 2 UStG 1994 steuerpflichtig zu behandeln.
899c
Anwendungsbereich der Neuregelung
Die Neuregelung ist auf Miet- und Pachtverhältnisse anzuwenden, die nach dem 31. August 2012 beginnen. Maßgeblich ist nicht der Zeitpunkt des Vertragsabschlusses, sondern die faktische Begründung des Miet- bzw. Pachtverhältnisses, somit die tatsächliche Innutzungnahme des Gebäudes bzw. Gebäudeteiles. Ein Wechsel auf Mieter- oder Vermieterseite begründet für Umsatzsteuerzwecke ein neues Miet- bzw. Pachtverhältnis. Dies gilt mangels Unternehmeridentität auch dann, wenn der Wechsel im Zuge einer nicht steuerbaren Rechtsnachfolge erfolgt.
Das Vorliegen eines „neuen“ Miet- oder Pachtverhältnisses im Sinne des § 28 Abs. 38 Z 1 UStG 1994 kann auch nicht dadurch ausgeschlossen werden, dass es zivilrechtlich zu einem Eintritt einer anderen Person – auf Vermieter- oder auf Mieterseite – in den bestehenden Miet- oder Pachtvertrag kommt (VwGH 21.10.2021, Ra 2019/13/0084, zum gemäß § 1120 ABGB „zwingend“ erfolgenden Eintritt des Käufers in bestehende Bestandsverträge bei Erwerb eines vermieteten Grundstückes).
Kein Mieter- oder Vermieterwechsel liegt hingegen vor, wenn es zur Gesamtrechtsnachfolge kommt (vgl. zur Verschmelzung VwGH 3.4.2019, Ro 2018/15/0012) oder im Rahmen einer Umgründung die Unternehmeridentität erhalten bleibt. Die Unternehmeridentität bleibt insbesondere erhalten, wenn im Rahmen eines Zusammenschlusses neue Gesellschafter in eine bestehende Personengesellschaft aufgenommen werden, in deren Betriebsvermögen sich bereits das vermietete Grundstück befindet. Unternehmeridentität liegt auch vor bei einer Verschmelzung zur Aufnahme, wenn sich das vermietete Grundstück bereits im Betriebsvermögen der aufnehmenden Gesellschaft befindet, sowie bei einer Abspaltung oder Abteilung, wenn das vermietete Grundstück bei der abspaltenden/abteilenden Gesellschaft verbleibt. Unternehmeridentität und daher kein Vermieterwechsel liegt weiters vor, wenn die Änderung auf Vermieterseite innerhalb einer Organschaft stattfindet, die bei Begründung des Mietverhältnisses schon bestanden hat. Entsteht die Organschaft erst nach Begründung des Mietverhältnisses, kann ein Vermieterwechsel nur ausgeschlossen werden, wenn sich das Mietobjekt vor Entstehung der Organschaft bereits im Betriebsvermögen des Organträgers befand. Die dargestellte Wirkung der Organschaft gilt analog für die Prüfung des Vorliegens eines Wechsels auf Mieterseite. Ebenso liegt Unternehmeridentität und daher kein Vermieterwechsel vor, wenn eine Schenkung unter Vorbehalt des Fruchtgenusses erfolgt und die Vermietung durch den bisherigen Eigentümer und nunmehr Fruchtgenussberechtigten erfolgt. Wird ein Mietvertrag durch einseitige Willenserklärung oder durch zweiseitige Willenseinigung verlängert, liegt kein neues Miet- bzw. Pachtverhältnis vor, wenn die Vertragsverlängerung ohne zeitliche Unterbrechung erfolgt.
Unter die Neuregelung fallen – unabhängig vom Vorliegen eines aufrechten Miet- bzw. Pachtverhältnisses – nur jene Fälle, in denen mit der Errichtung des Gebäudes durch den Unternehmer nicht bereits vor dem 1. September 2012 begonnen wurde. Beginn der Errichtung ist der Zeitpunkt, in dem bei vorliegender Baubewilligung mit der Bauausführung tatsächlich begonnen wird, also tatsächliche handwerkliche Baumaßnahmen erfolgen (zB Ausheben der Baugrube). Da die tatsächliche Bauausführung erst mit am Objekt vorgenommenen Baumaßnahmen (zB erster – nicht bloß symbolischer -Spatenstich) beginnt, zählen vorgelagerte Planungs- und Projektierungsarbeiten nicht zur Errichtung des Gebäudes. Abbrucharbeiten können nur dann der Beginn einer Bauausführung sein, wenn es sich dabei um tatsächliche Baumaßnahmen handelt, die der Durchführung der Baubewilligung dienen (zB Entfernen von Zwischenwänden, die der baubewilligten Änderung der Raumeinteilung entgegenstehen; vgl. VwGH 31.5.2017, Ro 2016/13/0016).
Zur Errichtung zählt nicht nur der Beginn, sondern auch die fortgesetzte Bautätigkeit bis zum Abschluss der Bauarbeiten. Maßgeblich ist dabei, ob die Errichtung von Beginn bis zur Innutzungnahme als einheitlicher Vorgang betrachtet werden kann.
Beispiel:
V errichtet im Jahr 2013 ein Betriebsgebäude, welches er noch im gleichen Jahr an eine (nicht voll zum Vorsteuerabzug berechtigte) Versicherung vermietet.
V kann auf die Befreiung nicht verzichten, da weder das Mietverhältnis noch die Errichtung vor dem 1. September 2012 begonnen haben.
Dass ein Gebäude in mehreren Bauabschnitten errichtet wird, hindert die Annahme eines durchgängigen Errichtungsvorganges nicht von vornherein. Voraussetzung ist aber jedenfalls, dass für alle Bauabschnitte bereits vor dem 1. September 2012 eine Baubewilligung vorliegt und zumindest für den ersten Bauabschnitt bereits eine Errichtungshandlung gesetzt wurde. Zur Errichtung zählt nicht nur der Beginn, sondern auch die fortgesetzte Bautätigkeit bis zum Abschluss der Bauarbeiten. Maßgeblich ist dabei, ob die Errichtung von Beginn bis zur Innutzungnahme als einheitlicher Vorgang betrachtet werden kann.
Sanierungsmaßnahmen, die nach dem 31. August 2012 gesetzt werden, führen zu keiner Änderung des bestehenden Mietverhältnisses und zu keiner (Neu)Errichtung. Entsteht allerdings durch einen nach dem 31. August 2012 getätigten Herstellungsaufwand ein neuer oder ein neu nutzbar gemachter baulich abgeschlossener Gebäudeteil (zB Zu- oder Anbau; Gebäudeaufstockung), ist insoweit von einer Änderung des Mietverhältnisses und einer (Neu)Errichtung auszugehen, sodass für diese Aufwendungen der Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist, wenn der Vermieter gemäß § 6 Abs. 2 letzter Satz UStG 1994 idF 1. StabG 2012 nicht zur Steuerpflicht optieren darf. Dasselbe gilt für Fälle, in denen nach dem Gesamtbild von einer Neuerrichtung auszugehen ist (zB Entkernung unter Erhalt der Fassade oder der Außenwände).
Hat der Vermieter das Gebäude nicht errichtet, sondern erworben, so gilt die Neuregelung für alle Miet- und Pachtverhältnisse, die ab dem 1. September 2012 beginnen. Dies gilt auch dann, wenn der Erwerb durch den Vermieter vor dem 1. September 2012 erfolgte.
Beispiel:
V erwirbt im Jahr 2004 ein Betriebsgebäude, welches er noch im gleichen Jahr an eine (nicht voll zum Vorsteuerabzug berechtigte) Versicherung steuerpflichtig vermietet. 2013 kommt es zu einem Mieterwechsel.
V kann auf die Befreiung hinsichtlich des neuen Mietverhältnisses nicht verzichten, da es nach dem 31. August 2012 begründet wurde und er selbst mit der Errichtung des Gebäudes nicht vor dem 1. September 2012 begonnen hat.
6.1.16.10. Vorsteuerabzug im Hinblick auf eine zukünftige Option
900
Hat ein Unternehmer in einem Veranlagungszeitraum keine steuerfreien Umsätze ausgeführt, sind aber Vorsteuern angefallen, die mit späteren Umsätzen dieser Art in Zusammenhang stehen, so hat der Vorsteuerabzug insoweit von vornherein zu unterbleiben. Umgekehrt können Vorsteuern, die den zum Abzug berechtigenden Umsätzen zuzurechnen sind, bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen bereits abgezogen werden, bevor die entsprechenden Umsätze ausgeführt werden.
Will der Unternehmer im Hinblick auf eine von ihm vorzunehmende Option bereits vor der Ausführung des Umsatzes den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen, ist dies nur dann möglich, wenn er darlegen kann (zB durch entsprechende Vorvereinbarungen mit zukünftigen Mietern oder anhand anderer über eine bloße Absichtserklärung hinausgehende Umstände), dass im Zeitpunkt des Bezuges der Vorleistung die Wahrscheinlichkeit einer bevorstehenden steuerpflichtigen Vermietung mit größerer Sicherheit anzunehmen war als der Fall einer steuerbefreiten Vermietung oder der Fall des Unterbleibens einer Vermietung (VwGH 13.09.2006, 2002/13/0063). Dies gilt auch für den Umstand, dass der Mieter das Mietobjekt nahezu ausschließlich (siehe Rz 899a bis Rz 899c) für Umsätze verwenden wird, die seine Berechtigung zum Vorsteuerabzug nicht ausschließen.
901
Hinsichtlich der Gewährung des Vorsteuerabzuges ist jeder Veranlagungszeitraum für sich zu beurteilen. Ist im Zeitpunkt des Bezuges der Vorleistung der Zusammenhang noch nicht sicher, klären sich aber die Verhältnisse noch im Laufe des Veranlagungszeitraumes, so ist auf diese Verhältnisse abzustellen. Stellt sich in einem späteren Veranlagungszeitraum (aber vor dem Veranlagungszeitraum der tatsächlichen Leistung) heraus, dass der zukünftige Umsatz anders zu beurteilen ist (wird zB eine verbindliche Vereinbarung hinsichtlich der Ausübung der Option erst in einem späteren Veranlagungszeitraum geschlossen oder eine entsprechende Vereinbarung rückgängig gemacht), so ist der Vorsteuerabzug für eine Leistung dieses (und der folgenden) Veranlagungszeitraumes(-räume) nach der neuen Beurteilung zu gewähren oder zu versagen. Hinsichtlich des Vorsteuerabzuges des (bzw. der) vorangegangenen Veranlagungszeitraumes(-räume) tritt bereits im Voranmeldungs-(Veranlagungs-)Zeitraum der nach außen hin erkennbaren, klar bestimmten und verbindlichen Absichtsänderung eine Änderung der Verhältnisse iSd des § 12 Abs. 11 UStG 1994 ein und nicht erst im Voranmeldungs-(Veranlagungs-)Zeitraum des tatsächlichen Erzielens eines (Vermietungs-)Umsatzes (VwGH 11.11.2008, 2006/13/0070).
Beispiel:
Im Jahr 2008 errichtet der Unternehmer U ein Gebäude, in dem Geschäftslokale vermietet werden sollen.
Im Hinblick auf die steuerfreie Grundstücksvermietung steht U ein Vorsteuerabzug nicht zu.
Im Jahr 2009 (vor Ablauf des Veranlagungszeitraumes – ist das Kalenderjahr Veranlagungszeitraum: bis zum 31. Dezember) schließt U mit den zukünftigen Mietern die Vereinbarung, dass er zur Steuerpflicht optieren wird.
Im Hinblick auf den – durch die nach außen hin erkennbaren und verbindlichen Vereinbarungen – nunmehr gegebenen Zusammenhang mit einer zukünftigen steuerpflichtigen Vermietung steht dem Unternehmer der Vorsteuerabzug für Errichtungskosten, die das Jahr 2009 betreffen, schon im Voranmeldungs- bzw. Veranlagungszeitraum 2009 zu. Zudem liegt hinsichtlich der im Jahr 2008 angefallenen und diese Geschäftslokale betreffenden Vorsteuern bereits im Jahr 2009 und nicht erst im Jahr der Fertigstellung und Umsatzerzielung eine Änderung der Verhältnisse gemäß § 12 Abs. 11 UStG 1994 vor und kann eine Vorsteuerberichtigung somit zur Gänze bereits im Veranlagungsjahr 2009 vorgenommen werden.
Im Jahre 2010 ist das Gebäude fertig gestellt und es kommt zur steuerpflichtigen Vermietung. Dem Unternehmer steht der Vorsteuerabzug hinsichtlich der Vorsteuern des Jahres 2010 zu.
Randzahlen 902 bis 921: derzeit frei.
6.1.17. Wohnungseigentumsgemeinschaften
6.1.17.1. Allgemeines
922
Steuerfrei sind die Leistungen von Wohnungseigentumsgemeinschaften, ausgenommen für Wohnzwecke (siehe Rz 1214 bis Rz 1217).
Werden in einem Gebäude, an dem Wohnungseigentum besteht, ein Teil der Wohnungen zu Wohnzwecken und ein Teil zu anderen Zwecken, zB als Geschäftslokale, genutzt, so sind nur die Leistungen an die Wohnungseigentümer, die die Wohnungen zu anderen Zwecken nutzen, steuerfrei. Für die Leistungen an die Wohnungseigentümer, die die Wohnung für Wohnzwecke nutzen, kommt grundsätzlich der ermäßigte Steuersatz zur Anwendung.
Besteht an Garagen oder Abstellplätzen Wohnungseigentum, so sind die damit im Zusammenhang stehenden an die Wohnungseigentümer weiterverrechneten Kosten steuerfrei, weil diese Liegenschaftsteile nicht Wohnzwecken dienen. Ab 1.1.2016 entfällt durch das StRefG 2015/2016 die Steuerbefreiung für Garagen und Abstellplätze für Fahrzeuge aller Art. Demnach sind die damit im Zusammenhang stehenden und an die Wohnungseigentümer weiterverrechneten Kosten mit dem Normalsteuersatz zu besteuern.
6.1.17.2. Option zur Steuerpflicht
923
Gemäß § 6 Abs. 2 UStG 1994 hat die Wohnungseigentumsgemeinschaft die Möglichkeit zur Steuerpflicht zu optieren. In diesem Fall kommt der Normalsteuersatz zur Anwendung.
Wird der Miteigentumsanteil, mit dem Wohnungseigentum untrennbar verbunden ist, nach dem 31. August 2012 erworben (wobei auf die Einverleibung im Grundbuch gemäß § 5 WEG 2002 abzustellen ist), kann die Wohnungseigentumsgemeinschaft von der Option nur Gebrauch machen, soweit der Leistungsempfänger das Grundstück oder einen baulich abgeschlossenen, selbständigen Teil des Grundstücks nahezu ausschließlich (siehe Rz 899a bis Rz 899c) für Umsätze verwendet, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen. Keine Optionsmöglichkeit besteht daher auch für Umsätze gemäß § 6 Abs. 1 Z 17 UStG 1994 im Zusammenhang mit im Wohnungseigentum stehenden privat genutzten Fahrzeugabstellplätzen.